Wie Benedikt XVI. doch an Bischofssynode teilnimmt und Kasper widerspricht


Benedikt XVI.
Bene­dikt XVI.

(Rom) Im inner­kirch­li­chen Rin­gen um die „neue Barm­her­zig­keit“, die Kar­di­nal Wal­ter Kas­per mit Wohl­wol­len des regie­ren­den Pap­stes postu­lier­te, kor­ri­gier­te der eme­ri­tier­te Papst Bene­dikt XVI. einen Auf­satz aus dem Jahr 1972. Grund dafür war, daß Kas­per den Auf­satz zur Stüt­zung sei­ner The­sen zitiert hat­te. Die­ses Hau­sie­ren war ein dia­lek­ti­scher Schach­zug, um Geg­ner weni­ger inhalt­lich, dafür aber mit dem Namen von Joseph Ratz­in­ger zu ent­waff­nen und Was­ser auf die eige­nen Müh­len zu lenken.

Anzei­ge

Auf die­se Wei­se nimmt Bene­dikt XVI. (indi­rekt) doch an der Dop­pel-Syn­ode 2014/​2015 teil. Ermög­licht wur­de es ihm aus­ge­rech­net von Kar­di­nal Kas­per. Der eme­ri­tier­te Papst tut es auf sei­ne lei­se Art in der festen Über­zeu­gung, daß das Auf­zei­gen der erkann­ten Wahr­heit auch ande­re über­zeugt, wenn sie bereit­wil­lig hören wollen.

Unter­des­sen zeig­te sich Kar­di­nal Ange­lo Sco­la sicher, daß Papst Fran­zis­kus wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­ne nicht zur Kom­mu­ni­on zulas­sen werde. 

Die Hal­tung von Kar­di­nal Ratz­in­ger und Papst Bene­dikt XVI. zur Kom­mu­ni­on für wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne ist bekannt und ein­deu­tig. Er for­mu­lier­te sie mehr­fach sowohl als Kar­di­nal­prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on und dann als Kirchenoberhaupt.

Kaspers Trumpfkarte bei Kardinalskonsistorium

Ratz­in­gers Lands­mann Wal­ter Kas­per mach­te jedoch eine Ent­deckung, die er als Trumpf­kar­te im Ärmel behielt. Der Theo­lo­ge Ratz­in­ger, damals Pro­fes­sor in Regens­burg, hat­te 1972 einen Auf­satz zu einem Sam­mel­band über Ehe und Schei­dung beigesteuert.

Kas­per zück­te die Kar­te ver­gan­ge­nen Febru­ar in sei­ner Rede vor dem Kar­di­nals­kon­si­sto­ri­um, das Papst Fran­zis­kus ein­be­ru­fen hat­te, um mit Blick auf die bevor­ste­hen­de Bischofs­syn­ode über das The­ma Fami­lie zu sprechen.

Kardinal Kasper und Papst Franziskus bei der Bischofssynode 2014
Kar­di­nal Kas­per und Papst Fran­zis­kus bei der Bischofs­syn­ode 2014

Der Schwer­punkt von Kas­pers Aus­füh­run­gen galt der Wie­der­zu­las­sung von wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen zur Kom­mu­ni­on. Die Urkir­che zei­ge auch heu­te die Rich­tung, auf die bereits „der Pro­fes­sor Joseph“ 1972 hin­ge­wie­sen hat­te. Mit einem Neben­satz lenk­te der deut­sche Kar­di­nal auf Joseph Ratz­in­ger über, den er – auf Wir­kung hof­fend – zum Kron­zeu­gen sei­ner „neu­en Barm­her­zig­keit“ erhob.

Der damals 45jährige Theo­lo­ge Ratz­in­ger schrieb tat­säch­lich, daß die Kom­mu­ni­on für wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­ne unter bestimm­ten Bedin­gun­gen völ­lig in Über­ein­stim­mung mit der Tra­di­ti­on der Kir­che erschei­ne und beson­ders mit jener Art von Ablaß, der bei Basi­li­us erkenn­bar wer­de, wo nach einer län­ge­ren Buß­zeit jenen, die in einer Zweit­ehe leben, ohne Annul­lie­rung der­sel­ben die Kom­mu­ni­on gewährt wird im Ver­trau­en auf die Barm­her­zig­keit Got­tes, der die Buße nicht unbe­ant­wor­tet läßt. Ratz­in­gers Auf­satz „Zur Fra­ge nach der Unauf­lös­lich­keit der Ehe“ wur­de im Sam­mel­band „Ehe und Ehe­schei­dung. Dis­kus­si­on unter Chri­sten“, hrsg. von Franz Hen­rich und Vol­ker Eid, Katho­li­sche Aka­de­mie Mün­chen, Mün­chen 1972 veröffentlicht.

