Der vorauseilende Gehorsam des Opus Dei – Kritik an Kasper ist Kritik am Papst?


Bischofssynode 2014: Wer Kasper kritisiert, kritisiert den Papst?
Bischofs­syn­ode 2014: Wer Kas­per kri­ti­siert, kri­ti­siert den Papst?

(Asuncion/​Rom) Am 25. Sep­tem­ber 2014 wur­de Bischof Roge­rio Ricar­do Livi­e­res Pla­no von Ciu­dad del Este, eine her­aus­ra­gen­de Aus­nah­me­ge­stalt unter den Bischö­fen Para­gu­ays, von Papst Fran­zis­kus abge­setzt. Grund dafür war die „Gefähr­dung“ der Ein­heit unter den Bischö­fen, weil Bischof Livi­e­res sich nicht still­schwei­gend dem pro­gres­si­ven Kurs der Mehr­heit unter­ord­ne­te. Obwohl der Bischof von Ciu­dad del Este in dür­rer Zeit gera­de­zu gran­dio­se Meri­ten vor­zu­wei­sen hat­te, zöger­te Papst Fran­zis­kus nicht, sei­nen argen­ti­ni­schen Lands­mann für das „Ide­al“ bischöf­li­cher Ein­heit abzu­set­zen. Die Bischö­fe der Kir­chen­pro­vinz Asun­ci­on zoll­ten laut­star­ken Beifall.

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Nun distan­zier­te sich auch die Per­so­nal­prä­la­tur des Opus Dei, dem Bischof Livi­e­res ange­hört. Grund ist eine Stel­lung­nah­me zur Bischofs­syn­ode, die der Bischof auf sei­nem Blog ver­öf­fent­lich­te. Ganz sei­ner Art ent­spre­chend, fin­det Bischof Livi­e­res dar­in kla­re Wor­te und nennt die Din­ge beim Namen.

Bischof Livi­e­res rich­te­te einen Appell an die Bischofs­syn­ode, die kirch­li­che Leh­re über die Fami­lie zu ver­tei­di­gen und rief die Gläu­bi­gen auf, dafür zu beten. Gleich­zei­tig griff er Kar­di­nal Kas­per an und bezich­tig­te die­sen und die Jesui­ten­zeit­schrift Civil­tà  Cat­to­li­ca Ver­wir­rung zu stif­ten: „Was bis­her als schwe­rer Unge­hor­sam gegen das Gesetz Got­tes ver­bo­ten war, soll nun im Namen der Barm­her­zig­keit geseg­net wer­den.“ Kar­di­nal Kas­per und des­sen Hel­fer „recht­fer­ti­gen das Nicht­zu­recht­fer­ti­gen­de mit Hil­fe sub­ti­ler Text­in­ter­pre­ta­tio­nen. Wer sich in der Fra­ge jedoch aus­kennt, weiß, daß es sich dabei nur um Spitz­fin­dig­kei­ten han­delt, die kei­nen Bestand haben vor dem Her­ren­wort: ‚Him­mel und Erde wer­den ver­ge­hen, aber mei­ne Wor­te wer­den nicht ver­ge­hen‘ (Mt 24,35).“

Die Wahrheit und das Volk Gottes gegen Spaltung und Verwirrung verteidigen

Es gehe dar­um, so der Bischof, die Wahr­heit und das Volk Got­tes gegen jene zu ver­tei­di­gen, die es zu spal­ten und zu ver­wir­ren ver­su­chen. „Zu seg­nen und zu akzep­tie­ren, was die gan­ze Welt will, ist weder Barm­her­zig­keit noch pasto­ra­le Lie­be“, so Bischof Livi­e­res. „Die Lage ist sehr ernst: Wir ste­hen vor der Gefahr eines gro­ßen Schis­mas“. Es gebe jene, die nach dem „Kon­sens“ stre­ben und mit Sta­ti­sti­ken zu mani­pu­lie­ren ver­su­chen. Die Kir­che defi­nie­re sich aber nicht aus den Mei­nun­gen der Men­schen und dem Wan­del der Zei­ten. Die Geschich­te habe dies­be­züg­lich bereits ein Lehr­stück bereit, näm­lich das Schis­ma der Kir­che von Eng­land und das Zeug­nis des Mar­ty­ri­ums der hei­li­gen John Fisher und Tho­mas Morus, das man sich in Erin­ne­rung rufen und genau anschau­en sollte.

