Fatima und die offizielle vatikanische Politik – Ein notwendiger Epilog


Unsere Liebe Frau von Fatima - Fingerzeit des Himmels.
Unsere Liebe Frau von Fatima - Fingerzeit des Himmels.

von Wolf­ram Schrems*

Anzei­ge

Man­che Reak­tio­nen auf mei­ne drei­tei­li­ge Serie über Fati­ma auf die­ser Sei­te im März/​April die­ses Jah­res zeig­ten mir (nicht zum ersten Mal), wie sehr die­ses The­ma ver­min­tes Ter­rain ist. Die Rede über Fati­ma läßt die Gei­ster in Bewe­gung gera­ten. Die Kon­tro­ver­sen sind ein untrüg­li­ches Zei­chen für die Authen­ti­zi­tät die­ser Botschaft.
Im Anschluß an die Serie daher aus aktu­el­lem Anlaß ein ver­voll­stän­di­gen­der Epilog.

Lob und Kritik – bei unterschiedlicher Qualifikation und Qualität

Es gab Zuspruch zu mei­nen Aus­füh­run­gen. Nicht, daß das in sich schon bedeut­sam wäre, beson­ders nicht für das wei­te­re Han­deln: nec lau­di­bus nec timore. Aber nur, um zu zei­gen, daß es Katho­li­ken gibt, die über ein­schlä­gi­ges Wis­sen bzw. über Haus­ver­stand ver­fü­gen und denen die offi­zi­el­le vati­ka­ni­sche Fati­ma-Poli­tik daher suspekt erschei­nen muß.

Es gab auch Kri­tik. Die­se kam aus der­je­ni­gen Rich­tung, die die offi­zi­el­le vati­ka­ni­sche Linie vertritt.

Fatima und die „Fideisten“

Etwas poin­tiert (und tech­nisch nicht ganz kor­rekt) könn­te man die­se Rich­tung als „fide­i­stisch“ bezeich­nen, also nach der­je­ni­gen Irr­leh­re, die (gegen die Gesamt­aus­sa­ge des Alten und Neu­en Testa­men­tes und der theo­lo­gi­schen Tra­di­ti­on, vgl. bes. z. B. 1 Petr 3, 15) behaup­tet, man kön­ne im Glau­bens­gut nichts ver­ste­hen bzw. man dür­fe nichts ver­ste­hen wol­len, es gäbe kei­nen fides quae­rens intellec­tum und man müs­se sozu­sa­gen „blind“ glau­ben. Dem­ge­mäß legen die Ver­tre­ter die­ser Rich­tung ihre Bot­schaf­ten ihren Adres­sa­ten eher appel­la­tiv und apo­dik­tisch vor.

Eine Spiel­art des so ver­stan­de­nen „Fide­is­mus“ ist die Hal­tung vie­ler Bischö­fe der nach­kon­zi­lia­ren Kir­che, beson­ders im deut­schen Sprach­raum, die offen­sicht­lich den Grund­satz „pray, pay and obey“ zur Maxi­me ihrer Poli­tik gemacht haben. Auf gut Öster­rei­chisch also etwa: „Hän­de fal­ten, Gosch’n hal­ten“ (wobei das „Hän­de­fal­ten“ frei­lich auch eher aus der Mode gekom­men ist). Etwa­ige Nach­fra­gen bezüg­lich der Inhal­te des II. Vati­can­ums und des­sen dog­ma­ti­scher Ver­bind­lich­keit bei­spiels­wei­se wer­den eher ungnä­dig zur Kennt­nis genom­men und mit Aus­flüch­ten beant­wor­tet – oder gar nicht.

Unsere Liebe Frau von Fatima
Unse­re Lie­be Frau von Fatima

Es gibt aber auch durch­aus from­me Ver­tre­ter des zeit­ge­nös­si­schen „Fide­is­mus“, die in ihren Publi­ka­tio­nen Glau­ben und Gebet urgie­ren, aber nicht die Mühe auf sich neh­men, die Glau­bens­in­hal­te ver­ständ­lich dar­zu­stel­len und die Gebets­an­lie­gen genau zu begründen.

