Papst Franziskus ein neuer Psalmist und neuer Bernhard von Clairvaux?


Ist Papst Franziskus ein neuer Bernhard von Clairvaux und Psalmist?
Ist Papst Fran­zis­kus ein neu­er Bern­hard von Clairvaux und Psalmist?

(Rom) Gestern berich­te­te Katho​li​sches​.info über den päpst­li­chen Con­sul­tor Enzo Bian­chi und die unge­wöhn­li­che Visi­ta­ti­on des „Klo­sters“ von Bose (sie­he Die päpst­li­chen Visi­ta­tio­nen und das inter­kon­fes­sio­nel­le „Klo­ster“ von Bose). Heu­te war der „Pri­or“ zur Stel­le, um Papst Fran­zis­kus für die Weih­nachts­ohr­fei­ge Applaus zu zol­len, die er am Mon­tag den Kuri­en­mit­ar­bei­tern ver­paß­te. Ist Papst Fran­zis­kus ein neu­er Psal­mist und neu­er Bern­hard von Clairvaux? Ja, sagt der pro­gres­si­ve Papst­günst­ling Enzo Bian­chi, denn „seit tau­send Jah­ren hat nie­mand so gesprochen“. 

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In einem Kom­men­tar für Vati­can Insi­der schrieb Bian­chi: „In jün­ge­rer Zeit hat nie­mand jemals so gespro­chen wie Papst Fran­zis­kus. Gestern hat er mit Par­r­he­sia gesagt, was er denkt, ohne eine nur andeu­ten­de Spra­che und ohne jeden diplo­ma­ti­schen Stil.“

Die Rede, mit der er den Kuri­en­mit­ar­bei­tern ihre „Krank­hei­ten“ und „Sün­den“ dia­gno­sti­zier­te, man­che spre­chen viel­mehr von einer öffent­li­chen Abrech­nung ohne Wenn und Aber, erin­ne­re – laut Enzo Bian­chi – an das, was ein Hei­li­ger Bern­hard von Clairvaux im 11. Jahr­hun­dert dem Papst zu sagen wag­te. „Wor­te, die nur weni­ge ande­re gegen kirch­li­che Laster in einer Zeit zu schrei­ben und zu sagen wuß­ten, als eine Reform der Kir­che in capi­te et in cor­po­re drin­gend not­wen­dig war“, so Bianchi.

Bianchis kleine Verwechslung der Rollen

Bian­chi über­geht in sei­ner Gleich­set­zung einen klei­nen, aber nicht unbe­deu­ten­den Unter­schied: ermahn­te der mit­tel­al­ter­li­che Mönchs­abt Bern­hard von Clai­r­evaux als „Unter­ge­be­ner“ den höher­ge­stell­ten Papst, ist es mit Papst Fran­zis­kus der Vor­ge­setz­te, der sei­ne Unter­ge­be­nen maßregelte.

Doch Enzo Bian­chi hält sich, ganz Höf­ling, mit sol­chen Details nicht auf, son­dern stellt die Papst­re­de in eine Rei­he mit den Psal­men, kon­kret Psalm 101. In sei­ner Begei­ste­rung wird der pro­gres­si­ve Bian­chi ganz „tra­di­tio­na­li­stisch“ und schwärmt von den Wüsten­vä­tern, die Sün­den­ka­ta­lo­ge erstell­ten. „Noch die Gene­ra­tio­nen von Chri­sten, wie die mei­ne, die vor dem Zwei­ten Vati­ca­num geformt wur­den, hat­ten Regi­ster der Sün­den ‚in Gedan­ken, Wor­ten, Wer­ken und Unter­las­sun­gen‘ zur Ver­fü­gung, um sich auf das Beicht­sa­kra­ment vor­zu­be­rei­ten und eine gründ­li­che per­sön­li­che Gewis­sens­prü­fung über das eige­ne Unge­nü­gen im Ver­gleich zum Anspruch der Zehn Gebo­te zu vollziehen.“

Neben Par­r­he­sia, Bern­hard von Clairvaux, Psal­men, Wüsten­vä­tern und vor­kon­zi­lia­rem Sün­den­be­wußt­sein erkennt der päpst­li­che Con­sul­tor in der Weih­nachts­schel­te für die Kurie auch die Jesui­ten­tra­di­ti­on des Igna­ti­us von Loyo­la. Im Mit­tel­punkt des päpst­li­chen Sün­den­ka­ta­logs ste­he, so der „Pri­or“ von Bose, die „Macht“ als „Schlüs­sel­ver­su­chung“, mit der „der Dämon auch Jesus Chri­stus“ ver­su­chen woll­te. „Ja, der unstill­ba­re Durst nach Macht befä­higt jenen, der sich ihm hin­gibt, die ande­ren in den Zei­tun­gen und Blogs mit Hil­fe von wil­li­gen Jour­na­li­sten, die sogar auf Bestel­lung has­sen kön­nen, zu dif­fa­mie­ren und zu verleumden.“

„Papst erfindet nichts, er liest einfach nur den Alltag, der die Kirche deformiert“

Hat der Papst recht mit sei­ner har­ten Kri­tik? Ja, sagt Enzo Bian­chi: „Papst Fran­zis­kus erfin­det nichts, er liest ein­fach nur den All­tag, der die Kir­che als Leib Chri­sti defor­miert und ent­stellt. Es ist eine schnei­den­de Ana­ly­se, die auch das Ergeb­nis der täg­li­chen Erfah­rung in den 21 Mona­ten die­ses Pon­ti­fi­kats ist; nicht eine Unter­su­chung der Ver­gan­gen­heit und der Skan­da­le vor sei­ner Wahl, son­dern der anhal­ten­den Gegenwart.“