„Kirchenvertreter, die reden wie die Welt es gerne hört, sind nicht von Gott“

Der Bischof schrieb wei­ter: „Laßt uns beten für den Papst, die Kar­di­nä­le und Bischö­fe, daß alle bereit sind, für die Ver­tei­di­gung und die För­de­rung der Fami­lie gegen die Stür­me der Täu­schung und des Göt­zen der sexu­el­len Frei­heit des Men­schen not­falls auch ihr Blut zu ver­gie­ßen. Laßt Euch nicht täu­schen und vom Glau­ben und der Moral­pra­xis abbrin­gen, die Jesus Chri­stus uns gelehrt hat. Wir wis­sen, daß die Welt unse­ren Herrn haßt. Der Die­ner kann nicht grö­ßer sein als sein Herr. Die Welt wird uns ver­fol­gen und dies betrü­ge­risch sogar im Namen Got­tes tun. Und den Kir­chen­ver­tre­tern, die reden, wie die Welt es ger­ne hört, denen wird applau­diert und sie wer­den geliebt, ‚weil sie von ihr sind‘ und nicht von Gott.“

Der Bischof gab damit eine poin­tier­te Stel­lung­nah­me zu einer in der Kir­che der­zeit dis­ku­tier­ten Fra­ge ab. Er kri­ti­sier­te den Papst mit kei­nem Wort, son­dern rief zum Gebet für ihn auf, kri­ti­sier­te aber die Ver­tre­ter einer bestimm­ten Rich­tung. Den­noch sah sich das Opus Dei genö­tigt, sich von Bischof Livi­e­res zu distan­zie­ren. Es hand­le sich um eine „per­sön­li­che“ Stel­lung­nah­me des Bischofs, die „er allein zu ver­ant­wor­ten“ habe.

Opus Dei geht auf Distanz als sei der Papst und nicht Kardinal Kasper kritisiert worden

Obwohl Bischof Livi­e­res Kar­di­nal Kas­per nament­lich kri­ti­sier­te und nicht den Papst, heißt es in der am 11. Okto­ber in Rom ver­öf­fent­lich­ten Pres­se­er­klä­rung des Opus Dei:

„Die Hal­tung der Prä­la­tur des Opus Dei war immer und wird immer die völ­li­ge Ein­heit mit dem Hei­li­gen Vater in der Gemein­schaft mit der gan­zen Kir­che sein“.

Han­delt es sich um vor­aus­ei­len­den Gehor­sam oder weiß die Per­so­nal­prä­la­tur mehr als öffent­lich bekannt ist? Sie scheint davon aus­zu­ge­hen, daß die Posi­ti­on von Kar­di­nal Kas­per auch jene von Papst Fran­zis­kus sei, wes­halb die Kri­tik am Kar­di­nal letzt­lich ein Angriff auf den Papst wäre. Vor allem stellt die Per­so­nal­prä­la­tur in Rech­nung, daß Bischof Livi­e­res bei Papst Fran­zis­kus nicht in hohem Anse­hen steht, was hin­ge­gen für Kar­di­nal Kas­per sehr wohl gilt. Die Per­so­nal­prä­la­tur scheint nach der Abset­zung von Bischof Livi­e­res einem poten­ti­el­len Ent­zug der päpst­li­chen Gunst für das Opus Dei vor­beu­gen zu wollen.

Bischof Livieres‘ Wirken in der Diözese Ciudad del Este

Eini­ge Anga­ben noch zum Wir­ken von Bischof Livi­e­res in sei­ner Diö­ze­se Ciu­dad del Este in Para­gu­ay, deren Lei­tung ihm 2004 über­tra­gen wor­den war. Ein Wir­ken, das sich kon­kret auf der Grund­la­ge der För­de­rung der eucha­ri­sti­schen Anbe­tung in der För­de­rung von Prie­ster- und Ordens­be­ru­fun­gen, dem Bibel­stu­di­um und der ver­stärk­ten Seel­sor­ge unter den Gläu­bi­gen aus­ge­drückt hat.

2004 gab es kei­nen Ort der ewi­gen Anbe­tung in der Diö­ze­se. 2014 gibt es acht Anbe­tungs­stät­ten und 5.836 Gläu­bi­ge, die dort regel­mä­ßig Anbe­tung halten.

2004 zähl­te die Diö­ze­se 14 Diö­ze­san­prie­ster, 2014 sind es 83.

