Die Bischofssynode, der Regisseur, die Akteure – Chronologie eines versuchten Paradigmenwechsels


Bischofsynode: Der Regisseur im Hintergrund und seine Akteure
Bischofs­yn­ode: Der Regis­seur im Hin­ter­grund und sei­ne Akteure

(Rom) „Neue Para­dig­men zu Schei­dung und Homo­se­xua­li­tät sind inzwi­schen Mode an der Kir­chen­spit­ze. Nichts ist ent­schie­den, aber Papst Fran­zis­kus ist gedul­dig“, so der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster. Eine erste Chro­no­lo­gie des Ver­suchs, in der Kir­che einen Para­dig­men­wech­sel her­bei­zu­füh­ren. Ein Para­dig­men­wech­sel, der von ganz oben ausgeht.

Anzei­ge

„Der Geist des Kon­zils weht wie­der“, begei­ster­te sich der phil­ip­pi­ni­sche Kar­di­nal Luis Anto­nio Tag­le, auf­ge­hen­der Stern der Kir­chen­hier­ar­chie und Histo­ri­ker des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils der pro­gres­si­ven Schu­le von Bolo­gna. „Bei der Syn­ode, die dem Ende zugeht, fin­den sich tat­säch­lich Ele­men­te, die mit dem über­ein­stim­men, was bei jenem gro­ßen Ereig­nis gesche­hen ist“, so Magi­ster. Die auf­fal­lend­ste Über­ein­stim­mung sei der Unter­schied zwi­schen der wirk­li­chen Syn­ode und der vir­tu­el­len Syn­ode, die von den Medi­en pro­du­ziert werde.

Konzil und Synode: Wer den Ablauf kontrolliert, kontrolliert die Versammlung

Dar­über hin­aus gebe es aber noch sub­stan­ti­el­le­re Ähn­lich­kei­ten. Sowohl beim Zwei­ten Vati­ca­num als auch bei die­ser Syn­ode sind die Para­dig­men­wech­sel das Ergeb­nis einer sorg­fäl­ti­gen Regie. Ein Haupt­ak­teur des Zwei­ten Vati­can­ums wie Giu­sep­pe Doset­ti, der geschick­te Stra­te­ge der vier Mode­ra­to­ren-Kar­di­nä­le, die das Kom­man­do über die Kon­zils­ma­schi­ne führ­te, bekann­te es voll Stolz. Er sag­te „den Lauf des Kon­zils umge­dreht zu haben“, dank sei­ner Fähig­keit, die Ver­samm­lung zu len­ken, die er zuvor in sei­ner poli­ti­schen Tätig­keit als eine der füh­ren­den Gestal­ten der ita­lie­ni­schen Christ­de­mo­kra­tie gelernt hatte.

„Auch bei die­ser Syn­ode ist es so gesche­hen“, so Magi­ster. Sowohl die Öff­nung gegen­über den wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen und damit die Zulas­sung der Zweit­ehe, als auch der Para­dig­men­wech­sel zum The­ma Homo­se­xua­li­tät, die in die Rela­tio post dis­cep­t­atio­nem ein­ge­scho­ben wur­de, wären nicht mög­lich gewe­sen, ohne eine Rei­he von geschickt geplan­ten und kal­ku­lier­ten Schrit­ten jener, die den Ablauf der Ver­samm­lung kontrollieren.

Versuch einer Chronologie der Ereignisse

Es genügt, die Etap­pen Revue pas­sie­ren zu las­sen, wenn auch das vor­läu­fi­ge End­ergeb­nis der Syn­ode nicht den Erwar­tun­gen ihrer Regis­seu­re ent­spre­chen dürfte.

17. März 2013
Der erste Akt zeigt bereits Papst Fran­zis­kus als Haupt­dar­stel­ler. Am vier­ten Tag sei­nes Pon­ti­fi­kats, am Sonn­tag, den 17. März 2013 lob­te er zum Erstau­nen der Kir­chen­be­ob­ach­ter Kar­di­nal Wal­ter Kas­per. Und das gleich beim ersten Ange­lus auf dem Peters­platz. Der Papst hob aus­drück­lich Kas­pers Buch über die Barm­her­zig­keit her­vor. Dar­in aber fin­den sich bereits alle Para­dig­men­wech­sel dar­ge­legt: die The­se des Vor­rangs der Pra­xis vor der Leh­re, eben­so die sub­stan­ti­el­le Ver­drän­gung der Gerech­tig­keit durch die Barm­her­zig­keit statt deren Kom­ple­men­ta­ri­tät. Damals ahn­te aller­dings nie­mand, was die­ses unge­wöhn­li­che Lob zu bedeu­ten hat­te. Es war der erste Schritt des Pap­stes, die Kir­che auf „neue Wege“ zu füh­ren. Ein Signal dafür, daß er sein Pon­ti­fi­kat als Para­dig­men­wech­sel für die Kir­che betrach­tet und nüt­zen will.

