(Rom) Vor einem Jahr, am 29. Juli 2013 wurde die kommissarische Verwaltung der Franziskaner der Immakulata (FI) bekannt. Neun Tage davor berichtete Katholisches.info noch über die Eröffnung eines neuen Klosters durch den damals in Blüte stehenden Orden. Das Dekret der Ordenskongregation war mit Billigung von Papst Franziskus bereits am 11. Juli unterzeichnet worden. Seit dem 11. August ist dem Orden die Zelebration in der überlieferten Form des Römischen Ritus untersagt. Das Schicksal liegt heute in den Händen eines Triumvirats: dem von der Ordenskongregation eingesetzten Apostolischen Kommissar Pater Fidenzio Volpi OFM Cap, dem franziskanischen „Vatermörder“ Pater Alfonso Bruno (FI) und einer bisher kaum sichtbar gewordenen, aber um so mehr aktiven exzentrischen Gestalt, die als Berater bei der Strafaktion gegen den Orden auftritt: „Professor“ Mario Castellano. Wer ist Mario Castellano? Dieser Frage ging Emmanuele Barbieri für Corrispondenza Romana nach. Was er dabei an Erstaunlichem fand, soll hier zusammengefaßt werden.
Mario Castellano kam 1949 in Imperia an der italienischen Riviera als Sohn einer gutsituierten katholischen Familie zur Welt. Vater Adolfo hatte es als Vertreter der Reismarke Scotti zu Wohlstand gebracht. Während der deutschen Besetzung Italiens wurde er zum „weißen“, also katholischen Partisanen, nach dem Krieg Gemeinderat der christdemokratischen Partei in seiner Heimatstadt. Onkel Ismaele Mario Castellano war Erzbischof von Siena. Der junge Castellano studierte Rechtswissenschaften und erhielt die Zulassung als Rechtsanwalt, ein Beruf, den er allerdings nie ausübte. Seine politischen Sympathien galten immer der Linken. Um genau zu sein gehörte er dem linken Flügel der Democrazia Cristiana (DC) an. In Imperia war er als Kathokommunist bekannt. Man sagt, daß er seit den 90er Jahren dem Großorient von Sanremo angehört. Wir warten darauf, daß der Betroffene diese Nachricht dementiert.
Unterstützung der „Nicaraguanischen Revolution“
Obwohl er nie habilitierte, schmückt er sich mit dem Titel „Professor“. Castellano lehrte nämlich gleich nach der Machtübernahme der marxistischen Sandinisten Rechtswissenschaften an der Universität von Managua. Aus ideologischen Gründen war Castellano zur Unterstützung der „Nicaraguanischen Revolution“ nach Nicaragua übersiedelt, wo er eine Nicaraguanerin heiratete, von der er sich nach wenigen Jahren wieder trennte. Nach Europa zurückgekehrt, arbeitete er mit verschiedenen esoterischen und pro-islamischen Internetseiten zusammen, bevor er zur „rechten Hand“ oder vielleicht besser zum „linken Kopf“ von Pater Alfonso Bruno wurde. Castellano übersiedelte in das Kloster der Franziskaner der Immakulata an der Via Boccea in Rom. In das Haus, das als Zentrum der Dissidenten zu sehen ist, von denen der Umsturz ordensintern ausging. Von diesem Haus aus wird der Sakristandienst an der Päpstlichen Basilika Santa Maria Maggiore betreut. Der geeignete Ort, um in enge Kontakte mit verschiedenen Stellen im Vatikan zu treten. Von dort aus begleitete Castellano Pater Bruno als neuen Generalsekretär des Ordens bei dessen Inspektionen der Klöster und Ordensniederlassungen.
Sympathien für die Linke, Esoterik und Moslems
Seit 2005 schrieb Castellano leidenschaftlich für die Rechte der Moslems in Italien und der EU; für eine Multikulturalität; für die Anpassung der europäischen Rechtsordnungen an die Rechte der Moslems und überhaupt für Gläubige und Nicht-Gläubige und Gläubige aller Religionen.
2008 setzte sich Castellano gegen den überlieferten Ritus ein und alles, was die „jüdische Sensibilität“ beleidigen könnte. Der Autor nannte die Esoterik als einen von drei positiven Gründen, warum die Katholiken nicht „in Ewigkeit verdammt“ seien, gegen die Moslems und die Juden kämpfen zu müssen. Auf der Internetseite Islam-online schwärmte er von Moscheen als „Faktor für Stabilität und Sicherheit“.
2011 hielt er auf einer vom Lions Club Sanremo organisierten Tagung für den italienischen Risorgimento einen Vortrag über „Die Aktualität von Cavour“, dem notorisch antiklerikalen italienischen Staatsmann, der im Geruch der englischen Freimaurerei stand.
Von der Französischen Revolution zum EU-Superstaat
2012 wurde auf der von Pater Alfonso Bruno betriebenen Internetseite mediatrice.net anonym der Aufsatz „Europa auf dem Weg zu einer Föderation?“ veröffentlicht, der jedoch von Castellano stammte.
Der Autor gibt sich darin als begeisterter Anhänger der Französischen Revolution und eines zentralistischen europäischen Einheitsstaates zu erkennen. Die Krise, die Europa derzeit durchlebt, vergleicht er mit der Krise in Frankreich kurz vor Ausbruch der Revolution. Damals sei die Krise in eine revolutionäre Handlung gemündet, mit der die Generalstände die verfassungsgebende Versammlung ausriefen und damit die Revolution anstießen. Heute stelle die Übernahme der Staatsschulden einiger EU-Mitgliedsstaaten und die privaten Schulden einiger Banken durch die EU eine revolutionäre Handlung dar, die den Weg zu einem europäischen Bundesstaat frei mache.
Castellanos freimaurerische Gedankenspiele
Im Zuge der Französischen Revolution spaltete sich der Klerus in der Frage der schismatischen Zivilkonstitution in verfassungstreue und romtreue Priester. Die Sympathien Castellanos gehören den schismatischen Priestern wie er im Aufsatz „Frankreich und die positive Laizität“ schrieb: „Als Napoleon 1801 mit Pius VII. das Konkordat schloß, wurde der romtreue Klerus begnadigt und zur Ausübung seines Amtes wieder zugelassen, während das Wirken des verfassungstreuen Klerus im vorangegangenen Jahrzehnt aus kirchenrechtlicher Sicht anerkannt wurde. Es hatte also sowohl aus der Sicht des Staates als auch aus der Sicht der Kirche in Frankreich richtig gehandelt, wer sich dafür entschieden hatte, der Nation treu zu bleiben.“
Mario Castellano zeichnete sich neben seinen Sympathien für die Linke (einmal links, immer links) vor allem durch seine wüsten Angriffe gegen traditionsverbundene Katholiken aus, die nicht zu den billigen und einträglichen Kompromissen mit dem jeweiligen Zeitgeist und den jeweils Mächtigen bereit sind. Vielleicht wird er deshalb von Kommissar Volpi und der Ordenskongregation so geschätzt, die ihn zum Berater machten.
Eine bemerkenswerte Gestalt, die über einen Orden mitbestimmen darf, der sich der katholischen Tradition und dem Alten Ritus verpflichtet wußte und der es wagte, sich dem Kampf gegen den Einfluß der Freimaurerei zu stellen. Der Bock wurde zum Gärtner bestellt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana