Wenn Benedikt XVI. sein Schweigen bricht und auch seinen Nachfolger korrigiert


Papst Benedikt XVI. 2010 in Großbritannien
Papst Bene­dikt XVI. 2010 in Großbritannien

(Rom) Bene­dikt XVI., seit Ende Febru­ar 2013 in der prä­ze­denz­lo­sen Situa­ti­on eines eme­ri­tier­ten Pap­stes, greift in jüng­ster Zeit immer öfter zur Feder, um öffent­li­che Bot­schaf­ten aus­zu­sen­den. Bot­schaf­ten, die wie Kor­rek­tu­ren an Fehl­ent­wick­lun­gen schei­nen, ohne deren Urhe­ber beim Namen zu nen­nen. Die Kor­rek­tu­ren betref­fen den Dia­log mit den Athe­isten, Kri­tik an Kar­di­nal Kas­per und Lob für des­sen Gegen­spie­ler Kar­di­nal Bur­ke, öffent­li­che geäu­ßer­te Freu­de über den über­lie­fer­ten Ritus, über den sich Papst Fran­zis­kus offi­zi­ell aus­schweigt bis hin zu unzwei­deu­ti­ger Kri­tik an sei­nem Nach­fol­ger. Vier Bot­schaf­ten ver­schick­te Bene­dikt XVI. allein im Monat Okto­ber. Eine kur­ze Zusammenschau.

Grüße an die verpönte  „Rückkehrökumene“

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Das jüng­ste Bei­spiel ist eine Gruß­bot­schaft zum fünf­ten Jah­res­tag der Apo­sto­li­schen Kon­sti­tu­ti­on Angli­ca­n­o­rum coe­ti­bus, mit der Errich­tung von Per­so­nal­or­di­na­ria­ten für ehe­ma­li­ge Angli­ka­ner, die in die vol­le Ein­heit mit der Katho­li­schen Kir­che zurück­ge­kehrt sind. Die Bot­schaft Bene­dikts XVI. erging an den Ordi­na­ri­us des älte­sten die­ser Per­so­nal­or­dia­ria­te, jenem für Eng­land und Wales Unse­rer Lie­ben Frau von Wal­sing­ham. Damit sand­te der eme­ri­tier­te Papst allein im Monat Okto­ber vier Bot­schaf­ten aus.

Bene­dikt XVI. bricht damit immer häu­fi­ger sein Schwei­gen. Etwa um der Kir­che mit­zu­tei­len, daß jeder Ver­zicht auf die Wahr­heit „töd­lich“ ist für die Ver­kün­dung des christ­li­chen Glau­bens. Star­ke und kla­re Wor­te in einer an dia­lek­ti­schen Win­kel­zü­geln rei­chen Zeit, die mehr oder weni­ger alles schön­re­den und erlau­ben sol­len. Vor allem sagt der eme­ri­tier­te Papst damit, daß sich damit das von sei­nem Nach­fol­ger Papst Fran­zis­kus ver­kün­de­te Pro­gramm Evan­ge­lii Gau­di­um, näm­lich die Freu­de des Evan­ge­li­ums nicht ver­mit­teln läßt.

Franziskus-Lob für Benedikt: „Diskret“ – Doch so schweigsam ist sein Vorgänger nicht

„Er ist dis­kret, beschei­den, will nicht stö­ren“, sag­te Papst Fran­zis­kus jüngst über sei­nen Vor­gän­ger Bene­dikt XVI. Anlaß war die Seg­nung einer Büste, die dem deut­schen Papst gewid­met ist. „Ich spü­re das, so als hät­te ich den Groß­va­ter im Haus, wegen der Weis­heit. Es tut mir gut, ihn anzu­hö­ren. Und es ermu­tigt mich auch sehr“, so der amtie­ren­de Papst wei­ter mit einem viel­leicht nicht ganz pas­sen­den Ver­gleich, zumal Fran­zis­kus in eini­gen Wochen 78 Jah­re alt wird und damit der­sel­ben „Groß­vä­ter­ge­nera­ti­on“ wie Bene­dikt XVI. angehört.

Gele­gent­lich, soviel ist bekannt, über­mit­telt Bene­dikt XVI. aus sei­nem Dasein eines „Klau­sur­mönchs“ wie er selbst sagt, dem regie­ren­den Papst Hin­wei­se, Kom­men­ta­re und Anmer­kun­gen, um die­sem sei­ne Ansicht der Din­ge anzu­bie­ten. Viel weiß man dar­über nicht, es geschieht alles mit äußer­ster Dis­kre­ti­on. Bekannt wur­de aber, daß Bene­dikt XVI. dem argen­ti­ni­schen Nach­fol­ger einen vier Sei­ten lan­gen Kom­men­tar zu des­sen umstrit­te­nem Inter­view in der Jesui­ten­zeit­schrift La Civil­tà  Cat­to­li­ca vom 19. Sep­tem­ber 2013 zukom­men ließ.

Der Inhalt des Kom­men­tars ist nicht bekannt. Man kann sich jedoch den höf­li­chen und respekt­vol­len Ton der dich­ten Kri­tik vor­stel­len. Die Wor­te wer­den es nicht an Klar­heit ver­mis­sen haben las­sen. Was zwi­schen den bei­den Päp­sten, womit wir wie­der bei einem Unding wären, aus­ge­tauscht wird, unter­liegt strik­ter Geheimhaltung.

Franziskus – Benedikt: Unterschiedlicher „Dialog“ mit Atheisten

Manch­mal durch­bricht Bene­dikt XVI. sei­ne klö­ster­li­che Zurück­ge­zo­gen­heit und wird sicht­bar. Aus sei­ner Gruß­bot­schaft an den Coe­tus Inter­na­tio­na­lis Sum­morum Pon­ti­fi­cum anläß­lich der Drit­ten Inter­na­tio­na­len Wall­fahrt der Tra­di­ti­on nach Rom geht her­vor, daß er dies aus­schließ­lich auf Wunsch und Ein­la­dung des regie­ren­den Pap­stes tut. Das jüng­ste Bei­spiel war sei­ne Teil­nah­me am 19. Okto­ber an der Selig­spre­chung von Papst Paul VI. Das Wort hat Bene­dikt im Zusam­men­hang mit die­sen Auf­trit­ten noch nie ergriffen.

Sein Schwei­gen bricht er aller­dings gele­gent­lich in schrift­li­cher Form, mel­det sich zu Wort und tut dies mit der von ihm gewohn­ten Klar­heit der Spra­che und des Den­kens. Es han­delt sich dabei nie um rei­ne Höf­lich­keits­wor­te oder inhalts­lo­se Wort­an­samm­lun­gen, wie sie zuwei­len auch für Wort­mel­dun­gen man­cher kirch­li­cher Wür­den­trä­ger cha­rak­te­ri­stisch scheinen.

Die erste die­ser öffent­li­chen schrift­li­chen Äuße­run­gen Bene­dikts erfolg­te im ver­gan­ge­nen Herbst. Zeit­gleich mit dem „Dia­log“ von Papst Fran­zis­kus mit dem Athe­isten Euge­nio Scal­fa­ri, ant­wor­te­te Bene­dikt XVI. einem ande­ren Athe­isten, Pier­gi­or­gio Odifred­di (sie­he Bene­dikt XVI. ant­wor­tet Athe­isten Pier­gi­or­gio Odifred­di: „Ihre Reli­gi­on der Mathe­ma­tik bleibt leer“). Wäh­rend die Gesprächs­füh­rung Fran­zis­kus-Scal­fa­ri in Form und Inhalt umstrit­ten ist und sich nach­träg­lich her­aus­stell­te, daß Scal­fa­ri mit Zustim­mung des Pap­stes des­sen Ant­wor­ten for­mu­liert hat­te, fiel Bene­dikts Ant­wort auf den Athe­is­mus deut­lich aus. Konn­te Scal­fa­ri am Ende des Gesprächs tri­um­phie­rend auf­tre­ten, weil die Kir­che angeb­lich auf ihren Auf­trag, ande­re zu Chri­stus zu bekeh­ren ver­zich­te und das sub­jek­ti­ve Gewis­sen zum höch­sten Maß­stab erhe­be, zeig­te Bene­dikt XVI. sei­nem „Gesprächs­part­ner“ Odifred­di auf, daß des­sen „Reli­gi­on der Mathe­ma­tik leer bleibt“ und ver­tei­dig­te die Katho­li­sche Kir­che und den Prie­ster­stand gegen den „Sport“ Kir­chen­fer­ner, den Kle­ri­ker­stand gene­rell ins Zwie­licht von Kin­des­miß­brauch und Homo­se­xua­li­tät zu rücken.