28. Juli 2013
Am 28. Juli 2013 auf der Pres­se­kon­fe­renz am Rück­flug vom Welt­ju­gend­tag in Rio de Janei­ro sen­de­te der Papst zwei Signa­le aus, die einen enor­men Wider­hall in der ver­öf­fent­lich­ten Mei­nung fin­den soll­ten. Das erste Signal galt der Behand­lung der Homo­se­xu­el­len: „Wenn ein Mensch homo­se­xu­ell ist und den Herrn sucht und guten Wil­lens ist, wer bin ich dann, um über ihn zu urtei­len?“ Das zwei­te Signal galt der Zulas­sung der Zweit­ehe: „Ich mache eine Klam­mer auf: Die Ortho­do­xen fol­gen der Theo­lo­gie der oiko­no­mia, wie sie es nen­nen, und geben eine zwei­te Mög­lich­keit [der Ehe­schlie­ßung]. Sie las­sen das zu. Ich glau­be, daß die­ses Pro­blem – und ich schlie­ße die Klam­mer – im Rah­men der Ehe­pa­sto­ral zu stu­die­ren sein wird“.

11. Sep­tem­ber – 19. Sep­tem­ber – 1. Okto­ber 2013
Am 4. Sep­tem­ber 2013 schrieb Papst Fran­zis­kus einen Brief an den Doy­en des mei­nungs­füh­ren­den links­li­be­ra­len Jour­na­lis­mus, Euge­nio Scal­fa­ri, einen Kir­chen­geg­ner aus alter frei­mau­re­ri­scher Fami­li­en­tra­di­ti­on, der von Scal­fa­ris Tages­zei­tung La Repubbli­ca am 11. Sep­tem­ber ver­öf­fent­licht wur­de. Am 19. Sep­tem­ber publi­zier­te die Jesui­ten­zeit­schrift Civil­tà  Cat­to­li­ca (Heft Nr. 3918, III, S. 449–477) ein Inter­view von Schrift­lei­ter Pater Anto­nio Spa­da­ro SJ mit Papst Fran­zis­kus. Am 1. Okto­ber folg­te ein wei­te­res Inter­view des Pap­stes, das Euge­nio Scal­fa­ri führ­te und von La Repubbli­ca abge­druckt wur­de. Alle drei Ver­öf­fent­li­chun­gen ent­hal­ten teils höchst umstrit­te­ne Aus­sa­gen. Zwei Kern­aus­sa­gen von Papst Fran­zis­kus sind die Leug­nung eines objek­tiv Guten und Bösen und die Beto­nung des „auto­no­men Gewis­sens“ als Letzt­in­stanz. Nie expli­zit demen­tier­te oder kor­ri­gier­te Aus­sa­gen, die Scal­fa­ri in regel­rech­te Begei­ste­rung versetzten.

7./8. Okto­ber 2013
Am 7. Okto­ber und am Mor­gen des 8. Okto­bers nahm Papst Fran­zis­kus per­sön­lich am Sitz des stän­di­gen Sekre­ta­ri­ats der Bischofs­syn­ode an deren Sit­zung teil, die Zeit­plan und Marsch­rich­tung festlegte.
Am 8. Okto­ber 2013 erfolg­te durch Papst Fran­zis­kus die Ein­be­ru­fung der Bischofs­syn­ode über die Fami­lie als erster Teil einer Dop­pel­syn­ode zum sel­ben The­ma inner­halb eines Jah­res, wobei die Schluß­fol­ge­run­gen der zwei­ten Syn­ode zukom­men. Zum Gene­ral­se­kre­tär die­ser Art von Vor­läu­fer für eine stän­di­ge Syn­ode ernann­te der Papst am 21. Sep­tem­ber einen Neo-Kar­di­nal, Msgr. Loren­zo Bal­dis­se­ri, ohne jede dies­be­züg­li­che Erfah­rung, dafür aber von garan­tier­ter Loya­li­tät, auf­grund des enor­men durch Fran­zis­kus ermög­lich­ten Karrieresprungs.

An die Sei­te Bal­dis­se­ris stell­te der Papst als Son­der­se­kre­tär den Erz­bi­schof und Theo­lo­gen Bru­no For­te, der bereits füh­ren­der Ver­tre­ter der theo­lo­gi­schen und pasto­ra­len Rich­tung war, die im Jesui­ten­kar­di­nal Car­lo Maria Mar­ti­ni ihren Ori­en­tie­rungs­punkt hat­te, dem medi­al gewich­tig­sten Gegen­spie­ler zuerst von Johan­nes Paul II. und dann von Bene­dikt XVI. Eine Rich­tung, die aus­drück­lich einen radi­ka­len Wan­del der kirch­li­chen Leh­re zur Sexu­al­mo­ral for­der­te und den „Rück­stand“ der Kir­che von 200 Jah­ren (Kar­di­nal Mar­ti­ni) auf­ho­len woll­te. Die Kir­che, so der ehe­ma­li­ge Erz­bi­schof von Mai­land, habe Auf­klä­rung und Fran­zö­si­sche Revo­lu­ti­on end­lich nachzuholen.

