Kirche lehrt Barmherzigkeit und lebt sie auch


GeneralaudienzLie­be Brü­der und Schwestern,
guten Tag!

Anzei­ge

In unse­rer Kate­che­se­rei­he über die Kir­che ver­wei­len wir der­zeit bei der Betrach­tung über die Kir­che als Mut­ter. Beim letz­ten Mal haben wir her­vor­ge­ho­ben, dass die Kir­che uns wach­sen lässt, uns durch das Licht und die Kraft des Wor­tes Got­tes den Weg des Heils auf­zeigt und uns vor dem Bösen schützt. Heu­te möch­te ich einen beson­de­ren Aspekt die­ser Erzie­hungs­tä­tig­keit unse­rer Mut­ter Kir­che her­vor­he­ben: Sie lehrt uns die Wer­ke der Barmherzigkeit.

Ein guter Erzie­her zielt auf das Wesent­li­che. Er ver­liert sich nicht in Ein­zel­hei­ten, son­dern will das wei­ter­ge­ben, was wirk­lich zählt, damit sein Kind oder sein Schü­ler den Sinn und die Freu­de des Lebens fin­det. Das ist die Wahr­heit. Und dem Evan­ge­li­um zufol­ge ist das Wesent­li­che die Barm­her­zig­keit. Das Wesent­li­che des Evan­ge­li­ums ist die Barm­her­zig­keit. Gott hat sei­nen Sohn gesandt, Gott ist Mensch gewor­den, um uns zu ret­ten, also um uns sei­ne Barm­her­zig­keit zu schen­ken. Das sagt Jesus ganz deut­lich, wenn er sei­ne Leh­re für die Jün­ger zusam­men­fasst: „Seid barm­her­zig, wie es auch euer Vater ist“ (Lk 6,36). Kann es einen Chri­sten geben, der nicht barm­her­zig ist? Nein. Der Christ muss unbe­dingt barm­her­zig sein, denn das ist das Herz des Evan­ge­li­ums. Und die­ser Leh­re getreu muss die Kir­che ihren Kin­dern immer wie­der sagen: „Seid barm­her­zig“, wie der Vater es ist, wie Jesus es war. Barmherzigkeit.

Die Kir­che ver­hält sich dann wie Jesus. Sie gibt kei­ne theo­re­ti­sche Unter­wei­sung über die Lie­be, über die Barm­her­zig­keit. Sie ver­brei­tet in der Welt kei­ne Phi­lo­so­phie, kei­nen Weg der Weis­heit… Gewiss, das Chri­sten­tum ist auch all das, aber als Fol­ge, als Rück­wir­kung. Die Mut­ter Kir­che lehrt uns wie Jesus durch das Bei­spiel, und die Wor­te die­nen dazu, die Bedeu­tung ihrer Gesten zu erhel­len. Die Mut­ter Kir­che lehrt uns, den Hun­gern­den und Dür­sten­den zu essen und zu trin­ken zu geben, die Nack­ten zu beklei­den. Und wie tut sie es? Sie tut es durch das Bei­spiel vie­ler hei­li­ger Män­ner und Frau­en, die es auf vor­bild­li­che Wei­se getan haben; aber sie tut es auch durch das Bei­spiel sehr vie­ler Väter und Müt­ter, die ihre Kin­der leh­ren, dass das, was wir übrig haben, für jene bestimmt ist, denen das Not­wen­dig­ste fehlt. Es ist wich­tig, das zu wis­sen. In den ein­fa­chen christ­li­chen Fami­li­en war die Regel der Gast­freund­schaft stets hei­lig: Es fehlt nie ein Tel­ler oder ein Bett für den, der es braucht.

Ein­mal erzähl­te mir eine Mut­ter – in der ande­ren Diö­ze­se –, dass sie ihre Kin­der dies leh­ren woll­te und sie auf­for­der­te, zu hel­fen und den Hun­gern­den zu essen zu geben. Sie hat­te drei Kin­der. Und eines Tages beim Mit­tag­essen – der Vater war drau­ßen bei der Arbeit, sie war allein mit ihren drei klei­nen Kin­dern von etwa sie­ben, fünf und vier Jah­ren – klopf­te es an der Tür: Dort stand ein Herr, der um etwas zu essen bat. Und die Mut­ter sag­te zu ihm: „War­te einen Augen­blick.“ Sie ging wie­der hin­ein und sag­te zu den Kin­dern: „Da ist ein Herr, der um etwas zu essen bit­tet. Was sol­len wir tun?“ „Geben wir ihm etwas, Mama, geben wir ihm etwas!“ Jeder hat­te auf dem Tel­ler ein Steak mit Pom­mes fri­tes. „Sehr gut“, sagt die Mut­ter, „wir neh­men die Hälf­te von einem jeden von euch und geben ihm die Hälf­te von euren Steaks.“ „Ach nein, Mama, so nicht, das ist nicht gut!“ „Doch, so ist es, du musst von dem geben, was deins ist.“ So hat die­se Mut­ter ihre Kin­der gelehrt, von ihrem eige­nen Essen etwas abzu­ge­ben. Das ist ein schö­nes Bei­spiel, das mir sehr gehol­fen hat. „Aber ich habe nichts übrig…“ „Gib von dem, was dir gehört!“ So lehrt uns die Mut­ter Kir­che. Und ihr, die vie­len Müt­ter, die ihr hier seid, wisst, was ihr tun müsst, um eure Kin­der zu leh­ren, ihre Sachen mit den Bedürf­ti­gen zu teilen.