Hinweis zur Überwindung der Kirchenkrise auf ignoriertes Lehramt

Sein Schwei­gen brach Bene­dikt XVI. auch im ver­gan­ge­nen März im Zusam­men­hang mit einem Buch über Papst Johan­nes Paul II. Der ehe­ma­li­ge Glau­bens­prä­fekt hob dabei beson­ders die Enzy­kli­ka Veri­ta­tis sple­ndor aus dem Jahr 1993 über mora­li­sche Fra­gen und die Erklä­rung Domi­nus Iesus von 2000 „über die Ein­zig­keit und Heils­uni­ver­sa­li­tät Jesu Chri­sti und der Kir­che“ her­vor und emp­fahl nicht nur ihr gründ­li­ches Stu­di­um, son­dern sich deren Inhal­te zu eigen zu machen. Bene­dikt XVI. benann­te damit Schlüs­sel­do­ku­men­te des jüng­sten päpst­li­chen Lehr­am­tes und zeig­te dabei auf zwei der inner­kirch­lich am mei­sten igno­rier­ten und miß­ach­te­ten Doku­men­te. Bene­dikts Hin­weis benennt damit einen Grad­mes­ser für den Zustand der Kir­che und lie­fert Instru­men­te, die Abhil­fe schaf­fen können.

Bene­dikt beschränkt sich also kei­nes­wegs dar­auf zu beten und zu opfern. Er ant­wor­tet nicht nur Athe­isten, son­dern erteilt auch der Kir­che Ratschläge.

Im Okto­ber nun folg­ten gleich vier Bot­schaf­ten, drei kur­ze aber dich­te Bot­schaf­ten und eine län­ge­re Botschaft.

Botschaft zur Stärkung der Tradition: Überlieferter Ritus keine „Mode“

Die erste trägt das Datum des 10. Okto­ber und erging an den erwähn­ten Coe­tus Inter­na­tio­na­lis Sum­morum Pon­ti­fi­cum, der die 2012 begrün­de­te Wall­fahrt der Tra­di­ti­on nach Rom orga­ni­siert, mit dem Ziel die Ver­bun­den­heit tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ner Katho­li­ken mit dem Papst zu zei­gen und den über­lie­fer­ten Ritus in den Peters­dom und damit die sicht­bar­ste Kir­che der Chri­sten­heit mit dem Grab des Apo­stel­für­sten Petrus und den Grä­bern der Päp­ste zurück­zu­brin­gen. Hoch­ran­gi­ge Kar­di­nä­le nah­men dar­an teil. In die­sem Jahr zele­brier­te Kar­di­nal Ray­mond Bur­ke, der im Zuge der Bischofs­syn­ode über die Fami­lie zum Wort­füh­rer der Ver­tei­di­ger des Ehe­sa­kra­ments und der katho­li­schen Ehe­leh­re gewor­den ist. Neben Kar­di­nal Bur­ke waren die Kar­di­nä­le Geor­ge Pell und Wal­ter Brand­mül­ler anwe­send, die eben­falls zu den Pur­pur­trä­gern gehö­ren, die sich öffent­lich gegen die offen­kun­dig von Papst Fran­zis­kus geför­der­te „neue Barm­her­zig­keit“ von Kar­di­nal Wal­ter Kas­per stellten.