Im Fall der Fati­ma-Bot­schaft ver­zich­ten die Ver­tre­ter die­ser Rich­tung dar­auf, sowohl die Inhal­te der­sel­bi­gen als auch deren Rezep­ti­on bzw. Nicht-Rezep­ti­on durch die kirch­li­che Hier­ar­chie prä­zi­se und voll­stän­dig dar­zu­stel­len. Damit wird eben kein Sinn für die Dring­lich­keit die­ser für die Gegen­wart so wich­ti­gen Bot­schaft erweckt. Aber genau das wäre zu tun!

Sie rufen nicht in Erin­ne­rung, daß die Fati­ma-Bot­schaft (1) von Papst Pius XI. nicht befolgt, (2) von Papst Pius XII. auch nur halb­wegs umge­setzt und (3) von den Päp­sten ab Johan­nes XXIII. ver­nach­läs­sigt, unter­drückt und umge­deu­tet wor­den ist, sodaß sie somit heu­te im gesamt­kirch­li­chen Maß­stab so gut wie kei­ne Wir­kung ent­fal­tet. Sie wei­gern sich, die vati­ka­ni­sche Erklä­rung vom 26. Juni 2000 kri­tisch zu ana­ly­sie­ren, wodurch der durch­schnitt­li­che loya­le Katho­lik in fal­sche Sicher­heit gewiegt und zur Pas­si­vi­tät ermun­tert oder voll­ends ver­wirrt wird.

Ein Appell von Ver­tre­tern die­ser Rich­tung an Zeit­ge­nos­sen, der Fati­ma-Bot­schaft Glau­ben zu schen­ken und sie durch Gebet und Süh­ne im eige­nen Leben umzu­set­zen, kann daher nur wir­kungs­los sein.

Denn den Sinn die­ser Bot­schaft kann man nicht ande­ren erschlie­ßen, wenn man nicht bereit ist, die ohne­hin evi­den­te Apo­sta­sie inner­halb der Kir­che und beson­ders der Hier­ar­chie zu the­ma­ti­sie­ren. Wenn man das II. Vati­ka­ni­sche Kon­zil, die schänd­li­che vati­ka­ni­sche „Ost­po­li­tik“, die ver­hee­ren­de Lit­ur­gie­re­form, die fata­le „Ein­heits­über­set­zung“ der hl. Schrift und die ande­ren kirch­li­chen Kata­stro­phen, ein­schließ­lich der Eska­pa­den des der­zei­ti­gen Pon­ti­fi­kats, sowie die gesam­te desa­strö­se Welt­si­tua­ti­on nicht scho­nungs­los mit der Ver­wer­fung der Bot­schaft der Mut­ter­got­tes von Fati­ma in Ver­bin­dung bringt, wird man nie­man­dem deren Bedeu­tung adäquat erklä­ren können!

Ana­log zu dem Sinn, in dem der Fide­is­mus durch sei­ne Fra­ge­ver­bo­te und sei­ne Über­be­to­nung des „blin­den“ Glau­bens zuun­gun­sten des Ver­ste­hens dem Glau­ben scha­det, ver­min­dern from­me Appel­le ohne nähe­re Erläu­te­rung (für die Men­schen guten Wil­lens zumin­dest) auch die Wir­kung der trans­por­tier­ten Bot­schaft. Gebets­auf­ru­fe wer­den dadurch wir­kungs­los, sie lei­ern förm­lich aus.

Fra­ge­ver­bo­te und Aus­flüch­te – das sind lei­der typi­sche Stra­te­gien in einem „fide­i­sti­schen“ Milieu. Bei­des ist mir wohlbekannt.

Exem­pla­risch sei das offi­zi­el­le Fati­ma-Welt­apo­sto­lat der Deutsch-Schweiz genannt, des­sen Vor­sit­zen­der, Pfar­rer Dr. Adolf Fugel, mir durch einen Vor­trag und eine per­sön­li­che Begeg­nung bekannt ist, vgl. hier des­sen Fati­ma in Wort und Bild – Weg einer Bot­schaft des Him­mels durch die Zeit, Fati­ma-Welt­apo­sto­lat der Deutsch-Schweiz, Bene­det­to-Ver­lag, Aadorf, 2. Aufl. 2010.

