Pressegespräch von Papst Franziskus: Rücktritt, Zölibat, Pius XII., wiederverheiratet Geschiedene


Papst Franziskus im Gespräch mit den Journalisten über den Nahost-Konflikt, Pius XII., wiederverheiratet Geschiedene, einen Rücktritt, den Zölibat und anderes mehr(Jeru­sa­lem) Am Mon­tag been­de­te Papst Fran­zis­kus sei­ne drei­tä­gi­ge Rei­se ins Hei­li­ge Land und kehr­te in den Vati­kan zurück. Wie bereits auf dem Rück­flug vom Welt­ju­gend­tag in Rio de Janei­ro gab das katho­li­sche Kir­chen­ober­haupt auch auf dem Rück­flug von Isra­el eine Pres­se­kon­fe­renz im Flug­zeug. Dabei nahm der Papst auch zu einem even­tu­el­len Rück­tritt Stel­lung. Eine kur­ze Zusammenfassung.

Emeritierte Päpste

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Wört­lich sag­te Fran­zis­kus: „Bene­dikt XVI. hat die Tür zu eme­ri­tier­ten Päp­sten geöff­net.“ Und wei­ter: „Ich wer­de tun, was der Herr mir sagt. Ich wer­de beten und ver­su­chen, sei­nen Wil­len zu ergrün­den.“ „Bene­dikt XVI. hat­te kei­ne Kraft mehr und als ehr­li­cher Mann des Glau­bens, demü­tig wie er ist, traf er die­se Ent­schei­dung. Vor 70 Jah­ren gab es noch kei­ne eme­ri­tier­ten Bischö­fe. Was wird mit den eme­ri­tier­ten Päp­sten gesche­hen? Wir müs­sen auf Bene­dikt XVI. wie eine Insti­tu­ti­on schau­en, er hat eine Tür auf­ge­tan, die der eme­ri­tier­ten Päp­ste. Die Tür ist offen, es wird wei­te­re geben oder nicht, nur Gott weiß das. Ich glau­be, daß ein Bischof von Rom, wenn er spürt, daß sei­ne Kräf­te zurück­ge­hen, sich die sel­ben Fra­gen stel­len muß wie Papst Benedikt.

Ohne Wunder keine Seligsprechung von Pius XII.

Auf die Fra­ge, wie es mit der Selig­spre­chung von Papst Pius XII. wei­ter­ge­he, sag­te Papst Fran­zis­kus, daß „die Cau­sa offen ist. Ich habe mich infor­miert, aber es gibt noch kein Wun­der. Es kann also nicht fort­ge­setzt wer­den. Wir müs­sen die Rea­li­tät der Cau­sa respek­tie­ren. Aber es gibt kein Wun­der: Es braucht zumin­dest eines für eine Selig­spre­chung. Ich kann nicht sagen, ob er selig­ge­spro­chen wird oder nicht.

Kei­ner der anwe­sen­den Jour­na­li­sten hat­te den Mut oder die Absicht, dar­auf auf­merk­sam zu machen, daß Papst Fran­zis­kus erst vor einem Monat Papst Johan­nes XXIII. wun­der­los nicht selig, son­dern sogar hei­lig­ge­spro­chen hat.

Wiederverheiratet Geschiedene

„Die Syn­ode wird über die Fami­lie sein, über das Pro­blem der Fami­lie und über ihre Reich­tü­mer und die aktu­el­le Situa­ti­on.“ Papst Fran­zis­kus erwähn­te aus­drück­lich die Aus­füh­run­gen von Kar­di­nal Kas­per, ohne eine Wer­tung vor­zu­neh­men. Er sag­te jedoch: „Mir gefällt es nicht, daß vie­le Men­schen, auch in der Kir­che gesagt haben: ‚Die Syn­ode fin­det statt, um den wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen die Kom­mu­ni­on zu geben‘, als wür­de sich alles auf eine Kasu­istik redu­zie­ren. Heu­te befin­det sich die Fami­lie, wie wir wis­sen, in einer Kri­se, einer welt­wei­ten Kri­se. Die Jun­gen wol­len nicht mehr hei­ra­ten, son­dern zusam­men­le­ben. Ich will nicht, daß wir uns auf die­se Kasu­istik ver­stei­fen: „Kann oder kann man nicht die Kom­mu­ni­on geben?“ Das Pro­blem der Fami­li­en­seel­sor­ge ist viel umfas­sen­der, viel viel umfas­sen­der. Man muß Fall für Fall stu­die­ren. Es ist das Ehe­nich­tig­keits­ver­fah­ren zu stu­die­ren, es ist der Glau­ben zu prü­fen, mit dem jener die Ehe schließt und es ist klar­zu­stel­len, daß Geschie­de­ne nicht exkom­mu­ni­ziert sind. Auch wenn sie oft wie sol­che behan­delt wer­den. Als The­ma der Syn­ode die Fami­lie aus­zu­wäh­len, war eine sehr star­ke geist­li­che Erfah­rung. Lang­sam beginnt man über die Fami­lie zu spre­chen. Ich bin mir sicher, daß der Geist des Herrn uns zu die­sem Punkt geführt hat.“

