Die Memoiren von Kardinal Bertone – Will Ex-Staatssekretär mit einigen ein Hühnchen rupfen?


Tarcisio Bertone, Kardinalstaatssekretär unter Benedikt XVI.
Tar­cis­io Ber­to­ne, Kar­di­nal­staats­se­kre­tär unter Bene­dikt XVI.

(Rom) Der von Papst Fran­zis­kus nicht in sei­nem Amt bestä­tig­te ehe­ma­li­ge Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Tar­cis­io Kar­di­nal Ber­to­ne schreibt an sei­nen Memoi­ren. „Er schreibt in aller Ruhe und mit Prä­zi­si­on, es ist aber sicher – sagen Men­schen, die ihm nahe­ste­hen – daß er mit man­chen ein Hühn­chen rup­fen wer­de“, so der Vati­ka­nist Mar­co Tosatti.

Anzei­ge

Kar­di­nal Ber­to­ne ist durch Papst Fran­zis­kus nicht nur aus sei­nem Amt ent­fernt wor­den. Der amtie­ren­de Papst ernann­te Ber­to­nes Vor­gän­ger, den Anti-Ratz­in­ge­ria­ner Ange­lo Kar­di­nal Sod­a­no per­sön­lich zum Syn­oda­len der soeben zu Ende gegan­ge­nen Bischofs­syn­ode über die Fami­lie, nicht aber den zu sehr als Ratz­in­ger-nahe gel­ten­den Bertone.

Beträchtlicher Teil der Kritik an Bertone galt Benedikt XVI.

Wäh­rend sei­ner gan­zen Amts­zeit sah sich Kar­di­nal Ber­to­ne hef­ti­gem Beschuß aus­ge­setzt. Dazu tru­gen eige­ne Schwä­chen in der Füh­rungs­qua­li­tät bei, vor allem jedoch die Feind­schaft von Kar­di­nal Sod­a­no und des­sen Getreu­en, der sei­ne Abset­zung durch Bene­dikt XVI. nie ver­win­den konn­te. Die Kir­chen­krei­se, die Bene­dikt XVI. zuneh­mend als Last emp­fan­den, es aber nicht wag­ten, den Papst zu kri­ti­sie­ren, schos­sen um so eif­ri­ger auf den Kardinalstaatssekretär.

Das inter­ne Tau­zie­hen ging soweit, daß eine Grup­pe von Kar­di­nä­len zwei Jah­re vor des­sen Amts­ver­zicht von Bene­dikt XVI. die Abbe­ru­fung Ber­to­nes for­der­te. Eine For­de­rung, die dem Loya­li­täts­ver­ständ­nis des deut­schen Pap­stes wider­sprach, „obwohl auch er nicht immer glück­lich über das Wir­ken sei­nes wich­tig­sten Mit­ar­bei­ters war, ver­tei­dig­te er ihn“, so Tosat­ti. Ber­to­ne war wäh­rend der Amts­zeit von Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger als Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on von 1995–2002 Sekre­tär die­ser Kon­gre­ga­ti­on. Im sel­ben Jahr ernann­te ihn Johan­nes Paul II. zum Erz­bi­schof von Genua. Zum Papst gewählt hol­te ihn Joseph Ratz­in­ger 2006 als Kar­di­nal­staats­se­kre­tär in den Vati­kan zurück, weil er sei­nem lang­jäh­ri­gen Mit­ar­bei­ter vertraute.

„Opfer von Maulwürfen und Schlangen“

Bene­dikt XVI. dürf­te klar gewe­sen sein, daß der wach­sen­de Rück­tritts­druck, der auf den Kar­di­nal­staats­se­kre­tär aus­ge­übt wur­de, in Wirk­lich­keit ihm galt. Das führ­te zur unge­wöhn­li­chen Situa­ti­on, daß ein Papst sei­nen Staats­se­kre­tär ver­tei­di­gen muß­te, der eigent­lich den Papst zu ver­tei­di­gen gehabt hät­te. Eine Schief­la­ge, die das Pon­ti­fi­kat für Bene­dikt XVI. sicher nicht leich­ter machte.

