Katholisch leben zwischen den Gottesdiensten


1761von M. Bene­dikt Buerger

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Im Kate­chis­mus heißt es über die geeig­ne­ten Orte des Gebets (KKK 2691): „In einer christ­li­chen Fami­lie begün­stigt eine sol­che Gebets­stät­te das gemein­sa­me Beten.“ Das Wort Gebets­stät­te heißt im Ori­gi­nal „par­vum ora­to­ri­um“, was der eng­li­sche Text bes­ser mit „litt­le ora­to­ry“ wie­der­gibt. „The Litt­le Ora­to­ry“ ist auch der Titel eines neu­en, bei „Sophia Insti­tu­te Press“ erschie­ne­nen Juwels, das ein Leit­fa­den für Anfän­ger ist, um in der Heim­statt zu beten. Auf rund 200 Sei­ten beant­wor­ten die Autoren David Clay­ton, Pro­fes­sor am Tho­mas More Col­lege, und Lei­la Marie Law­ler von „Like Mother Like Daugh­ter“ die Fra­ge, wie man katho­lisch lebt zwi­schen den Got­tes­dien­sten, an denen man in der Kir­che teil­nimmt. Bei­de Autoren sind Kon­ver­ti­ten, so daß die­ses ein­heit­li­che Glau­bens­le­ben für sie nicht wie selbst­ver­ständ­lich in der eige­nen Fami­lie prak­ti­ziert wur­de. In unse­rer immer welt­li­che­ren Gesell­schaft ist „The Litt­le Ora­to­ry“ eine gro­ße Hil­fe jedoch auch für sol­che, die in einem mehr oder weni­ger christ­li­chen Heim auf­ge­wach­sen sind. Es ist für den Nicht-Mut­ter­sprach­ler die Mühe wert, hin und wie­der ein Wör­ter­buch zur Hand zu neh­men, um „The Litt­le Ora­to­ry“ zu lesen, wobei simp­le Schul­kennt­nis­se der eng­li­schen Spra­che zum Ver­ständ­nis des Buches genü­gen sollten.

Clay­ton und Law­ler schrei­ben: „Mit die­sem Buch sind wir dar­an inter­es­siert, das klei­ne Ora­to­ri­um, wie es der Kate­chis­mus nennt – Gebets­tisch, Haus­al­tar oder Iko­nen­ecke –, im Heim wie­der­zu­be­le­ben. Es ist eine bei­na­he ver­lo­re­ne Tra­di­ti­on, die eine ein­fa­che und schö­ne Brücke zwi­schen die­sen bei­den Orten – Heim und Kir­che – sein kann um des Glau­bens­le­bens der Fami­lie wil­len, und ent­spre­chend für die­ses gan­ze Pro­jekt, wel­ches das Leben des Chri­sten ist.“ Zunächst beschrei­ben die Autoren das Ver­hält­nis von Fami­lie und Heim­statt. So sei das Heim eine Schu­le der Schön­heit: „Die Erkennt­nis der Schön­heit bewegt uns, das zu lie­ben, was wir sehen. Wir sind davon ange­zo­gen, und dann dar­über hin­aus von der Quel­le, Gott.“

Das drit­te Kapi­tel beschäf­tigt sich sozu­sa­gen mit den mate­ri­el­len Aspek­ten des klei­nen Ora­to­ri­ums: Von der Fra­ge, ob Tisch oder Regal über wel­che Decken zu ver­wen­den sind bis hin zum Stil der Bil­der und der Ver­wen­dung von Weih­rauch. Dabei legen die Autoren immer wie­der dar­auf wert, daß es sich nur um Anre­gun­gen han­delt: „Eini­ge Heim­stät­ten sind groß genug für eine Kapel­le! Eini­ge wer­den nur ein klei­nes Regal oder die Mit­te ihres Eßtischs haben.“ Nicht für jede Fami­lie ist alles mach­bar, und schon gar nicht von jetzt auf gleich. Schön­heit gilt als Maß­stab, denn sie ver­mitt­le „mehr vom Glau­ben als alles ande­re“. Natür­lich bedeu­tet Schön­heit nicht Opu­lenz, viel­mehr liegt sie häu­fig gera­de in der Einfachheit.

Um das lit­ur­gi­sche Jahr geht es im näch­sten Kapi­tel, wobei hier haupt­säch­lich auf die lit­ur­gi­schen Jah­res­zei­ten ein­ge­gan­gen wird, wäh­rend im fol­gen­den fünf­ten Kapi­tel das Bre­vier­ge­bet, und damit die lit­ur­gi­schen Tages­zei­ten ange­spro­chen wer­den. Tat­säch­lich, die Autoren emp­feh­len, das Bre­vier­ge­bet in das Fami­li­en­le­ben ein­zu­bau­en. Erneut gilt, nichts zu über­stür­zen, son­dern mit einer ein­zel­nen Gebets­zeit, etwa der Kom­plet, zu begin­nen. Clay­ton und Law­ler emp­feh­len eini­ge eng­li­sche Aus­ga­ben für die soge­nann­te ordent­li­che Form – für den deutsch­spra­chi­gen Leser weni­ger rele­vant –, erwäh­nen jedoch auch lobend die über­lie­fer­te Lit­ur­gie, wobei sie ein­räu­men, daß bei täg­lich sich ändern­den Gebe­ten der Gebrauch der Lan­des­spra­che mehr Sinn macht als bei der hei­li­gen Mes­se, die in wei­ten Tei­len gleich bleibt.

