(Rom) Der Präfekt der Glaubenskongregation, Gerhard Kardinal Müller, widersprach dem von gewissen Kreisen in den USA im Zusammenhang mit den rebellischen Ordensfrauen der LCWR verbreiteten Vorurteil, die Römische Kurie sei frauenfeindlich. „Wir sind nicht misogyn!“, sagte der Kardinal in einem Gespräch mit der Frauenbeilage des Osservatore Romano. Es gehe darum, den rebellischen Ordensfrauen „dabei zu helfen, ihre Identität wiederzufinden“. Kardinal Müller kündigte zudem an, daß auf Wunsch von Papst Franziskus, die Zahl der Frauen in der Internationalen Theologenkommission „von zwei auf fünf oder sechs“ steigen werde.
Seit Mai 2012 erscheint der Osservatore Romano in seiner italienischen Hauptausgabe mit der Monatsbeilage Frauen, Kirche, Welt. In der jüngsten Ausgabe vom 1. September erschien ein Gespräch mit Glaubenspräfekt Kardinal Müller. Der ehemalige Bischof von Regensburg kündigte darin an, daß der Anteil weiblicher Mitglieder der Internationalen Theologenkommission verdreifacht werde. Dies sei der Wunsch von Papst Franziskus, so der Kardinal im Gespräch mit der verantwortlichen Redakteurin der Frauenbeilage, der Historikerin Lucetta Scaraffia.
Die Internationale Theologenkommission gehört zu den “jungen“ Einrichtungen der Katholischen Kirche. Sie wurde 1969 von Papst Paul VI. errichtet als Ergebnis der ersten Bischofssynode, die im Herbst 1967 stattfand. Aufgabe der maximal 30köpfigen Commissio Theologica Internationalis (CTI) ist es, das kirchliche Lehramt, besonders die Glaubenskongregation „bei der Untersuchung von Lehrfragen, die von größerem Gewicht sind, zu unterstützen“. Den Vorsitz führt daher der Glaubenspräfekt, seit 2012 Kardinal Müller. Generalsekretär ist seit 2011 der französische Dominikaner Pater Serge-Thomas Bonino.
Frauenanteil in Theologenkommission auf „fünf oder sechs“ erhöhen
Die Mitglieder werden vom Papst auf fünf Jahre ernannt. Das 8. Quinquennium endete 2013. Die Neubesetzung durch Papst Franziskus ist noch nicht erfolgt. Der Amtszeit 2009–2013 gehörten zwei weibliche Mitglieder an. Es handelt sich um die deutsche Dogmatikerin und Professorin der Universität im schweizerischen Freiburg, Barbara Hallensleben. Und um die amerikanische Ordensschwester und Professorin an der University of Saint Mary of the Lake (Mundelein Seminary) von Chicago, Sr. Sara Butler. Schwester Butler gehört den Missionary Servants of the Most Blessed Trinity (MSBT), einem amerikanischen Frauenorden, der 1932 vom Heiligen Stuhl anerkannt wurde, dessen Ursprünge aber bereits auf das Jahr 1909 zurückgehen. Sie lehrt in Chicago Christologie, Sakramentenlehre, Christliche Antrhopologie und Mariologie.
Die Ernennung der Mitglieder des 9. Quinquenniums der Internationalen Theologenkommission durch Papst Franziskus stehe unmittelbar bevor, wie Scaraffia berichtet. Sie gibt Kardinal Müller in diesem Punkt nur indirekt wieder: „Er nimmt mir gegenüber vorweg, daß die neue Internationale Theologenkommission, die vom Papst demnächst ernannt wird, einen höheren Anteil von Frauen haben wird, als die scheidende: Mir scheint es, zu verstehen, daß sie von zwei auf fünf oder sechs zunehmen werden“.
Frauen in ihrer Eigenart akzeptieren, nicht als Nachahmung der Männer
Im Gesprächbetonte der Kardinal die Bedeutung der Frauen in der Kirche und daß sie in ihrer Eigenart in der Kirche anzuerkennen seien, nicht in der Nachahmung des männlichen Modells. Der Kardinal legte besonderen Wert darauf, zu unterstreichen, daß die Kirche „Mutter“ und nicht Institution sein müsse, denn eine Institution könne man nicht liebe, eine Mutter aber liebe man.
Der Glaubenspräfekt sprach mit Scaraffia auch über die amerikanischen Rebellenschwestern der Leadership Conference of Women Religious (LCWR). Er selbst habe erst vor kurzem „komplexe Verhandlungen“ geführt. Vor allem sei daran zu erinnern, daß es sich bei den rebellischen Ordensfrauen „nicht um alle amerikanischen Ordensfrauen“ handelt, sondern um eine Gruppe von Ordensfrauen in Nordamerika, die sich in der LCWR zusammengeschlossen hat. Die Glaubenskongregation habe „viele Briefe“ von anderen Schwestern erhalten, die denselben Orden angehören, „aber über die Ausrichtung“ der Rebellenschwestern enttäuscht und „sehr betrübt“ sind.
Identitätsverlust: Rebellenschwestern haben „keine Berufungen mehr“
Mit den rebellischen Ordensfrauen des LCWR herrschen seit Jahren „ernste doktrinelle Probleme“ im Bereich der katholischen Glaubenslehre, der Kirchenordnung, der Liturgie, der Morallehre, zu Lebensrecht, Homosexualität und Gender-Ideologie. Kardinal Müller einnerte in diesem Zusammenhang daran: „Zudem haben diese Orden keine Berufungen mehr. Sie laufen Gefahr, zu verschwinden. Wir haben uns vor allem bemüht, weniger konfliktgeladene Beziehungen aufzubauen und die Spannungen zu vermindern, auch dank Bischof Sartain“, der im Auftrag der Glaubenskongregation die Gespräche führt und „ein sehr sanfter Mann“ ist, so der Kardinal. Es gehe darum, den Rebellenschwestern klarzumachen, daß „wir nicht frauenfeindlich sind und nicht jeden Tag eine Frau verspeisen wollen! Wir haben ohne Zweifel an anderes Verständnis des Ordenslebens. Wir hoffen aber, ihnen dabei helfen zu können, ihre Identität wiederzufinden“, so Kardinal Müller.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Osservatore Romano