(New York) Die Kirche, die neu aufblüht, führt buchstäblich über die Restauration. Im US-Bundesstaat Georgia, Erzdiözese Atlanta wird eine katholische Kirche restauriert, indem das Presbyterium und der Altar katholisch wiederhergestellt, eben restauriert werden.
Die katholische Kirche in den USA wurde wie weitgehend im gesamten Westen nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil in einer heute kaum mehr ansatzweise verständlichen Euphorie von einem Sturm liturgischer Mißbräuche verwüstet. Die Folge war ein rapider Verfall des Klerus, mehr noch der Orden und der christlichen Praxis der Gläubigen. Die Folge in der nächsten Generation ist nur mehr eine lose Bindung an den christlichen Glauben und die Kirche, die vor allem als Dienstleister auf einem potentiellen Markt der Möglichkeiten und Religionen wahrgenommen wird. Der nächste Schritt ist konsequenterweise die Gottlosigkeit, selbst wenn nominell vielleicht ein konfuser „Gottglaube“ angegeben wird. Der Zusammenbruch erfolgte im Namen des Konzils, ob zu recht oder zu unrecht, was für sich bereits Aussagekraft hat.
Zwangsjubel über Zweites Vatikanum verhindert Ursachenforschung zur Kirchenkrise
Eine weitere Folge war die Eiterbeule sexueller Vergehen, von Übertretungen, Bruch von Gelübden und Versprechen, Mißbrauch, die vor einigen Jahren aufbrach, aber noch nicht überall die notwendige reinigende Wirkung erzielt hat, wie jüngste Beispiele in Flandern belegen.
Das Zweite Vatikanum, mehr noch der „Konzilsgeist“ und die Nachkonzilszeit werden innerkirchlich tabuisiert. Jede kritische Auseinandersetzung wird bekämpft und marginalisiert. Das verhindert bis zum heutigen Tag die Ursachenforschung, warum selbst in katholischen Gegenden, in denen die Kirche bis zum Konzil kraftvoll war, ein radikaler Zusammenbruch erfolgen konnte. Papst Benedikt XVI. wagte bisher als einziger eine Zwischenphase anzustoßen. Das Aufsehen, das seine Weihnachtsansprache an die Römische Kurie 2005 auslöste, zeigte, welches Potential und welche Sprengkraft im Rütteln am einzig realexistierenden Tabu der Katholischen Kirche liegt.
Es erklärt vielleicht einen Teil des Zögerns, mit dem Benedikt XVI. die angestoßene Diskussion vorantrug und mit seiner letzten großen Ansprache vor dem römischen Klerus in einer die Tragweite eher minimierenden Weise ausklingen ließ, indem er – zumindest bei schneller Lektüre – den Medien die maßgebliche Schuld zuschrieb. Ein mißverständliches und ein mißverstandenes Konzil sind nicht dasselbe.
Anklänge einer kirchlichen Restauration aus den USA
Aus den USA, um bei diesem Beispiel zu bleiben, dringen in jüngerer Zeit Anklänge einer kirchlichen Erneuerung über den Großen Teich (siehe auch den Bericht Zelebration ad orientem im Advent) Sie mögen in Europa nur schwach zu hören sein, dennoch gibt es sie. Eine „Restauration“ der Kirche, eine Wiederbelebung, die selbst „ruchlose Manöver“ (Traditio catholica) nicht aufhalten können.
Positive Beispiele verdienen Aufmerksamkeit und die Prüfung, ob sie, direkt oder abgewandelt, Handlungsanleitungen auch für andere sein können. So geht die Rede von „verdienstvollen Lektionen der amerikanischen Kirche“ vor allem im Bereich der Liturgie. Grund ist eine neue, jüngere Generation von Priestern und Ordensleuten.
In der Heiligen Liturgie liegt die eigentliche Kraft verborgen, die Kirche zu „restaurieren“ und wiederaufblühen zu lassen. Der Heilige Franz von Assisi bekam den göttlichen Auftrag, die Kirche wiederaufzurichten, die in „Ruinen“ lag. Der Aufbau der Kirche von San Damiano und weiteren Kirchen sind kein Selbstzweck, sondern weisen auf die Heilige Liturgie hin, der die Kirchen dienen. Durch die Liturgie wird die Kirche wiederaufgerichtet. Das Beispiel des großen mittelalterlichen Heiligen ist um so anschaulicher, weil er selbst gerade kein Priester war.
Wiederaufbau der Kirche führt über die Heilige Liturgie
So führt die Restaurierung der in Ruinen liegenden Kirche auch heute über die Wiederherstellung des ursprünglichen und immergültigen Glanzes der Heiligen Liturgie, die nur durch die Wiederherstellung des Priestertums möglich ist: des Priesters in seiner Funktion als alter Christus, der zur Heiligung der Gläubigen berufen ist und wirkt.
