Abtreibung bleibt auch bei Straflosigkeit rechtswidrig, eine Unrechtstat


Das Leben ist ein Geschenk Gottes
Das Leben ist ein Geschenk Gottes

Die media­len Abtrei­bungs­be­für­wor­ter des­ori­en­tie­ren die Bevöl­ke­rung und stig­ma­ti­sie­ren die Lebens­schutz­be­we­gung. Dage­gen tut Auf­klä­rung über die Rechts­la­ge und das mora­li­sche Unrecht von Abtrei­bung not.

Anzei­ge

Ein Gast­bei­trag von Hubert Hecker.

An dem Fall des ÖDP-Poli­ti­kers Mar­kus Hol­le­mann wur­de erneut deut­lich, wie die Dif­fa­mie­rungs­stra­te­gie der Medi­en gegen Ver­tre­ter christ­li­cher Wer­te-Posi­tio­nen durch­ge­zo­gen wird.

Hol­le­mann war als Mün­che­ner Stadt­rat und Gesund­heits- und Umwelt­re­fe­rent par­tei­über­grei­fend nomi­niert wor­den. Dass der Poli­ti­ker Mit­glied im Lebens­schutz­ver­ein ‚Akti­on Lebens­recht für alle’ war, hat­te er auf sei­ner Inter­net­sei­te öffent­lich gemacht. Als den lin­ken Par­tei­en das kurz vor der Wahl bekannt wur­de, schrie­en sie Zeter und Mor­dio gegen Lebens­schutz und Lebensschützer.

Medien als Verstärker linker Empörungspolitiker

Dar­auf­hin mach­ten sich die Medi­en zum Hand­lan­ger der rot-grü­nen Empö­rungs­re­ak­ti­on. Statt über die Tat­sa­chen der Alfa-Mit­glied­schaft und die Zie­le des Ver­eins die Öffent­lich­keit sach­lich zu infor­mie­ren, schrieb die Mün­che­ner Abend­zei­tung, dass eine „pikan­te Info durch­ge­sickert“ sei. Mit dem Wort „pikant“ wur­den frü­her soft-por­no­gra­phi­sche Bil­der bezeich­net und „durch­sickern“ unter­stellt, dass Hol­le­mann etwas ver­schwie­gen hät­te. Der Poli­ti­ker hät­te sich auf sei­ner home­page als „strik­ter“ Abtrei­bungs­geg­ner „geoutet“ – auch das ein Wort mit dem Unter­ton des vor­her Ver­heim­lich­ten. Sol­che Wort­wahl ist typisch für Boulevard-Journalismus.

Die Keule des Rechtsextremismus gegen politische Gegner

Die Süd­deut­sche schwang sich zu einem lin­ken McCar­thy-Ver­fah­ren auf: Hol­le­mann sei ein „radi­ka­ler Abtrei­bungs­geg­ner“. Es dür­fe kein poli­ti­sches Amt in Mün­chen beset­zen, wer zu „christ­lich-fun­da­men­ta­li­sti­schen Schrei­häl­sen geht“. Damit war wohl der der stum­me Pro­test des Schweige-„Marsch für das Leben“ gemeint, den aller­dings links­ra­di­ka­le Schrei­häl­se seit Jah­ren zu ter­ro­ri­sie­ren ver­su­chen. Der End­punkt des media­len Kes­sel­trei­bens bestand in der Unter­stel­lung, Hol­le­mann sym­pa­thi­sie­re mit „christ­li­chen Rechtsradikalen“.

Stigmatisierung, um argumentative Auseinandersetzung zu vermeiden

stop-abortionDie­se Medi­en-Treib­jagd will sowohl den im Vor­der­grund ste­hen­den Poli­ti­ker tref­fen, als auch den dahin­ter­ste­hen­den enga­gier­ten Lebens­schutz-Ver­ein Alfa in die rechts­ra­di­ka­le Ecke stel­len. Das Ziel ist klar: Mit der Stig­ma­ti­sie­rung von Hol­le­mann und den Lebens­schüt­zern zu einer „strik­ten“ fun­da­men­ta­li­sti­schen Posi­ti­on setzt man die Abtrei­bungs­kri­ti­ker vor die Tür des demo­kra­tisch-rechts­staat­li­chen Dis­kur­ses. Man braucht sich dann mit den Anlie­gen und Argu­men­ten der Abtrei­bungs­geg­ner nicht mehr auseinanderzusetzen.