Klare Haltung des Glaubenspräfekten Ratzinger

Der Auf­satz war das erste und ein­zi­ge Mal, wo der Theo­lo­ge Ratz­in­ger eine „Öff­nung“ gegen­über wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen in Erwä­gung zog. Dann kehr­te er ganz auf die Linie der über­lie­fer­ten Leh­re zum Ehe­sa­kra­ment zurück, wie sie Johan­nes Paul II. bekräf­tig­te, und wur­de zum ent­schie­de­nen Ver­fech­ter eines Kom­mu­ni­on­ver­bots. Als Glau­bens­prä­fekt hat­te er wesent­li­chen Anteil, die Ehe­leh­re argu­men­ta­tiv abzu­stüt­zen. So vor allem durch die Unter­schrift unter das Schrei­ben an die Bischö­fe der Katho­li­schen Kir­che über den Kom­mu­nion­emp­fang von wie­der­ver­hei­ra­te­ten geschie­de­nen Gläu­bi­gen vom 14. Sep­tem­ber 1994, mit dem der Hei­li­ge Stuhl die The­sen zugun­sten der Kom­mu­ni­on für die wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen zurück­wies, die damals von eini­gen deut­schen Bischö­fen ver­tre­ten wur­den, dar­un­ter mit lau­ter Stim­me auch von Wal­ter Kas­per als Bischof von Rottenburg-Stuttgart.

1998 ver­faß­te Ratz­in­ger als Kar­di­nal­prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on den Auf­satz „Die Ehe­pa­sto­ral muß auf der Wahr­heit grün­den. Zu eini­gen Ein­wän­den gegen die kirch­li­che Leh­re über den Kom­mu­nion­emp­fang von wie­der­ver­hei­ra­te­ten geschie­de­nen Gläu­bi­gen“, der vom Vati­kan­ver­lag Casa Editri­ce Vati­ca­na im Band 17 der Schrif­ten­rei­he der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on Docu­men­ti e Stu­di (S. 20–29) ver­öf­fent­licht wur­de. Als Papst Bene­dikt XVI. ließ er den Auf­satz am 29./30. Novem­ber 2011 vom Osser­va­to­re Roma­no ergänzt und in meh­re­ren Über­set­zun­gen, dar­un­ter auch Deutsch, erneut publi­zie­ren. Der Auf­satz stell­te ante even­tum bereits die Ant­wort auf die Rede von Kar­di­nal Kas­per vor dem Kar­di­nals­kon­si­sto­ri­um 2014 dar. Die Neu­ver­öf­fent­li­chung zeigt, daß die „neue Barm­her­zig­keit“ bereits damals, in der Öffent­lich­keit weni­ger beach­tet, an die Tore des Vati­kans klopf­te. Aus­rei­chend hef­tig, daß Bene­dikt XVI. mit sei­nen sen­si­blen Füh­lern den Ansturm zu ahnen schien und früh­zei­tig auf sei­ne Art, der argu­men­ta­ti­ven Über­zeu­gungs­ar­beit, gegen­zu­steu­ern versuchte.

Hin­zu­kom­men die lehr­amt­li­chen Aus­sa­gen von Papst Bene­dikt XVI., mit denen er im Zusam­men­hang mit der Seel­sor­ge für wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­ne das Kom­mu­ni­on­ver­bot mehr­fach bekräftigte.

Kaspers Rede ausschlaggebend für Überarbeitung

Gesammelte Schriften
Gesam­mel­te Schriften

Die Rede von Kar­di­nal Kas­per vor den Kar­di­nä­len war der aus­schlag­ge­ben­de Grund für den eme­ri­tier­ten Papst, erneut sei­nen in Ver­ges­sen­heit gera­te­nen Auf­satz von 1972 in die Hand zu neh­men und Hand dar­an zu legen. Als Kron­zeu­ge für die „neue Barm­her­zig­keit“ Kas­pers woll­te er sich nicht miß­brau­chen las­sen. Kas­pers Hin­weis auf den Auf­satz von 1972 unter­schlug alle anders­lau­ten­den nach­fol­gen­den Äuße­run­gen Joseph Ratz­in­gers und ver­mit­tel­ten damit ein völ­lig fal­sches Bild. Ein gewief­ter Schach­zug Kas­pers zugun­sten sei­ner The­sen und gleich­zei­tig ein in sei­ner Ver­kürztheit unred­li­cher Sei­ten­hieb gegen Bene­dikt XVI. Die schritt­wei­se Her­aus­ga­be der Gesam­mel­ten Schrif­ten bot dem eme­ri­tier­ten Papst den geeig­ne­ten Rah­men, den kor­ri­gier­ten Auf­satz von 1972 neu zu ver­öf­fent­li­chen und den Bestre­bun­gen Kas­pers einen Rie­gel vorzuschieben.

Die Gesam­mel­ten Schrif­ten sind the­ma­tisch in Bän­den geord­net. Im soeben bei Her­der erschie­ne­nen Band IV (ins­ge­samt der neun­te bis­her erschie­ne­ne) fin­det sich auch der Auf­satz von 1972 in kor­ri­gier­ter und erwei­ter­ter Fas­sung. Der Auf­satz wur­de damit in Ein­klang mit sei­ner seit­her gül­ti­gen Hal­tung gebracht.