Ausflüchte, Ausflüchte, Ausflüchte

Bei aller per­sön­li­chen Fröm­mig­keit und Bil­dung die­ses Prie­sters – aus die­ser Publi­ka­ti­on wird man nicht recht schlau. Die Struk­tur ist unklar, die Aus­sa­ge­ab­sicht bleibt im Vagen.

Pfar­rer Fugel ver­tritt etwa im Zusam­men­hang mit der 1929 von der Mut­ter­got­tes gefor­der­ten Wei­he Ruß­lands die über­aus über­ra­schen­de Mei­nung, daß Ruß­land nach der Okto­ber­re­vo­lu­ti­on zu exi­stie­ren auf­hör­te. Er leg­te die Schluß­fol­ge­rung nahe, daß Ruß­land, man­gels Exi­stenz, nicht hät­te geweiht wer­den können.

Ande­rer­seits ist er (ent­ge­gen jeder Evi­denz) der Mei­nung, daß die Wei­he durch Johan­nes Paul II. die von der Mut­ter­got­tes gefor­der­te gewe­sen sei: „Die­se Wei­he erfolg­te öffent­lich durch den Hei­li­gen Vater Johan­nes Paul II. in Rom am 25. März 1984 vor dem Gna­den­bild Unse­rer Lie­ben Frau (…)“ (Ebd., 127)

Wenn Ruß­land aber erst wie­der nach Zer­fall der Sowjet­uni­on bzw. der GUS wie­der als sol­ches ins Licht der Geschich­te getre­ten sein soll, hät­te es 1984 auch nicht geweiht wer­den können.

Man muß aber zu sol­chen Aus­flüch­ten und Ver­bie­gun­gen Zuflucht neh­men, wenn man der offi­zi­el­len vati­ka­ni­schen Inter­pre­ta­ti­on Fati­mas nicht wider­spre­chen will, wenn man also annimmt, die 1984er Wei­he sei die gefor­der­te gewe­sen und die vati­ka­ni­sche Erklä­rung zum „Drit­ten Geheim­nis“ sei grund­sätz­lich glaubwürdig.

Dage­gen war die „Wei­he“ 1984 ihrer­seits eine Aus­flucht: Papst Johan­nes Paul II. hat­te sich evi­den­ter­wei­se weder durch­rin­gen kön­nen, Ruß­land nament­lich und laut und deut­lich zu nen­nen, noch auch den Wel­tepi­sko­pat in unzwei­deu­ti­ger Wei­se in die Wei­he zu invol­vie­ren. Auf S. 95ff des genann­ten Buches von Hw. Fugel ist, wie zur Bestä­ti­gung, das Wei­he­ge­bet abge­druckt, das Ruß­land eben nicht aus­drück­lich erwähnt (!).

Zu allem Über­fluß liest man dann noch auf S. 98, daß Sr. Lucia „per­sön­lich (bestä­tig­te), dass die­ser fei­er­li­che und uni­ver­sa­le Wei­he­akt dem ent­sprach, was Unse­re Lie­be Frau wollte.“

Ganz offen­sicht­lich han­delt es sich um eine Falsch­mel­dung bzw. um Sr. Lucia (die sich ja nicht weh­ren konn­te) in den Mund geleg­te Worte.

Ein öffent­li­ches Inter­view, in dem sich Sr. Lucia vor lau­fen­der Kame­ra hät­te aus­führ­lich und wahr­heits­ge­mäß äußern kön­nen, ist nicht erin­ner­lich. Mei­nen Recher­chen nach wur­de das letz­te öffent­li­che und in Druck­form ver­öf­fent­lich­te Inter­view mit der Sehe­rin von P. Augu­stin Fuen­tes am 26. Dezem­ber 1957 (!) durchgeführt.

Bekehrung als Folge der Weihe Rußlands – derzeit weder das eine noch das andere

Es ist bestür­zend, daß sol­che Mei­nun­gen in kirch­li­chen Krei­sen salon­fä­hig sind. Denn mit der Wei­he Ruß­lands, wie sie von der Mut­ter­got­tes gefor­dert wird, sind Ver­hei­ßun­gen ver­bun­den, allen vor­an die Bekeh­rung Ruß­lands und „eine Peri­ode des Frie­dens“ in der Welt. Bei­des ist evi­den­ter­wei­se nicht eingetreten.