Papst Bene­dikt XVI. beton­te in sei­ner Gruß­bot­schaft die Bedeu­tung des über­lie­fer­ten Ritus. Eine um so bedeut­sa­me­re Geste, zumal Papst Fran­zis­kus sich bis­her öffent­lich nicht dazu geäu­ßert hat und inof­fi­zi­ell wider­sprüch­li­che, in der Mehr­zahl jedoch nega­ti­ve Signa­le aus­ge­sandt hat. Ganz anders sein Vor­gän­ger: „Ich bin sehr glück­lich dar­über, daß der Usus anti­quus jetzt im vol­len Frie­den der Kir­che lebt, auch unter den Jun­gen, unter­stützt und zele­briert von gro­ßen Kar­di­nä­len.“ Ein ein­zi­ger Satz mit einer gigan­ti­schen Bot­schaft. Das ist Bene­dikt XVI. Beob­ach­tern fiel vor allem die Wort­wahl auf. Der eme­ri­tier­te Papst gebrauch­te nicht mehr die in sei­nem Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum ver­wen­de­te Defi­ni­ti­on des Alten Ritus als „außer­or­dent­li­che Form“ des Römi­schen Ritus, son­dern spricht vom „Usus anti­quus“. Er gebraucht damit jene Defi­ni­ti­on, wie sie von der Tra­di­ti­on ver­tre­ten wird und wer­tet den über­lie­fer­ten Ritus damit auch gegen­über dem Motu pro­prio noch ein­mal auf, bes­ser gesagt, er hebt ihn tat­säch­lich in die ihm zuste­hen­de Stel­lung. Bene­dikt XVI. ist ein zu klu­ger Mann, um die Bedeu­tung von Wor­ten nicht genau zu wiegen.

Dazu gehört auch die Aus­sa­ge, „glück­lich“ dar­über zu sein, daß auch die Jugend zum über­lie­fer­ten Ritus fin­de. Eine deut­li­che Erwi­de­rung an sei­nen Nach­fol­ger, ohne die­sen natür­lich zu nen­nen, der beim Ad-limi­na-Besuch der tsche­chi­schen Bischö­fe im ver­gan­ge­nen Febru­ar äußer­te, nicht ver­ste­hen zu kön­nen, wie jun­ge Men­schen den Alten Ritus lie­ben und schät­zen könn­ten und der in die­sem Zusam­men­hang von einer blo­ßen „Mode“ sprach, der man daher „nicht so viel Auf­merk­sam­keit schen­ken“ sol­le. Bei sei­nem Bra­si­li­en-Auf­ent­halt zum Welt­ju­gend­tag hat­te der Papst tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ne Katho­li­ken als pela­gia­ni­sche Ideo­lo­gen bezeich­net. Was das Kir­chen­ober­haupt dabei genau mein­te, ist nach wie vor unklar. Die bei­den Aus­sa­gen zusam­men­ge­nom­men schei­nen mehr einen „ideo­lo­gi­schen“ Vor­be­halt des Pap­stes gegen­über dem über­lie­fer­ten Ritus erken­nen zu lassen.

Lob für Kardinal Burke und die Gegenspieler von Kardinal Kasper

Noch eine wich­ti­ge Aus­sa­ge fin­det sich in der kur­zen Bot­schaft Bene­dikts, wenn er sich „glück­lich“ schätzt, daß der „Usus anti­quus“ von „gro­ßen Kar­di­nä­len“ unter­stützt und zele­briert wird. Wor­te die als ziem­lich unzwei­deu­ti­ge Par­tei­nah­me gegen Kar­di­nal Kas­per und des­sen „Öff­nung­the­sen“ auf­ge­faßt wer­den kön­nen. Vor allem ist es ein Aus­druck höch­ster Wert­schät­zung für Kar­di­nal Bur­ke, jenen Kir­chen­füh­rer, dem Papst Fran­zis­kus nicht nur jede Rol­le an der Römi­schen Kurie, son­dern auch die Lei­tung einer Diö­ze­se ver­wei­gern will.