Die Chro­no­lo­gie der Ereig­nis­se wird voll­ends deut­lich, wenn man weiß, daß Kas­per sei­ne umstrit­te­ne Rede im Febru­ar 2014 hielt und Bene­dikt XVI. den über­ar­bei­te­ten Auf­satz einen Monat spä­ter als letz­ten Bei­trag des bereits für die Druck­le­gung zusam­men­ge­stell­ten neun­ten Ban­des ablieferte.

Im jüng­sten Band der Gesam­mel­ten Schrif­ten wird aus­drück­lich dar­auf hin­ge­wie­sen, daß der Bei­trag von 1972 vom Autor völ­lig über­ar­bei­tet wur­de (Joseph Ratz­in­ger /​Benedikt XVI. Gesam­mel­te Schrif­ten, Band 4: Ein­füh­rung in das Chri­sten­tum. Bekennt­nis, Tau­fe, Nach­fol­ge, Ver­lag Her­der, Frei­burg 2014).

Die Her­der-Kor­re­spon­denz stell­te in ihrer jüng­sten Aus­ga­be (Her­der Kor­re­spon­denz 68 (2014), Heft 12, S. 609–612) die ent­schei­den­den Schluß­fol­ge­run­gen der bei­den Text­ver­sio­nen gegenüber:

Herder Korrespondenz Textversionen
Her­der Kor­re­spon­denz Textversionen

Schlußfolgerungen 2014

(…) Die Kir­che ist die Kir­che des Neu­en Bun­des, aber sie lebt in einer Welt, in der „die Skle­ro­se des Her­zens“ (Mt 19, 8) fort­be­steht, die Mose zu sei­ner Gesetz­ge­bung ver­an­lasst hat­te. Was kann sie da kon­kret tun, beson­ders in einer Zeit, in der sich der Glau­be bis ins Inne­re der Kir­che hin­ein immer wei­ter ver­dünnt und „das Leben wie die Hei­den“, vor dem der Herr die Jün­ger warnt (vgl. Mt 6, 32), immer mehr zum Nor­mal­fall zu wer­den droht? Das Erste und Wesent­li­che kann nur sein, dass sie ein­dring­lich und ver­steh­bar die Bot­schaft des Glau­bens ver­kün­digt und Räu­me zu öff­nen ver­sucht, wo er wirk­lich gelebt wer­den kann. Die Hei­lung der „Skle­ro­se des Her­zens“ kann nur vom Glau­ben kom­men, und nur wo er leben­dig ist, kann gelebt wer­den, was der Schöp­fer dem Men­schen vor der Sün­de zuge­dacht hat­te. Des­halb ist das Erste und Wesent­li­che, was die Kir­che zu tun hat, den Glau­ben leben­dig und stark zu machen.

Zugleich muss die Kir­che immer wie­der ver­su­chen, die Gren­ze und die Wei­te der Wor­te Jesu aus­zu­lo­ten. Sie muss dem Auf­trag des Herrn treu blei­ben, darf ihn aber auch nicht ü­ber­deh­nen. Mir scheint, dass die soge­nann­ten Unzucht­s­klau­seln, die Mat­thä­us an die bei Mar­kus ü­ber­lie­fer­ten Her­ren­wor­te ange­fügt hat, bereits ein sol­ches Mühen spie­geln. Es wird ein Fall­ty­pus genannt, der vom Wort Jesu nicht betrof­fen ist. Sol­ches Mühen ist die Geschich­te hin­durch wei­ter­ge­gan­gen. Die Kir­che des Westens hat unter der Füh­rung des Petrus­nach­fol­gers sich nicht dem Weg der byzan­ti­ni­schen Reichs­kir­che anschlie­ßen kön­nen, die sich immer mehr dem welt­li­chen Recht ange­nä­hert und damit das Spe­zi­fi­sche des Lebens im Glau­ben abge­schwächt hat­te. Aber sie hat auf ihre Wei­se Gren­zen der Anwend­bar­keit des Her­ren­wor­tes her­aus­ge­stellt und damit ihre Reich­wei­te kon­kre­ter defi­niert. Dabei sind vor allem zwei Berei­che sicht­bar gewor­den, die einer beson­de­ren Lösung durch die kirch­li­che Auto­ri­tät offenstehen.