Die Heilige Liturgie fördert das langsame und mühevolle Wiederaufrichten, besser gesagte, das ständige Bauen an der Civitas Dei und der christlichen Gesellschaft. Die Welt hat so großen Bedarf danach. Ein Bedarf, der um so größer wird, je weiter sich die Staaten, die Gesellschaften, die Menschen von der Kirche entfernen.
In der Heiligen Liturgie kann der Priester, und durch ihn alle Gläubigen, „erfahren, daß Jesus Christus der einzige Herr des Kosmos und der Geschichte ist, ohne den jedes menschliche Konstrukt sich in Nichts aufzulösen droht“, so Papst Benedikt XVI. in seiner Ansprache bei der Ersten Vesper des Ersten Adventsonntags am 1. Dezember 2012.
Wiederherstellung des Altarraums in Conyers (Georgia)
Die amerikanischen Internetseite New Liturgical Movement (NLM) berichtete am Rande einer Meldung über Kirchenmusik, von der Neugestaltung des Altarraumes der nachkonziliar umgebauten Pfarrkirche St. Pius X. in der Stadt Conyers im Bundesstaat Georgia. Die Pfarrei gehört zur Erzdiözese Atlanta. Die von NLM veröffentlichten Bilder zeigen den Unterschied zwischen dem Zustand vor und nach dem Umbau. Wobei das Davor das Danach und das Danach eigentlich das Davor ist, denn die Neugestaltung ist die Wiederherstellung des ursprünglichen liturgischen Zustandes vor der Liturgiereform. Restauration meint damit kein Zurück, das es in Zeit und Raum nie geben kann, sondern im Heute eine auf das Morgen ausgerichtete Überwindung einer Fehlentwicklung von gestern.
Die Umbauarbeiten sind noch im Gange, doch ist das Ergebnis schon erkennbar. Eine der restaurativen Verbesserungen: Der ausgelagerte, „marginalisierte“ Tabernakel wurde wieder in den Mittelpunkt gerückt.
Ein hilfreicher Seitenblick
Da der klare Blick auf das Eigene oft verstellt ist, soll ein Blick auf die russisch-orthodoxe Kirche eine Hilfe sein, um zu verstehen, mit welcher Hartnäckigkeit das Böse gegen die Heilige Liturgie wütet. Auch in Rußland wollten nach der bolschewistischen Oktoberrevolution die neuen Sowjetherrscher unter Sichel und Hammer und Rotem Stern liturgische „Reformen“ einführen. Die eisige Kälte des Atheismus sollte auch die Kirchen erfüllen und unbewohnbar machen.
Als das marxistischen System zusammenbrach, erfolgte die Wiederaufrichtung der orthodoxen Kirche nicht durch die „reformierte“ Liturgie, sondern durch die vorrevolutionäre göttliche Liturgie mit ihren Ikonen, Ikonostasen, dem Weihrauch, den heiligen Gesängen der Tradition.
Das Beispiel Conyers in den USA widerlegt die verspäteten, kurial verordneten Umbauten der wenigen Altarräume, wie in der Wallfahrtskirche von Wigratzbad, hinter dem selbst Wohlmeinendste einen bösen Akt vermuten müssen, und der im deutschen Sprachraum kirchensteuerfinanzierten Entleerung des Altarraums. Wurde im ersten Schritt der Liturgiereform der eigentliche Altar marginalisiert, indem er durch den „Volksaltar“ ersetzt wurde, wird in einem zweiten Schritt der Altarraum an sich marginalisiert, indem der „Volksaltar“ ins Kirchenschiff hineingeschoben wird (siehe die Augustinerkirche von Würzburg und die Wallfahrtskirche am Sonntagberg). Eine Entwicklung, die sinnbildlich die Entsakralisierung der Liturgie zum Ausdruck bringt, letztlich einer Liturgie ohne Gott.
„Wir wissen nicht, auf welche Weise Gott als gerechter und barmherziger Richter unsere heilige Mutter Kirche wiederaufrichten wird. Eines wissen wir jedoch genau: Die wiederaufgerichtete Kirche wird nicht die der anthropozentrischen Liturgiereform sein, sondern wie in Rußland der überlieferten, gottzuwandten, nach Osten, auf das Kreuz und den Tabernakel ausgerichteten Liturgie“, so Traditio Catholica, über das Beispiel Atlanta, als „Vorbild und Hoffnungszeichen“.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: New Liturgical Movement