Ja „in pectore“ von Papst Franziskus zu wiederverheiratet Geschiedenen?


Paul-Anthony McGavin: Papst Franziskus will wiederverheiratet Geschiedene zur Kommunion zulassen
Paul-Antho­ny McGa­vin: Papst Fran­zis­kus will wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­ne zur Kom­mu­ni­on zulassen

(Rom) Soviel ist bekannt: Papst Fran­zis­kus war es, der den Anstoß zur Dis­kus­si­on gab, wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen zur Kom­mu­ni­on zuzu­las­sen. Seit­her sagt er nicht, ob er für oder gegen die­se Zulas­sung ist. Da von ihm der erste Schritt aus­ging und auf­grund wei­te­rer Gesten, scheint das katho­li­sche Kir­chen­ober­haupt erste­rer Posi­ti­on näher zu ste­hen. Ein austra­li­scher Theo­lo­ge jeden­falls ist über­zeugt davon und erklärt war­um, wie der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster berichtet.

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Der aktu­ell jüng­ste Vor­stoß für einen radi­ka­len Wech­sel in Pra­xis und Leh­re der Kir­che beim Ehe­sa­kra­ment kam von Johan Jozef Bon­ny, dem Bischof im bel­gi­schen Ant­wer­pen. Er tat es Anfang Sep­tem­ber mit der Ver­öf­fent­li­chung eines 30 Sei­ten lan­gen Memo­ran­dums in meh­re­ren Spra­chen, das er auch Papst Fran­zis­kus zuschickte.

Progressive fühlen sich durch Papst Franziskus sicher

Die Kar­di­nä­le, Bischö­fe und Theo­lo­gen, die einen Wan­del und damit die eucha­ri­sti­sche Kom­mu­ni­on für wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­ne for­dern, füh­len sich des­halb so sicher und geben sich selbst­be­wußt, weil sie davon aus­ge­hen, in Jor­ge Mario Berg­o­glio Unter­stüt­zung zu fin­den. Die Zulas­sung der wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen zur Kom­mu­ni­on ist das fak­ti­sche Haupt­the­ma der in erster Ses­si­on für den kom­men­den Okto­ber nach Rom beru­fe­nen Bischofs­syn­ode. In die­ser Bischofs­syn­ode sehen die „Wende“-Vertreter ihre Chan­ce. Eine Chan­ce, die ihnen vom Papst selbst, so ihre Ein­schät­zung, auf dem Sil­ber­ta­blett prä­sen­tiert werde.

Papst Fran­zis­kus sag­te bis­her nie aus­drück­lich, wel­chen Stand­punkt er im Dis­put zwi­schen Ver­fech­tern und Geg­nern der „Wen­de“ ein­nimmt, zu der er die Tore öffnete.

Als er die Enzy­kli­ka Hum­a­nae vitae von Papst Paul VI. ver­tei­dig­te, ent­täusch­te er die Pro­gres­si­ven, die gera­de in jener Enzy­kli­ka schlecht­hin das Sym­bol für die ihrer Ansicht nach desa­strö­se Abkop­pe­lung des kirch­li­chen Lehr­am­tes vom Zeit­geist sehen. Ein Zeit­geist,  der seit­her das Ver­hal­ten auch der Gläu­bi­gen kor­rum­pier­te, so die Ver­tei­di­ger katho­li­schen Ehe-Leh­re. Ein Zeit­geist, der die „neu­en Bedürf­nis­se“ der Men­schen sicht­bar gemacht habe, so die Geg­ner der katho­li­schen Ehe-Lehre.

Päpstliche Gesten als Signale der Parteinahme

Kardinal Kasper und Papst Franziskus einer Meinung in Sachen Aufweichung des Ehesakraments?
Kar­di­nal Kas­per und Papst Fran­zis­kus einer Mei­nung in Sachen Auf­wei­chung des Ehesakraments?

Die umge­kehr­ten Signa­le von Papst Fran­zis­kus häu­fen sich jedoch. Signa­le, die nicht unbe­dacht aus­ge­sandt wer­den, wie Beob­ach­ter bei­der Sei­ten sich einig sind. Als Erz­bi­schof von Bue­nos Aires „ermu­tig­te“ Berg­o­glio sei­ne Prie­ster auf, die Kom­mu­ni­on auch denen zu spen­den, die nur unver­hei­ra­tet zusam­men­le­ben und eben­so den wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen. Ein schrift­li­ches Doku­ment dar­über gibt es nicht.