Schon vor etwa zwei Jah­ren war mir in die­sem Zusam­men­hang ent­ge­gen­ge­hal­ten wor­den, daß Papst Johan­nes Paul II. die Bekeh­rung Ruß­lands sicher erwirkt habe, weil ja die Katho­li­ken in Ruß­land und Kasach­stan u. dgl. vie­le (Einzel-)Bekehrungen erzielt hät­ten und über­haupt viel eif­ri­ger sei­en als die Katho­li­ken im Westen.

Dage­gen muß man sagen: „Bekeh­rung“ bedeu­tet nicht, daß der Katho­li­ken­an­teil in Ruß­land und Kasach­stan oder sonst irgend­wo in der Regi­on von einem Pro­mil­le auf zwei Pro­mil­le steigt (um eine belie­bi­ge Zahl zu nen­nen). „Bekeh­rung“ heißt, daß das Schis­ma, das die ortho­do­xe Kir­che von Rom trennt, über­wun­den wird! „Bekeh­rung“ heißt, daß der Osten das gesam­te Depo­si­tum Fidei über­nimmt, selbst­ver­ständ­lich auch die vol­le Leh­re über die Got­tes­mut­ter. „Bekeh­rung“ heißt, daß die Mas­se eines Vol­kes zum katho­li­schen Glau­ben kon­ver­tiert, wie es etwa in Mexi­ko im Anschluß an das Wun­der von Gua­d­a­lu­pe 1531 geschah.

Daß die­ses Bewußt­sein bei Pfar­rer Fugel offen­sicht­lich nicht vor­han­den ist, zeigt die fol­gen­de erstaun­li­che Pas­sa­ge aus einem ande­ren sei­ner Bücher:

„‚War‘ die Sowjet­uni­on eine ‚Stra­fe Got­tes‘? Kaum! Denn das rus­si­sche Volk ist tief­gläu­big und in höch­stem Maße marianisch!“

Dar­auf fol­gen (eher unkla­re) Aus­füh­run­gen über Got­tes Lie­be und Stra­fe. (End­zeit ist nicht Welt­ende – Fati­ma und die End­zeit, Bene­det­to-Ver­lag, Aadorf, 2013)

Man reibt sich ver­wun­dert die Augen. Wie kann der Autor das Evi­den­te­ste über­se­hen, näm­lich daß in der Fati­ma-Bot­schaft Ruß­land aus­drück­lich als Mit­tel der Stra­fe bezeich­net wor­den war? Nach der Revo­lu­ti­on 1917, also nach Erschaf­fung der Sowjet­uni­on, ist Ruß­land unzwei­deu­tig eine Gei­ßel der Mensch­heit geworden.

Die Begrün­dung, die mit „denn“ ein­ge­lei­tet wird, ist sodann ein klas­si­sches non sequi­tur. Es geht näm­lich gar nicht dar­um, ob das rus­si­sche Volk damals „tief­gläu­big“ war oder nicht. Die Mut­ter­got­tes hat gesagt, Ruß­land wer­de das Werk­zeug der Züch­ti­gung der Welt sein, wenn Ruß­land nicht geweiht wird. Das ist ein­ge­tre­ten, unab­hän­gig davon, ob die ein­zel­nen Rus­sen gläu­big waren oder nicht.

In die­sem Zusam­men­hang ist zu beach­ten, daß erstens der christ­li­che Glau­be in wei­ten Tei­len Ruß­lands mit sei­nen star­ken heid­ni­schen Ein­flüs­sen dog­ma­tisch häu­fig unklar, mit Aber­glau­ben durch­setzt und spi­ri­tu­ell seicht geblie­ben war, und daß zwei­tens die rus­si­sche Revo­lu­ti­on zum aller­ge­ring­sten Teil von Rus­sen geplant und durch­ge­führt wur­de. Ein Bruch­teil der bol­sche­wi­sti­schen Kader und Kom­mis­sa­re, die Mil­lio­nen von Chri­sten ermor­den lie­ßen, waren Russen.

Und was, drit­tens, den hoch­ge­lob­ten „maria­ni­schen“ Glau­ben der Rus­sen angeht, so muß man beach­ten, daß die ortho­do­xe Kir­che, wie oben erwähnt, eben nicht alle maria­ni­schen Prä­ro­ga­ti­ve aner­kennt. Die Leh­re von der Unbe­fleck­ten Emp­fäng­nis exi­stiert in der Ortho­do­xie eben gera­de nicht als aus­drück­li­ches Dogma.