Seit 2004 haben sich sechs neue Orden und drei Prie­ster­ge­mein­schaf­ten mit Zustim­mung des Bischofs in der Diö­ze­se nie­der­ge­las­sen oder wur­den dort gegrün­det. Die mei­sten von ihnen sind alt­ri­tu­ell oder birituell.

Gab es 2004 kei­ne Ordens­leu­te, beträgt deren Zahl inzwi­schen 124.

2004 fan­den 9.543 Tau­fen statt, 2013 waren es 21.556.
Fan­den 2004 1.257 kirch­li­che Ehe­schlie­ßun­gen statt, waren es 2013 6.277.
Gab es 2004 nur ver­ein­zelt Bibel­krei­se, besu­chen 2014 mehr als 1.000 Gläu­bi­ge die Kur­se des neu­ge­grün­de­ten Bibel­in­sti­tu­tes, die an 20 Orten der Diö­ze­se gehal­ten wer­den, um in der Hei­li­gen Schrift unter­wie­sen zu werden.

Priesterseminar ist nicht gleich Priesterseminar

Die Seminaristen des Seminars von Ciudad del Este wenige Tage nach Bekanntgabe der Bischofsabsetzung
Die Semi­na­ri­sten des Semi­nars von Ciu­dad del Este weni­ge Tage nach Bekannt­ga­be der Bischofs­ab­set­zung. Die Zukunft des Semi­nars ist unsicher.

Wäh­rend des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils habe man in Para­gu­ay die „Not­wen­dig­keit ver­spürt“, die Prie­ster­aus­bil­dung für die Prie­ster „von mor­gen“ neu zu ord­nen und grün­de­te mit dem Semi­na­rio Mayor Nacio­nal de la Asun­ción ein ein­heit­li­ches inter­diö­ze­sa­nes Prie­ster­se­mi­nar für das gan­ze Land, das der Bischofs­kon­fe­renz unter­steht, wie es auf der Inter­net­sei­te des „Natio­na­len Prie­ster­se­mi­nars“ heißt. Das neue Semi­nar nahm im Herbst 1969 sei­nen Betrieb auf.

Wegen der pro­gres­si­ven und befrei­ungs­theo­lo­gi­schen Aus­rich­tung des ein­heit­li­chen Prie­ster­se­mi­nars grün­de­te Bischof Livi­e­res mit dem Semi­na­rio Mayor San Jose in sei­ner Diö­ze­se ein eige­nes Prie­ster­se­mi­nar. Ein „Son­der­weg“, der ihm von den ande­ren Bischö­fen übel­ge­nom­men wur­de. Erst recht, als sein Prie­ster­se­mi­nar mit einer „tra­di­tio­nel­len“ Prie­ster­aus­bil­dung attrak­ti­ver wur­de, und mehr Beru­fun­gen anzog, als das pro­gres­si­ve Einheitsseminar.

Die Diö­ze­se Ciu­dad del Este zählt nur zehn Pro­zent aller Katho­li­ken Para­gu­ays. Den­noch stu­die­ren im von Bischof Livi­e­res gegrün­de­ten Prie­ster­se­mi­nar 223 Semi­na­ri­sten, im inder­diö­ze­sa­nen Ein­heits­se­mi­nar nur 76 Semi­na­ri­sten. Das Ein­heits­se­mi­nar wur­de am 15. Novem­ber 2013 von Kar­di­nal Clau­dio Hum­mes besucht, der sich „sehr zufrie­den“ dar­über zeigte.

Ent­ge­gen ver­leum­de­ri­scher Behaup­tun­gen, man wer­de eben „jeden genom­men haben“, wur­den im Durch­schnitt 60 Pro­zent aller Anfra­gen abge­lehnt. Die Zahl der Neu­ein­trit­te im Herbst 2013 erreich­te mit 60 Kan­di­da­ten ihren Höhe­punkt und damit fast die Zahl des gesam­ten Ein­heits­se­mi­nars zusam­men. Grund genug für die sol­cher­ma­ßen deklas­sier­ten übri­gen Bischö­fe des Lan­des, ener­gisch auf die Hand­brem­se zu treten.

Mit der Ein­set­zung eines der pro­gres­siv­sten Bischö­fe als Apo­sto­li­schen Admin­stra­tor von Ciu­dad del Este wird mit einer „Nor­ma­li­sie­rung“ der Prie­ster­aus­bil­dung gerech­net und schritt­wei­se mit der Auf­lö­sung und Wie­der­ein­glie­de­rung in das Ein­heits­se­mi­nar von Asuncion.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Wikicommons

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