(New York) Der UNO-Generalsekretär erklärte, “zutiefst besorgt“ zu sein über den Islamischen Staat (IS). Doch er habe einen Plan. Um ehrlich zu sein, arbeitet er noch an einem Plan. Erstmals aber wurde der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu einer Sitzung zusammengerufen, um über die anhaltende „Gewalt gegen die Minderheiten im Nahen Osten“ zu beraten. So wird im Sprachgebrauch der Vereinten Nationen die Verfolgung von Christen und Jesiden durch den Islamischen Staat (IS) bezeichnet. Dennoch kein Grund zur Freude.
Die Betonung in der Sprachregelung liegt auf einer zweifachen Vermeidung. Akribisch ist man im New Yorker Glaspalast und den zahlreichen UNO-Unterorganisationen bemüht, jeden Gegensatz zwischen Christentum und Islam zu leugnen. Zudem tut sich ein nicht unerheblicher Teil der westlichen Führungsebene, nicht zuletzt auch Journalisten, schwer damit, sich für Christen einzusetzen, selbst wenn diese brutal verfolgt werden. Die allgemeine Bezeichnung „Minderheiten“ deckt einiges zu.
Vor dem Weltsicherheitsrat versicherte UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon, daß ein „Aktionsplan zur Prävention gegen einen gewalttätigen Extremismus im September gestartet“ werde. Bis September ist es noch ein halbes Jahr. Eine schrecklich lange Zeit für Verfolgte in einem Krieg.
Ban Ki-Moon fügte hinzu, daß er dabei auf die Unterstützung und Beratung durch „eine Gruppe von führenden Frauen und Männern“ aus den Bereichen Religion, Zivilgesellschaft, Kultur, Universität und Wirtschaft zu „den internen Dynamiken und den Beziehungen“ zwischen den verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppen der Region zähle.
Schöne Worte – Keine Lösung
Die Beratungen sollen erst in drei Monaten aufgenommen und der Aktionsplan frühestens in sechs Monaten fertiggestellt sein. Jenseits vieler schöner Worte bleibt also alles beim Alten. Verfolgte Christen sind für die Vereinten Nationen, trotz ihres hohen Anspruches, weiterhin kein wirkliches Thema. Das ist die Quintessenz der Sicherheitsratssitzung vom vergangenen Freitag, 27. März 2015. Dabei hatte der Morgen in New York mit einem starken Zeugnis aus erster Hand begonnen. Ein Zeugnis aus dem Mund der Opfer. Für die verfolgten Christen ergriff stellvertretend Louis Raphaà«l I. Sako, der Patriarch von Babylon im „Tempel“ der internationalen Staatengemeinschaft das Wort. Ebenso sprach die jesidische irakische Parlamentsabgeordnete Vian Dakhil für die Jesiden.
Das Oberhaupt der chaldäisch-katholischen Kirche, die ihre Gründung auf den Apostel Judas Thaddäus zurückführt, nannte eine Reihe klar formulierter Maßnahmen, die von der Staatengemeinschaft dringend zum Schutz der Christen und aller Verfolgten zu ergreifen wären. Dazu gehört die Befreiung der irakischen Städte und die Schaffung einer „Sicherheitszone“ für die Menschen, die vom Islamischen Staat (IS) zur Flucht gezwungen oder vertrieben wurden. Ebenso Maßnahmen zur Gleichstellung aller Staatsbürger in der Verfassung und Bildungsmaßnahmen.
Patriarch Sako: „Staaten, Firmen und Individuen bestrafen, die Terrorgruppen finanzieren und bewaffnen“
Eine zentrale Forderung der Christen ist jedoch haarig. Der Patriarch wiederholte auch in New York, was er schon mehrfach zu Hause gesagt hatte: Es brauche ohne Wenn und Aber „ein Gesetz, das Staaten, Unternehmen und Individuen bestraft, die terroristische Gruppen finanziell, intellektuell oder mit Waffen unterstützen“.
