Steckt die Großloge hinter kommissarischer FI-Verwaltung?


Die Großloge und der Kommissar
Die Groß­lo­ge und der Kommissar

(Rom) Steckt die Hand der Groß­lo­ge hin­ter der kom­mis­sa­ri­schen Ver­wal­tung der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta (FI)? Ein wei­te­res Schlag­licht auf eine umstrit­te­ne Maß­nah­me der römi­schen Ordens­kon­gre­ga­ti­on mit Bil­li­gung von Papst Franziskus.

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Das viel­be­sun­ge­ne Flo­renz, Rei­se­ziel von Schön­gei­stern und Kunst­lieb­ha­bern, ist die ita­lie­ni­sche Haupt­stadt der Frei­mau­re­rei. In der Stadt am Arno gibt es kein Vier­tel und kei­nen Stadt­teil, in dem sich nicht der Tem­pel einer Loge befin­det. Der in Flo­renz ver­stor­be­ne Pater Flo­ri­do Gian­tul­li S.J. (1906–1974), einer der besten katho­li­schen Ken­ner der Frei­mau­re­rei sag­te: „Es gibt kei­ne Ver­ei­ni­gung, ob lai­zi­stisch oder katho­lisch, in die nicht der lan­ge Arm der Loge reicht.“ Der Jesu­it ver­faß­te unter ande­rem das grund­le­gen­de Werk: „L’Essenza del­la Massoneria ita­lia­na: il natu­ra­lis­mo“ (Das Wesen der ita­lie­ni­schen Frei­mau­re­rei: der Natu­ra­lis­mus), das 1973, kurz vor sei­nem Tod, mit dop­pel­ter Impri­matur des Jesui­ten­or­dens und des Erz­bi­schofs von Flo­renz eben­dort ver­öf­fent­licht wur­de. Pater Gian­tul­li bezahl­te sei­ne Stu­di­en über die „frei­mau­re­ri­sche Sek­te“ (Pius IX.) mit jenem Preis, der beson­ders anti­frei­mau­re­ri­schen Autoren vor­be­hal­ten ist: Nach sei­nem Tod wur­de er mit dem Gerücht ver­leum­det, er sei ein „unbe­schürz­ter Logen­bru­der“ gewesen.

Seit den 60er Jahren ist die Kirche still geworden zur Freimaurerei

In den 60er Jah­ren des vori­gen Jahr­hun­derts hör­te die Katho­li­sche Kir­che fast zur Gän­ze auf, über die Frei­mau­re­rei zu reden. Es schien, als sei plötz­lich ein gehei­mes Still­hal­te­ab­kom­men in Kraft getre­ten. Eine gegen­sei­ti­ge „Akzep­tanz“ im Zei­chen des Plu­ra­lis­mus. Weni­ge katho­li­sche Autoren, Prie­ster und Lai­en, setz­ten das Stu­di­um und die Beob­ach­tung die­ses Geheim­bun­des fort. Im deut­schen Sprach­raum etwa Alfons Maria Kar­di­nal Stick­ler (1910–2007); Bischof Rudolf Gra­ber (1903–1992) von Regens­burg; des­sen Schü­ler, der Prie­ster Man­fred Adler (1928–2005) und der öster­rei­chi­sche Lai­en­theo­lo­ge und Poli­tik­wis­sen­schaft­ler Robert Prant­ner (1931–2010). Alle vier wur­den stark ange­fein­det. Die bei­den Letzt­ge­nann­ten wur­den wegen ihrer Publi­ka­tio­nen und Vor­trags­tä­tig­keit Ziel hef­ti­ger Medi­en­kam­pa­gnen, die erheb­li­che per­sön­li­che Opfer for­der­ten. Adler wur­de von der Diö­ze­se Spey­er aus dem Schul­dienst ent­fernt und von sei­nem Orden, den Mis­sio­na­ren vom Hei­li­gen Johan­nes dem Täu­fer (MSJ) raus­ge­wor­fen. Prant­ner wur­de der Lehr­stuhl für Ethik und Christ­li­che Gesell­schafts­leh­re an der Phi­lo­so­phisch-Theo­lo­gi­schen Hoch­schu­le Hei­li­gen­kreuz bei Wien ent­zo­gen, was man seit­her beschö­ni­gend Eme­ri­tie­rung nennt. Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger als Glau­bens­prä­fekt stemm­te sich im Novem­ber 1983 gegen die Behaup­tung von Tei­len der Kir­che, daß Kreuz und Loge ver­ein­bar gewor­den sei­en. Nicht weni­ge Kir­chen­ver­tre­ter igno­rier­ten den Zwi­schen­ruf des Kar­di­nals und spä­te­ren, von frei­maue­ri­scher Sei­te ver­ach­te­ten Pap­stes. Dazu gehört der Wie­ner Dom­pfar­rer Toni Faber, um nur ein Bei­spiel zu nennen.