Wäh­rend Fran­zis­kus den ame­ri­ka­ni­schen Kar­di­nal, am lieb­sten, salopp aber nicht unzu­tref­fend gesagt, auf den Mond schie­ßen, zumin­dest in ein ein­sa­mes Klo­ster auf einer ein­sa­men Insel ver­ban­nen wür­de, ehrt ihn Bene­dikt XVI. als einen „gro­ßen“ Kar­di­nal (sie­he Exil Mal­ta? End­gül­ti­ge päpst­li­che Säu­be­rungs­ak­ti­on gegen Kar­di­nal Bur­ke?).

„Jeder Verzicht auf Wahrheit ist tödlich“ für den Mission, Glauben und Kirche

Die zwei­te Bot­schaft sand­te Bene­dikt XVI. an die Päpst­li­che Uni­ver­si­tät Urba­nia­na in Rom, die nach dem eme­ri­tier­ten Papst den Fest­saal benann­te. Der Fest­akt zur Benen­nung fand am 21. Okto­ber statt. Bene­dikt XVI. nahm nicht dar­an teil. Den Grund hat­te er in der Gruß­bot­schaft vom 19. Okto­ber genannt. An sei­ner Stel­le ver­las Kuri­en­erz­bi­schof Georg Gäns­wein als sein per­sön­li­cher Sekre­tär die Grußworte.

Erstaun­li­cher­wei­se ver­öf­fent­lich­te die Uni­ver­si­tät die Bot­schaft nicht auf ihrer Inter­net­sei­te. Eben­so­we­nig der Osser­va­to­re Roma­no, der nur eine knap­pe Notiz des Ereig­nis­ses brach­te. Der sol­cher­ma­ßen unter Ver­schluß gehal­te­ne Text wur­de erst am 23. Okto­ber mit Zustim­mung Bene­dikts und dank dem Vati­ka­ni­sten Armin Schwi­bach publik.

Die Päpst­li­che Uni­ver­si­tät ist die Mis­si­ons­uni­ver­si­tät schlecht­hin der Katho­li­schen Kir­che, da sie der Römi­schen Kon­gre­ga­ti­on für die Evan­ge­li­sie­rung der Völ­ker unter­steht, die auch als Pro­pa­gan­da fide bekannt ist.

Hier sprach Bene­dikt XVI. die zen­tra­le Bot­schaft aus, daß jeder Ver­zicht auf die Wahr­heit für den christ­li­chen Auf­trag, den Glau­ben und die Kir­che „töd­lich“ ist. Der deut­sche Papst ging auf die Zwei­fel ein, die heu­te grund­sätz­lich den Mis­si­ons­auf­trag ad gen­tes bedro­hen. Der eme­ri­tier­te Papst wider­spricht der beque­men The­se, man kön­ne die Mis­si­on durch einen „Dia­log auf Augen­hö­he“ zwi­schen den Reli­gio­nen erset­zen und die­se Bequem­lich­keit, auf Mis­si­on und Bekeh­rung zu ver­zich­ten, mit dem „gemein­sa­men Ein­satz für den Frie­den“ begrün­den. Salopp gesagt: Am wich­tig­sten sei, daß sich die Men­schen nicht die Köp­fe ein­schla­gen, alles ande­re sei nebensächlich.

