Der Krieg führt über die Liturgie – Gedanken zum siebten Jahrestag von Summorum Pontificum


Heilige Liturgie
Hei­li­ge Liturgie

„Der Krieg wird über die Lit­ur­gie aus­ge­tra­gen! Und es ist rich­tig, daß der Krieg dort aus­ge­tra­gen wird, weil die Lit­ur­gie der Lebens­nerv der Kir­che ist“ schreibt die tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ne Inter­net­sei­te Chie­sa e Post­con­ci­lio (CeP) zum sieb­ten Jah­res­tag des Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum, das Papst Bene­dikt XVI. am 7. Juli 2007 erließ. Wer dies nicht ver­ste­he, ob Prie­ster oder Laie, tra­ge zur wei­te­ren Schä­di­gung der Tra­di­ti­on bei, so CeP. Es gebe immer wie­der tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ne „Brü­der im Glau­ben“, die abwie­gelnd mei­nen, die Lit­ur­gie sei nicht alles. „Die Lit­ur­gie mag nicht ‚alles’ sein, aber sie ist die Quel­le und der Höhe­punkt des Glau­bens! Von ihr geht alles aus und in ihr fließt alles zusam­men“, so CeP.

Anzei­ge

In den aktu­el­len Nebeln, von denen die Kir­che umhüllt ist und die den kla­ren Blick ver­stel­len, sei jeder Teil des eige­nen Ego dem Gebet und der Lit­ur­gie zu wid­men, um das eige­ne See­len­heil zu erlan­gen, aber auch um wah­re Demut und Bewah­rung vor jeder Ver­füh­rung zur Selbst­ge­nüg­sam­keit und einer kirch­li­chen Do-it-yours­elf-Men­ta­li­tät zu errei­chen. Das gel­te in beson­de­rer Wei­se für die Liturgie.

Liturgie in der Priesterausbildung sträflich vernachlässigt

„Der Krieg wird über die Lit­ur­gie aus­ge­tra­gen“ auch, weil die Lit­ur­gie in der Prie­ster­aus­bil­dung an vie­len Semi­na­ren seit län­ge­rem und noch immer sträf­lich ver­nach­läs­sigt wird. Oder bes­ser gesagt: Regel­recht falsch gelehrt wird. Für vie­le Prie­ster, die in die­ser lit­ur­gisch dür­ren Zeit aus­ge­bil­det wur­den, ist es ein ver­brei­te­ter All­ge­mein­platz, daß das lit­ur­gi­sche Han­deln aus­schließ­lich auf die Gemein­schaft und nicht auf Gott aus­ge­rich­tet ist. Man­che mögen sich selbst zu die­ser irri­gen und gera­de­zu got­tes­lä­ster­li­chen Mei­nung durch­ge­run­gen haben. Vie­le müs­sen jedoch an den Semi­na­ren falsch pro­gram­miert wor­den sein. Der Drei­fal­ti­ge Gott wird zu einer Art Notar redu­ziert, der die Gül­tig­keit der Gemein­schafts­fei­er mit Stem­pel und Sie­gel bestä­tigt, zu dem man jedoch, auf Distanz bleibt, weil er eigent­lich mehr ein nöti­ges Übel ist, wie es eben Nota­re sind. In vie­len Din­gen könn­te man eigent­lich auch ohne sie auskommen.