Päpstliche Gesten im Heiligen Land

Zu sei­nen Gesten im Hei­li­gen Land mein­te der Papst: „Die authen­tisch­sten Gesten sind jene, an die man nicht denkt. Ich habe gedacht, was ich tun könn­te, doch kei­ne der kon­kre­ten Gesten waren geplant.“ Eini­ge Din­ge, wie die Ein­la­dung an die bei­den Prä­si­den­ten Peres und Abu Mazen habe der Papst wohl wäh­rend der Fahrt bedacht, doch dann stell­ten sich sovie­le logi­sti­sche Pro­ble­me, wie zum Bei­spiel, wo das Tref­fen statt­fin­den könn­te. „Das war nicht leicht.“ Am Ende erfolg­te jedoch die Ein­la­dung „und ich hof­fe, daß das Tref­fen gut ver­lau­fen wird“, so der Papst. Fran­zis­kus beharr­te dar­auf, daß es sich bei dem Tref­fen nicht um eine Ver­mitt­ler­rol­le des Hei­li­gen Stuhls für poli­ti­sche Gesprä­che hand­le, son­dern um ein „Gebets­tref­fen“. „Mit den bei­den Prä­si­den­ten ver­sam­meln wir uns nur zum Gebet und ich glau­be, daß das Gebet wich­tig ist und hilft. Und dann wer­den wir alle nach Hau­se gehen. Es wer­den ein Rab­bi, ein Mos­lem und ich dabeisein.

Wahlen in der EU

Befragt zum Aus­gang der Wah­len zum Euro­päi­schen Par­la­ment mein­te der Papst, von den Wah­len wenig mit­be­kom­men zu haben. Gleich­zei­tig kri­ti­sier­te er das Welt­wirt­schafts­sy­stem, „in des­sen Mit­tel­punkt das Geld und nicht der Mensch steht. Die­ses System son­dert aus, um sich zu erhal­ten. Es son­dert die Kin­der aus: Die Geburts­ra­te ist nicht hoch, in Ita­li­en ist sie nied­ri­ger als zum Aus­gleich not­wen­dig, in Spa­ni­en noch nied­ri­ger. Die alten Men­schen wer­den aus­ge­son­dert auch durch die ver­steck­te Eutha­na­sie, indem man nur bis zu einem bestimm­ten Punkt Medi­ka­men­te aus­gibt. Die jun­gen Men­schen wer­den ver­wor­fen. In Ita­li­en liegt die Jugend­ar­beits­lo­sig­keit bei 40 Pro­zent, in Spa­ni­en bei 50 Pro­zent, bei 60 Pro­zent in Anda­lu­si­en. Es gibt eine gan­ze Gene­ra­ti­on, die nicht stu­diert und nicht arbei­tet. Die­se Kul­tur der Ver­schwen­dung ist sehr schwer­wie­gend. Das ist nicht nur in Euro­pa so. In Euro­pa aber ist es am mei­sten spür­bar. Die­ses Wirt­schafts­sy­stem ist ein unmensch­li­ches System, wie ich in Evan­ge­lii Gau­di­um sagte.“

Priesterzölibat

„Die katho­li­sche Kir­che hat ver­hei­ra­te­te Prie­ster im ori­en­ta­li­schen Ritus. Der Zöli­bat ist kein Glau­bens­dog­ma. Es ist eine Lebens­re­gel, die ich sehr schät­ze und von der ich glau­be, daß sie ein Geschenk für die Kir­che ist. Da es sich aber um kein Glau­bens­dog­ma han­delt, ist die Tür offen.“

Beziehungen zu den Orthodoxen

„Mit Bar­tho­lo­mä­us I. spra­chen wir über die Ein­heit“. Dabei hand­le es sich um einen Weg: „Die Ein­heit wer­den wir nie über einen Theo­lo­gie­kon­greß errei­chen“. „Wir müs­sen uns hel­fen, zum Bei­spiel mit den Kir­chen, auch in Rom. Vie­le Ortho­do­xe nüt­zen katho­li­sche Kir­chen. Wir spra­chen auch über das gesamt­or­tho­do­xe Kon­zil und über das Datum für das Oster­fest. Es ist näm­lich ein biß­chen lächer­lich: ‚Sag mir, dein Chri­stus auf­er­steht wann?‘ ‚Näch­ste Woche‘ ‚Mei­ner ist in der ver­gan­ge­nen auf­er­stan­den‘. Das Oster­da­tum ist ein Zei­chen der Einheit!“

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Infovaticana

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