(Warschau) Vor zwei Tagen, am 25. Mai verstarb in Warschau der ehemalige bekennende Atheist und kommunistische Diktator Polens, Wojciech Witold Jaruzelski (1923–2014) versehen mit den Sterbesakramenten und mit der Katholischen Kirche versöhnt.
Jaruzelski entstammte einer katholischen Familie des polnischen Kleinadels. Vor den deutschen Truppen floh die Familie nach Litauen, wo sie von den einmarschierenden sowjetischen Truppen gefangengenommen und ins Altaigebirge deportiert wurde. Jaruzelski und sein Vater hatten Zwangsarbeit zu leisten. Um dieser zu entgehen, schloß sich der 20-Jährige der in der Sowjetunion aufgestellten, aus Polen bestehenden Bering-Armee an, die an der Seite der Roten Armee gegen die Achsenmächte kämpfte.
Trotz sowjetischer Deportation Eintritt in die KP
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er in die Generalstabsakademie aufgenommen. Nachdem die Sowjets das polnische Offizierskorps 1940 in Katyn ausgelöscht hatte, baute Moskau ab 1945 eine neue, regimetreue Armee auf. Entsprechend trat Jaruzelski 1947 der seit 1945 mit sowjetischer Hilfe regierenden kommunistischen Partei Polens bei, die ab 1948 Polnische Vereinigte Arbeiterpartei (PZPR) genannt wurde. Neben seiner militärischen, machte Jaruzelski schnell auch eine politische Karriere. 1956 wurde er zum General befördert, ab 1964 gehörte er dem ZK der PZPR an. 1968 wurde er wegen seiner Regimetreue Verteidigungsminister und führte für Polen die Niederschlagung des Prager Frühlings durch.
Mit Kriegsrecht Solidarnosc unterdrückt
Als die freie Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc unter Lech Walesa das kommunistische Regime Polens erschütterte, stellte sich Jaruzelski an die Spitze des Regimes und konnte dieses noch einmal für einige Jahre festigen. 1981 wurde er Ministerpräsident Polens, übernahm die Parteiführung der PZPR und verhängte das Kriegsrecht, mit dem er die von Papst Johannes Paul II. unterstützte Solidarnosc verbot und in den Untergrund zwang. Später sollte er sich damit rechtfertigen, mit dem harten Durchgreifen eine geplante Militärintervention der Sowjetunion und des Warschauer Paktes durch eine innerpolnische Lösung verhindert zu haben. Von 1985 bis 1990 war der General polnisches Staatsoberhaupt.
Umstritten ist nach wie vor seine Rolle im kommunistischen Regime, rund um die Zerschlagung von Solidarnosc und ob der demokratische Wandel gegen seinen Widerstand erfolgte. 1997 wurde bekannt, daß Jaruzelski vor Verhängung des Kriegsrechts Moskau um Militärhilfe ersucht hatte, sollte eine Notwendigkeit dafür bestehen. 2007 wurde gegen ihn Anklage wegen kommunistischer Verbrechen erhoben. Dem ehemaligen General drohte eine Verurteilung wegen Hochverrats. Wegen seiner angeschlagenen Gesundheit wurde das Verfahren jedoch ausgesetzt.
Gnade des Glaubens
Wie es nun aus Polen heißt, starb der ehemalige kommunistische Diktator im 91. Lebensjahr mit der Katholischen Kirche versöhnt. Der erklärte Atheist und Kirchengegner wurde am Ende seines Lebens noch von der Gnade Gottes berührt. Er fand zum Glauben seiner Kindheit zurück, empfing die Sterbesakramente und starb im Schoß der Kirche. Vielleicht war dies den Gebeten vieler polnischer Landsleute zu danken, die für seine Bekehrung gebetet haben, zu denen auch der polnische Papst gehörte.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Semana