Überstimmung bei nicht verhandelbaren Grundsätzen, nicht aber bei Liturgie

Zu eini­gen der nicht ver­han­del­ba­ren Grund­sät­ze, wie sie Papst Bene­dikt XVI. wort­mäch­tig defi­nier­te, gibt es zwi­schen der Tra­di­ti­on und beträcht­li­chen Tei­len der Kir­che Über­ein­stim­mung und damit auch die Vor­aus­set­zun­gen für ein gemein­sa­mes Han­deln. Die­se Über­ein­stim­mung gibt es aber nicht im Bereich der Lit­ur­gie. Tei­le der Kir­che folg­ten dem deut­schen Papst und bega­ben sich tat­säch­lich auf eine für sie über­ra­schen­de Ent­deckungs­rei­se, die zur Auf­spü­rung und zur Frei­le­gung der Hei­li­gen Lit­ur­gie führ­te. Wei­te Tei­le, vor allem in den alten, christ­li­chen Natio­nen Euro­pas blie­ben distan­ziert. Das lit­ur­gi­sche „Leit­mo­tiv“ der „moder­nen“ Prie­ster­aus­bil­dung scheint es zu sein, aus dem Prie­ster, sobald er die Kir­che betritt, den Hauptani­ma­teur der Gemein­schaft zu machen, auf den sich die Auf­merk­sam­keit der Gläu­bi­gen kon­zen­triert. Die Hei­li­ge Hand­lung wird dadurch zu einer stän­di­gen Suche nach Sen­sa­tio­nel­lem, Ori­gi­nel­lem am besten mit Aha-Effekt umfunk­tio­niert, die den Prie­ster zum stän­dig unter Druck ste­hen­den Enter­tai­ner macht, der sich kon­ti­nu­ier­lich Neu­es ein­fal­len las­sen muß, um die Gemein­schaft bei Lau­ne zu hal­ten. Davon kön­nen auch from­me, neu­ri­tu­el­le Prie­ster befal­len sein, die sich einem Mysti­zis­mus oder einer Wun­der- und Erschei­nungs­sucht hin­ge­ben, aber letzt­lich als Per­son im Mit­tel­punkt stehen.

Anthropozentrischer Umbau der Liturgie ist Werk von Priestern

Wo die Gemein­schaft das alles gar nicht will, wird sie von eif­ri­gen Ani­ma­ti­ons-Prie­stern zwangs­be­glückt. Wo die Prie­ster schwach oder durch Erfin­dungs­druck irgend­wann aus­ge­laugt sind, fül­len Pfarr­as­si­sten­ten, Gemein­de­re­fe­ren­ten und ande­re Lai­en die Rol­le aus, die einen unstill­ba­ren Drang ver­spü­ren, sich im Altar­raum zu tum­meln. Wo der Prie­ster oder sei­ne lai­ka­len Hilfs­trup­pen in den Vor­der­grund tre­ten, tritt Gott in den Hin­ter­grund. Er wird ver­drängt oder zieht sich zurück.

Die Lai­en geben meist nur wider, was sie vom Kle­rus sehen und emp­fan­gen. Eine nicht sel­ten lei­der unan­ge­neh­me Aus­nah­me bil­den an theo­lo­gi­schen Fakul­tä­ten aus­ge­bil­de­te Lai­en­theo­lo­gen, die in der Kir­che eine Anstel­lung gefun­den haben oder Pfarr­ge­mein­de­rä­te in Pfarr­so­wjets ver­wan­deln. In der Lit­ur­gie liegt die Haupt­ver­ant­wor­tung bei den Prie­stern. Es ist eine Tat­sa­che, daß vie­le Prie­ster der Über­zeu­gung sind, daß die Hei­li­ge Mes­se für die Gemein­schaft gefei­ert wird und nicht vom Prie­ster im Namen der Gemein­schaft für Gott. „Die Theo­zen­trik durch die Anthro­po­zen­trik zu erset­zen, ist so als wür­de man die Theo­lo­gie und die Lit­ur­gie ihrer Klei­der berau­ben und nackt zurück­las­sen“, so CeP.