Kar­di­nal Ber­to­ne, der sehr gut Deutsch spricht, schreibt seit sei­ner Pen­sio­nie­rung an sei­nen Erin­ne­run­gen als Staats­se­kre­tär. Sie hät­te bereits am 15. August 2013 erfol­gen sol­len, zog sich wegen gesund­heit­li­cher Grün­de sei­nes Nach­fol­gers, Kar­di­nal Pie­tro Paro­lin, bis zum 15. Okto­ber hin. „Er ist sehr gut doku­men­tiert und führ­te einen prä­zi­sen Kalen­der, in dem er Tag für Tag sei­ne Tref­fen, Gesprä­che und Gesprächs­the­men ver­zeich­ne­te“, so Tosatti.

Das lite­ra­ri­sche Gen­re der Memoi­ren ist sel­ten, erst recht, wenn ein Kar­di­nal­staats­se­kre­tär zur Feder greift und über sei­ne Arbeit in der Nähe des damals amtie­ren­den Pap­stes schreibt. Um genau zu sein, dürf­te es dafür noch kei­nen Prä­ze­denz­fall geben. Der Kar­di­nal scheint gera­de von gewis­sen Umstän­den, die mit den Angrif­fen gegen sei­ne Per­son und mit sei­ner Pen­sio­nie­rung zusam­men­hän­gen, ange­trie­ben zu wer­den. Damals sprach Ber­to­ne davon, das Opfer von „Maul­wür­fen und Schlan­gen“ gewor­den zu sein.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: La Stam­pa (Screen­shot)

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!

 




 

15 Kommentare

  1. Ich glau­be der „lie­be“ Kar­di­nal Ber­to­ne will nicht mehr lan­ge leben!
    Hof­fentl­lich ist er sich bewusst dass er nichts mehr zu ver­lie­ren hat und dass er durch sei­ne Aus­sa­gen Bene­dikt ret­ten kann!

    Vor allem auch Meis­ner hat ja Bene­dikt um Ber­to­nes Ent­las­sung gebeten.

    Ber­to­ne ist auch nicht unschul­dig an den desa­tern des pon­ti­fi­kats von bene­dikt aber es waren schon erschwer­te Bedin­gun­gen sowohl für ihn als auch für gänswein.

  2. Bene­dikt XVI. hat Kar­di­nal Sod­a­no als Kar­di­nal­staats­se­kre­tär abge­setzt, Fran­zis­kus hat Kar­di­nal Ber­ton abge­setzt. Ist das nun irgend­wie dramatisch?

  3. Völ­lig unpas­sen­des Ver­hal­ten! In so einer Posti­on schreibt man kei­ne Memoi­ren! Der von ihm vor­ge­nom­me­ne Hin­aus­wurf des Prä­si­den­ten der Ban­co Vati­ca­no mach­te einen denk­bar schlech­ten Ein­druck, er war in jedem Fal­le unpro­fes­sio­nell. Und die­ser von ihm ein­ge­setz­te neue Bank­prä­si­dent Frey.… mach­te nie einen Ein­druck als ob er der Sache gewach­sen wäre.

  4. „Damals sprach Ber­to­ne davon, das Opfer von „Maul­wür­fen und Schlan­gen“ gewor­den zu sein.“
    Das ist doch schon mal eine Aus­sa­ge. Das kommt davon wenn man kei­ne Kom­mis­sa­re zur Mauls­wurfs und Schlan­gen­jagd aus­ge­bil­det hat. Ich bin schon etwas beun­ru­higt, denn wo klei­ne Schlan­gen sind ist die ganz gro­ße auch nicht weit weg.
    Per Mari­am ad Christum.

  5. Ich bin sehr gespannt auf die Lek­tü­re der Memoi­ren Kar­di­nal Bertones.
    Er ist ein fun­dier­ter Theo­lo­ge, andäch­ti­ger Lit­ur­ge und guter Kuria­ler wie vor­her Genue­ser Ober­hir­te gewe­sen. Die Anfein­dun­gen, denen er von links und rechts aus­ge­setzt war, waren an Wider­lich­keit nicht mehr zu übertreffen.

