(Islamabad) Am vergangenen 16. Oktober wurde das Todesurteil gegen Asia Bibi, die pakistanische Christin und fünffache Familienmutter von einem Berufungsgericht in Lahore bestätigt. Die Katholikin sitzt seit Juni 2009 wegen Beleidigung des Islam im Gefängnis, seit November 2010 in der Todeszelle.
Bereits zu Weihnachten 2013 hatte Asia Bibi mit einem Brief an Papst Franziskus um Hilfe gebeten. Eine Reaktion auf das Schreiben ist nicht bekannt. Damals wartete die Christin auf ihr Berufungsverfahren. Es ist anzunehmen, daß über diplomatische Kanäle, der vom Heiligen Stuhl unter Benedikt XVI. begonnene Einsatz zur Befreiung von Asia Bibi fortgesetzt wird. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger, erwähnte Papst Franziskus die pakistanische Katholikin bisher nie.
Dank- und Bittbrief an Papst Franziskus
Nun hat sie nach der Bestätigung ihres Todesurteils einen neuen Brief an Papst Franziskus geschrieben, in dem sie sich als „Deine Tochter“, an das katholische Kirchenoberhaupt wendet. Es ist Bittbrief, eine Bitte um Gebet: „Ich flehe Dich an, bete für mich, für meine Rettung und für meine Freiheit.“ Es ist auch ein Dankbrief: „Ich weiß, daß Du aus ganzem Herzen für mich betest. Ich weiß, daß dank Deiner Fürsprache meine Freiheit möglich werden könnte.“ Auch ein Dank dafür, „daß Du mir nahe bist in diesem Moment des Leidens und der Enttäuschung“.
Seit fast fünfeinhalb Jahren befindet sich Asia Bibi in Haft, derzeit im Frauengefängnis von Multan. Sie äußert im Brief an den Papst auch einen Wunsch: „Meine Hoffnung ist es, eines Tages meine Familie wieder vereint und glücklich zu sehen. Ich bin fest überzeugt, daß Gott mich nicht verlassen wird, sondern Pläne des Heils und des Glücks für mich hat, die sich bald verwirklichen werden.“
Ein Dank geht auch an alle Christen „der ganzen Welt, die für mich beten und alles tun, um mir zu helfen“.
Äußere Zwänge belasten das Gerichtsverfahren
Asia Bibi dankt in ihrem Schreiben auch der christlichen Renaissance Education Foundation von Lahore, die sie durch Rechtsbeistand, aber auch die Familie unterstützt, die den Großteil der Zeit seit ihrer Verhaftung wegen Morddrohungen versteckt oder zumindest möglichst unerkannt verbringen mußte. Joseph Nadeem, der Vorsitzende der Stiftung bestätigte gegenüber Vatican Insider, daß man derzeit die Begründung des Urteils abwarte, um über weitere Schritte entscheiden zu können.
Es war für die Verteidigung nicht schwer, den Hauptankläger Imam Muhammad Salam zu demontieren, da er beim Wortwechsel nicht anwesend war. Problematisch sind die Aussagen der beiden moslemischen Schwestern Mafia und Asma, von denen die Anschuldigung der Beleidigung des Islam gegen Asia Bibi ausging. Die beiden Schwestern wurden, obwohl der ganze Fall auf ihrer Aussage ruht, in erster Instanz nicht als Zeugen geladen. Damals konzentrierte sich alles auf den eigentlichen Ankläger Imam Muhammad Salam, der den Fall vor Gericht brachte und in der Öffentlichkeit die Bestrafung forderte.
Islamisten wollen Asia Bibi hängen sehen
Im Berufungsverfahren warf das Gericht der Verteidigung vor, warum sie nicht in erster Instanz auf die Vorladung der beiden Schwestern bestanden habe. Dort sei der Ort und der Zeitpunkt dafür gewesen, ihre Aussagen in Frage zu stellen. Eine Vorladung in zweiter Instanz wurde damit abgelehnt.
Die Angelegenheit ist durch eine ganze Reihe äußerer Zwänge kompliziert. Rechtsanwalt S.K. Chaudhry, der Asia Bibi in erster Instanz verteidigte, ist Moslem. Als solchem war es ihm unmöglich, den Streitgegenstand, um den sich alles dreht, in den Mund zu nehmen. Aus diesem Grund verzichtete er auf eine direkte Befragung der beiden Schwestern. Gegen den Rechtsanwalt standen Morddrohungen im Raum, die angesichts der Ermordung von Minister Bhatti und dem Gouverneur von Punjab todernst zu nehmen waren. Ein Richter des Berufungsgerichts hielt dem entgegen, die Justiz müsse laizistisch sein. Solche religiösen Gründe seien unzulässig. Zum Schaden auch noch der Spott. Asia Bibi muß sich von der Justiz gefoppt vorkommen. Die erste Instanz verurteilt sie im Namen der Religion zum Tode und die zweite Instanz bestätigt das Todesurteil im Namen des Laizismus?
Nun bleibt nur mehr der Gang vor den Obersten Gerichtshof. Der letzte Schritt, der „wohlüberlegt sein muß“, so Joseph Nadeem. Die Familie, aber auch die Stiftung befürchten, daß der Druck durch islamistische Kräfte zu stark wird und sich deshalb keine Richter fänden, die den Mut haben, das Urteil aufzuheben. Offiziell gibt man sich zuversichtlich und hoffnungsvoll, daß die Obersten Richter eine „Instrumentalisierung der Justiz“ nicht gutheißen werden.
Sollte der Oberste Gerichtshof das Urteil auch bestätigen und Staatspräsident Mamnoon Hussain eine Begnadigung verweigern, wird Asia Bibi hingerichtet werden, was in Pakistan am Galgen geschieht. Bestenfalls als Ironie der Geschichte ist es zu bezeichnen, daß ausgerechnet ein Christ ihr Henker sein wird. Der Dienst des Scharfrichters wird im islamischen Pakistan seit Generationen Christen übertragen. Die Moslems wollen sich damit nicht die Hände schmutzig machen. Für die Drecksarbeiten gibt es in Pakistan die Christen, die zum Großteil den ärmsten Bevölkerungsschichten angehören.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: AsiaNews