Damit wird nicht nur ein Ende dieser Unterstützung gefordert, sondern die Identifizierung der Unterstützer und deren Bestrafung. Eine Forderung, die mehr als eine westliche Regierung in erhebliche Verlegenheit brächte, geschweige denn einige von deren islamischen Verbündeten. Entsprechend wurde diese Forderung von Patriarch Sako in New York mit gänzlicher Nichtbeachtung übergangen. Von den übrigen Forderungen fanden sich zumindest gewisse Ansätze in den vom turnusmäßigen französischen Vorsitzenden des Weltsicherheitsrats, Außenminister Laurent Fabius, genannten „vier politischen Zielen“.
Die vier „politischen Ziele“ von Turnuspräsident Fabius
Das erste Ziel, beispielsweise, bekräftigt, daß die humanitäre Hilfe für die irakischen Flüchtlinge auch „den Einsatz für deren Rückkehr in ihre Häuser“ miteinschließe. Das zweite Ziel ergänzt, daß „die Koalition und die irakischen Kräfte“ die Sicherheit der verfolgten Minderheiten garantieren müßten. Fabius fügte hinzu, daß die Staaten sowohl im Irak als auch in Syrien sicherstellen müßten, daß jede ethnisch-religiöse Gemeinschaft respektiert werde. Als viertes Ziel nannte er, daß sich die Verantwortlichen schwerwiegender Gewalttaten dieser Jahre vor einem internationalen Straftribunal verantworten müßten.
Vier Forderungen, die von keiner der im UN-Sicherheitsrat vertretenen Delegationen in Frage gestellt wurden. Neben den fünf Vetomächten (die vier Siegermächte des Zweiten Weltkrieges + die Volksrepublik China) sind das als nichtständige Mitglieder derzeit: Angola, Chile, Jordanien, Litauen, Malaysia, Neuseeland, Nigeria, Spanien, Tschad und Venezuela. Die fünf ständigen Sicherheitsratsmitglieder sind zugleich die weltgrößten Waffenexporteure.
USA und IS: im Irak verurteilen, in Syrien Augen zu
Die entscheidende Frage bleibt jedoch immer dieselbe: Wer verfügt über die Macht und hat den Willen, die genannten politischen Forderungen umzusetzen? Obwohl derselbe Islamische Staat (IS) gleichermaßen im Irak wie in Syrien mordet, brachen sofort die bestehenden Konflikte auf, sobald das Thema im Sicherheitsrat vom Irak auf Syrien ausgeweitet wurde. Die Delegation der USA etwa ließ deutliche Unterschiede zu denselben Fragestellungen in Syrien und im Irak erkennen.
In Syrien wurden von der US-Delegation, zum Erstaunen von Beobachtern, nur die Christen von Homs als Verfolgte genannt, weil die teilweise von Rebellen kontrollierte Stadt von syrischen Regierungstruppen belagert wird. Die vom Islamischen Staat oder anderen islamistischen Gruppen, die teils weiterhin als Angehörige der sogenannten „Freien Syrischen Armee“ geführt werden, verfolgten Christen Syriens, scheinen für die US-Regierung nicht zu existieren.
Wie will „Koalition“ mit denselben Schiiten Mosul befreien, die sie im Jemen bombardiert?
Ebensowenig fehlten die Hinweise arabischer Staaten auf den Konflikt im Jemen, was eine grundlegende Frage aufwirft: Wie stellt sich die am 5. September 2014 von den USA ins Leben gerufene Internationale Allianz gegen den Islamischen Staat (IS) ernsthaft vor, zusammen mit der irakischen Armee, die im Wesentlichen aus denselben schiitischen Milizen besteht, Mosul zu befreien, die gleichzeitig von den Kampfflugzeugen Saudi-Arabiens, Kuwaits, Bahrains, Katars und Jordaniens mit dem Segen Washingtons im Jemen bombardiert werden?
Die internationale Politik zelebrierte am vergangenen Freitag in New York ein eingeübtes Ritual und verkündete ihre Sprachregelungen. Frankreich etwa versprach aus dem Mund seines Außenministers, daß es als Austragungsort einer internationalen Konferenz zur Verfügung stehe. Die wirkliche Politik wird jedoch hinter dieser schönen Fassade gemacht und nach ganz anderen Spielregeln.
