Tradition und Modernismus


Tradition-und-Modernismus-UEber-die-Unveraenderbarkeit-der-Tradition-gegen-die-moderne-Haeresie-des-Evolutionismus-De-immutabilitate-traditionis-contra-modernam-haeresim-Evolutionismi-1929-deutschSeit Jahr­zehn­ten hört man im katho­li­schen Main­stream nichts mehr über den Moder­nis­mus; folg­lich muß er über­wun­den sein, rich­tig? Falsch! Dies wird bereits auf den ersten Sei­ten des Buches „Tra­di­ti­on und Moder­nis­mus“ deut­lich, wel­ches vor gut einem Jahr­hun­dert von Lou­is Kar­di­nal Bil­lot SJ ver­faßt wur­de und kürz­lich auf Deutsch im „Car­thu­sia­nus Ver­lag“ erschie­nen ist. Denn eine der The­sen, die damals von moder­ni­sti­scher Sei­te vor­ge­bracht wur­den, hören wir – so oder so ähn­lich – auch heu­te noch: „Der Glau­be hat hier auf Erden kei­ne dau­er­haf­te Wohn­stät­te, selbst wenn er stets bemüht ist, sich vor­über­ge­hen­de Behau­sun­gen zu suchen. Ins­be­son­de­re wäre es ver­geb­lich, ihn in den mitt­ler­wei­le ver­al­te­ten For­men auf­recht­zu­er­hal­ten, die einer ande­ren Men­ta­li­tät ent­spre­chen und jetzt nichts mehr sein kön­nen als die ehr­wür­di­gen Zeug­nis­se einer ver­gan­ge­nen Zeit.“

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Das obi­ge Zitat stammt von Alfred Loi­sy, gegen den das Werk von Bil­lot, wel­ches ursprüng­lich den Titel „De immuta­bi­li­ta­te tra­di­tio­nis con­tra novam hà¦resim evo­lu­tio­nis­mi“ – auf Deutsch: „Über die Unver­än­der­bar­keit der Tra­di­ti­on gegen die neue Häre­sie des Evo­lu­tio­nis­mus“ – erschie­nen war, haupt­säch­lich gerich­tet ist. Ent­spre­chend fin­det sich im abschlie­ßen­den sech­sten Kapi­tel auf etwa 30 Sei­ten eine „Anhäu­fig von Irr­tü­mern“, die aus den Schrif­ten Loi­sys extra­hiert wurden.

„De immuta­bi­li­ta­te tra­di­tio­nis“ ist ein­ge­teilt in sechs Kapi­tel. Es han­delt sich nicht um eine Pole­mik, son­dern um eine kur­ze Abhand­lung, die auch den Lai­en in die Pro­ble­ma­tik ein­zu­füh­ren ver­mag, wobei Bil­lot trotz allem kaum als „leich­te Lek­tü­re“ kate­go­ri­siert wer­den kann. Im ersten Kapi­tel dis­ku­tiert der Autor, was die Kir­che meint, wenn sie von „Tra­di­ti­on“ spricht. Sodann wid­met er sich Ein­wän­den, die man gegen die Tra­di­ti­on als sol­che vor­brin­gen könn­te. Das Auf­tre­ten schein­ba­rer Wider­sprü­che, so erläu­tert Lou­is Kar­di­nal Bil­lot jedoch, ist leicht zu erklä­ren. Zwar sei die Leh­re der Tra­di­ti­on immer die­sel­be, doch sei sie nicht von jeder Per­son zu jedem Zeit­punkt in der­sel­ben Wei­se aus­ge­bil­det und aus­ge­führt. Es gebe drei Sta­di­en: den ein­fa­chen Glau­ben, ein Zwi­schen­sta­di­um sowie das Sta­di­um der voll­stän­di­gen Erklärung.