Auch das trägt zum Schmerz der Got­tes­mut­ter bei wie durch den Dor­nen­kranz in der Visi­on ersichtlich.

Es sind doch tra­gi­scher­wei­se mehr Punk­te, die die „Ortho­do­xie“ von der vol­len geof­fen­bar­ten Leh­re tren­nen, als man gemein­hin annimmt.

Es ist daher uner­find­lich, daß aus­ge­rech­net Pfar­rer Fugel, der den Osten gut kennt, genau das über­se­hen hat.

Das Problem der Fatima-Aktivisten, die „gehorsam“ sein wollen

Das Pro­blem ist, daß Lai­en und Prie­ster, die in ihrem Ver­ständ­nis von „Gehor­sam“ die der­zei­ti­ge offi­zi­el­le vati­ka­ni­sche Ver­si­on der Ereig­nis­se und Bedeu­tung von Fati­ma akzep­tie­ren, Kern und Bedeu­tung eben­die­ser Bot­schaft nicht plau­si­bel machen kön­nen: Die Kir­che selbst hat sich ja seit Papst Johan­nes XXIII. prak­tisch gegen Fati­ma aus­ge­spro­chen (die­ser beson­ders in sei­ner Eröff­nungs­re­de am Kon­zil, als er gegen „Unheils­pro­phe­ten“ mobil machte).

Sie kön­nen damit auch kaum plau­si­bel machen, wie­so man die Kon­se­quen­zen die­ser Bot­schaft auf sich neh­men soll, also etwa die Süh­ne­sams­ta­ge zu prak­ti­zie­ren, die ja von kir­chen­of­fi­zi­el­len Stel­len nie­mals vor­ge­legt werden.

Um mich zu wie­der­ho­len: Das offi­zi­el­le Rom hat weder wunsch­ge­mäß Ruß­land dem Unbe­fleck­ten Her­zen der Got­tes­mut­ter geweiht, noch die Süh­ne­sams­ta­ge ver­brei­tet, noch die Leh­re von der Höl­le ins Bewußt­sein der Gläu­bi­gen und der Nicht-Gläu­bi­gen gebracht, noch in unzwei­deu­ti­ger Art und Wei­se Indi­vi­du­en und Natio­nen zur Bekeh­rung auf­ge­ru­fen, noch das „Drit­te Geheim­nis“ publi­ziert. Die dies­be­züg­li­che berüch­tig­te anony­me vati­ka­ni­sche Pres­se­aus­sendung vom 08.02.1960 legt nahe, daß man im Vati­kan tat­säch­lich die völ­li­ge Neu­tra­li­sie­rung der Bot­schaft beab­sich­tigt hatte.

Die Erklä­rung der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on vom 26.06.2000 unter­schlägt zumin­dest, was der dama­li­ge Kar­di­nal Ratz­in­ger in einem Inter­view mit dem ita­lie­ni­schen Maga­zin Jesus 1984 gesagt hat, näm­lich, daß es im Drit­ten Geheim­nis um „Gefah­ren, die den Glau­ben und das Leben des Chri­sten, und somit der Welt, bedro­hen“, gin­ge. Von dem Atten­tat vom 13.05.81 war in die­sem Inter­view nicht (!) die Rede. Das tauch­te erst neun­zehn Jah­re spä­ter ganz über­ra­schend auf. Papst Bene­dikt sag­te dann 2010 – eben­falls ganz über­ra­schend – daß die pro­phe­ti­sche Mis­si­on Fati­mas doch noch nicht zu Ende sei.

Also was jetzt?

Es ist daher unlo­gisch, sich aus­ge­rech­net in der Sache Fati­ma an kir­chen­of­fi­zi­el­le Ver­laut­ba­run­gen, die seit dem Tod von Papst Pius XII. 1958 evi­den­ter­wei­se die­ser Bot­schaft gegen­über nega­tiv ein­ge­stellt sind, zu halten.