Christen haben versucht sich Gehör zu verschaffen, gehört wurden sie nicht
Letztlich läßt sich in alledem keine konkrete Hoffnung für die Christen des Nahen Ostens erkennen. Sie spielen für die „große Politik“, egal an welchem beteiligten Regierungstisch, keine Rolle. Die verfolgten Christen haben am vergangenen Freitag versucht, sich Gehör zu verschaffen. Sie haben dazu einen ihrer bedeutendsten Vertreter entsandt. Die Welt mußte ihnen in Gestalt des Weltsicherheitsrats zumindest einmal zuhören. An der bitteren, ernüchternden Bilanz hat sich jedoch bis zum Freitagabend nichts geändert.
Die Christen des Nahen Ostens haben auf weltpolitischer Ebene keine Partei, die ihre Interessen vertritt. Auch weiterhin fehlt jede konkrete Konsequenz für ihren tatsächlichen Schutz. Ihr Los sind weiterhin Angst, Flucht, Vertreibung, Entrechtung, Entwurzelung mit einem fortschreitenden Exodus in die gigantischen Flüchtlingslager der Anrainerstaaten oder in eine unbekannte Fremde.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: NBQ
Der Patriarch hat völlig recht mit seinen Forderungen, aber wer, welcher Staat könnte sich für die Christen militärisch engagieren? Alle haben doch Dreck am Stecken mehr oder weniger.
Daß der selbsternannte Moralapostel der Erde, die USA, die IS erst hochgepäppelt haben, kann man in diesem Artikel dankbarerweise lesen. Bei unseren Leid-Medien würde sich das ganz anders ausnehmen.
Was ist mit der Bundeswehr los?- Nicht viel. Sie taugt gerade mal so zu „Friedenseinsätzen“ als ein THW (Technisches Hilfswerk) mit ein paar Gewehren. Das zeigte ja der unmögliche „Einsatz“ in Afghanistan. Der war komplett unnötig, hat nur den Steuerzahler Geld gekostet und etlichen Soldaten Leben und Gesundheit: es war für die Katz‚.
Immerhin sind die Christen in Syrien in den Gebieten, die Präsident Assad beherrscht, einigermaßen sicher. Es wäre zu begrüßen, wenn der Iran den Christen des Irak seine Grenzen öffnen würde. Das wäre die einzige Möglichkeit wie es aussieht. Die Türkei scheidet als Sunnistaat dazu aus.
… ja genau, also vom Löwenkäfig überwechseln zu den Tigern? Und wenn das rum ist ab ins Haifischbecken zu uns?
Sollen wir nicht den, der die Seelen tötet, mehr fürchten als den, der nur den Leib angreift?
… und übrigens – wer hat ausdrücklich letzte Woche vor dem UN-Sicherheitsrat für die verfolgten Christen im Orient gesprochen?
Es war der Botschafter Israels bei den UN, Ron Prosor!
Was sich also christliche Politiker verkneifen, das leistet der jüdische Politiker. Er sagte unter anderem:
„Im Jahr 2013 wurden drei iranische Christen schuldig gesprochen, weil sie Bibeln verkauft hatten. Ihnen wurden „Verbrechen gegen die Staatssicherheit“ vorgeworfen und sie wurden zu zehn Jahren Haft verurteilt.
Im selben Jahr gab Ayatollah Khamenei eine Fatwa heraus, in der er die Bahais als „abartig“ bezeichnete.“
Wenn also jemand so naiv und fahrlässig dem Iran positiv unterstellt, er lasse die Christen (und andere Religionen) in Ruhe, der macht sich mitschuldig an der Verfolgung der Christen im Iran!
Der verblendete Hass gegen Israel darf ja wohl nicht dazu führen, dass Katholiken die eigenen Glaubensbrüder dem Löwen in den Schlund werfen, nur um ihre Ressentiments aufrechtzuhalten, in der sie sich auf eine Stufe mit den Islamisten stellen.