Missionarischer Eifer und Alter Ritus

Wahr ist aller­dings auch, was ein Prie­ster schrieb, der sich an den „Rän­dern“ für die Umset­zung des Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum in sei­ner Pfar­rei bemüht: Nicht sel­ten sind gera­de auch soge­nann­te „Tra­di­tio­na­li­sten“ die größ­ten Fein­de eines mis­sio­na­ri­schen Impul­ses im Alten Ritus. Der über­lie­fer­te Ritus ist kein Schre­ber­gar­ten, kein Rück­zugs­punkt und kei­ne nach außen abge­schlos­se­ne Festung, um mög­lichst den Rest der Welt von sich fern­zu­hal­ten. Dort wo im Alten Ritus ein mis­sio­na­ri­scher Geist herrscht, wie man ihn im pasto­ral-lit­ur­gi­schen Han­deln der Pius­bru­der­schaft erlebt, nimmt die Zahl der Gläu­bi­gen deut­lich zu. Die Pius­bru­der­schaft ist in ihrem erfolg­rei­chen mis­sio­na­ri­schen Han­deln jedoch gehemmt durch ihren unge­klär­ten kir­chen­recht­li­chen Sta­tus. Die Petrus­bru­der­schaft, um einen Ver­gleich mit einer Eccle­sia Dei-Gemein­schaft zu zie­hen, ver­fügt über einen kla­ren kano­ni­schen Sta­tus und über das nöti­ge mis­sio­na­ri­sche Poten­ti­al. Sie ent­fal­tet es jedoch kaum aus Sor­ge, bei zu star­ker öffent­li­cher Sicht­bar­keit von den Diö­ze­san­lei­tun­gen aus den Diö­ze­sen gewor­fen zu wer­den. Die Tat­sa­che, daß es in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land und in Öster­reich kei­ne ein­zi­ge Per­so­nal­pfar­rei im Alten Ritus gibt, spricht eine deut­li­che Sprache.

Werke der Barmherzigkeit gegen pauperistisches Klima

CeP erin­nert in die­sem Zusam­men­hang an die Tat­sa­che, daß die evan­ge­li­sche Armut als Teil der Evan­ge­li­schen Räte nicht an erster Stel­le die mate­ri­el­le Armut meint. Die­se ist nicht zu ver­nach­läs­si­gen und wur­de von der Kir­che durch die leib­li­chen Wer­ke der Näch­sten­lie­be immer gelehrt und gelebt. Die evan­ge­li­sche Armut meint vor allem die Armut in Geist, das sich selbst vor dem Herrn als unge­nü­gend und daher Sei­ner Hil­fe bedürf­tig zu erken­nen und Ihn um die­se Hil­fe zu bitten.

Die Wer­ke der Barm­her­zig­keit waren in der Kir­che immer gegen­wär­tig und leben­dig und sie haben nichts mit Pau­pe­ris­mus und Gut­men­schen­tum zu tun. Die Kir­che unter­schei­det die leib­li­chen und die geist­li­chen Wer­ke der Barm­her­zig­keit. Jeweils sie­ben. Gelehrt wer­den sie schon lan­ge nicht mehr, wes­halb vor allem jün­ge­re Katho­li­ken kaum davon wis­sen. In dem selt­sam pau­pe­ri­sti­schen Kli­ma unse­rer Tage soll­te umso mehr an die Wer­ke der Barm­her­zig­keit erin­nert werden.

Die leib­li­chen Wer­ke der Barm­her­zig­keit sind:
die Hung­ri­gen speisen
den Dur­sti­gen zu trin­ken geben
die Nack­ten bekleiden
die Frem­den beherbergen
die Kran­ken pflegen
die Gefan­ge­nen besuchen
die Toten begraben

Die geist­li­chen Wer­ke der Barm­her­zig­keit sind:
die Unwis­sen­den lehren
den Zwei­feln­den recht raten
die Betrüb­ten trösten
die Sün­der zurechtweisen
den Lästi­gen gedul­dig ertragen
denen, die uns belei­di­gen ger­ne verzeihen
für die Leben­den und die Toten beten

Summorum Pontificum kann sich nur entfalten, wenn Messe als Opfer wiederentdeckt wird