1) In 1 Kor 7, 12–16 sagt der hei­li­ge Pau­lus – als sei­ne per­sön­li­che Wei­sung, die nicht vom Herrn kommt, zu der er sich aber bevoll­mäch­tigt weiß – den Korin­thern und durch sie der Kir­che aller Zei­ten, dass im Fall einer Ehe zwi­schen einem Chri­sten und einem Nicht­chri­sten die­se dann gelöst wer­den kann, wenn der Nicht­christ den Chri­sten in sei­nem Glau­ben behin­dert. Dar­aus hat die Kir­che das soge­nann­te Pri­vi­le­gi­um pau­li­num abge­lei­tet und in ihrer Rechts­tra­di­ti­on immer wei­ter inter­pre­tiert (vgl. CIC cann. 1143–1150). Aus den Wor­ten des hei­li­gen Pau­lus hat die kirch­li­che Tra­di­ti­on erschlos­sen, dass nur die Ehe zwi­schen zwei Getauf­ten wirk­li­ches Sakra­ment und daher abso­lut unauf­lös­lich ist. Ehen zwi­schen einem Nicht­chri­sten und einem Chri­sten sind zwar Ehen nach der Schöp­fungs­ord­nung und damit in sich end­gül­tig. Aber sie kön­nen zugun­sten des Glau­bens und einer sakra­men­ta­len Ehe geschie­den wer­den. Die Tra­di­ti­on hat die­ses „pau­li­ni­sche Pri­vi­leg“ schließ­lich zum Pri­vi­le­gi­um petrinum erwei­tert. Damit soll gesagt wer­den, dass dem Petrus­nach­fol­ger die Voll­macht gege­ben ist, im Bereich der nicht­sa­kra­men­ta­len Ehen zu ent­schei­den, wo Tren­nung gerecht­fer­tigt ist. Die­ses soge­nann­te Pri­vi­le­gi­um petrinum ist aller­dings nicht in den neu­en Kodex ein­ge­gan­gen, wie ursprüng­lich beab­sich­tigt war. Dies lag an dem Dis­sens zwi­schen zwei Grup­pen von Fach­leu­ten. Die eine beton­te, dass das Ziel des gan­zen Kir­chen­rechts, sein inne­rer Maß­stab das Heil der See­len ist. Dar­aus folgt dann, dass die Kir­che das kann und darf, was die­sem Ziel dient. Die ande­re Grup­pe war hin­ge­gen der Mei­nung, man dür­fe die Voll­mach­ten des Petrus­am­tes nicht ü­ber­deh­nen und müs­se sich an die vom Glau­ben der Kir­che erkann­ten Gren­zen hal­ten. Da zwi­schen bei­den Grup­pen kei­ne Eini­gung erzielt wer­den konn­te, hat Papst Johan­nes Paul II. ent­schie­den, die­sen Teil der recht­li­chen Gewohn­hei­ten der Kir­che nicht in den Kodex auf­zu­neh­men, son­dern wei­ter­hin wie bis­her der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on anzu­ver­trau­en, die zusam­men mit der kon­kre­ten Pra­xis zugleich immer neu Grund und Gren­ze kirch­li­cher Voll­macht in die­sem Bereich beden­ken muss.

2) Im Lauf der Zeit ist immer deut­li­cher ins Bewusst­sein getre­ten, dass eine schein­bar gül­tig geschlos­se­ne Ehe auf­grund recht­li­cher oder fak­ti­scher Män­gel beim Ehe­ab­schluss nicht wirk­lich zustan­de gekom­men, also nich­tig sein kann. In dem Maß, in dem die Kir­che ein eige­nes Ehe­recht ent­wickelt hat, hat sie auch die Bedin­gun­gen der Gül­tig­keit und die Grün­de für eine mög­li­che Nich­tig­keit detail­liert ent­fal­tet. Nich­tig­keit der Ehe kann durch Feh­ler in der recht­li­chen Form ent­ste­hen, vor allem aber auch durch eine unzu­läng­li­che Wil­lens­ent­schei­dung. In ihrem Umgang mit der Wirk­lich­keit Ehe hat die Kir­che sehr früh erkannt und klar­ge­stellt, dass Ehe als sol­che kon­sti­tu­iert wird durch die gegen­sei­ti­ge Wil­len­sü­ber­ein­stim­mung der bei­den Part­ner, die in einer vom Recht zu defi­nie­ren­den Form auch öffent­lich geäu­ßert wer­den muss (CIC can. 1057 §1). Inhalt die­ser gemein­sa­men­Wil­lens­ent­schei­dung ist, sich mit einem unwi­der­ruf­li­chen Bund ein­an­der zu schen­ken (CIC can. 1057 §2; can. 1096 §1). Das kirch­li­che Recht setzt dabei vor­aus, dass erwach­se­ne Men­schen von sich aus, von ihrer Natur her wis­sen, was Ehe ist, und so auch um ihre End­gül­tig­keit wis­sen; das Gegen­teil müss­te aus­drück­lich bewie­sen wer­den (CIC can. 1096 §1 und §2).