Glaube, Gehorsam und Loyalität – ein Dilemma

Der der kirch­li­chen Hier­ar­chie gegen­über schul­di­ge Gehor­sam des Wil­lens und des Ver­stan­des wird hier zunächst fra­gen müs­sen: Sind die dies­be­züg­li­chen vati­ka­ni­schen Ver­laut­ba­run­gen ihrer­seits ver­bind­lich? Sind sie kano­nisch kor­rekt pro­mul­giert wor­den? Stim­men sie mit der katho­li­schen Leh­re aller Zei­ten, also auch mit dem Kon­zil von Flo­renz-Fer­ra­ra (Uni­on mit dem Osten!) und dem Triden­ti­num über­ein? Ste­hen sie in der Kon­ti­nui­tät mit der Aner­ken­nung Fati­mas durch den por­tu­gie­si­schen Epi­sko­pat? Ver­mit­teln sie den Ein­druck, auf­rich­tig zu sein oder sind sie vol­ler Aus­flüch­te? Wie sind über­haupt die Früch­te der vati­ka­ni­schen Poli­tik im Gefol­ge des II. Vati­can­ums? Wie steht die vati­ka­ni­sche Poli­tik der Gegen­wart zu den Mär­ty­rern im Sowjet­block? Wie steht es mit der Selig­spre­chung von Kar­di­nal Józ­sef Minds­zen­ty und Kar­di­nal Josyf Slipyj? Wird man sich sei­tens des Vati­kans von der ver­rä­te­ri­schen „Ost­po­li­tik“ distan­zie­ren? Wird die schänd­li­che Erklä­rung von Bala­mand (1993) widerrufen?

Wird die Kir­che die gesun­de Leh­re wiederherstellen?

Es besteht kein Zwei­fel: Wir sind seit eini­gen Jahr­zehn­ten Augen­zeu­gen einer dra­ma­ti­schen Ver­wir­rung inner­halb der Hier­ar­chie, prak­tisch einer Apo­sta­sie, deren Fol­gen wir jeden Tag in unse­ren euro­päi­schen Hei­mat­län­dern sehen.

Kei­ne Fra­ge: Wenn der Glau­be auf dem Spiel steht, muß man Gott mehr gehor­chen als den Men­schen (Apg 5, 29). Denn auch Papst und Bischö­fe müs­sen sich an das Depo­si­tum Fidei hal­ten und es pro­kla­mie­ren – und zwar unzwei­deu­tig, ver­ständ­lich und ener­gisch. Ein „inter­re­li­giö­ses Gebet“, wie vor kur­zem in den vati­ka­ni­schen Gär­ten, ist defi­ni­tiv das fal­sche Zeichen.

Fazit

Als Ant­wort auf die mir gegen­über geäu­ßer­te Kri­tik bekräf­ti­ge ich mei­ne Posi­ti­on, die ich in der Serie vom März/​April ein­ge­nom­men habe.

Alle Aus­flüch­te hel­fen nichts: Ange­sichts der Ereig­nis­se in der Kir­che, beson­ders der uner­träg­li­chen Bana­li­sie­rung, ja Ver­wir­rung des Papst­tums, und ange­sichts der Ereig­nis­se in der Welt, beson­ders der mas­siv zuneh­men­den Krie­ge und Kata­stro­phen, muß auch der unbe­lehr­bar­ste Opti­mist zum Schluß kom­men, daß sich die Lage zuspitzt und apo­ka­lyp­ti­sche Zustän­de hereindräuen.

Ange­sichts des mora­li­schen Zustan­des der Mensch­heit muß man um das Heil unzäh­li­ger See­len besorgt sein. Kei­ner soll glau­ben, die bibli­schen War­nun­gen vor der Höl­le wären lee­re Drohungen.

In die­sem Zusam­men­hang müs­sen die Hier­ar­chen der Kir­che end­lich das umset­zen, was in Fati­ma gefor­dert wor­den ist. Der Bei­trag von Lai­en und Geweih­ten muß dar­in bestehen, dahin­ge­hend auf Bischö­fe und Papst ein­zu­wir­ken. Zu die­sem Zweck müs­sen auch alle Aus­flüch­te verschwinden.

Und zwar rasch.

MMag. Wolf­ram Schrems, Linz und Wien, katho­li­scher Theo­lo­ge und Phi­lo­soph, kirch­lich gesen­de­ter Katechist

 

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