Der deut­sche Sprach­raum zeig­te sich schnell feder­füh­rend in die­sem Para­dig­men­wech­sel. Das gilt für Kar­di­nal Kas­per als Wort­füh­rer, aber eben­so für die Bischofs­kon­fe­ren­zen von Deutsch­land, Öster­reich und der Schweiz, die öffent­lich wie kir­chen­in­tern mas­si­ven Druck aus­üben. In die­sen Rah­men gehört auch am 7. Okto­ber 2013 das nicht zufäl­li­ge Vor­pre­schen der Erz­diö­ze­se Frei­burg im Breis­gau. Erz­bi­schof Robert Zol­lit­sch war gera­de eme­ri­tiert, wodurch es offi­zi­ell kei­nen ver­ant­wort­li­chen Hir­ten gab. Zol­lit­sch war damals noch Vor­sit­zen­der der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz. Die Hand­rei­chung für die Seel­sor­ge zur Beglei­tung von Men­schen in Tren­nung, Schei­dung und nach zivi­ler Wie­der­ver­hei­ra­tung des Fami­li­en­re­fe­rats des Erz­bi­schöf­li­chen Seel­sor­ge­am­tes war damit Mehr­heits­mei­nung der Bischofs­kon­fe­renz. Alles sei eine „Fra­ge des Gewissens“.

23. Okto­ber 2013
In Rom blie­ben die Signa­le nicht allen ver­bor­gen. Am 23. Okto­ber 2013 ließ Kar­di­nal­prä­fekt Ger­hard Mül­ler der Kon­gre­ga­ti­on für die Glau­bens­leh­re im Osser­va­to­re Roma­no einen Auf­satz abdrucken, den er bereits vier Mona­te zuvor als Ant­wort auf die Bestre­bun­gen in Deutsch­land ver­öf­fent­licht hat­te und in denen er die Unauf­lös­lich­keit der Ehe bekräf­tig­te und damit die Unmög­lich­keit der Zulas­sung wie­der­ver­hei­ra­te­ter Geschie­de­ner zur Kom­mu­ni­on beton­te. Eine ein­deu­ti­ge Reak­ti­on, die der Wühl­ar­beit in Rich­tung Para­dig­men­wech­sel einen Rie­gel vor­schie­ben soll­te. Kar­di­nal Rein­hard Marx, der Erz­bi­schof von Mün­chen-Frei­sing und inzwi­schen Nach­fol­ger Zol­lit­schs als Vor­sit­zen­der der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz sowie Papst-Bera­ter im C9-Kar­di­nals­rat reagier­te trot­zig. Mül­ler kön­ne nicht die Dis­kus­si­on ein­fach abwür­gen. Mit ande­ren Wor­ten: Man wer­de wei­ter­ma­chen. Die Erz­diö­ze­se Frei­burg zog trotz kla­rer Auf­for­de­rung ihre Hand­rei­che nicht zurück.

Mit noch def­ti­ge­ren Wor­ten als der deut­sche Marx, kri­ti­sier­te der Hon­du­ra­ner Oscar Kar­di­nal Rodri­guez Mara­dia­ga den Glau­bens­prä­fek­ten. Auch Mara­dia­ga gehört zum C9-Kar­di­nals­rat. Der Papst, der sich sonst kei­nes­wegs scheut, sei­nen Adla­ten zur Sei­te zu sprin­gen, sie zu ver­tei­di­gen oder demon­stra­tiv zu beför­dern, schwieg. Es gab kein päpst­li­ches Wort der Ver­tei­di­gung oder Wert­schät­zung für die Ver­tei­di­gung der katho­li­schen Glau­bens­leh­re durch den Glaubenspräfekten.

5. Novem­ber 2013
Mit der Ein­be­ru­fung der Syn­ode wur­de von Gene­ral­se­kre­tär Bal­dis­se­ri am 5. Novem­ber 2013 ein vom Papst gewünsch­ter Fra­ge­bo­gen an alle Bischö­fe der Welt aus­ge­ge­ben mit Fra­gen zur den umstrit­ten­sten The­men, ein­schließ­lich der Kom­mu­ni­on für die wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen und den Homo-Part­ner­schaf­ten. Die Fra­gen zie­len offen­bar von Anfang weni­ger auf die offi­zi­ell genann­te Erhe­bung des Ist-Zustan­des, son­dern als Auf­for­de­rung an eine bestimm­te Rich­tung, den Para­dig­men­wech­sel „von unten“ zu ver­lan­gen. Teils Döze­sen, teils offi­zi­el­le katho­li­sche Orga­ni­sa­tio­nen stell­ten den Fra­ge­bo­gen ins Inter­net und for­der­ten ohne jede Zugangs­kon­trol­le zur Online-Beant­wor­tung auf, so die Akti­on „Wo drückt der Schuh?“ der Katho­li­schen Akti­on Öster­reich, der Fami­li­en­bund der Katho­li­ken in Bay­ern, der Bund der deut­schen katho­li­schen Jugend (BDKJ), die Pasto­ral­kom­mis­si­on der Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz und ande­re mehr. Den Pro­gres­si­ven soll­te eine „empi­ri­sche“ Grund­la­ge in die Hand gege­ben wer­den, um ihren geplan­ten Umsturz argu­men­ta­tiv abzusichern.