Man könn­te es auch so sagen: Die par­tei­li­chen Lob­by­isten der Abtrei­bungs­in­du­strie, die am Bera­tungs­ge­schäft ver­die­nen­den Ver­bän­de, die Abtrei­bungs­ideo­lo­gen leni­ni­sti­scher und femi­ni­sti­scher Pro­ve­ni­enz – sie alle möch­ten an dem ein­ge­spiel­ten Ver­fah­ren der mas­sen­haf­ten Abtrei­bung in unserm Wohl­stands­land nicht gestört wer­den und vor allem kei­ne Dis­kus­si­on dar­über haben.

Dabei legt der Ver­ein „Akti­on Lebens­recht für alle“ den Fin­ger auf die offe­nen Wun­den der Unrechts-Ver­drän­gung der bun­des­deut­schen Mas­sen­ab­trei­bung, zeigt mensch­li­che Tra­gö­di­en auf, warnt vor gesell­schaft­li­chen Fehl­ent­wick­lun­gen. In einer Stel­lung­nah­me zum Fall Hol­le­mann for­dert Alfa Poli­tik und Medi­en auf, sich mit die­sen grund­le­gen­den The­men zu beschäf­ti­gen wie: „mit mil­lio­nen­fa­cher Abtrei­bung, mit den psy­chi­schen und phy­si­schen Fol­gen für Mil­lio­nen von Frau­en und Ange­hö­ri­gen, mit der wei­te­ren schlei­chen­den Ent­wür­di­gung des Men­schen durch Eutha­na­sie, assi­stier­ten Sui­zid, PID und Prae­na­Test“. Alle die­se The­men wer­den in der Alfa-Zeit­schrift ‚Lebens­Fo­rum’ argu­men­ta­tiv erör­tert und vertieft.

Allgemeine Desorientierung über die Strafbarkeit von Abtreibung

Die Abtrei­bungs­be­für­wor­ter dage­gen ste­hen mit ihrer Posi­ti­on auf schwan­ken­dem Boden. Sie wer­ben für rechts­wid­ri­ge Taten. Seit Jahr­zehn­ten ver­mit­teln sie der Bevöl­ke­rung eine fal­sche Sicher­heit zum recht­li­chen Sta­tus von Abtrei­bung. Frag­te man auf der Stra­ße Pas­san­ten, ob der Para­graph 218 Abtrei­bung erlau­ben wür­de, so wären sicher­lich 90 Pro­zent die­ser fal­schen Mei­nung. Tat­säch­lich heißt es unter dem aktu­ell rechts­gül­ti­gen Para­gra­phen: „Wer eine Schwan­ger­schaft abbricht, wird mit Frei­heits­stra­fe bis zu drei Jah­ren oder mit Geld­stra­fe bestraft… In beson­ders schwe­ren Fäl­len ist die Stra­fe Frei­heits­stra­fe von sechs Mona­ten bis zu fünf Jahren.“

Lebensrecht und Menschenwürde des Ungeborenen – auch im Bauch der Mutter

Die­se Straf­rechts­be­stim­mung bei einer „Straf­tat gegen das Leben“ – so die Abschnitts­über­schrift im Straf­ge­setz­buch – ist zwin­gend auf­grund des über­ge­ord­ne­ten Grund­ge­set­zes. Denn nach Arti­kel 2, Absatz 2 unse­rer Ver­fas­sung hat „Jeder … das Recht auf Leben und kör­per­li­che Unver­sehrt­heit.“ Die­ses Recht des Ein­zel­nen „ver­pflich­tet den Staat, mensch­li­ches Leben, auch das unge­bo­re­ne, zu schüt­zen“, so das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt (BVerfG) in sei­nen Leit­sät­zen zum Urteil vom 28. 5. 1993. „Die Rechts­ord­nung muss die Ent­fal­tung eines eige­nen Lebens­rechts des Unge­bo­re­nen gewähr­lei­sten.“ Die­se For­mu­lie­rung rich­tet sich gegen sol­che femi­ni­sti­sche Paro­len wie: „Mein Bauch gehört mir.“ Das im Mut­ter­bauch her­an­wach­sen­de Kind ist kein „Organ“ im Kör­per der Frau, über das die Schwan­ge­re frei ver­fü­gen könn­te, son­dern von Anfang an ein Mensch, der sich entwickelt.