An die­ser Stel­le hat in den letz­ten Jahr­zehn­ten ein neu­es Fra­gen begon­nen. Kann man heu­te noch vor­aus­set­zen, dass die­Men­schen „von Natur“ aus um die End­gül­tig­keit und Unauf­lös­lich­keit der Ehe wis­sen und in ihrem Ja mit­be­ja­hen? Oder ist nicht in der gegen­wär­ti­gen Gesell­schaft, jeden­falls in den west­li­chen Län­dern, eine Bewusst­seins­än­de­rung vor sich gegan­gen, die eher das Gegen­teil erwar­ten lässt? Kann man den Wil­len zum End­gül­ti­gen als selbst­ver­ständ­lich vor­aus­set­zen, oder ist nicht eher das Gegen­teil zu erwar­ten – dass man sich schon im Vor­aus auch auf ein Schei­tern ein­stellt? Wo die End­gül­tig­keit bewusst aus­ge­schlos­sen wür­de, wäre eine Ehe im Sinn des Schöp­fer­wil­lens und sei­ner Aus­le­gung durch Chri­stus nicht wirk­lich zustan­de gekom­men. Hier wird auch sicht­bar, wie wich­tig eine rech­te Vor­be­rei­tung auf das Sakra­ment heu­te gewor­den ist.

Die Kir­che kennt kei­ne Ehe­schei­dung. Aber sie kann die Mög­lich­keit nich­ti­ger Ehen nach dem eben Ange­deu­te­ten nicht aus­schlie­ßen. Die Nich­tig­keits­pro­zes­se müs­sen in einer dop­pel­ten Rich­tung mit gro­ßer Sorg­falt geführt wer­den: Es darf nicht eine ver­kapp­te Ehe­schei­dung dar­aus wer­den. Das wäre unehr­lich und dem Ernst des Sakra­ments ent­ge­gen­ge­setzt. Sie müs­sen ande­rer­seits die Pro­ble­ma­tik mög­li­cher Nich­tig­keit mit dem gebüh­ren­den Ernst betrach­ten und da, wo gerech­te Grün­de für Nich­tig­keit spre­chen, das ent­spre­chen­de Urteil fäl­len und so die­sen Men­schen eine neue Tür auftun.

In unse­rer Zeit sind neue Aspek­te des Pro­blems der Gül­tig­keit auf­ge­tre­ten. Ich habe vor­hin schon dar­auf hin­ge­wie­sen, dass das selbst­ver­ständ­li­che Wis­sen um die Unauf­lös­lich­keit der Ehe pro­ble­ma­tisch gewor­den ist und von hier aus sich für die Pro­zess­füh­rung neue Auf­ga­ben erge­ben. Zwei wei­te­re neue Ele­men­te möch­te ich noch kurz anführen:

a) Can. 1095 Nr. 3 hat moder­ne Pro­ble­ma­tik ins Kir­chen­recht ein­ge­tra­gen, wenn er sagt, unfä­hig eine Ehe zu schlie­ßen sei­en Per­so­nen, „die aus Grün­den der psy­chi­schen Beschaf­fen­heit die wesent­li­chen Ver­pflich­tun­gen der Ehe nicht zu ü­ber­neh­men imstan­de sind“. Die psy­chi­schen Pro­ble­me des Men­schen wer­den gera­de einer so gro­ßen Rea­li­tät wie der Ehe gegen­ü­ber heu­te deut­li­cher wahr­ge­nom­men als früher. Doch muss hier nach­drück­lich davor gewarnt wer­den, eil­fer­tig von psy­chi­schen Pro­ble­men her Nich­tig­keit zu kon­stru­ie­ren. All­zu leicht kann man dabei in Wirk­lich­keit auch eine Ehe­schei­dung unter dem Deck­man­tel der Nich­tig­keit erklären.

b) Mit gro­ßem Ernst drängt sich heu­te eine ande­re Fra­ge auf. Immer mehr gibt es heu­te getauf­te Hei­den, das heißt Men­schen, die durch die Tau­fe zwar Chri­sten gewor­den sind, aber nicht glau­ben und nie den Glau­ben ken­nen­ge­lernt haben. Dies ist eine para­do­xe Situa­ti­on: Die Tau­fe macht zwar den Men­schen zum Chri­sten, aber ohne Glau­be bleibt er eben ein getauf­ter Hei­de. Can. 1055 §2 sagt, dass es „zwi­schen Getauf­ten kei­nen gül­ti­gen Ehe­ver­trag geben (kann), ohne dass er zugleich Sakra­ment ist“. Aber wie ist das, wenn ein ungläu­bi­ger Getauf­ter das Sakra­ment ü­ber­haupt nicht kennt? Er kann viel­leicht den Wil­len zur Unauf­lös­bar­keit haben, aber das Neue des christ­li­chen Glau­bens sieht er nicht. Das Dra­ma die­ser Situa­ti­on wird vor allem sicht­bar, wenn heid­ni­sche Getauf­te sich zum Glau­ben bekeh­ren und ein ganz neu­es Leben begin­nen. Hier stel­len sich Fra­gen, auf die wir noch kei­ne Ant­wor­ten besit­zen. Umso drin­gen­der ist es, ihnen nachzugehen.