Obwohl die Bischö­fe gefragt waren, wur­de das Signal sofort ver­stan­den und pro­gres­si­ve Grup­pen und Krei­se in den Diö­ze­sen mobi­li­sier­ten sich im Sin­ne einer „basis­de­mo­kra­ti­schen“ Abstim­mung mit den Füßen, unter­stützt von zahl­rei­chen welt­li­chen Medi­en. Gegen­tei­li­ge Mei­nun­gen wur­den, jeden­falls im deut­schen Sprach­raum syste­ma­tisch unter­schla­gen, aus­ge­nom­men dort, wo ver­ein­zelt Diö­ze­san­bi­schö­fe, wie der Bischof von Chur, sich nicht von der Mehr­heit der Bischofs­kon­fe­renz dis­zi­pli­nie­ren und mund­tot machen ließen.

3. Febru­ar 2014
Zu den Regie­an­wei­sun­gen gehör­te auch die absicht­li­che Ver­öf­fent­li­chung der Ant­wor­ten am 3. Febru­ar 2014 durch die Deut­sche Bischofs­kon­fe­renz, obwohl eigent­lich Ver­trau­lich­keit zu gel­ten hat­te. Der Bischof von Chur, der das Spiel sofort durch­schaut hat­te, kam der Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz zuvor und kon­ter­ka­rier­te damit auch das Vor­ge­hen der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz emp­find­lich, wes­halb er sich auch ent­spre­chen­den Zorn der Gegen­sei­te zuzog.

20./21. Febru­ar 2014
Am 20. und 21. Febru­ar 2014 ver­sam­mel­te Papst Fran­zis­kus das Kar­di­nals­kol­le­gi­um zum Kon­si­sto­ri­um in Rom. Er for­dert den Kir­chen­se­nat auf, das The­ma Fami­lie zu dis­ku­tie­ren und dele­giert Kar­di­nal Wal­ter Kas­per, das ein­füh­ren­de Refe­rat zu hal­ten. Der Auf­trag ergeht nur an Kas­per, obwohl des­sen ein­deu­ti­ge Par­tei­nah­me im Wider­spruch zur kirch­li­chen Leh­re bekannt ist. Sie ist bekannt, weil Kas­per bereits Anfang der 90er Jah­re mit ande­ren deut­schen Bischö­fen die Zweit­ehe in der Kir­che durch­drücken woll­te, damals aber von Papst Johan­nes Paul II. und Glau­bens­prä­fekt Joseph Ratz­in­ger mit sol­cher Vehe­menz abge­wehrt wur­de, daß er 20 Jah­re dazu schwieg. Mit dem Ende der Ära Wojtyla/​Ratzinger und der Wahl Jor­ge Mario Berg­o­gli­os, an der Kas­per nicht unwe­sent­li­chen Anteil hat­te, hat­ten sich die Rah­men­be­din­gun­gen jedoch grund­le­gend geändert.

Papst Fran­zis­kus hät­te zwei Bericht­erstat­ter ernen­nen kön­nen und, woll­te er annä­hernd kor­rekt han­deln, wohl auch müs­sen, sofern es für den Papst in der Fra­ge über­haupt eine neu­tra­le Opti­on geben konn­te. Doch der Papst ergriff ein­sei­tig Par­tei, indem er Kas­per in eine pri­vi­le­gier­te Posi­ti­on ver­setz­te und durch den deut­schen Kar­di­nal das Kon­si­sto­ri­um und die Dis­kus­si­on über die Fami­lie in eine ganz bestimm­te Rich­tung len­ken ließ. Das Lob für Kas­per und des­sen „Barmherzigkeits“-Buch am 17. März 2013 hat­te die inhalt­li­che Über­ein­stim­mung zwi­schen Kas­per und Papst Fran­zis­kus kaum beach­tet vorweggenommen.

Beim Kon­si­sto­ri­um leg­te Kar­di­nal Kas­per hin­ter ver­schlos­se­nen Türen sei­ne alte The­se wie­der vor. Zahl­rei­che Kar­di­nä­le empö­ren sich über die­se The­sen und wider­set­zen sich. Papst Fran­zis­kus, der Mül­ler im Okto­ber davor nicht zu Hil­fe geeilt war, als die­ser die Leh­re ver­tei­dig­te und dafür von Marx und Mara­dia­ga ange­grif­fen wur­de, eil­te nun sofort Kas­per zu Hil­fe, als er den Unmut der ande­ren Kar­di­nä­le sah. Am Tag nach Kas­pers Rela­tio ergriff Fran­zis­kus im Kon­si­sto­ri­um das Wort und dank­te Kas­per über­schweng­lich mit „Dan­ke, Dan­ke“ und ver­stieg sich zur Behaup­tung, der von ihm Beauf­trag­te habe mit sei­nem Vor­schlag „Theo­lo­gie auf den Knien“ gemacht. Eine erneu­te, ein­sei­tig Par­tei­nah­me, die den Papst als eigent­li­chen Regis­seur hin­ter dem ver­such­ten Para­dig­men­wech­sel erken­nen läßt.

Kas­per, emp­find­lich auf Kri­tik reagie­rend, soll­te spä­ter mehr­fach beto­nen, auch bei der Bischofs­syn­ode, er habe alles mit Papst Fran­zis­kus vor­her „abge­spro­chen“. Er gab damit zu erken­nen, daß er letzt­lich nur der aus­füh­ren­de Arm des Pap­stes sei.