Aus­drück­lich bekräf­tigt das BVerfG für das unge­bo­re­nen Leben die „Men­schen­wür­de“ des Art 1 Grund­ge­set­zes. Recht auf Leben und Men­schen­wür­de hat der mensch­li­che Embryo vom ersten Tag sei­nes Lebens an. Die­se Rechts­auf­fas­sung hat vor eini­gen Jah­ren der Euro­päi­sche Gerichts­hof bestätigt.

Abtreibungsverbot für die ganze Dauer der Schwangerschaft

illegal350Wei­ter heißt es im 3. Leit­satz des höch­sten deut­schen Gerichts: „Das grund­sätz­li­che Ver­bot des Schwan­ger­schafts­ab­bruchs und die grund­sätz­li­che Pflicht zum Aus­tra­gen des Kin­des sind zwei untrenn­bar ver­bun­de­ne Ele­men­te des ver­fas­sungs­recht­lich gebo­te­nen Schut­zes.“ Unter Punkt 4 wird ergänzt: „Der Schwan­ger­schafts­ab­bruch muss für die gan­ze Dau­er der Schwan­ger­schaft grund­sätz­lich als Unrecht ange­se­hen wer­den. Das Lebens­recht des Unge­bo­re­nen darf nicht, wenn auch nur für eine begrenz­te Zeit, der frei­en, recht­lich nicht gebun­de­nen Ent­schei­dung eines Drit­ten, und sei es selbst der Mut­ter, über­ant­wor­tet wer­den.“ Die­ser Pas­sus rich­tet sich gegen eine Fri­sten­re­ge­lung, nach der eine Abtrei­bung etwa in den ersten drei Mona­ten gene­rell erlaubt wäre. Die unein­ge­schränk­te Abtrei­bung in den ersten 120 Lebens­ta­gen des unge­bo­re­nen Kin­des hat­te der ehe­ma­li­gen DDR-Unrechts­staat ab 1968 erlaubt. Nach die­ser Rege­lung, die in leni­ni­sti­scher Manier vor­ge­burt­li­che Kinds­tö­tun­gen auf Staats­ko­sten för­der­te, schnell­ten die Abtrei­bungs­zah­len in Ost­deutsch­land in die Höhe und blie­ben auf hohem Niveau bis in die neun­zi­ger Jah­re. In sta­li­ni­sti­scher Wort­ver­dre­hung hat­te man Abtrei­bun­gen „Schwan­ger­schafts­un­ter­bre­chun­gen“ genannt – sogar im Gesetzestext.

Aus­drück­lich ver­wehrt das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt abtrei­bungs­wil­li­gen Frau­en die Inan­spruch­nah­me der Rechts­po­si­ti­on von Art 4 Abs. 1, also des Rechts auf Gewis­sens­frei­heit. Das Recht der Frau auf freie Gewis­sens­ent­schei­dung über Leben und Tod endet vor dem Recht auf Leben ihres her­an­wach­sen­den Ungeborenen.

Schulen und TV-Anstalten sollen den Lebensschutzgedanken verbreiten

Zu den posi­ti­ven Lebens­schutz­auf­ga­ben des Staa­tes gehört der Auf­trag, den recht­li­chen Schutz­an­spruch des unge­bo­re­nen Lebens im all­ge­mei­nen Bewusst­sein zu hal­ten und zu bele­ben. Im Ein­zel­nen nennt das BVerfG Schu­le und Öffent­li­che Rund­funk­an­stal­ten, in denen das grund­ge­setz­li­che Lebens­recht der unge­bo­re­nen Kin­der immer wie­der den Bür­gern bzw. Schü­lern nahe gebracht wer­den soll­te. In den bei­den genann­ten Insti­tu­tio­nen wird der Auf­trag des BVerfG besten­falls igno­riert. Im Sexu­al­kun­de­un­ter­richt der Schu­len wird viel­fach das Gegen­teil ver­mit­telt, als wenn Abtrei­bung ein Recht wäre, kei­ne Fol­gen hät­te etc.