    • Er ist kein Theo­lo­ge, von fun­diert mal ganz zu Schwei­gen… er ist Kanonist.
      Andäch­tig ist er beim Fußballkommentieren.
      Sei­ne Füh­rung des Staats­se­kre­ta­ri­ats war Haar­sträu­bend, man den­ke nur an die Unfä­hig­keit den „Kam­mer­die­ner“ im Schwei­gen und ohne Pres­se­rum­mel zu entfernen…

      Was er getan hat… ist genau­so wider­lich gewe­sen. Dazu gehört, auf das Papst­amt spe­ku­liert zu haben (sagen gut Informierte).

      Im übri­gen: ent­we­der wer­den die Memoi­ren nur „geist­li­che“ Din­ge ent­hal­ten, oder er nutzt es, um mit ande­ren abzu­rech­nen… eine wahr­haft christ­li­che Hal­tung, wirk­lich eines Kar­di­nals und ehem. Staats­se­kre­tärs wür­dig!!! Gott sei Dank, dass es da kei­ne Vor­bil­der gib­t… es scheint, dass ande­re Zei­ten bes­se­re Staats­se­kre­tä­re hatten!

      • Nun ich den­ke Sie tun ihm etwas Unrecht.
        Viel schwie­ri­ger wiegt die nach­kon­zi­lia­re Kon­zen­tra­ti­on der Macht im Staatssekretariat.
        Kard. Ber­to­ne wur­de von die­sem Appa­rat nie akzep­tiert und konn­te unter die­sen Bedin­gun­gen kaum führen.
        Nun bes­se­re Staats­se­kre­tä­re hat es sicher gege­ben obwohl es im XX. Jahr­hun­dert mit Kar­di­nal Mer­ry del Val nur einen wirk­lich groß­ar­ti­gen gibt.