Das drit­te Kapi­tel beschäf­tigt sich mit den Feh­lern der histo­ri­schen Metho­de bei der Kri­tik der Zeug­nis­se der Tra­di­ti­on. Die histo­ri­sche Metho­de sei ange­mes­sen, um die Tat­sa­che der Offen­ba­rung zu bewei­sen, nicht jedoch, wenn man die soge­nann­ten „prà¦ambula fidei“ hin­ter sich gelas­sen hat und den in der Offen­ba­rung ent­hal­te­nen Wahr­hei­ten nach­geht. Im vier­ten und fünf­ten Kapi­tel geht es Bil­lot um die „rela­ti­ve Wahr­heit“ bzw. um den „mora­li­schen Dog­ma­tis­mus“. Wie ange­deu­tet sam­melt das letz­te Kapi­tel die Irr­tü­mer Loi­sys. Hier ist es nur bedau­er­lich, daß Bil­lot sich nicht die Zeit nimmt, sie auch zu wider­le­gen, denn das hät­te eine phä­no­me­na­le Argu­men­ta­ti­ons­hil­fe sein kön­nen. „De immuta­bi­li­ta­te tra­di­tio­nis“ vor­an­ge­stellt ist eine sehr inhalts­rei­che Ein­lei­tung von Clau­dia und Peter Bar­thold, die auch die Über­set­zung vor­ge­nom­men haben.

Wohin der Moder­nis­mus führt, soll zum Abschluß ein län­ge­res Zitat aus „Tra­di­ti­on und Moder­nis­mus“ deut­lich machen, in dem sich Lou­is Kar­di­nal Bil­lot auf sar­ka­sti­sche Wei­se direkt an sei­ne Leser rich­tet: „Bis jetzt nah­men Sie an, daß es eine mora­li­sche Ver­feh­lung sei, wenn man den häre­ti­schen Lehr­mei­nun­gen bei­pflich­tet, zumin­dest denen, die man in der alt­her­ge­brach­ten Spra­che als sol­che bezeich­ne­te. Aber heu­te muß Ihnen klar sein, daß Sie hier einem unsin­ni­gen Vor­ur­teil erle­gen waren. Mit dem glei­chen Anspruch und mit dem glei­chen Recht wie die For­meln der römisch-katho­li­schen Kir­che könn­ten jene der Luthe­ra­ner, der Sozi­nia­ner, der Aria­ner oder der Mus­li­me auch die­se abso­lu­te und unbe­kann­te Wahr­heit sym­bo­li­sie­ren, der allei­ne anzu­hän­gen Sie stets beab­sich­ti­gen. Des­halb spielt es schließ­lich kei­ne Rol­le, sei­ne Zustim­mung zu einer Kon­fes­si­on oder zu einer ande­ren zu geben. Sie sind katho­lisch? Wer­den Sie doch Pro­te­stant, wenn es Ihnen zusagt. Ja, viel­mehr steht dem nichts im Wege, zugleich katho­lisch und pro­te­stan­tisch zu sein, weil ja das katho­li­sche Glau­bens­be­kennt­nis kei­ner­lei Scha­den erlei­den wird, wenn Sie es zugleich mit dem luther­a­ni­schen, angli­ka­ni­schen oder cal­vi­ni­sti­schen oder auch einem ande­ren Glau­bens­be­kennt­nis ver­bin­den. Und wel­cher Gläu­bi­ge wird schließ­lich nicht die Absicht hegen, allei­ne der unbe­kann­ten Wahr­heit anzu­hän­gen, die sich ihm viel­leicht eines Tages offen­ba­ren wird? Des­halb ste­hen wir bereits mit allen Bekennt­nis­sen auf der Welt durch eine Glau­bens­ge­mein­schaft in Ver­bin­dung, und schon leuch­tet das Mor­gen­rot eines Zeit­al­ters, in dem es eine ein­zi­ge Reli­gi­on für die gan­ze Mensch­heit geben wird, nach­dem man für immer alle Tren­nun­gen abge­schafft hat, die der alte Aber­glau­be ein­ge­führt hat­te.“ Wenn der ein­fa­che Gläu­bi­ge heu­te ein Moder­nist ist, dann sel­ten bewußt und mit böser Absicht. Anzu­kla­gen ist statt­des­sen eine Hier­ar­chie, die ihre Pflich­ten hin­sicht­lich der Ver­tei­di­gung des Glau­bens mas­siv ver­nach­läs­sigt hat.

Tra­di­ti­on und Moder­nis­mus – Über die Unver­än­der­bar­keit der Tra­di­ti­on gegen die moder­ne Häre­sie des Evo­lu­tio­nis­mus. De immuta­bi­li­ta­te tra­di­tio­nis con­tra moder­nam hae­re­sim Evo­lu­tio­nis­mi (1929) – deutsch

236 Sei­ten, Paperback

Text: M. Bene­dikt Buerger
Bild: Verlag

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