Kas­per wur­de von Fran­zis­kus noch mit einem wei­te­ren Pri­vi­leg aus­ge­stat­tet. Wäh­rend alle Kar­di­nä­le der Schwei­ge­pflicht unter­wor­fen wur­den, war ein­zig Kas­per mit päpst­li­cher Dis­pens davon aus­ge­nom­men. Damit wur­de ihm das Mei­nungs­mo­no­pol in der Öffent­lich­keit über­ge­ben. Mit ver­schie­de­nen Ver­la­gen waren bereits Ver­ein­ba­run­gen getrof­fen, Kas­pers Rede in meh­re­ren Spra­chen in Druck zu legen, für den deut­schen Sprach­raum zum Bei­spiel bei Her­der, in Ita­li­en bei Quer­inia­na

1. März 2014
Die­se gehei­me Regie zur Len­kung der öffent­li­chen Mei­nung und des Ent­schei­dungs­fin­dungs­pro­zes­ses wird am 1. März durch einen Hand­streich der Tages­zei­tung Il Foglio durch­kreuzt, die Kas­pers Rela­tio voll­in­halt­lich samt einer ver­nich­ten­den Kri­tik des Histo­ri­kers Rober­to de Mat­tei ver­öf­fent­licht. Das Echo auf den Hand­streich ist enorm. Die Deu­tungs­ho­heit der Rede ist gebro­chen. Kas­per reagiert mit einer Schimpf­ti­ra­de und droht mit Klage.

Die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on ihrer­seits plant als Gegen­maß­nah­me zu Kas­pers Vor­stoß im Früh­jahr eine umfas­sen­de Gegen­ver­öf­fent­li­chung im Osser­va­to­re Roma­no. Eine Ver­tei­di­gung des Ehe­sa­kra­ments und eine fun­dier­te Wider­le­gung von Kas­pers Argu­men­ten, die jedoch bis heu­te nicht erschie­nen ist, weil der Papst ein Ver­öf­fent­li­chungs­ver­bot ver­häng­te. Ein Veto, das einen wei­te­ren ein­sei­ti­gen Ein­griff zur ein­sei­ti­gen För­de­rung der Kas­per-The­se und zur Behin­de­rung der Gegen­po­si­ti­on bedeutet.

20. April 2014
Am Sonn­tag, den 20. April tele­fo­nier­te Papst Fran­zis­kus mit der Argen­ti­nie­rin Jaque­line Lis­boa Sabet­ta. Die Nach­richt ging mit­tels Face­book und Medi­en sofort um den Glo­bus: „Der Papst ruft eine wie­der­ver­hei­ra­tet geschie­de­ne Frau aus San­ta Fe an, um ihr zu sagen, daß sie die Kom­mu­ni­on emp­fan­gen kann“ (Radio LT3). Vati­kan­spre­cher Pater Feder­i­co Lom­bar­di spricht von einem „pri­va­ten pasto­ra­len Gespräch“, bestä­tigt den Tele­fon­an­ruf und demen­tiert den Inhalt nicht. Vie­le Men­schen ver­ste­hen den Anruf als Frei­brief: „Der Papst hat ja gesagt…“.

27. April 2014
In sei­ner Pre­digt am Barm­her­zigs­keits­sonn­tag, an dem Papst Fran­zis­kus in einer umstrit­te­nen Dop­pel­hei­lig­spre­chung gleich zwei Päp­ste zur Ehre der Altä­re erhob, sag­te er: „Mögen die­se bei­den neu­en hei­li­gen Hir­ten des Got­tes­vol­kes mit ihrer Für­spra­che für die Kir­che ein­tre­ten, damit sie in die­sen zwei Jah­ren des Syn­oden­we­ges füg­sam sei gegen­über dem Hei­li­gen Geist in ihrem pasto­ra­len Dienst an der Fami­lie. Mögen bei­de uns leh­ren, kei­nen Anstoß zu neh­men an den Wun­den Chri­sti und in das Geheim­nis der gött­li­chen Barm­her­zig­keit ein­zu­drin­gen, die immer hofft und immer ver­zeiht, weil sie immer liebt.“ Eine der zahl­rei­chen Wort­mel­dun­gen über die Barm­her­zig­keit, über ein Ver­bot über ande­re zu urtei­len, das mehr ein Ver­bot meint, die Sün­de beim Namen zu nen­nen, über Prie­ster, die nicht „päpst­li­cher als der Papst“ sein sol­len, mit denen der Papst in den Köp­fen der Gläu­bi­gen und der Welt den Weg für eine Ände­rung der kirch­li­chen Leh­re zu ebnen versucht.

Trotz der päpst­li­chen Zen­sur im Osser­va­to­re Roma­no mel­den sich eine Rei­he von Kar­di­nä­len öffent­lich zu Wort, die Kas­pers Stand­punkt kri­ti­sie­ren und teils minu­ti­ös wider­le­gen. Kar­di­nal Wal­ter Brand­mül­ler macht den Auf­takt mit der Aus­sa­ge „Leh­re oder Cha­os“, nach­dem er den deut­schen Bischö­fe bereits weni­ge Tage vor dem Kon­si­sto­ri­um die Levi­ten las. Da den Ver­tei­di­gern der kirch­li­chen Ehe­leh­re die Tages­zei­tung des Vati­kans ver­wehrt ist, tun sie es über die ver­schie­den­sten Medi­en in unter­schied­li­chen Län­dern. Im Vor­feld der Bischofs­syn­ode ver­öf­fent­li­chen fünf von ihnen einen Anti-Kas­per-Sam­mel­band. Kas­per miß­bil­ligt, unter­stützt von zahl­rei­chen Medi­en, die Ver­öf­fent­li­chung laut­stark als „Angriff“ gegen den Papst.