    • Eine Fra­ge @ Herrn J.G.Ratkaj, auch zum The­ma ‚Auf­zeich­nun­gen von Zeit­zeu­gen‘: ich stieß im Inter­net (Link s.u.) auf das Buch (pdf) von Bel­le­gran­di, ‚Niki­ta­ron­cal­li‘. Ich fra­ge als einer, der lan­ge nach jenen Ereig­nis­sen gebo­ren wur­de, der sich für die­se Zeit, für die Ent­wick­lun­gen der jün­ge­ren Kir­chen­ge­schich­te, zwar sehr inter­es­siert, aber noch viel zu wenig dar­über weiß und daher (noch kaum) einen ‚inne­ren Bewer­tungs­maß­stab‘ hat, mit wel­chem er bestimm­te Quel­len (oder „Quel­len“) rich­tig ein­ord­nen und bewer­ten kann; wel­cher Autor ist wie glaub­wür­dig? – Wenn Sie die­ses Buch von Bel­le­gran­di ken­nen, wie wür­den Sie ein­schät­zen, was er schreibt? Also etwa auf einer Ska­la von ’sehr unglaub­wür­dig – vie­les stimmt, vie­les aber auch nicht – in den mei­sten Punk­ten ist sei­ne Dar­stel­lung zutref­fend‘. Bel­le­gran­di war wohl, wie ich gele­sen habe, Offi­zier der Nobel­gar­de sowie Came­rie­re segre­to di cap­pa e spa­da, danach Pro­fes­sor in Öster­reich; von daher wür­de ich ihn (erst­mal) als ‚ver­mut­lich glaub­wür­dig‘ ein­schät­zen. Habe gera­de erst ange­fan­gen, es zu lesen; was ich sehr inter­es­sant fand, war sei­ne Schil­de­rung des regel­rech­ten Tau­zie­hens um den Nach­laß Kar­di­nal Tis­ser­ants, sein ‚Pri­vat-Archiv‘ (mit wohl teil­wei­se recht bri­san­tem Mate­ri­al), das zwar nach sei­nem Tode an den Hl. Stuhl ging, von des­sen ’sen­si­bel­sten Doku­men­ten‘ sein Sekre­tär, Abbé Geor­ges Roche, jedoch Pho­to­ko­pien ange­fer­tigt habe … die aber letzt­lich eben­falls in ver­mut­lich gut gesi­cher­ten „Kel­lern“ in der Vati­kan­stadt lan­de­ten. Dann die Geschich­te mit den ja nun wirk­lich sehr inti­men Bil­dern vom Ster­be­bett Papst Pius‘ XII., die – aus­ge­rech­net, treu­los und scham­los – sein Leib­arzt, der Con­te Gale­az­zi-Lisi, mit sei­ner Lei­ca gemacht habe; die­se Bil­der habe ich selbst gese­hen, in der Doku ‚Pio XII – L’ul­ti­mo Prin­ci­pe di Dio‘ (obwohl ich lei­der kein Ita­lie­nisch kann). In der (wie ich fin­de, unsäg­li­chen) Pius-Bio­gra­phie von Corn­wall lese ich zudem, daß Gale­az­zi dem an Schluck­auf lei­den­den Papst auch noch ‚Chrom­säu­re­lö­sung zum Gur­geln‘ ver­schrie­ben habe; und die ist sehr gif­tig und krebserregend …
      … kurz­um, was da nach dem Herbst 1958 auf­brach, das gär­te wohl schon lan­ge ‚im Unter­grund‘. – Aber zu mei­ner Fra­ge: kann man so ein Buch wie ‚Niki­ta­ron­cal­li‘ lesen, ohne sich damit nur „Klatsch und Tratsch“ oder fal­sche Infor­ma­tio­nen im Gedächt­nis abzu­spei­chern? Und wel­ches Buch, evtl., wel­che (Auto-) Bio­gra­phie, kann /​ soll­te man wirk­lich (und gefahr­los) lesen, wenn man sich wenig­stens eini­ger­ma­ßen zuver­läs­sig über die­se Jah­re, vlt. seit der Zeit des hl. Pius‘ X., infor­mie­ren will? Ein Buch wie das von Mary Ball Martínez, ‚Die Unter­mi­nie­rung der katho­li­schen Kir­che‘, hal­te ich (mitt­ler­wei­le) für zu unzu­ver­läs­sig und ‑glaub­haft, kaum Quellenangaben …
      … dies als Fra­ge @ J.G.Ratkaj als Zeit­zeu­gen und @ alle, die vor dem­sel­ben Pro­blem ste­hen /​ mehr dar­über wis­sen /​ einen guten Lite­ra­tur­tipp haben; ich lese (fast) alles – bis auf Pey­re­fit­te, Bal­dis­se­ri-Machia­vel­li, Hof­fenschock et al. 😉 !

      • Nun, ich habe das Buch von Graf Bel­le­gran­di (Rom) eme­ri­tier­ter Prof. der Univ. Inns­bruck, 1994 in sei­ner ita­lie­ni­schen Fas­sung gelesen.
        Sei­ne Ein­drücke von der Trans­for­ma­ti­ons­pha­se am römi­schen Hof (ab Mit­te der 1950er) sind als sehr akku­rat einzustufen.
        1954 war Pius XII. lebens­ge­fähr­lich erkrankt, die Stim­mungs­la­gen hie­zu gibt er adäquat wie­der. Eben­so die Posi­ti­on Mon­ti­nis als qua­si-Dau­phin wäh­rend Ron­cal­lis Pon­ti­fi­kat (Fran­co Bel­le­gran­di schil­dert die sich über­bie­ten­den Erwei­sun­gen von Ehr­erbie­tung, die man Mon­ti­ni, der ab 1958 in Rom wie­der ein und aus­ging, von Sei­ten der „Kar­rie­ri­sten“ zoll­te. Auch inter­es­sant das Zeug­nis über Kard. Tede­schi­nis Unwohl­seins nach Ankün­di­gung des Kon­zils am 25.I.1959. Das erin­nert stark an Kard. Cana­lis Befin­den am sel­ben denk­wür­di­gen Tag.
        Ins­ge­samt sehr lesenswert.
        Doch sind es die Spe­ku­la­tio­nen um den „Ephod“ von Paul VI., die Israe­li­ti­sche Pro­ve­ni­enz der Mon­ti­nis, und die Notiz über jid­disch als pri­mä­re Kom­mu­ni­ka­ti­ons­spra­che unter US-Offi­zi­el­len äußerst ent­behr­lich. So wird ihm natür­lich des­we­gen auch bei den vie­len sehr zutref­fen­den Pas­sa­gen sei­nes Wer­kes von nicht weni­gen Glaub­wür­dig­keit per se abge­spro­chen werden.