3) Aus dem bis­her Gesag­ten ist deut­lich gewor­den, dass die Kir­che des Westens – die katho­li­sche Kir­che – unter der Füh­rung des Nach­fol­gers Petri einer­seits sich streng gebun­den weiß an das Her­ren­wort von der Unauf­lös­lich­keit der Ehe, ande­rer­seits aber auch die Gren­zen die­ser Wei­sung zu erken­nen ver­sucht hat, um den Men­schen nicht mehr als unbe­dingt nötig auf­zu­er­le­gen. So hat sie von dem Rat­schlag des Apo­stels Pau­lus aus­ge­hend und zugleich auf die Auto­ri­tät des Pe­trusamtes bau­end bei den nicht­sa­kra­men­ta­len Ehen die Mög­lich­keit einer Schei­dung zugun­sten des Glau­bens wei­ter aus­ge­ar­bei­tet. Eben­so hat sie das Pro­blem der Ungül­tig­keit einer Ehe nach allen Rich­tun­gen durchleuchtet.

Das Apo­sto­li­sche Schrei­ben „Fami­lia­ris con­sor­tio“ von Johan­nes Paul II. aus dem Jahr 1981 ist noch einen Schritt wei­ter­ge­gan­gen. In Num­mer 84 heißt es: „Zusam­men mit der Syn­ode möch­te ich die Hir­ten und die gan­ze Gemein­schaft der Gläu­bi­gen herz­lich ermah­nen, den Geschie­de­nen in für­sor­gen­der Lie­be bei­zu­ste­hen, damit sie sich nicht als von der Kir­che getrennt betrach­ten […]. Die Kir­che soll für sie beten, ihnen Mut machen, sich ihnen als barm­her­zi­ge Mut­ter erwei­sen und sie so im Glau­ben und in der Hoff­nung stär­ken.“ Hier ist der Pasto­ral ein wich­ti­ger Auf­trag erteilt, der wohl noch nicht genü­gend ins Leben des kirch­li­chen All­tags ü­ber­setzt ist. Eini­ge Details sind in dem Schrei­ben selbst ange­ge­ben. Dort wird gesagt, dass die­se Men­schen als Getauf­te am Leben der Kir­che teil­neh­men kön­nen, ja, dazu ver­pflich­tet sind. Es wird auf­ge­zählt, was alles an christ­li­chen Akti­vi­tä­ten für sie mög­lich und nötig ist. Viel­leicht müss­te man aber auch noch deut­li­cher her­aus­stel­len, was von­sei­ten der Hir­ten und der Mit­gläu­bi­gen gesche­hen kann, damit sie die Lie­be der Kir­che wirk­lich spü­ren kön­nen. Ich den­ke, man soll­te ihnen die Mög­lich­keit zuer­ken­nen, in kirch­li­chen Gre­mi­en aktiv zu wer­den und auch den Auf­trag eines Paten anzu­neh­men, was bis­her vom Recht nicht vor­ge­se­hen ist.

Noch ein wei­te­rer Gesichts­punkt drängt sich mir auf. Die Unmög­lich­keit, die hei­li­ge Eucha­ri­stie zu emp­fan­gen, wird nicht zuletzt auch des­we­gen als so ver­let­zend emp­fun­den, weil gegen­wär­tig prak­tisch meist alle in der Mes­se Anwe­sen­den auch zum Tisch des Herrn hin­zu­tre­ten. So erschei­nen die Betrof­fe­nen gleich­sam öffent­lich als Chri­sten dis­qua­li­fi­ziert. Ich den­ke, dass die Mah­nung des hei­li­gen Pau­lus zur Selbst­prü­fung und zum Beden­ken, dass es der Leib des Herrn ist, wie­der ern­ster genom­men wer­den müss­te: „Jeder soll sich selbst prü­fen; erst dann soll er von dem Brot essen und aus dem Kelch trin­ken. Denn wer davon isst und trinkt, ohne zu beden­ken, dass es der Leib des Herrn ist, der zieht sich das Gericht zu, indem er isst und trinkt“ (1 Kor 11, 28 f.). Eine ern­ste Selbst­prü­fung, die auch zum Ver­zicht auf die Kom­mu­ni­on füh­ren kann, wür­de uns die Grö­ße des Geschenks der Eucha­ri­stie neu erfah­ren las­sen und auch eine Art von Soli­da­ri­tät mit den geschie­de­nen Wie­der­ver­hei­ra­te­ten darstellen.

Noch einen ganz ande­ren prak­ti­schen Vor­schlag möch­te ich anfü­gen. In ver­schie­de­nen Län­dern ist es üb­lich gewor­den, dass Per­so­nen, die nicht kom­mu­ni­zie­ren kön­nen (z. B. Ange­hö­ri­ge ande­rer Kon­fes­sio­nen), zwar mit vor­tre­ten, aber die Hän­de auf die Brust legen und so zu erken­nen geben, dass sie das hei­li­ge Sakra­ment nicht emp­fan­gen, aber um einen Segen bit­ten, der ihnen dann als Zei­chen der Lie­be Chri­sti und der Kir­che geschenkt wird. Die­se Form könn­te gewiss auch von Men­schen gewählt wer­den, die in einer zwei­ten Ehe leben und daher nicht zum Tisch des Herrn zuge­las­sen sind. Dass dabei gera­de so eine inten­si­ve geist­li­che Kom­mu­ni­on mit dem Herrn, mit sei­nem gan­zen Leib, mit der Kir­che mög­lich ist, könn­te für die­se Men­schen eine geist­li­che Erfah­rung sein, die sie stärkt und ihnen hilft.