Im 9. Leit­satz wird der Staat beauf­tragt, das unge­bo­re­ne Leben vor den Gefah­ren zu schüt­zen, „die von Ein­flüs­sen aus dem fami­liä­ren oder wei­te­ren sozia­len Umfeld der Schwan­ge­ren aus­ge­hen“. Mit die­sem Auf­trag sol­len staat­li­che Schutz- und Hilfs­maß­nah­men dage­gen aus­ge­rich­tet wer­den, dass ein Groß­teil der Abtrei­bun­gen auf Druck oder Ein­fluss von Eltern, Part­nern oder Freun­den der Schwan­ge­ren erzwun­gen werden.

Man reibt sich bei die­sen Leit­sät­zen zum Schutz der unge­bo­re­nen Kin­der die Augen und fragt sich: War­um wird von Staat und Gesell­schaft, von Par­tei­en und Ver­bän­den weit­ge­hend das Gegen­teil von dem ver­tre­ten und gemacht, was das höch­ste deut­sche Gericht recht­lich gefor­dert hat?

Das BVerfG öffnete selbst das Tor zu Massenabtreibung

Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat aller­dings für die­se Pra­xis selbst die Tür einen Spalt­breit geöff­net. Im 11. Leit­satz heißt es: Dem Gesetz­ge­ber sei es erlaubt, „zu einem Kon­zept für den Schutz des unge­bo­re­nen Lebens über­zu­ge­hen, das in der Früh­pha­se der Schwan­ger­schaft in Schwan­ger­schafts­kon­flik­ten den Schwer­punkt auf die Bera­tung der schwan­ge­ren Frau legt (…) und dabei auf eine Straf­an­dro­hung verzichtet“.

Noch im Leit­satz 8 hat­te das Gericht beteu­ert, dass der Staat „auf den Ein­satz auch des Straf­rechts und die davon aus­ge­hen­de Schutz­wir­kung für das mensch­li­che Leben“ nicht ver­zich­ten dür­fe. Mit dem leicht­fer­ti­gen Ver­zicht auf Stra­fe bei einer „Straf­tat gegen das Leben“ gab das BVerfG dem Gesetz­ge­ber freie Hand für die Geset­zes­no­vel­le Para­graph 218a zur „Straf­lo­sig­keit des Schwan­ger­schafts­ab­bruchs“ (1): Der Tat­be­stand der straf­ba­ren Abtrei­bung sei nicht erfüllt, wenn ein Arzt inner­halb der ersten zwölf Wochen der Schwan­ger­schaft nach beschei­nig­ter Bera­tung einen von der Schwan­ge­ren gewünsch­ten Abbruch vornehme.

Abtreibungen nach der Beratungsregelung: grundrechtswidrig, aber straffrei

Es ent­spricht der Rechts­lo­gik, dass eine Tat gegen das Leben, bei der der Staat auf Stra­fe ver­zich­tet, eine Unrechts­tat bleibt. Das bestä­tigt das BVerfG aus­drück­lich mit der Aus­sa­ge, dass Abtrei­bung nach der Bera­tungs­re­ge­lung (§ 218a) nicht „für gerecht­fer­tigt erklärt“ wer­den dür­fe. Da die Schwan­ge­re nach der Bera­tung selbst über eine Abtrei­bung ent­schei­den kann, wür­de deren mög­li­che Recht­mä­ßig­keit als Aus­nah­me­tat­be­stand nicht unter staat­li­cher Ver­ant­wor­tung fest­ge­stellt. Eine ande­re Gerichts-For­mu­lie­rung bezeich­net die Abtrei­bung nach Bera­tung als „rechts­wid­rig“. Man soll­te sogar grund­rechts­wid­rig sagen, denn mit jeder Abtrei­bung wird das grund­le­gen­de Recht auf Leben (Art. 2 GG) ver­letzt. Damit ist auch klar, dass Abtrei­bung nicht als legi­tim oder gar als Recht ange­se­hen wer­den darf. Der staat­li­che Straf­ver­zicht macht eine Unrechts­tat eben­falls nicht zu einer erlaub­ten Handlung.

Würde Straffreiheit bei Ladendiebstahl dem Schutz des Eigentums dienen?