Die Mut­ter Kir­che lehrt, den Kran­ken bei­zu­ste­hen. Wie vie­le hei­li­ge Män­ner und Frau­en haben Jesus auf die­se Wei­se gedient! Und wie vie­le ein­fa­che Män­ner und Frau­en prak­ti­zie­ren die­ses Werk der Barm­her­zig­keit jeden Tag, indem sie in einem Kran­ken­haus oder in einem Alten­heim oder im eige­nen Haus einen kran­ken Men­schen pflegen.

Die Mut­ter Kir­che lehrt, denen bei­zu­ste­hen, die im Gefäng­nis sind. „Aber Pater, nein, das ist gefähr­lich, das sind böse Leu­te.“ Aber jeder von uns ist fähig… Hört gut zu, was ich sage: Jeder von uns ist fähig, das­sel­be zu tun, was jener Mann oder jene Frau getan hat, jener Mensch, der im Gefäng­nis sitzt. Wir alle sind fähig zu sün­di­gen und das­sel­be zu tun, im Leben Feh­ler zu machen. Jener Mensch ist nicht böser als du und ich! Die Barm­her­zig­keit über­win­det jede Mau­er, jede Bar­rie­re, und sie bringt dich dazu, stets das Ant­litz des Men­schen, der Per­son zu suchen. Und die Barm­her­zig­keit ver­wan­delt das Herz und das Leben. Sie kann eine Per­son erneu­ern und ihr erlau­ben, sich neu in die Gesell­schaft einzugliedern.

Die Mut­ter Kir­che lehrt, jenen bei­zu­ste­hen, die ver­las­sen sind und allei­ne ster­ben. Das hat die seli­ge Tere­sa auf den Stra­ßen von Kal­kut­ta getan; das haben gestern und heu­te vie­le Chri­sten getan, die kei­ne Angst haben, die Hand derer zu hal­ten, die dabei sind, die­se Welt zu ver­las­sen. Und auch hier schenkt die Barm­her­zig­keit dem, der geht, und dem, der bleibt, Frie­den, da sie uns spü­ren lässt, dass Gott grö­ßer ist als der Tod und dass, wenn wir in ihm blei­ben, auch der letz­te Abschied ein „Auf Wie­der­se­hen“ ist… Die seli­ge Tere­sa hat­te das sehr gut ver­stan­den! Man sag­te zu ihr: „Mut­ter, das ist Zeit­ver­schwen­dung!“ Sie fand ster­ben­de Men­schen auf der Stra­ße, Men­schen, deren Leib bereits von den Rat­ten der Stra­ße ange­fres­sen wur­de, und nahm sie mit nach Hau­se, damit sie sau­ber, ruhig, mit Lieb­ko­sun­gen in Frie­den ster­ben konn­ten. Sie sag­te all die­sen Men­schen: „Auf Wie­der­se­hen“… Und vie­le Män­ner und Frau­en wie sie haben das getan. Und sie erwar­ten sie dort, dort [er zeigt zum Him­mel], an der Pfor­te, um ihnen die Pfor­te zum Him­mel zu öff­nen. Men­schen hel­fen, gut und in Frie­den zu sterben.

Lie­be Brü­der und Schwe­stern, so ist die Kir­che eine Mut­ter, die ihre Kin­der die Wer­ke der Barm­her­zig­keit lehrt. Sie hat von Jesus die­sen Weg gelernt, sie hat gelernt, dass dies das Wesent­li­che für das Heil ist. Es genügt nicht, die zu lie­ben, die uns lie­ben. Jesus sagt, dass dies die Hei­den tun. Es genügt nicht, denen Gutes zu tun, die uns Gutes tun. Um die Welt zum Bes­se­ren zu wan­deln, muss man denen Gutes tun, die nicht in der Lage sind, uns etwas zurück­zu­ge­ben, wie der Vater es mit uns getan hat, indem er uns Jesus geschenkt hat. Wie­viel haben wir für unse­re Erlö­sung bezahlt? Nichts, alles unentgeltlich!

Gutes tun, ohne etwas dafür zu erwar­ten. So hat der Vater an uns gehan­delt, und wir müs­sen das­sel­be tun. Tu Gutes und geh vor­an! Wie schön ist es, in der Kir­che zu leben, in unse­rer Mut­ter Kir­che, die uns die­se Din­ge lehrt, die Jesus uns gelehrt hat. Dan­ken wir dem Herrn, der uns die Gna­de schenkt, die Kir­che als Mut­ter zu haben: Sie lehrt uns den Weg der Barm­her­zig­keit, der der Weg des Lebens ist. Dan­ken wir dem Herrn.

* * *

Einen herz­li­chen Gruß rich­te ich an alle Pil­ger deut­scher Spra­che. Lie­be Freun­de, dan­ken wir dem Herrn für die Gna­de, die Kir­che als Mut­ter zu haben. Sie lehrt uns den Weg der Barm­her­zig­keit und den Weg des Lebens. Gott seg­ne euch alle.

* * *

Trost­wor­te an die ver­folg­ten ara­bi­schen Christen:
Der Herr belohnt euren Glau­ben, er schenkt euch Mut im Kampf gegen die Kräf­te des Bösen.

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!