Frankreich: Marienstatue muß weg – Sie „verletzt“ die Trennung von Staat und Kirche


Publier: Marienstatue am Genfer See
Publier: Mari­en­sta­tue am Gen­fer See

(Paris) 2011 wur­de in einem Park der fran­zö­si­schen Gemein­de Publier eine Mari­en­sta­tue errich­tet, die Unse­rer Lie­ben Frau von Léman gewid­met ist. Hoch dro­ben vom Hang blickt die Mari­en­sta­tue seit­her auf den Gen­fer See hinunter.
Nun befand das Ver­wal­tungs­ge­richt von Gre­no­ble, daß die Mari­en­sta­tue „die Lai­zi­tät ver­letzt“. Sie ste­he auf öffent­li­chem Grund, in Frank­reich aber herr­sche seit 1905 strik­te „Tren­nung von Staat und katho­li­scher Kir­che“. Und weil dem so sei, habe die Sta­tue „ent­fernt“ zu wer­den. Laut Ver­wal­tungs­ge­richt hät­te die Gemein­de­ver­wal­tung nie eine Bewil­li­gung für die Errich­tung der Mari­en­sta­tue aus­stel­len dürfen.

Frankreichs Don Camillo und Peppone ließen Marienstatue errichten

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Publier ist eine Gemein­de mit 6.500 Ein­woh­nern. Der Ort liegt am Süd­ufer rund 120 Meter über dem Gen­fer See inmit­ten eines Wein­bau­ge­biets. Durch die schö­ne Lage, das son­nig-mil­de Kli­ma und geeig­ne­te Infra­struk­tu­ren ist Publier in den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten stark gewach­sen. 1962 zähl­te die Gemein­de erst 1.871 Einwohner.

Erstaun­li­cher­wei­se ist Bür­ger­mei­ster Gaston Lacroix ein par­tei­lo­ser Lin­ker, die in Frank­reich als Divers Gau­che bezeich­net wer­den. Er lei­tet bereits seit 2002 die Geschicke der Gemein­de. Das Bür­ger­mei­ster­amt konn­te er bei den Kom­mu­nal­wah­len 2014 ver­tei­di­gen. Im Gemein­de­rat ver­fügt er über eine üppi­ge Mehr­heit von 22 Sit­zen, denen ledig­lich fünf Ver­tre­ter der oppo­si­tio­nel­len UMP und zwei unab­hän­gi­ge Rech­te gegen­über­ste­hen. Die lau­fen­de Amts­pe­ri­ode endet 2020.

Der Bür­ger­mei­ster mit dem from­men Namen Lacroix (das Kreuz) bezeich­net sich selbst als „Frei­den­ker“ und Sozia­list und ist Mit­glied der Asso­cia­ti­on de la Lib­re Pen­sée de Hau­te-Savoie, wie Lorenz Jäger in der Frank­fur­ter All­ge­mei­nen Zei­tung berichtete.

„Unsere Liebe Frau vom Genfer See wache über deine Kinder“

Publier Marienstatue muß aus Park entfernt werden
Publier: Mari­en­sta­tue muß aus Park ent­fernt werden

Über die Ent­schei­dung des Ver­wal­tungs­ge­richts ist er ent­täuscht: „Ich hät­te nicht gedacht, daß es soweit kom­men wür­de. Die Sta­tue ist ein Bezugs­punkt für alle. Alle haben mich unter­stützt, sogar die Mos­lems.“ Ent­täuscht ist auch Pfar­rer Robert Coll­oud. Er hat­te zusam­men mit Bür­ger­mei­ster Lacroix die Auf­stel­lung der Mari­en­sta­tue orga­ni­siert. Laut Lorenz Jäger eine moder­ne Neu­auf­la­ge von Don Camil­lo und Peppone.