„Rechts­wid­rig, aber straf­frei“ lau­tet zusam­men­fas­send das Urteil über eine unmög­li­che Geset­zes­no­vel­le. Denn alle die­se recht­li­chen Fest­stel­lun­gen zu Abtrei­bung als Unrechts­tat wer­den kon­ter­ka­riert durch die Auf­he­bung der Straf­bar­keit. Man stel­le sich ein ana­lo­ges Bei­spiel vor (nach Robert Spae­mann): Bei Laden­dieb­stahl wür­de der Staat dann auf eine Stra­fe ver­zich­ten, wenn Dieb oder Die­bin am Laden­ein­gang eine Bera­tung über den Schutz des Eigen­tums hät­ten über sich erge­hen las­sen. Man könn­te das Bei­spiel noch erwei­tern in Hin­sicht auf die Fri­sten­re­ge­lung. Ent­spre­chend könn­te die Straf­bar­keit von Laden­dieb­stahl bis zu einem Betrag – von sagen wir mal – 35 Euro auf­ge­ho­ben sein. Jeder wür­de die­se Rege­lung für ver­rückt erklä­ren, weil ihre Fol­ge so oder so Mas­sen­dieb­stäh­le wären, da die Straf­auf­he­bung Erlaubt­heit signalisierte.

Nicht stich­hal­tig ist der Ein­wand, staat­li­che Straf­an­dro­hun­gen wür­den Straf­ta­ten nicht ver­hin­dern. Wenn trotz Straf­dro­hung hier in Deutsch­land jähr­lich mehr als zwei Mil­lio­nen Eigen­tums­de­lik­te pas­sie­ren, kommt trotz­dem nie­mand auf die Idee, die Straf­an­sa­ge dafür aufzuheben.

Die Beratung sollte eigentlich dem Schutz des ungeborenen Lebens dienen…

Es gibt noch eine wei­te­re gesetz­li­che Rege­lung, die als Lebens­schutz­maß­nah­me for­mu­liert ist, dann aber durch einen Zusatz in das Gegen­teil ver­kehrt wur­de und die Tür zur Mas­sen­ab­trei­bung noch wei­ter auf­ge­sto­ßen hat.

Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt führt aus, dass der Schwer­punkt der Schwan­ge­ren­be­ra­tung dar­auf gelegt wer­den soll, sie „für das Aus­tra­gen des Kin­des zu gewin­nen“. Die­ser Auf­trag wur­de im Para­gra­phen 219 (1) auf­ge­nom­men: „Die Bera­tung dient dem Schutz des unge­bo­re­nen Lebens. Sie hat sich von dem Bemü­hen lei­ten zu las­sen, die Frau zur Fort­set­zung der Schwan­ger­schaft zu ermu­ti­gen und ihr Per­spek­ti­ven für ein Leben mit dem Kind zu eröff­nen; sie soll ihr hel­fen, eine ver­ant­wort­li­che und gewis­sen­haf­te Ent­schei­dung zu tref­fen. Dabei muss der Frau bewusst sein, dass das Unge­bo­re­ne in jedem Sta­di­um der Schwan­ger­schaft auch ihr gegen­über ein eige­nes Recht auf Leben hat und dass des­halb nach der Rechts­ord­nung ein Schwan­ger­schafts­ab­bruch nur in Aus­nah­me­si­tua­tio­nen in Betracht kom­men kann, wenn der Frau durch das Aus­tra­gen des Kin­des eine Bela­stung erwächst, die so schwer und außer­ge­wöhn­lich ist, dass sie die zumut­ba­re Opfer­gren­ze über­steigt. Die Bera­tung soll durch Rat und Hil­fe dazu bei­tra­gen, die in Zusam­men­hang mit der Schwan­ger­schaft bestehen­de Kon­flikt­la­ge zu bewäl­ti­gen und einer Not­la­ge abzuhelfen.“

War­um kom­men Cha­rak­ter und Ziel der gesetz­li­chen Bera­tung im Sin­ne des Lebens­schut­zes in der Pra­xis nicht zur Geltung?