Fides Catholica, eine Zeitschrift forderte die Freimaurerei heraus

In ande­ren euro­päi­schen Län­dern west­lich des ehe­ma­li­gen Eiser­nen Vor­hangs lie­gen die Din­ge nicht anders, so auch in Ita­li­en. Dort war das The­ma soweit mar­gi­na­li­siert und mit einem media­len Tabu umge­ben wor­den, daß die weni­gen kirch­li­chen Autoren (nicht Sen­sa­ti­ons­jour­na­li­sten), die sich den­noch damit befaß­ten, leicht als rand­stän­di­ge „Spin­ner“ abge­tan wer­den konn­ten. Bis 2006. In jenem Jahr erschien im Ver­lag der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta die neue Fach­zeit­schrift Fides Catho­li­ca. Die Schrift­lei­tung über­nahm Pater Ser­a­fi­no Maria Lan­zet­ta, Lehr­be­auf­trag­ter für Moral­theo­lo­gie am ordens­ei­ge­nen Prie­ster­se­mi­nar Imma­cu­la­ta Media­trix. Bereits in der ersten Num­mer ging die Zeit­schrift zur Sache und ver­öf­fent­lich­te von Pater Pao­lo Maria Sia­no FI, der aus­ge­wie­se­ne Ken­ner der Frei­mau­re­rei im Orden, viel­leicht sogar der der­zeit bedeu­tend­ste katho­li­sche Frei­mau­rer-Exper­te, den Auf­satz „Eine Stu­die zur Unver­ein­bar­keit zwi­schen Frei­mau­re­rei und Katho­li­scher Kir­che“. Dar­in zeig­te er auf, daß sich die „moder­ne Fei­mau­re­rei, seit ihrer Grün­dung im Jahr 1717, durch eine auf­klä­re­ri­sche und eine magisch-eso­te­ri­sche Kom­po­nen­te cha­rak­te­ri­sier­te, mit dem Ziel den ‚dog­ma­ti­schen Inte­gra­lis­mus‘ zu über­win­den, die der Grund für Spal­tun­gen und die Ver­ab­so­lu­tie­rung der Wahr­heit sei, um die Men­schen in einer brei­ten, natür­li­chen Reli­gi­on zusam­men­zu­füh­ren, in der die Art, Gott zu erken­nen, der Sub­jek­ti­vi­tät des Ein­zel­nen über­las­sen, ihm aber ein Kult gege­ben wer­den soll.

Zahl­rei­che wei­te­re Ver­öf­fent­li­chun­gen in Fides Catho­li­ca zur Frei­mau­re­rei folg­ten. Pater Sia­no ging aber über die blo­ßen Fest­stel­lun­gen hin­aus und kreuz­te öffent­lich mit den Logen­brü­dern die Klin­ge, als die übli­che Mischung aus Lächer­lich­ma­chen und Ver­rückt­er­klä­ren auch auf ihn ange­wandt wer­den sollte.

Freimaurerischer Satanskult und Angriffe der Loge

Loge Har Tzion Rom
Loge Har Tzi­on Rom

„Nach einer 2009 in Flo­renz statt­fin­den­den Tagung zur Vor­stel­lung von Fides Catho­li­ca durch mei­nen Mit­bru­der Pater Ser­a­fi­no Maria Lan­zet­ta ergrif­fen eini­ge im Publi­kum anwe­sen­de Frei­mau­rer das Wort, dar­un­ter Vitto­rio Van­ni von der Loge Stel­la del Mat­ti­no (Nr. 1031 – Flo­renz, Groß­ori­ent von Ita­li­en). Er bezich­tig­te mich in vor­neh­mer Art, in der Frei­mau­re­rei etwas zu suchen, was es dort nicht gebe, einen frei­mau­re­ri­schen Satans­kult… Die Ver­ant­wort­li­chen der Inter­net­sei­te der römi­schen Loge Har Tzi­on Mon­te­si­on (Nr. 705 – Rom, Groß­ori­ent von Ita­li­en) ver­öf­fent­lich­ten am 16. Juli 2009  ein eso­te­ri­sches Lob­lied auf den Teu­fel, den ihr Logen­bru­der, der Psy­cho­ana­ly­ti­ker und Hoch­g­rad­frei­mau­rer Emi­lio Ser­va­dio (33. Grad des Alten Ange­nom­me­nen Schot­ti­schen Ritus) 1974  ver­faßt hat­te: ‚Der Teu­fel als Freund, mit dem man reden kann, der Teu­fel als Instru­ment, das uns ver­wan­delt, uns ver­voll­komm­net, uns zum Einen gelan­gen läßt, zur Befrei­ung der Dua­li­tät… Es ist not­wen­dig, den Teu­fel wie­der in Luzi­fer rück­zu­ver­wan­deln…’“. SoPa­ter Sia­no in sei­nem „Hand­buch“ über die Frei­mau­re­rei . Dort fin­det sich auch der Hin­weis, daß Vitto­rio Van­ni „einen Auf­satz über ‚den Teu­fel des Tarot‘ ver­öf­fent­lich­te, in dem er ihn als ‚Prin­zip oder posi­ti­ve Ener­gie und als not­wen­di­gen Weg lob­te, um zum Licht zu gelan­gen… das Gute und das Böse sind das ein­zi­ge Licht‘“.