Der Papst nen­ne in sei­ner Rede, die „reich an bibli­schen Zita­ten und Ver­wei­sen auf sein Schrei­ben Evan­ge­lii gau­di­um ist als Beleg für die Ver­wur­ze­lung sei­nes Redens und Han­delns im Wort Got­tes“, ein „bezeich­nen­des uni­ver­sa­les Gegen­mit­tel für die­se Patho­lo­gien“, so Bian­chi: das „Ver­ständ­nis der Kir­che als ‚mysti­scher Leib Chri­sti‘“. Daß dar­un­ter nicht das über­lie­fer­te Kir­chen­ver­ständ­nis gemeint ist, obwohl Bian­chi mehr­fach die Wor­te „Tra­di­ti­on“, „tra­di­tio­nell“ und „über­lie­fert“ gebraucht, wird im Brücken­schlag des „Pri­o­rs“ zur umstrit­te­nen For­mel des „Lie­bes­pri­mats“ deut­lich, der von den schis­ma­ti­schen Deno­mi­na­tio­nen betont wird, um den päpst­li­chen Juris­dik­ti­ons­pri­mat zu ver­nei­nen. Eine Posi­ti­on, die sich Bian­chi seit lan­gem zu eigen gemacht hat, der im Papst­tum das Haupt­hin­der­nis für die Ein­heit unter den Chri­sten sieht.

„Bin ich ein Mann Gottes oder ein Verwalter Satans?“

Viel­mehr liest Bian­chi in der Papst­re­de von „einer inti­men Ein­heit die­ses dyna­mi­schen Kör­pers und jedes ein­zel­nen Glie­des mit dem Herrn“. Nicht anders sei die Ermah­nung von Papst Fran­zis­kus an jeden Chri­sten, vor allem aber an alle, die Ver­ant­wor­tung tra­gen und in der Seel­sor­ge tätig sind, zu ver­ste­hen, wenn er dazu auf­for­dert, sich zu fra­gen: „bin ich ein Mann Got­tes oder ein Ver­wal­ter Satans?“ Eine Alter­na­ti­ve gebe es nicht, so Bian­chi, denn „wenn es wahr ist, daß wir alle ver­sucht wer­den und alle fal­len, ist es auch wahr, daß der Bruch zwi­schen jeden erfolgt, die fal­len und wie­der auf­ste­hen, indem sie beken­nen Sün­der zu sein, und jenen, die es akzep­tie­ren, zu fal­len, bis sie kor­rupt sind und sich mög­li­cher­wei­se gegen­über ande­ren sogar als gerech­te und vor­bild­li­che Per­son präsentieren“.

Der Weg von Papst Fran­zis­kus „ist stei­ni­ger als jede funk­tio­na­le Reform, aber ohne Zwei­fel inno­va­ti­ver und zugleich tief in der authen­ti­schen christ­li­chen Tra­di­ti­on ver­an­kert: den büro­kra­ti­schen Kir­chen­ap­pa­rat wie­der zu sei­ner wirk­li­chen Natur eines gemein­schaft­li­chen Kör­pers im Dienst der Welt­kir­che zurück­zu­füh­ren“. Man wer­de sagen, „die Krank­hei­ten sei­en so zahl­reich, schwer­wie­gend und ver­brei­tet, daß eine schnel­le Hei­lung unwahr­schein­lich ist“. Vor allem sei die Gene­sungs­zeit nicht ohne die Gefahr von Rück­fäl­len. „Wir wis­sen aber gut, daß die Vor­aus­set­zung für jede effi­zi­en­te The­ra­pie eine genaue Dia­gno­se ist und dafür sind die Wor­te von Papst Fran­zis­kus extrem geeignet“.

„Je weiter Franziskus diesen Weg geht, desto mehr wird er die dämonischen Kräfte entfesseln“

Enzo Bian­chi kommt daher zum Schluß: „Ich habe es geschrie­ben und schrei­be es noch ein­mal: Papst Fran­zis­kus macht sich zum Echo des Evan­ge­li­ums, und sei­ne Lei­den­schaft für das Evan­ge­li­um führt ihn dazu, das Leben der Kir­che und jedes ein­zel­nen Glie­des nach der Treue zum Evan­ge­li­um zu mes­sen. Machen wir uns aber kei­ne Illu­sio­nen: Je mehr der Papst die­sen Weg gehen wird, desto mehr wird er die dämo­ni­schen Kräf­te ent­fes­seln, die in der Geschich­te wir­ken und das Ergeb­nis für die wirk­li­chen Gläu­bi­gen wird das Sicht­bar­ma­chen des Kreu­zes Chri­sti sein. Es ist nicht wahr, daß es dann in der Kir­che beque­mer sein wird; das Gegen­teil ist wahr: die Kir­che kann nur Jesus fol­gen auch in der schmerz­li­chen Zurück­wei­sung und der Ver­fol­gung und sie wird kei­ne welt­li­chen Erfol­ge erzie­len, wenn sie die Bot­schaft ihres Herrn verkörpert“.

So der Kom­men­tar von Enzo Bian­chi, seit ver­gan­ge­nem Juli Con­sul­tor des Päpst­li­chen Rats für die För­de­rung der Ein­heit der Chri­sten und „Pri­or“ der öku­me­nisch-pro­gres­si­ven Lai­en­ge­mein­schaft von Bose, der wie ande­re Pro­gres­si­ve auf­grund der Beför­de­rung mit gutem Grund Mor­gen­luft wittert.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Chie­sa e Postconcilio

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