Mit einer sol­chen Hal­tung wür­de die Kir­che jedoch davon abrücken, was die ersten Chri­sten ange­trie­ben hat, bis an die Enden der Erde das Evan­ge­li­um Jesu Chri­sti zu ver­kün­den. Bene­dikt XVI. wider­sprach vor allem der Gleich­wer­tig­keit der Reli­gio­nen, die ein­fach nur unter­schied­li­che Aus­drücke für etwas, näm­lich Gott sei­en, der ohne­hin letzt­lich für Men­schen nicht wirk­lich erfaß­bar sei und daß die Reli­gio­nen ein­fach nur Ver­su­che des Erfas­sens dar­stel­len und damit nur Vari­an­ten der­sel­ben Wirk­lich­keit sei­en. „Die­ser Ver­zicht auf die Wahr­heit scheint rea­li­stisch und nütz­lich für den Frie­den unter den Reli­gio­nen der Welt. Und den­noch ist er töd­lich für den Glau­ben. Denn der Glau­ben ver­liert sei­nen ver­bind­li­chen Cha­rak­ter und sei­nen Ernst, wenn sich alles auf letzt­lich aus­tausch­ba­re Sym­bo­le redu­ziert, die imstan­de sind, nur aus der Fer­ne auf das unzu­gäng­li­che Geheim­nis des Gött­li­chen hinzuweisen.“

Noch einmal Dominus Iesus und erneut Kardinal Walter Kasper

Auch in die­ser Stel­lung­nah­me schwingt unaus­ge­spro­chen die Erklä­rung Domi­nus Iesus mit, die außer­halb aber auch inner­halb der Kir­che im Hei­li­gen Jahr 2000 hef­ti­ge Kri­tik aus­lö­ste, weil sie sich der Kapi­tu­la­ti­ons­hal­tung, wie sie der ver­stor­be­ne Rechts­phi­lo­soph Mario Pal­ma­ro nann­te, von Tei­len der Kir­che in den Weg stell­te und von die­sen ent­spre­chend als lästig und hin­der­lich emp­fun­den wird, die alle Reli­gio­nen und Ideo­lo­gien umar­men möch­ten, weil sie den eige­nen Auf­trag abwer­fen wol­len und in letz­ter Kon­se­quenz nicht mehr an den eige­nen Glau­ben glau­ben. Die Form der Apo­sta­sie in der Kir­che ist kein neu­es Phä­no­men, tritt aber heu­te stär­ker denn je auf, ohne bis­her inner­kirch­lich the­ma­ti­siert zu werden.

Zu den hef­tig­sten Kri­ti­kern von Domi­nus Iesus gehör­ten Kar­di­nal Edward Cas­s­idy, damals Vor­sit­zen­der des Päpst­li­chen Rats zur För­de­rung der Ein­heit der Chri­sten und des­sen Nach­fol­ger in die­sem Amt, Kar­di­nal Wal­ter Kas­per, womit sich der Kreis gewis­ser­ma­ßen und wenig erstaun­lich wie­der schließt. Erstaun­li­cher und bedenk­li­cher ist, daß Kar­di­nal Kas­per unter Papst Fran­zis­kus zum päpst­li­chen Haus­theo­lo­gen avan­cier­te, auf den sich der regie­ren­de Papst beruft und an des­sen Theo­lo­gie er sich aus­rich­tet, die er am ver­gan­ge­nen 21. Febru­ar im Kar­di­nals­kon­si­sto­ri­um über Gebühr als „Theo­lo­gie auf den Knien“ lobte.

Klarer Missionsauftrag gegen verwirrenden „Missionsverzicht“

Vor allem ant­wor­te­te Bene­dikt XVI. in knap­per und kla­rer Spra­che den ver­wir­ren­den Aus­füh­run­gen von Papst Fran­zis­kus über ein Nein zu Pro­se­ly­tis­mus und eine Mis­si­on ohne Bekeh­rung (sie­he Nein zu Bekeh­run­gen, Ja zur Mis­si­on – Wider­spricht sich der Papst selbst? eben­so Wenn „Dia­log­pro­zeß“ mit „mis­sio­na­ri­schem Hin­aus­ge­hen“ ver­wech­selt wird). Aus­sa­gen, die er unter ande­rem im zwei­fel­haf­ten ersten Inter­view des Athe­isten Scal­fa­ri äußer­te. Wie erwähnt, stam­men die Ant­wor­ten aus der Feder Scal­fa­ris, der sie aber vor Druck­le­gung dem Papst zuschick­te und durch des­sen Sekre­tär die Druck­erlaub­nis erhielt. Ant­wor­ten, die vom Hei­li­gen Stuhl nie demen­tiert wur­den und an deren inhalt­li­cher Authen­ti­zi­tät kaum gezwei­felt wer­den kann, zumal der Papst sie in ande­rem Rah­men wiederholte.