… doch linksliberale Abgeordnete macht daraus das Gegenteil

Der Para­graph 219 schließt mit der Bemer­kung: „ Das Nähe­re regelt das Schwan­ger­schafts­kon­flikt­ge­setz.“ In die­ses Gesetz haben lin­ke und libe­ra­le Abge­ord­ne­te das Gegen­teil vom Lebens­schutz ver­an­kert. Die christ­li­chen und kon­ser­va­ti­ven Poli­ti­ker haben die­ses Ansin­nen anschei­nend nicht gemerkt und verhindert.

Im Schwan­ger­schafts­kon­flikt­ge­setz heißt es im Para­gra­phen 5: „Die nach § 219 des Straf­ge­setz­bu­ches not­wen­di­ge Bera­tung ist ergeb­nis­of­fen zu füh­ren. Sie geht von der Ver­ant­wor­tung der Frau aus. Die Bera­tung soll ermu­ti­gen und Ver­ständ­nis wecken, nicht beleh­ren oder bevor­mun­den. Die Schwan­ger­schafts­kon­flikt­be­ra­tung dient dem Schutz des unge­bo­re­nen Lebens.“

Eine Analyse des Schwangerschaftkonfliktgesetzes zeigt:

  • Eine „ergeb­nis­of­fe­ne“ Bera­tung steht im Gegen­satz zu der ziel­ori­en­tier­ten Bera­tung zum Lebens­schutz, wie der Para­graph 219 sie fordert.
  • Das vor­gän­gi­ge Straf­ge­setz for­mu­liert ver­schie­de­ne (gesetz­li­che) Ansprü­che an die Schwan­ge­re im Sin­ne des Lebens­rechts des unge­bo­re­nen Kin­des. Das Aus­füh­rungs­ge­setz ver­schiebt die­se objek­ti­ven Rechts­an­lie­gen auf die sub­jek­ti­ve, recht­lich nicht gebun­de­ne Ver­ant­wor­tung der Frau.
  • Die Bera­tung soll „ermu­ti­gen“ – „zur Fort­set­zung der Schwan­ger­schaft“, sie soll zugleich „beleh­ren“, gege­be­nen­falls auch bevor­mun­den, dass „das Unge­bo­re­ne ein eige­nes Recht auf Leben hat“. So wol­len es Gesetz und Bundesverfassungsgericht.
  • Die Tat­sa­chen­be­haup­tung zum Schluss der gesetz­li­chen Aus­füh­run­gen, dass eine ‚ergeb­nis­of­fe­ne Bera­tung’ dem Schutz des unge­bo­re­nen Lebens die­ne, ist ein Hohn auf das grund­ge­setz­li­che Lebens­recht des unge­bo­re­nen Kindes.

Kann es eine ‚gewissenhafte Entscheidung’ für eine vorgeburtliche Kindstötung geben?

Aller­dings hat­te in die­sem Fall für die Ver­dre­hung der recht­li­chen Inten­tio­nen des Lebens­schut­zes der Gesetz­ge­ber selbst einen Tür­öff­ner-Hin­weis gesetzt. In den Bera­tungs­pa­ra­gra­fen 219 (1) hat­ten lin­ke Abge­ord­ne­ten den Satz ein­ge­schmug­gelt: Die Bera­tung „soll ihr (der Schwan­ge­ren) hel­fen, eine ver­ant­wort­li­che und gewis­sen­haf­te Ent­schei­dung zu tref­fen“. Danach wäre es ein Bera­tungs­ziel, Bei­hil­fe zu einer Ent­schei­dung über Leben und Tod des unge­bo­re­nen Kin­des zu geben. Ein sol­cher Ansatz wider­spricht aber dia­me­tral der Aus­sa­ge des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­rich­tes im 4. Leit­satz, wo es heißt: “Das Lebens­recht des Unge­bo­re­nen darf nicht (…) der frei­en, recht­lich nicht gebun­de­nen Ent­schei­dung eines Drit­ten, und sei es selbst der Mut­ter, über­ant­wor­tet werden.“

Was tun? Wie argumentieren?