Der Frei­den­ker und der Pfar­rer wuß­ten um die Tücken der lai­zi­sti­schen Staats­dok­trin, die im repu­bli­ka­ni­schen Frank­reich als unan­tast­ba­res Tabu gilt. Da brei­ter Kon­sens für die Auf­stel­lung der Sta­tue bestand, such­ten sie nach einem Weg, dem gel­ten­den Gesetz Genü­ge zu tun und den­noch die Sta­tue auf­stel­len zu kön­nen. Und glaub­ten die­sen Weg auch gefun­den zu haben.

Die Gemein­de ver­pach­te­te eini­ge Qua­drat­me­ter des öffent­li­chen Parks um den sym­bo­li­schen Pacht­zins von drei Euro je Qua­drat­me­ter an einen pri­va­ten Ver­ein. Den wie­der­um hat­te Pfar­rer Coll­oud über die Pfar­rei gegrün­det. Der Ver­ein ließ die Sta­tue anfer­ti­gen und auf der klei­nen Flä­che im Park auf­stel­len mit der Sockel­in­schrift: Not­re-Dame-du-Léman veil­le sur tes enfants (Unse­re Lie­be Frau vom Gen­fer See wache über dei­ne Kinder).

„Freidenker“ pochen auf laizistisches Staatsdogma

Doch nicht alle „Frei­den­ker“ und Sozia­li­sten den­ken wie Lacroix. Die Fédé­ra­ti­on natio­na­le de la Lib­re Pen­sée (Natio­na­ler Frei­den­ker­bund) zogen gegen die Mari­en­sta­tue vor das Ver­wal­tungs­ge­richt. Es sei eine Zumu­tung, daß Nicht-Chri­sten im Park an der Mari­en­sta­tue vor­bei­ge­hen müß­ten. Das Ver­wal­tungs­ge­richt gab ihnen nun recht. Natür­lich gin­gen die Rich­ter nicht auf die Fra­ge nach der Zumut­bar­keit ein, son­dern ver­wie­sen auf die gel­ten­de Rechts­la­ge. Die­se unter­sa­ge die Auf­stel­lung reli­giö­ser Sym­bo­le auf öffent­li­chem Grund.

Bür­ger­mei­ster Lacroix gehört dem „fal­schen“ Frei­den­ker­ver­ein an. Sei­ne Asso­cia­ti­on des libres-pen­seurs de France (Ver­ei­ni­gung der Frei­den­ker Frank­reichs) spal­te­te sich 1995 von der 1901 gegrün­de­ten Fédé­ra­ti­on ab. Letz­te­re sieht sich als „Hüte­rin“ des Geset­zes zur Tren­nung von Staat und Kir­che. Ihr Grund­satz, „die ratio­na­len und wis­sen­schaft­li­chen Prin­zi­pi­en zu för­dern, um die Dog­men zu über­win­den“ führ­te in Wirk­lich­keit zur Errich­tung eines lai­zi­sti­schen Dog­mas, das die Gemein­de Publier zu spü­ren bekommt.

„Je suis Marie“?

Der Frei­den­ker­bund jubel­te über das Gerichts­ur­teil: „Ein Sieg für die Lai­zi­tät. Jetzt muß der Bür­ger­mei­ster die Sta­tue ent­fer­nen. Das wird der Jugend ein schö­nes Bei­spiel sein. Ich fra­ge mich, ob die katho­li­sche Reli­gi­on über­haupt mit der Repu­blik ver­ein­bar ist“, erklär­te der Ver­tre­ter der Fédé­ra­ti­on von Ober­sa­voy­en.

Vor­erst ist unklar, wohin die Mari­en­sta­tue gebracht wer­den soll. Die Frei­den­ker haben bereits zur „Mobi­li­sie­rung aller Kräf­te der Repu­blik“ auf­ge­ru­fen, soll­te Bür­ger­mei­ster Lacroix den Ver­wal­tungs­ge­richts­ent­scheid nicht zügig umsetzen.
Lorenz Jäger emp­fiehlt: „Don Camil­lo soll­te auf Kosten der Gemein­de einen But­ton in Auf­trag geben: Je suis Marie“.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Tempi

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