17. Sep­tem­ber 2014
Nach dem Erschei­nen des Sam­mel­ban­des gegen die Kas­per-The­se in ver­schie­de­nen Spra­chen und Ver­la­gen tau­chen im Vati­kan ernst­zu­neh­men­de Gerüch­te auf, daß Papst Fran­zis­kus Kar­di­nal Bur­ke, den akti­ven Kopf der Kas­per-Geg­ner aus der Römi­schen Kurie ent­fer­nen und als Kar­di­nal­pa­tron des Mal­te­ser Rit­ter­or­dens exi­lie­ren will. Psy­cho­lo­gi­sche Kriegs­füh­rung zur Ein­schüch­te­rung des Wort­füh­rers der Ver­tei­di­ger des Ehe­sa­kra­ments? Kar­di­nal Anto­nio Cani­zares wird vom Papst zum Erz­bi­schof von Valen­cia ernannt. Die Amts­ein­füh­rung erfolg­te am 4. Okto­ber. Der bis­he­ri­ge Kuri­en­prä­fekt schei­det damit als Syn­oda­le aus, der er Kraft sei­nes Amtes auto­ma­tisch gewe­sen wäre.

4. Okto­ber 2014
Am 4. Okto­ber ver­öf­fent­licht die Jesui­ten­zeit­schrift Civil­tá Cat­to­li­ca einen Auf­satz über die angeb­lich im 16. Jahr­hun­dert in der See­re­pu­blik Vene­dig gewähr­te Zweit­ehe. Der Arti­kel erweist sich als theo­lo­gi­sche Irre­füh­rung und histo­ri­sche Klit­te­rung mit dem Bei­geschmack einer Auf­trags­ar­beit zur Begün­sti­gung der Posi­ti­on von Kar­di­nal Kas­per auf der Syn­ode. Der Schrift­lei­ter der Civil­tà  Cat­to­li­ca gehört zu den Getreu­en des Pap­stes und wur­de von die­sem per­sön­lich zum Syn­oda­len ernannt.

5. Okto­ber 2014
Am 5. Okto­ber 2014 wird die Bischofs­syn­ode eröff­net. Anders als bei den bis­he­ri­gen Syn­oden wer­den die Wort­mel­dun­gen in der Aula nicht ver­öf­fent­licht. Kar­di­nal Mül­ler erhebt ver­ge­bens Pro­test gegen die­se Zen­sur. Ein Beweis mehr, daß „ich nicht Teil der Regie bin“, so der deut­sche Kar­di­nal am 11. Okto­ber zum Vati­ka­ni­sten San­dro Magister.

Am ersten Tag der Gene­ral­kon­gre­ga­tio­nen ver­sucht die Kas­per-Par­tei durch mas­si­ve Wort­mel­dun­gen die The­men­füh­rer­schaft zu über­neh­men. Kar­di­nal Marx for­dert „im Namen der deut­schen Bischö­fe“ die Zulas­sung der wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen zur Kom­mu­ni­on. In der Pres­se­kon­fe­renz am Abend geht er über die bis­her von Kas­per ver­tre­te­ne For­mel hin­aus, laut der die Leh­re unver­än­dert blei­be und „nur“ die Pra­xis geän­dert wer­de. Marx spricht auch von einer Ände­rung der Leh­re. Die Wort­mel­dun­gen der Ver­tei­di­ger der kirch­li­chen Leh­re gehen deut­lich ins Über­ge­wicht. Der ame­ri­ka­ni­sche Kar­di­nal Ray­mond Bur­ke wird als Wort­füh­rer zum eigent­li­chen Gegen­spie­ler von Kar­di­nal Kasper.

11. Okto­ber 2014
Kar­di­nal Schön­born, der Vor­sit­zen­de der Öster­rei­chi­schen Bischofs­kon­fe­renz sekun­diert und lie­fert eine argu­men­ta­ti­ve Grund­la­ge mit einer „Gra­dua­li­tät der Bezie­hun­gen“. Eine The­se, die der Kar­di­nal aus­führ­lich in einem Inter­view mit Vati­can Insi­der aus­brei­tet. Der­zu­fol­ge gebe es kei­ne schlech­ten und sünd­haf­ten Bezie­hun­gen mehr, son­dern nur mehr unter­schied­li­che Stu­fen von guten Bezie­hun­gen, denn man müs­se in jeder Bezie­hung die „posi­ti­ven Ele­men­te“ erken­nen, wenn die­se Bezie­hung auch noch nicht voll­kom­men sei. Ein Ver­zicht auf jede Unter­schei­dung von Gut und Böse und damit eine extre­me Form der Ver­dun­ke­lung der kirch­li­chen Lehre.