„Die­se Wer­ke sind gut und rich­tig, aber sie nüt­zen nichts, wenn sie nicht von der Wahr­heit Got­tes aus­ge­hen, son­dern von einem huma­ni­sti­schen oder auch huma­ni­tä­ren Pau­pe­ris­mus, der sich nicht um die Wahr­heit küm­mert“, so CeP. Die Lit­ur­gie, in her­aus­ra­gen­der Wei­se der Alte Ritus, sei­en Ort und Zeit der pri­vi­le­gier­ten Begeg­nung mit Gott. Das Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum kann sei­ne Wir­kung nur dort ent­fal­ten, wo die Hei­li­ge Mes­se wie­der als Opfer erkannt wird. Da der Opfer­cha­rak­ter weder an Prie­ster­se­mi­na­ren noch in den Pfar­rei­en gelehrt wird, setzt dies eine Auf­klä­rung und ein mis­sio­na­ri­sches Wir­ken der Prie­ster, Gemein­schaf­ten und Grup­pen der Tra­di­ti­on vor­aus. Der letzt­li­che Durch­bruch wird auch dann gelin­gen, wenn der Papst als Stell­ver­tre­ter Chri­sti auf Erden wie­der im Alten Ritus zele­briert. Ein letz­ter Schritt, zu dem sich Papst Bene­dikt XVI. aus unbe­kann­ten Grün­den nicht durch­rin­gen konn­te. „Oder durch die Wie­der­ent­deckung der Lit­ur­gie­kon­sti­tu­ti­on Sacro­sanc­tum Con­ci­li­um in den Prie­ster­se­mi­na­ren und im näch­sten Schritt in den Pfar­rei­en“, so CeP. Damit wür­de die häu­fig eben­so flos­kel­haf­te wie ideo­lo­gisch-ver­här­te­te Beru­fung auf das Kon­zil mit neu­er Ernst­haf­tig­keit erfüllt.

„Revolutionäre“ Reform wäre, wenn Papst Franziskus Studie über Frevel der Liturgiereform in Auftrag gäbe

Ein Akt wirk­lich „revo­lu­tio­nä­rer“ Reform und Rei­ni­gung wäre es, wenn Papst Fran­zis­kus eine Stu­die in Auf­trag geben wür­de, die den Zwang, die phy­si­sche und psy­chi­sche Gewalt doku­men­tiert, die das Volk Got­tes, Prie­ster und Lai­en durch das Wir­ken der lit­ur­gi­schen Revo­lu­tio­nä­re im Namen eines zumin­dest dies­be­züg­lich unschul­di­gen Kon­zils erlit­ten haben, indem zer­trüm­mert und ent­wur­zelt wur­de, was Chri­stus gepflanzt und die Väter durch zwei­tau­send Jah­re gehegt und bewahrt hat­ten. Eine Stu­die, die die Zer­stö­run­gen doku­men­tiert, das Her­aus­rei­ßen von Hoch­al­tä­ren und Beicht­stüh­len, ihre regel­rech­te Zer­schla­gung zu Brenn­holz. Ein Fre­vel, über den die Kir­che bis heu­te einen Schlei­er des Schwei­gens legt. Eine Stu­die, die doku­men­tiert, wie Theo­lo­gen und Prie­ster regel­recht vor den Augen der Gläu­bi­gen durch Erbre­chen aus­ge­sto­ßen haben, was sie bis zum Vor­tag gelehrt und ver­tre­ten haben.

Die „Unschuld“ des Kon­zils bezieht sich auf die genann­te Lit­ur­gie­kon­sti­tu­ti­on, auf die sich weder die lit­ur­gi­schen Neue­rer noch der Novus Ordo beru­fen kön­nen. Bestimm­te, auf dem Kon­zil ton­an­ge­ben­de pro­gres­si­ve Krei­se dach­ten natür­lich auch in der Fra­ge der Lit­ur­gie bereits ganz anders und nütz­ten die eupho­ri­sche Stim­mung der unmit­tel­ba­ren Nach­kriegs­zeit, um voll­ende­te Tat­sa­chen zu schaf­fen. Kon­zil hin oder Kon­zil her.

Das Motu pro­prio stellt seit der Lit­ur­gie­re­form von 1970 die erste wirk­lich wesent­li­che Zäsur in der jün­ge­ren Kir­chen­ge­schich­te dar. Dar­in liegt für die Kir­che ein unge­ahn­tes Poten­ti­al der Gesun­dung, das noch nicht ein­mal ansatz­wei­se aus­ge­schöpft wurde.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Fides et Forma

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