      • Vie­len Dank @ Herrn J.G.Ratkaj für Ihre detail­lier­te Infor­ma­ti­on! Ich hat­te tat­säch­lich (wohl vor­schnell) erst star­ke Vor­be­hal­te gegen das Buch von Bel­le­gran­di, wohl vor allem wegen des, wie ich’s emp­fand, etwas rei­ße­risch wir­ken­den Titels; jetzt weiß ich, wie ich das Buch zu lesen habe. – Eines der Grund­pro­ble­me des Inter­nets, ‚Fluch und Segen zugleich‘, wenn man so will: einer­seits eine unglaub­li­che Fül­le an Infor­ma­ti­on, ande­rer­seits aber oft­mals kaum die Mög­lich­keit, die Authen­ti­zi­tät und Vali­di­tät die­ser Infor­ma­tio­nen zu über­prü­fen oder ein­zu­schät­zen. – Das Pro­blem, daß die Glaub­wür­dig­keit von anson­sten wohl soli­de recher­chier­tem Mate­ri­al durch unso­li­de Spe­ku­la­tio­nen oder „mit­tel­schwe­re Pat­zer“, durch ein Hin­aus­schie­ßen über’s Ziel, im Gan­zen beschä­digt wer­den kann, hat­te ich auch mit der Sei­te ‚padre​pio​and​chies​avi​va​.com‘, wo man einer­seits ‚Pao­lo VI – bea­to?‘ von Don Lui­gi Vil­la fin­det, ande­rer­seits aber auch so eine bis ins klein­ste Detail gehen­de ‚Ana­ly­se des neu­en Pal­li­ums Bene­dikts XVI.‘ von einem Inge­nieur Fran­co Adessa, wo die­ser gar irgend­wel­che – nein, sämt­li­che – Win­kel und Maße an den auf­ge­stick­ten roten (angeb­li­chen „Temp­ler-“) Kreu­zen auf die­sem Pal­li­um mißt und scharf­sin­nig ‚ana­ly­siert‘ und dar­aus wohl ziem­lich stei­le Schlüs­se zieht, na ja …
        … und dan­ke für den Hin­weis auf das Buch von J. Pol­lard – von Bene­dikt XV. weiß ich bis jetzt kaum mehr, als daß er den Kampf gegen die­se moder­ni­sti­schen Unter-Strö­mun­gen bzw. Unter­mi­nie­run­gen (lei­der) wohl stark zurück­ge­fah­ren habe. Um wirk­lich ver­ste­hen zu kön­nen, was mit der Kir­che (spä­te­stens) seit den Fünf­zi­ger­jah­ren pas­siert ist und was sich des­halb (wohl nur kon­se­quen­ter­wei­se) heu­te an Ent­setz­li­chem ereig­net, ‚in Rom‘ und in der Welt, muß man … weit zurück­ge­hen, sich wohl min­de­stens einen Über­blick über die wich­tig­sten Ereig­nis­se und Strö­mun­gen der letz­ten 1oo Jah­re machen; und um zu ver­ste­hen, gegen wel­che Mäch­te der hl. Pius X. zu kämp­fen hat­te, muß man dann noch wei­ter zurück­ge­hen, bis ins 19. Jhd./Pontifikat Pius‘ IX. und Leos XIII. (da inter­es­siert mich beson­ders die Figur des Kar­di­nals Ram­pol­la del Tin­da­ro, sei­ne [angeb­li­che!?] Mit­glied­schaft in jenem [sata­ni­schen?] ‚Ordo Templi Ori­en­tis‘, sei­ne ‚Ver­hin­de­rung‘ im Kon­kla­ve durch Kai­ser Franz Joseph bzw. den Kar­di­nal-Erz­bi­schof von Kra­kau, Ball-Mar­tí­nez schreibt dar­über, aller­dings viel zu wenig belegt … – das gan­ze ‚Ram­pol­la-Netz­werk‘, das ja min­de­stens bis Ron­cal­li, Mon­ti­ni reicht, indi­rekt viel­leicht auch bis Vil­lot, Casaro­li und gar dar­über hin­aus …!?). Und das ist ja erst­mal nur der rein-histo­ri­sche Aspekt; kommt der ent­schei­den­de, theo­lo­gi­sche hin­zu – die Ent­ste­hung und das gan­ze System des Moder­nis­mus‘, dann die­se ’nou­vel­le théologie‘, und schließ­lich das Konzil …
        … da kann man sich regel­recht „erschla­gen“ füh­len durch die­se gewal­ti­ge Fül­le des Stoffs, da braucht man ja vie­le Jah­re, wenn nicht Jahr­zehn­te, um sich in die­sem Dickicht zurecht­zu­fin­den, zumal wenn man sich „nur neben­her“ damit beschäf­ti­gen kann.