Als Papst rief er eine Argen­ti­nie­rin an, die mit einem wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen nur stan­des­amt­lich ver­hei­ra­tet ist. Ihr riet er, die Kom­mu­ni­on ein­fach „in einer ande­ren Pfar­rei zu holen, wenn Ihr Pfar­rer sie Ihnen nicht geben soll­te“. Soweit die nie demen­tier­te Wie­der­ga­be der ange­ru­fe­nen Frau.

Die Annah­me, der Papst ste­he den Pro­gres­si­ven ein­deu­tig näher, wur­de bestärkt durch den Applaus, den Fran­zis­kus mehr­fach Kar­di­nal Wal­ter Kas­per für des­sen Aus­füh­run­gen vor dem Kar­di­nals­kon­si­sto­ri­um zoll­te. Allein die Tat­sa­che, daß nur Kas­per der Auf­trag erteilt wur­de, vor den Kar­di­nä­len zu spre­chen, hät­te genügt, um die „Wen­de“ zu ver­deut­li­chen. Doch nicht genug: Dazu kam noch das über­schweng­li­che „Dan­ke, Dan­ke“ des Pap­stes nach Kas­pers Aus­füh­run­gen und erst recht die päpst­li­che Behaup­tung, Kas­pers The­sen sei­en Aus­druck einer „Theo­lo­gie auf den Knien“.

Kaspers Niederlage gegen Ratzinger. Folgt nun der Sieg?

Kar­di­nal Kas­pers Stand­punkt ist seit lan­gem bekannt. Bereits Anfang der 90er Jah­re, damals noch als Bischof von Rot­ten­burg-Stutt­gart, hat­te sich Wal­ter Kas­per zusam­men mit Bischof Karl Leh­mann von Mainz und Erz­bi­schof Oskar Sai­er von Frei­burg einen denk­wür­di­gen Kon­flikt mit dem dama­li­gen Prä­fek­ten der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger gelie­fert, und zwar genau wegen der Zulas­sung der wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen zur Kommunion.

Der Kon­flikt ende­te damals mit einem so kla­ren Sieg Ratz­in­gers, der vol­le Unter­stüt­zung von Papst Johan­nes Paul II. erhielt, daß Kas­per für zwei Jahr­zehn­te – ver­süßt durch eine Beför­de­rung nach Rom samt Kar­di­nals­wür­de – zur Sache schwieg. Als Papst Bene­dikt XVI. jedoch sei­nen Amts­ver­zicht bekannt­gab, an dem Kas­per nicht ganz unschul­dig scheint, und sich der Weg für die Wahl eines neu­en Pap­stes auf­tat, ent­fal­te­te der deut­sche Theo­lo­ge einen fre­ne­ti­schen Akti­vis­mus. Es sand­te War­nun­gen an Bene­dikt XVI. und die Ratz­in­ge­ria­ner aus und orga­ni­sier­te einen veri­ta­blen „Wahl­kampf“, des­sen Ergeb­nis die Wahl Jor­ge Mario Berg­o­gli­os war. Kei­ne gerin­ge Lei­stung für einen 80-Jäh­ri­gen, der die aller­letz­te Chan­ce erkann­te, doch noch eine wirk­lich ent­schei­den­de Rol­le zu spie­len. Der Rück­tritt Bene­dikts XVI. erfolg­te just so, daß Kas­per wegen gan­zer sechs Tage, noch am Kon­kla­ve teil­neh­men konn­te. Blo­ßer Zufall oder eine jener zahl­rei­chen Fra­gen, die mit dem Amts­ver­zicht des deut­schen Pap­stes zusammenhängen?

Und war es nicht Papst Fran­zis­kus, der beim ersten Ange­lus auf dem Peters­platz einen, nur einen ein­zi­gen Mann her­vor­hob? Ja, und zwar Wal­ter Kar­di­nal Kas­per. Seit Papst Fran­zis­kus die Kir­che lei­tet, hat Kas­per sein altes Pro­gramm wie­der aus­ge­gra­ben und steht wie vor 20 Jah­ren erneut an vor­der­ster Front. Aller­dings mit dem gewich­ti­gen Unter­schied, daß er dies­mal den Papst nicht mehr gegen sich, son­dern für sich hat.

