
(Menzingen) Weihbischof Bernard Fellay, Generaloberer der Priesterbruderschaft St. Pius X. (FSSPX) hat sich heute gegenüber dem Pressedienst der Bruderschaft zu seinem Treffen am 23. September 2014 mit dem Präfekten der Kongregation für die Glaubenslehre, Gerhard Ludwig Kardinal Müller, geäußert. In gewisser Hinsicht gebe es nichts Neues zu vermelden, „die lehrmäßigen Differenzen“ bestünden weiter, so Fellay. Diese seien bereits im Rahmen der formellen Gespräche zwischen Theologen der FSSPX und einer Delegation der Glaubenskongregation in den Jahren 2009 bis 2011 hervorgetreten, was zur Ablehnung der Unterzeichnung der doktrinellen Präambel auf Seiten der Bruderschaft geführt habe.
Gleichzeitig habe sich die Situation aber auch geändert. So gebe es einen neuen Papst und einen neuen Präfekten der Glaubenskongregation. Das Zustandekommen des Gesprächs vor anderthalb Wochen mache deutlich, „dass weder sie noch wir einen Abbruch der Beziehungen wünschen“. Auch beharrten beide Seiten „auf der Tatsache, dass die doktrinellen Fragen vor einer kanonischen Anerkennung gelöst werden müssen“. Wegen der Zweideutigkeiten in der doktrinellen Präambel sei es der FSSPX indes nicht möglich, eine Unterschrift zu leisten.
Fellay wies zudem auf die „Verschärfung der Kirchenkrise“ hin, die durch Walter Kardinal Kasper angestoßen wurde. Zu der von einer Reihe von Kardinälen geäußerten Kritik an Kasper sagte Fellay: „Seit der Kritik der beiden Kardinäle Ottaviani und Bacci in der Kurzen Kritischen Untersuchung des Neuen Ordo Missঠim Jahre 1969 hat Rom noch nie dergleichen gesehen. Aber was sich nicht geändert hat, ist, dass die römischen Autoritäten unseren Kritiken am Konzil keine Rechnung tragen, denn sie scheinen ihnen zweitrangig oder sogar illusorisch zu sein in Anbetracht der akuten Probleme, die sich heute in der Kirche stellen. Diese Autoritäten anerkennen die Krise, welche die Kirche bis in die höchste Ebene erschüttert – sogar unter den Kardinälen. Aber sie sehen nicht ein, dass das Konzil selbst die Hauptursache dieser Krise ohnegleichen sein könnte.“
Kardinal Kasper habe in seiner Ansprache anlässlich des Konsistorium im vergangenen Februar vorgeschlagen, „das wieder zu tun, was schon auf dem Konzil getan wurde, nämlich die katholische Lehre zu bekräftigen, aber gleichzeitig eine Öffnung in der Seelsorge anzubieten.“ Diese Idee werde durch den Kardinal weiter verbreitet, etwa in Interviews: „Er erinnert daran, dass die Lehre sich in der Theorie nicht ändern könne, aber gleichzeitig führt er die Idee ein, dass es in der konkreten Wirklichkeit Situationen gäbe, wo die Lehre nicht angewendet werden könne.“ Für die FSSPX sei nicht Kasper die Ursache dieses Übels: „Wir werfen unsererseits dem Konzil diese künstliche Unterscheidung zwischen Lehre und Seelsorge vor, weil die Seelsorge notwendigerweise aus der Lehre fließen muss. Aufgrund vielfältiger Öffnungen im seelsorgerlichen Bereich wurden wesentliche Änderungen in der Kirche eingeführt und ihre Lehre davon in Mitleidenschaft gezogen. Dies spielte sich während und nach dem Konzil ab, und wir prangern dieselbe Strategie an, die man heute gegen die Ehemoral anwendet.“ Nichtsdestotrotz habe es in den Konzilstexten auch „gravierende Änderungen“ hinsichtlich der Lehre gegeben, etwa in Sachen Religionsfreiheit, Ökumenismus und Kollegialität.
Auf die Frage, wozu neuerliche Gespräche gut seien, wo doch der Dialog von 2009 bis 2011 nichts gebracht habe, erwiderte Fellay, dass man dem Beispiel des Gründers der Bruderschaft, Erzbischof Marcel Lefebvre, folgen wolle, „der es nie abgelehnt hat, den Einladungen der römischen Behörden Folge zu leisten. Wir antworten stets jenen, die uns über die Gründe unserer Treue zur Tradition befragen. Wir können uns dieser Verpflichtung nicht entziehen, und wir tun es im Geist und mit den Verpflichtungen, die durch das letzte Generalkapitel definiert worden sind.“ Die Tradition sei die Antwort auf die gegenwärtige Krise, so der Generalobere.
Text: M. Benedikt Buerger
Bild: Forum-Lefebvristes.fr