      • Na ja, da hilft wohl nur, daß man sich sel­ber bremst und limi­tiert, nicht zu sehr ins Detail geht, sich nicht „ver­zet­telt“, skep­tisch bleibt, sei­nen Ver­stand benutzt (gele­gent­lich, wenn’s geht^^) – und das Wesent­li­che nicht aus den Augen ver­liert, bes­ser: DEN Wesent­li­chen – Christus!
        Und immer alles lang­sam und schön der Rei­he nach 😉 – noch mal vie­len Dank Ihnen und allen Autoren und Mit-Kom­men­ta­to­ren. – Non praevalebunt!

      • Sie dür­fen bei Con­te Bel­le­gran­di nicht ver­ges­sen, hier schreibt einer wel­cher die­sen Umbruch mit­ten im Zen­trum der katho­li­schen Reli­gi­on näm­lich damals am „cor­te del­la chie­sa roma­na“ mit­er­lebt hat.
        Da färbt die Ent­täu­schung, das schie­re Ver­zwei­feln eines „alt-gläu­bi­gen“ Ari­sto­kra­ten auf den Bericht frei­lich in Spu­ren ab, sodaß das emo­tio­na­le Ele­ment nicht zu ver­ken­nen ist. Das ist ver­ständ­lich. Ich ken­ne das von sehr vie­len noch leben­den römi­schen Ari­sto­kra­ten, die sel­ber Opfer die­ses Umbru­ches wur­den und damals die Welt nim­mer mehr ver­stan­den. Bei eini­gen, heu­te natür­lich meist Geron­ten, ist noch immer die­se Ent­täu­schung wahrzunehmen.

  6. Ich wer­de bei Gele­gen­heit eine Liste mit Lite­ra­tur (schwie­rig ist es alle­mal wirk­lich leicht zugäng­li­che Lite­ra­tur zu finden)verfassen und die­se dann Ihnen posten.
    Das wird aber etwas dau­ern da ich pri­mär ita­lie­nisch und fran­zö­sisch lese und ich den­ke die wirk­lich aus­sa­ge­kräf­ti­gen Wer­ke in die­sen bei­den Spra­chen ver­fasst wer­den und wurden.
    Jeden­falls tun Sie gut dar­an das vor­han­den Nie­der­ge­schrie­be­ne kri­tisch zu prüfen.
    Etwas möch­te ich Ihnen aber jetzt schon als Lek­tü­re nahe­le­gen, näm­lich J. Pol­lards kom­pak­te Bio­gra­phie über Bene­dikt XV.: „The Unknown Pope: Bene­dict XV (1914–1922) and the Pur­su­it of Peace“.
    Pol­lad ist zwar kein Theo­lo­ge und wohl auch nicht ein kir­chen­na­her Histo­ri­ker aber er beschreibt die Situa­ti­on an der Kurie, die Umwäl­zun­gen nach dem Tod von Pius X. sehr inters­sent. Beson­ders beach

Kommentare sind deaktiviert.