Bischof von Antwerpen beruft sich auf Papst Franziskus

Johan Jozef Bon­ny war bis zu sei­ner Ernen­nung 2008 zum Bischof von Ant­wer­pen ein enger Mit­ar­bei­ter von Kar­di­nal Kas­per im Päpst­li­chen Rat zur För­de­rung der Ein­heit der Chri­sten. Der Bischof for­dert nun mit sei­nem Memo­ran­dum nicht nur die Ände­rung der Pra­xis, son­dern ganz offen auch der kirch­li­chen Leh­re. Er geizt dabei nicht damit, Papst Fran­zis­kus aus­führ­lich zu zitie­ren und sich auf ihn zu beru­fen. Alle von Bon­ny zitier­ten Papst-Aus­sa­gen wer­den von ihm zugun­sten eines radi­ka­len Wech­sels herangezogen.

Damit drängt sich die Fra­ge auf: Inwie­weit ist die Annah­me der Pro­gres­si­ven berech­tigt, sich in der Fra­ge der wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen auf Papst Fran­zis­kus zu beru­fen? Und wei­ter: Wenn es eine Über­ein­stim­mung der Posi­tio­nen gibt, ist die­se nur zufäl­lig oder substantiell?

Theologe McGavin: Papst Franziskus unduldsam gegen jedes „geschlossene System“

Auf die­se Fra­ge hat nun der austra­li­sche Theo­lo­ge Paul-Antho­ny McGa­vin mit dem Auf­satz Sein Auf­satz trägt den Titel: Zu ver­söh­nen­de Anoma­lien: Eine Her­me­neu­tik zu Schei­dung und Zweit-Ehe geant­wor­te. Der Prie­ster der Erz­diö­ze­se Can­ber­ra-Goulb­urn und Hoch­schul­seel­sor­ger an der Uni­ver­si­tät Can­ber­ra ver­faß­te bereits eine aus­führ­li­chen Auf­satz über alle Neue­run­gen, die im bis­her wich­tig­sten Doku­ment von Papst Fran­zis­kus, das Lehr­schrei­ben Evan­ge­lii gau­di­um ent­hal­ten sind.

McGa­vin gehört zu jenen, die eine Ände­rung der katho­li­schen Ehe­leh­re wün­schen. Er ver­hehlt daher nicht sei­ne Über­ein­stim­mung mit Kas­pers The­sen. McGa­vins Auf­satz bezieht sich jedoch nicht dar­auf. Er ver­sucht den Nach­weis zu erbrin­gen, das Neue und die Metho­dik von Papst Fran­zis­kus Kas­pers The­sen nahe­ste­hen. Den Grund dafür sieht er Jor­ge Mario Berg­o­gli­os Unduld­sam­keit gegen jede Form von „geschlos­se­nem System“, sowohl auf pasto­ra­ler als auch auf dok­tri­nel­ler Ebene.

McGa­vin ver­tritt zwar ein­gangs auch die The­se, daß es eine Affi­ni­tät zwi­schen der Metho­dik Bene­dikts XVI. und jener von Fran­zis­kus gebe. Er geht dar­in soweit, daß der Leser den Ein­druck gewin­nen könn­te, Fran­zis­kus wür­de ledig­lich umset­zen, was Bene­dikt XVI. bereits vor­ge­habt hät­te. Geht man über die­se eben­so eigen­wil­li­ge wie unzu­tref­fen­de Dar­stel­lung zugun­sten einer „Wech­sel­stim­mung“ hin­weg, dringt schnell durch, daß sich letzt­lich alle pro­gres­si­ven Erwar­tun­gen auf Papst Fran­zis­kus kon­zen­trie­ren. Am Ende der bei­den Ses­sio­nen der Bischofs­syn­ode, der außer­or­dent­li­chen 2014 und der außer­or­dent­li­chen 2015, wird er es sein, der über den wei­te­ren Weg in Sachen Ehe­sa­kra­ment und Kom­mu­ni­on für wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­ne entscheidet.

Laut McGa­vin wer­de es ein „Weg der Inno­va­ti­on“ sein, den Papst Fran­zis­kus bereits im Kopf habe: zumin­dest ein Weg der „pasto­ra­len Wen­de“, wie ihn Kas­per betont, wenn nicht sogar ein Weg der „dok­tri­nel­len Wen­de“, wie ihn Kas­pers Mit­strei­ter Bon­ny nun fordert.

Text: Set­ti­mo Cielo/​Giuseppe Nardi
Bild: Set­ti­mo Cieli/​Il Foglio/​Fanpage

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