Die Schalt­zen­tra­le der Syn­ode bil­den Gene­ral­se­kre­tär Bal­dis­se­ri und Son­der­se­kre­tär For­te. Ihnen gibt Fran­zis­kus wäh­rend der bereits tagen­den Syn­ode, unter Ände­rung der Spiel­re­geln mit­ten im Spiel, wei­te­re enge Ver­trau­te des Pap­stes zur Sei­te, die sich um die Aus­for­mu­lie­rung des Abschluß­be­richts küm­mern sol­len. Alle gehö­ren der „Par­tei des Para­dig­men­wech­sels“ an, allen vor­an der päpst­li­che Ghost­wri­ter Vic­tor Manu­el Fernán­dez, den Berg­o­glio noch als Erz­bi­schof gegen römi­sche Wider­stän­de als Rek­tor der Päpst­li­chen Uni­ver­si­tät von Bue­nos Aires durch­setz­te und den er als Papst sofort zum Titu­lar­erz­bi­schof beför­der­te. Der Argen­ti­ni­er gilt als Haupt­au­tor des Apo­sto­li­schen Schrei­bens Evan­ge­lii Gau­di­um.

13. Okto­ber 2014
Daß die Bezeich­nung Schalt­zen­tra­le wört­lich zu neh­men ist, zeigt sich auf ekla­tan­te Wei­se am Mon­tag, den 13. Okto­ber, als Kar­di­nal Peter Erdö in sei­ner Funk­ti­on als Gene­ral­re­la­tor der Syn­ode vor 200 Jour­na­li­sten aus aller Welt in Rom den Zwi­schen­be­richt der Syn­ode, die Rela­tio post dis­cep­t­atio­nem vor­stellt. Unter dem Zwi­schen­be­richt steht offi­zi­ell der Name von Erdö gedruckt, doch schnell wird klar, daß der unga­ri­sche Kar­di­nal den Inhalt nicht ein­mal kann­te. Er gibt das Wort gleich an Son­der­se­kre­tär For­te wei­ter mit den Wor­ten: „Der, der den Text redi­giert hat, der muß wis­sen, was zu sagen ist.“ Erdö war sicht­lich um gute Mie­ne zum bösen Spiel bemüht, was ihm nicht leicht zu fal­len schien. Auf die Fra­ge, ob die Pas­sa­gen im Bericht über die Homo­se­xua­li­tät als radi­ka­le Ände­rung der kirch­li­chen Leh­re zu betrach­ten sei, ant­wor­te­te er mit einem „Mit Sicher­heit!“ und signa­li­sier­te damit erneut eine Distan­zie­rung vom Text. Kar­di­nal Erdö soll­te nach der Pres­se­kon­fe­renz gro­ßen Unmut äußern, daß der Zwi­schen­be­richt sich ein­sei­tig von dem unter­schei­det, was in der Syn­ode bespro­chen wur­de. Der Ungar fühlt sich hin­ter­gan­gen und sieht sei­nen Namen mißbraucht.

Der Zwi­schen­be­richt spie­gelt nicht den Quer­schnitt der Wort­mel­dun­gen der Syn­oden­vä­ter wider, son­dern ledig­lich die Stel­lung­nah­men von zwei Syn­oda­len von 191. Einer davon ist der Jesu­it Anto­nio Spa­da­ro, Schrift­lei­ter der Civil­tà  Cat­to­li­ca, den Papst Fran­zis­kus, wie auch Kar­di­nal Kas­per, per­sön­lich zum Syn­oda­len ernannt hat. Wie Kar­di­nal Kas­per das Sprach­rohr von Papst Fran­zis­kus in der Fra­ge der wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen und der Zweit­ehe ist, so darf ange­nom­men wer­den, daß Pater Spa­da­ro das Sprach­rohr des Pap­stes in der Fra­ge der Homo­se­xu­el­len ist.

14. Okto­ber 2014
Am Diens­tag, den 14. Okto­ber griff der süd­afri­ka­ni­sche Kar­di­nal Wil­fried Napier auf einer Pres­se­kon­fe­renz mit bei­ßen­der Kri­tik Erz­bi­schof For­te an wegen des­sen „eigen­mäch­ti­ger“ Ein­fü­gung der Pas­sa­gen über die Homo­se­xua­li­tät in die Rela­tio. Dadurch sei die Kir­che in eine „irre­de­ema­ble“ Posi­ti­on manö­vriert wor­den. Nun kön­ne man nur mehr ver­su­chen, „den Scha­den zu begrenzen“.

Kar­di­nal Ray­mond Bur­ke übte eben­falls schar­fe Kri­tik am Zwi­schen­be­richt. In einem Inter­view mit Il Foglio sag­te er zum Ver­such die katho­li­sche Leh­re zu änder: „Das ist Verrat!“

Wäh­rend­des­sen wird die Syn­ode, auf­ge­teilt auf zehn nach Spra­chen getrenn­te Arbeits­krei­se, fort­ge­setzt und dort der Zwi­schen­be­richt regel­recht in der Luft zer­ris­sen, ange­fan­gen bei der Spra­che der Rela­ti­on „touf­fu, fil­an­d­reux, exce­s­si­ve­ment ver­beux et donc ennuyeux“, wie der Spre­cher der fran­zö­sisch­spra­chi­gen Grup­pe Gal­li­cus B es for­mu­lie­ren wird. Und das obwohl der Grup­pe mit den Kar­di­nä­len Chri­stoph Schön­born von Wien und God­fried Dan­neels, Eme­ri­tus von Brüs­sel, auch zwei erklär­te Ver­fech­ter des Para­dig­men­wech­sels angehören.