Aus: Joseph Ratzinger/​Benedikt XVI.: Zur Fra­ge nach der Unauf­lös­lich­keit der Ehe. Bemer­kun­gen zum dog­men­ge­schicht­li­chen ­Befund und zu sei­ner gegen­wär­ti­gen Bedeu­tung, in: Joseph Ratz­in­ger, Gesam­mel­te Schrif­ten, Band 4, hrsg. von Ger­hard Lud­wig Mül­ler, Frei­burg 2014, S. 600–621, hier 515–621.

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Ehe und Ehescheidung 1972
Ehe und Ehe­schei­dung 1972

Schlußfolgerungen 1972

(…) Die Kir­che ist die Kir­che des Neu­en Bun­des, aber sie lebt in einer Welt, in der die „Her­zens­här­tig­keit“ (Mt 19,8) des Alten Bun­des unver­än­dert fort­be­steht. Sie kann nicht auf­hö­ren, den Glau­ben des Neu­en Bun­des zu ver­kün­den, aber sie muß ihr kon­kre­tes Leben oft genug ein Stück unter­halb der Schwel­le des Schrift­wor­tes begin­nen. So kann sie in kla­ren Not­si­tua­tio­nen begrenz­te Aus­nah­men zur Ver­mei­dung von noch Schlim­me­rem zulas­sen. Kri­te­ri­en sol­chen Han­delns müß­ten sein: Ein Tun „gegen das, was geschrie­ben steht“, fin­det sei­ne Gren­ze dar­in, daß es nicht die Grund­form selbst in Fra­gen stel­len darf, von der die Kir­che lebt. Es ist also an den Cha­rak­ter der Aus­nah­me­re­ge­lung und der Hil­fe in dring­li­cher Not gebun­den – wie es die mis­sio­na­ri­sche Über­gangs­si­tua­ti­on, aber auch die rea­le Not­si­tua­ti­on der Kir­chen­uni­on etwa war.

Damit aber ent­steht die prak­ti­sche Fra­ge, ob man eine der­ar­ti­ge Not­si­tua­ti­on in der Kir­che der Gegen­wart benen­nen und eine Aus­nah­me beschrei­ben kann, die die­sen Maß­stä­ben genügt. Ich möch­te ver­su­chen, mit aller gebo­te­nen Vor­sicht einen kon­kre­ten Vor­schlag zu for­mu­lie­ren, der mir in die­sem Rah­men zu lie­gen scheint. Wo eine erste Ehe seit lan­gem und in einer für bei­de Sei­ten irrepa­ra­blen Wei­se zer­bro­chen ist; wo umge­kehrt eine her­nach ein­ge­gan­ge­ne zwei­te Ehe sich über einen län­ge­ren Zeit­raum hin als eine sitt­li­che Rea­li­tät bewährt hat und mit dem Geist des Glau­bens, beson­ders auch in der Erzie­hung der Kin­der, erfüllt wor­den ist (so daß die Zer­stö­rung die­ser zwei­ten Ehe eine sitt­li­che Grö­ße zer­stö­ren und mora­li­schen Scha­den anrich­ten wür­de), da soll­te auf einem außer­ge­richt­li­chen Weg auf das Zeug­nis des Pfar­rers und von Gemein­de­glie­dern hin die Zulas­sung der in einer sol­chen zwei­ten Ehe Leben­den zur Kom­mu­ni­on gewährt wer­den. Eine sol­che Rege­lung scheint mir aus zwei Grün­den von der Tra­di­ti­on her gedeckt:

Man muß doch nach­drück­lich an den Ermes­sens­spiel­raum erin­nern, der in jedem Nich­tig­keits­pro­zess steckt. Die­ser Ermes­sens­spiel­raum und die Chan­cen­un­gleich­heit, die von der Bil­dungs­si­tua­ti­on der Betrof­fe­nen wie auch von ihren finan­zi­el­len Mög­lich­kei­ten her unwei­ger­lich kommt, soll­te vor der Vor­stel­lung war­nen, auf die­sem Weg kön­ne der Gerech­tig­keit ein­wand­frei Genü­ge getan wer­den. Über­dies ist vie­les nicht ein­fach judi­ka­bel, was den­noch real ist. Die pro­zes­sua­le Fra­ge­stel­lung muß sich not­wen­dig auf das recht­lich Beweis­ba­re beschrän­ken, kann aber damit doch gera­de an ent­schei­den­den Tat­be­stän­den vor­bei­ge­hen. Vor allem erhal­ten damit for­ma­le Kri­te­ri­en (Form­feh­ler oder bewußt unter­las­se­ne kirch­li­che Form) ein Über­ge­wicht, das zu Unge­rech­tig­kei­ten führt. Ins­ge­samt ist die Ver­le­gung der Fra­ge in den ehe­be­grün­den­den Akt zwar recht­lich unum­gäng­lich, aber doch eine Ein­engung des Pro­blems, die dem Wesen mensch­li­chen Han­delns nicht voll­auf gerecht wer­den kann. Der Nich­tig­keits­pro­zeß gibt prak­tisch eine Grup­pe von Kri­te­ri­en, um fest­zu­stel­len, daß auf eine bestimm­te Ehe nicht die Maß­stä­be der Ehe unter Glau­ben­den anwend­bar sind. Aber er erschöpft nicht das Pro­blem und kann daher nicht jene stren­ge Aus­schließ­lich­keit bean­spru­chen, die ihm unter der Herr­schaft einer bestimm­ten Denk­form zuge­schrie­ben wer­den mußte.