Letzt­lich macht sich Bene­dikt XVI. den Titel des Apo­sto­li­schen Schrei­bens von Fran­zis­kus, Evan­ge­lii gau­di­um zu eigen, wenn auch in einer inhalt­lich etwas abge­wan­del­ten Form. Wer die „gro­ße Freu­de“ des Glau­bens emp­fan­gen habe, kön­ne gar nicht anders, als sie wei­ter­zu­ge­ben. Damit greift der Eme­ri­tus jenes „Hin­aus­ge­hen“ auf, das dem regie­ren­den Papst so wich­tig ist, stellt es aller­dings in einen etwas ande­ren Kon­text, näm­lich ohne jeden tat­säch­li­chen oder ver­meint­li­chen Ver­zicht auf die Wahr­heit, der „töd­lich“ wäre.

Benedikt bekräftigt „nicht verhandelbaren Werte“ gegen Nicht-Verstehen seines Nachfolgers

Die drit­te Bot­schaft trägt sogar das Datum vom 4. August, wur­de aber erst am 23. Okto­ber ver­öf­fent­licht. Es ist ein Schrei­ben Bene­dikts an die Vati­ka­ni­sche Stif­tung Joseph Ratz­in­ger ‑Bene­dikt XVI. anläß­lich einer von die­ser orga­ni­sier­ten Tagung in Medel­lin in Kolum­bi­en zum The­ma „Der Respekt für das Leben, ein Weg für den Frieden“.

In die­sem Schrei­ben unter­streicht Bene­dikt XVI. den „bedin­gungs­lo­sen Respekt des nach dem Eben­bild Got­tes erschaf­fe­nen und so mit einer abso­lu­ten Wür­de aus­ge­stat­te­ten mensch­li­chen Lebens“. Aus die­sem Grund, so Bene­dikt, „sind das The­ma des Frie­dens und das The­ma des Respekts für das mensch­li­che Leben an den Glau­ben an den Schöp­fer­gott gebun­den als die wah­re Garan­tie unse­rer Würde“.

Bene­dikt XVI. leg­te damit ohne wenn und aber ein erneu­tes Bekennt­nis zu den nicht ver­han­del­ba­ren Wer­ten ab, die sein Nach­fol­ger Fran­zis­kus nach eige­ner Aus­sa­ge „nie ver­stan­den“ hat und zu denen er lan­ge Mona­te sei­nes Pon­ti­fi­kats schwieg und es in der gro­ßen Öffent­lich­keit gewis­ser­ma­ßen bis heu­te tut (sie­he Ein nicht ver­han­del­ba­rer Papst? – Fran­zis­kus zer­trüm­mert wei­te­res zen­tra­les Ele­ment Bene­dikts XVI.).

Personalordinariate dienen wichtigem Auftrag

Die vier­te Bot­schaft, eben­falls datiert vom 10. Okto­ber, aber erst nun ver­öf­fent­licht, ver­schick­te Bene­dikt XVI. in deut­scher Spra­che. Sitz des Ordi­na­ri­us des Per­so­nal­or­di­na­ri­ats Unse­rer lie­ben Frau von Wal­sing­ham ist die „Baye­ri­sche Kapel­le“ in Lon­don, die an die ein­sti­ge diplo­ma­ti­sche Ver­tre­tung des Her­zog­tums, dann König­reichs Bay­ern in Eng­land erin­nert. Eine sym­bol­träch­ti­ge Ver­bin­dung zwi­schen dem Ordi­na­ri­at und dem baye­ri­schen Papst.

Bene­dikt XVI. schreibt, daß die Per­so­nal­or­di­na­ria­te einem „wich­ti­gen Auf­trag im Gan­zen der Kir­che Got­tes“ dienen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: AsiaNews

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