Was ist ange­sichts die­ser wider­sprüch­li­chen Geset­zes­la­ge zu tun? Nach mei­ner Ansicht soll­ten wir die Lebens­schutz-Ele­men­te der Rechts­ord­nung beto­nen und Rechts­ver­dre­hun­gen kritisieren:

  • Das Recht auf Leben ist ein Teil des Natur­rechts, für jeden Men­schen guten Wil­lens ein­sich­tig. Da die­ses Lebens­recht oder die Frei­heit zu leben in unserm Grund­ge­setz als Gene­ral­norm an vor­der­ster Stel­le ver­an­kert ist, steht es über allen ande­ren abge­lei­te­ten Rechtsnormen.
  • Dem Unge­bo­re­nen kommt nach dem Urteil des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts, bestä­tigt von Euro­päi­schen Gerichts­hof, von Anfang an Men­schen­wür­de zu. Es kann also kei­ne Fri­sten für Abtrei­bun­gen geben.
  • Der Gesetz­ge­ber legt im Para­graf 218 fest, dass Abtrei­bung grund­sätz­lich eine Straf­tat gegen das Leben ist und des­halb geahn­det wer­den muss. Man soll­te bei die­sem Tat­be­stand nicht von ‚Schwan­ger­schafts­ab­bruch’ spre­chen. Der Begriff von der Zustands­be­en­di­gung bei einer Frau ver­schlei­ert, dass ein unge­bo­re­nes Kind abge­trie­ben, getö­tet wird.
  • Der Para­graf 218c spricht von den „Fol­gen, Risi­ken sowie mög­li­chen phy­si­schen und psy­chi­schen Aus­wir­kun­gen“ von Abtrei­bung. Hier wird das gesell­schaft­lich ver­dräng­te Post-Abor­ti­on-Syn­drom zur Spra­che gebracht.
  • Auch wenn in Aus­nah­me­fäl­len für Abtrei­bun­gen Straf­lo­sig­keit gewährt wird, bleibt die vor­ge­burt­li­che Kinds­tö­tung eine „rechts­wid­ri­ge“, ja grund­rechts­wid­ri­ge Hand­lung, also eine Unrechts­tat. Die­se recht­li­che Qua­li­fi­zie­rung vom höch­sten deut­schen Gericht soll­te man stets in die Dis­kus­si­on ein­brin­gen, um der weit­ver­brei­te­ten Fehl­mei­nung recht­lich erlaub­ter Abtrei­bung entgegenzuwirken.
  • Die Straf­frei­heit bei Abtrei­bun­gen nach Bera­tung dient eben­so wenig dem Lebens­schutz der Unge­bo­re­nen wie eine Straf­lo­sig­keit bei Laden­dieb­stäh­len dem Schutz des Eigen­tums die­nen würde.
  • Die Straf­lo­sig­keit wird als Pro­pa­gan­da­schie­ne genutzt, um die fal­sche Mei­nung von Abtrei­bungs­le­ga­li­tät zu ver­mit­teln. In Wirk­lich­keit bestä­tigt die­se Auf­he­bungs­for­mel eine rechts­wid­ri­ge Tat gegen das Leben, die eigent­lich mit Straf­an­dro­hung geahn­det wer­den müsste.
  • Eine ergeb­nis­of­fe­ne Bera­tung ent­spricht nicht dem Geset­zes­auf­trag und dient nicht dem Lebens­schutz, son­dern för­dert eher Abtreibungen.
  • Der Kampf um die mora­li­sche und recht­li­che Deu­tungs­ho­heit soll­te auch auf der sprach­li­chen Ebe­ne geführt wer­den, also Abtrei­bung statt Schwan­ger­schafts­ab­bruch, Unge­bo­re­nes oder unge­bo­re­nes Kind statt Embryo (als über­grei­fen­de Bezeich­nung bei allen Lebe­we­sen) – allen­falls ‚mensch­li­cher Embryo’. Abtrei­bung bedeu­tet die vor­ge­burt­li­che Tötung eines Kindes.
  • Wei­te­re Argumentationshilfen:

Wenn dem Men­schen von Anfang an Men­schen­wür­de und das Recht auf Leben zukommt, so kann er im ersten Lebens­sta­di­um nicht als Zell­hau­fen oder Bio-Mate­ri­al abqua­li­fi­ziert wer­den. Aus einem Zell­hau­fen, einer Bio­mas­se kann sich nicht eine Per­son, ein Jemand ent­wickeln. Der Mensch ent­wickelt sich als Mensch, nicht von irgend­was zum Menschen.

Text: Hubert Hecker
Bild: Syte​reitz​.com/​C​h​r​i​s​t​i​a​n​s​h​i​rt/

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