Die For­de­rung, daß sich eine zwei­te Ehe über eine län­ge­re Zeit hin als sitt­li­che Grö­ße bewährt haben und im Geist des Glau­bens gelebt wor­den sein muß, ent­spricht fak­tisch jenem Typus von Nach­sicht, der bei Basi­li­us greif­bar wird, wo nach einer län­ge­ren Buße dem „Digamus“ (= dem in einer Zweit­ehe Leben­den) ohne Auf­he­bung der zwei­ten Ehe die Kom­mu­ni­on gewährt wird: im Ver­trau­en auf die Barm­her­zig­keit Got­tes, der die Buße nicht unbe­ant­wor­tet läßt. Wenn in einer zwei­ten Ehe mora­li­sche Ver­pflich­tun­gen gegen­über den Kin­dern, gegen­über der Fami­lie und so auch gegen­über der Frau ent­stan­den sind und kei­ne gleich­ar­ti­gen Ver­pflich­tun­gen aus der ersten Ehe exi­stie­ren; wenn also aus mora­li­schen Grün­den das Auf­ge­ben der zwei­ten Ehe unstatt­haft ist und ande­rer­seits prak­ti­sche Ent­halt­sam­keit kei­ne rea­le Mög­lich­keit dar­stellt (magno­rum est, sagt Gre­gor II.), scheint die Eröff­nung der Kom­mu­ni­on­ge­mein­schaft nach einer Zeit der Bewäh­rung nicht weni­ger als gerecht und voll auf der Linie der kirch­li­chen Über­lie­fe­rung zu sein: Die Gewäh­rung der com­mu­nio kann hier nicht von einem Akt abhän­gen, der ent­we­der unmo­ra­lisch oder fak­tisch unmög­lich wäre.

Die Unter­schei­dung, die mit dem Zuein­an­der von The­se 1 und The­se 2 ver­sucht ist, dürf­te auch der Vor­sicht von Tri­ent gemäß sein, obwohl sie als kon­kre­te Regel dar­über hin­aus­geht: Das Ana­them gegen eine Leh­re, die die kirch­li­che Grund­form zum Irr­tum oder wenig­stens zur über­hol­ba­ren Gewohn­heit machen will, bleibt in aller Strenge.

Die Ehe ist sacra­men­tum, sie steht in der unauf­heb­ba­ren Grund­form der ent­schie­de­nen Ent­schei­dung. Aber dies schließt nicht aus, daß die Kom­mu­ni­on­ge­mein­schaft der Kir­che auch jene Men­schen umspannt, die die­se Leh­re und die­ses Lebens­prin­zip aner­ken­nen, aber in einer Not­si­tua­ti­on beson­de­rer Art ste­hen, in der sie der vol­len Gemein­schaft mit dem Leib des Herrn beson­ders bedür­fen. Zei­chen des Wider­spruchs wird der kirch­li­che Glau­be auch so blei­ben: Das ist ihm wesent­lich, und gera­de dar­in weiß er sich in der Nach­fol­ge des Herrn, der sei­nen Jün­gern vor­aus­ge­sagt hat, daß sie nicht über dem Mei­ster zu ste­hen erwar­ten dür­fen, der von From­men und Libe­ra­len, von Juden und Hei­den abge­lehnt wor­den ist.

Aus: Joseph Ratz­in­ger: Zur Fra­ge nach der Unauf­lös­lich­keit der Ehe. Bemer­kun­gen zum dog­men­ge­schicht­li­chen Befund und zu sei­ner gegen­wär­ti­gen Bedeu­tung, in: Ehe und Ehe­schei­dung. Dis­kus­si­on unter Chri­sten, hrsg. von Franz Hen­rich und Vol­ker Eid (= Mün­che­ner Aka­de­mie-Schrif­ten 59), Mün­chen 1972, S. 35–56, hier 53–56.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Set­ti­mo Cielo/​MiL/​Foros de la Vigen/In­fo­Va­ti­ca­na/Her­der-Kor­re­spon­denz

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