Im sech­sten Kapi­tel beschrei­ben die Autoren in Kür­ze das Prin­zip der „lec­tio divina“, bevor sie im sieb­ten auf diver­se Andachts­übun­gen zu spre­chen kom­men. An jedem Tag gibt es ein bestimm­tes Geheim­nis zu betrach­ten – am Don­ners­tag etwa das Prie­ster­tum und die Eucha­ri­stie –, wie auch jeder Monat einen bestimm­ten Cha­rak­ter hat – im Juni ist es bei­spiels­wei­se das hei­lig­ste Herz Jesu. Die popu­lär­ste Andacht in der Kir­che dürf­te der Rosen­kranz sein, wor­um es im ach­ten Kapi­tel geht: „[…] beden­ken Sie die wirk­li­che Bedeu­tung, Erklä­run­gen und Beleh­run­gen ein­zu­schrän­ken. Die­se gehö­ren haupt­säch­lich in Nicht-Gebets­zei­ten. Unse­rer Kul­tur ist geplagt durch Erklä­run­gen. Wir haben die Fähig­keit ver­lo­ren, der Erfah­rung zu erlau­ben, der Leh­rer zu sein. Und wir haben gewiß jeg­li­che Geduld für jene Art des Ler­nes ver­lo­ren, die mit der Pra­xis kommt. Wir bau­en auf Wor­te in einer tech­ni­schen Wei­se, als stump­fe Instru­men­te zur Unter­wei­sung. Wir bau­en nicht auf die Bedeu­tung, die in ritu­el­len Wor­ten, die man mit der Zeit lernt, beinhal­tet ist.“ Wäh­rend für die hei­li­ge Mes­se ein Prie­ster zwin­gend not­wen­dig ist, so ist das fami­liä­re Gebet im klei­nen Ora­to­ri­um nicht auf einen sol­chen angewiesen.

Im neun­ten Kapi­tel machen Clay­ton und Law­ler die poli­tisch nicht ganz kor­rek­te Fest­stel­lung, daß es Auf­ga­be des Vaters als Haupt der Fami­lie ist, im Gebet zu füh­ren. Doch auch die Rol­len von Mut­ter und Kin­dern wer­den dis­ku­tiert. Wert­voll ist das umfang­rei­che zehn­te Kapi­tel, das sich mit den zahl­rei­chen Schwie­rig­kei­ten beschäf­tigt, die auf­tre­ten kön­nen und wer­den, wenn man ein fami­liä­res Gebets­le­ben auf­baut. Abschlie­ßend heben die Autoren den Ein­fluß her­vor, den eine Ver­wand­lung der Heim­statt auf eine Ver­wand­lung der Welt haben kann.

Eine Rei­he von Anhän­gen schließt sich an die „Sub­stanz“ des Buches an, wobei hier beson­ders lobend jener zum The­ma des gre­go­ria­ni­schen Gesangs zu erwäh­nen ist. „Selbst Sie kön­nen sin­gen!“, ist der Anhang über­schrie­ben und gibt dem Leser vie­le prak­ti­sche Rat­schlä­ge. Der Anfang ist die Rezi­ta­ti­on eines Tex­tes auf einer Note – rec­to tono –, und von dort aus kön­nen ein­fa­che Melo­dien lang­sam erlernt wer­den. „[…] Cho­ral wird haupt­säch­lich am besten durch Hören und Pra­xis erlernt.“

Eine letz­te Bemer­kung zur künst­le­ri­schen Gestal­tung von „The Litt­le Ora­to­ry“: David Clay­ton ist als Maler bekannt und hat eini­ge Iko­nen bei­gesteu­ert, die sich am Ende des Buches befin­den und her­aus­nehm­bar sind. Zudem ist am Beginn jedes Kapi­tels eine Iko­ne, die von Kin­dern aus­ge­malt wer­den kann. Im Inter­net ste­hen sie inter­es­sier­ten Fami­li­en übri­gens auch zur Ver­fü­gung, um sie selbst aus­zu­drucken. Deird­re M. Fol­ley, Toch­ter von Lei­la Marie Law­ler, hat vie­le rei­zen­de klei­ne Blei­stift-Illu­stra­tio­nen bei­gesteu­ert, die über das gan­ze Buch ver­streut sind. Ein Exem­plar von „The Litt­le Ora­to­ry“ gehört in jede Fami­lie. Eine deut­sche Über­set­zung ist nicht nur wün­schens­wert – sie ist drin­gend nötig!

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen zum Buch fin­den Sie hier.

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