15. Okto­ber 2014
Kar­di­nal Kas­per ist bekannt dafür, auf Kri­tik emp­find­lich zu reagie­ren. Am 15. Okto­ber ver­liert er bei einem Inter­view mit der Nach­rich­ten­agen­tur Zenit wegen der Kri­tik von Kar­di­nal Napier die Con­ten­an­ce und wird mit ras­si­sti­schem Zun­gen­schlag aus­fäl­lig gegen Afri­ka­ner. Als ein Auf­schrei folgt, leug­net Kas­per zunächst, die Aus­sa­ge getä­tigt zu haben, wird aber durch einen Ton­band­mit­schnitt der Lüge über­führt. Das Anse­hen des Wort­füh­rers der pro­gres­si­ven Par­tei ist dadurch schwer ange­schla­gen, wenn nicht gänz­lich des­avou­iert. Ein schwe­rer Rück­schlag in der stra­te­gi­schen Pla­nung, dem gleich ein wei­te­rer folgt.

16. Okto­ber 2014
Am Don­ners­tag, den 16. Okto­ber wur­de wie­der die Arbeit in der Voll­ver­samm­lung auf­ge­nom­men. Gene­ral­se­kre­tär Bal­dis­se­ri, an des­sen Sei­te der Papst sitzt, gibt bekannt, daß die Berich­te der Arbeits­grup­pen nicht ver­öf­fent­licht wer­den. Nun explo­diert der Saal. Der Austra­li­er Kar­di­nal Geor­ge Pell, Prä­fekt des Wirt­schafts­se­kre­ta­ri­ats ergreift als erster das Wort. Mit einer ent­schlos­se­nen Erklä­rung for­dert er die Ver­öf­fent­li­chung der Berich­te. Das Eis ist gebro­chen. Der Rei­he nach mel­den sich wei­te­re Syn­oda­len zu Wort und for­dern die Ver­öf­fent­li­chung. Die Stim­mung ist so auf­ge­heizt, daß sich schließ­lich auch Kar­di­nal­staat­s­e­kre­tär Pie­tro Paro­lin anschließt. Bal­dis­se­ri sicht­lich irri­tiert, weiß in der uner­war­te­ten Situa­ti­on nicht wei­ter und sucht mit sei­nen Blicken Regie­an­wei­sun­gen des Pap­stes. Der schweigt lan­ge. Sei­ne Mie­ne wird mit zuneh­men­dem Pro­test ern­ster. Schließ­lich erteilt er mit einem leich­ten Nicken die Zustim­mung. Bal­dis­se­ri gibt bekannt, daß die Berich­te doch ver­öf­fent­licht werden.

Am sel­ben Tag sieht sich Papst Fran­zis­kus gezwun­gen, Kar­di­nal Napier, offen­sicht­lich als Akt der Wie­der­gut­ma­chung für Kar­di­nal Kas­pers ras­si­sti­sche Ent­glei­sung, und den neu­en Erz­bi­schof von Syd­ney Denis Hart in das Redak­ti­ons­team für den Schluß­be­richt aufzunehmen.

Anmerkung

Was auch immer im Schluß­be­richt ste­hen mag, wird ohne akti­ves und sicht­ba­res Bekennt­nis nicht auf­wie­gen kön­nen, was die Ver­än­de­rer um Papst Fran­zis­kus bereits erreicht haben. Zu Zweit­ehe und Homo­se­xua­li­tät ist es Papst Fran­zis­kus inner­halb weni­ger Mona­te gelun­gen, Ansich­ten in die inter­na­tio­na­len Kanä­le der Mei­nungs­ma­cher ein­zu­spei­sen, die in offe­nem Wider­spruch zur Leh­re der Kir­che ste­hen. Die­se Posi­ti­on blieb auf der Syn­ode ein­deu­tig in der Min­der­heit, doch die gro­ßen Medi­en haben ihr den ent­schei­den­den Platz ein­ge­räumt. Aus die­sem Zusam­men­spiel und der dar­aus ent­ste­hen­den Wech­sel­wir­kung zwi­schen Kir­chen­ver­tre­tern und Mas­sen­me­di­en soll der nöti­ge Druck erwach­sen, den Para­dig­men­wech­sel und damit einen revo­lu­tio­nä­ren Wan­del zu voll­zie­hen. Eine Ope­ra­ti­on nicht ohne Aus­sicht auf Erfolg, denn mit dem Papst haben die Ver­än­de­rer die ent­schei­den­de Schlüs­sel­po­si­ti­on in ihrer Hand. Mehr noch: der Papst scheint der eigent­li­che Regis­seur der Ope­ra­ti­on zu sein.

Vor­erst folgt eine Pau­se von einem Jahr und dann der zwei­te, ent­schei­den­de­re Teil der Dop­pel­syn­ode. Die Regis­seu­re des Para­dig­men­wech­sels wer­den sich bes­ser vor­zu­be­rei­ten ver­su­chen. Die Ver­tei­di­ger der kirch­li­chen Leh­re wer­den auch dazulernen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati­can Insider

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