Kommissarische Verwaltung wegen Opposition zur Freimaurerei?

„Im Licht der jüng­sten Ereig­nis­se, seit Beginn der kom­mis­sa­ri­schen Ver­wal­tung im Juli 2013,  schei­nen vie­le Din­ge zu bestä­ti­gen, was man­che sofort ver­mu­te­ten. Die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta bezah­len nun für ihren Wider­stand gegen die Frei­mau­re­rei. Dazu gehört das Auf­tau­chen und die Rol­le von ‚Pro­fes­sor‘ Mario Castel­lano, der als Ein­flü­ste­rer des „Rebellen“-Bruders Alfon­so Bru­no gilt. Pater Bru­no ist seit dem Umsturz der neue ’star­ke‘ Mann im Orden der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta oder dem, was davon noch übrig ist“, so Ris­cos­sa Chri­stia­na. Der in der Aus­ein­an­der­set­zung mit der Frei­mau­re­rei beson­ders akti­ve Kon­vent von Ognis­san­ti wur­de durch den Apo­sto­li­schen Kom­mis­sar auf­ge­löst und umbe­setzt. Pater Lan­zet­ta wur­de nach Öster­reich und Pater Sia­no nach Afri­ka exiliert.

Daß die kom­mis­sa­ri­sche Ver­wal­tung damit zu tun hat, daß die Fran­zis­ka­ner von Pater Manel­li den “Dia­log“ eines Teils der Kir­che mit der Frei­mau­re­rei behin­der­te, davon ist auch der Histo­ri­ker und ehe­ma­li­ge christ­de­mo­kra­ti­sche Vize-Bür­ger­mei­ster von Flo­renz, Gio­van­ni Pallan­ti über­zeugt. Der Kolum­nist der Tages­zei­tung La Nazio­ne schrieb jüngst:

„Als am 1. März 2013 an der Kir­che Ognis­san­ti von Flo­renz [von den Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta betreut] von die­sem Orden zwei Bücher von Pater Pao­lo Maria Sia­no vor­ge­stellt wur­den (Das „Hand­buch“ zur Frei­mau­re­rei und „Die Frei­mau­re­rei zwi­schen Eso­te­rik, Riten und Sym­bo­lik“), die 2012 im ordens­ei­ge­nen Ver­lag erschie­nen waren, der auch die Zeit­schrift Fides Catho­li­ca her­aus­gibt, dach­te ich, daß es sich um ein histo­ri­sches Ereig­nis handelt.
Noch nie, soweit ich weiß, wur­de in Flo­renz in einer öffent­li­chen Ver­an­stal­tung mit meh­re­ren Hun­dert Anwe­sen­den die Frei­mau­re­rei wegen ihrer Geheim­nis­tue­rei und ihre Kir­chen­feind­lich­keit kri­ti­siert. Pater Lan­zet­ta führ­te den Vor­sitz. Pater Sia­no referierte.
Ob es ein Zufall ist? Nach die­sem Tag began­nen die Pro­ble­me für die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta und ihren Flo­ren­ti­ner Kon­vent von Ognis­san­ti. Es mag ein rei­ner Zufall sein… Per­sön­lich glau­be ich kaum an sol­che Zufälle.“

Zufall oder nicht: Heute herrscht im Kloster Ognissanti „Friedhofsruhe“

Die Wor­te des ehe­ma­li­gen Vize-Bür­ger­mei­sters stam­men nicht von den „übli­chen“ Krei­sen, den „Tra­di­tio­na­li­sten“, „Pela­gia­nern“ und „Kryp­to­le­feb­vria­nern“ oder wie immer man sie zu „freund­li­cher­wei­se“ beti­telt, son­dern von einem bekann­ten Ver­tre­ter des lin­ken Flü­gels der ehe­ma­li­gen christ­de­mo­kra­ti­schen Par­tei, den man nicht von den neu­en San­he­drin-Mit­glie­dern als „reak­tio­när“ abtun kann, ohne sich über­haupt einer Dis­kus­si­on stel­len zu müssen.

„Wie geht nun also der geret­te­te ‚Dia­log‘ zwi­schen Kle­ri­ka­len und Frei­mau­rern wei­ter? Kön­nen sie nun ruhig schla­fen? In Ognis­san­ti in Flo­renz herrscht unter kom­mis­sa­ri­scher Ver­wal­tung Ruhe – Fried­hofs­ru­he“, so Ris­cos­sa Chri­stia­na.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Tra­di­tio Catholica

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