Heiligsprechung eines Missionars, aber Verzicht auf Mission?


José de Anchieta, der "Apostel Brasiliens"
José de Anchieta, der "Apostel Brasiliens"

(Rom) Papst Fran­zis­kus zele­brier­te am Don­ners­tag in der römi­schen Jesui­ten­kir­che Sant’Ignazio di Loyo­la am Cam­po Mar­zio eine Dank­mes­se für die Hei­lig­spre­chung des Jesui­ten­mis­sio­nars José de Anchie­ta (1534–1597). Der neue Hei­li­ge wird als „Apo­stel Bra­si­li­ens“ ver­ehrt. Sei­ne Hei­lig­spre­chung erfolg­te „pro gra­tia“ ohne ein regu­lä­res Hei­lig­spre­chungs­ver­fah­ren, da ein sol­ches wegen der gro­ßen zeit­li­chen Distanz undurch­führ­bar wäre. Der Mis­sio­nar und Grün­der von Sao Pau­lo in Bra­si­li­en steht im Ruf der Hei­lig­keit und wird in dem por­tu­gie­sisch­spra­chi­gen Land Latein­ame­ri­kas vom gläu­bi­gen Volk als „Natio­nal­hei­li­ger“ verehrt.

Junger Jesuit missionierte mit Glaubenseifer Brasilien

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Erst 19 Jah­re alt, war er als Mis­sio­nar in die Neue Welt auf­ge­bro­chen. Dort emp­fing er 1566 die Prie­ster­wei­he. Der hei­li­ge José de Anchie­ta wirk­te sein gan­zes Leben als Mis­sio­nar und wird als sol­cher ver­ehrt. Papst Fran­zis­kus sag­te wört­lich, daß der neue Hei­li­ge von sol­chem Glau­bens­ei­fer beseelt war, daß er „eine Nati­on grün­den konn­te“, das heu­ti­ge Brasilien.

Umso erstaun­li­cher war es, daß Papst Fran­zis­kus in sei­ner Pre­digt die Wor­te Mis­si­on, Mis­sio­nar oder Mis­sio­nie­ren nie erwähn­te. Statt des­sen ver­ur­teil­te er erneut den „Pro­se­ly­tis­mus“. Wört­lich sag­te der Papst: „Die Kir­che wächst nicht durch Pro­se­ly­tis­mus, son­dern durch die Aus­strah­lung und Anzie­hungs­kraft der Glau­bens­zeu­gen und durch die Freu­de“. Das Zeug­nis erwach­se aus der „Freu­de“, die zur Ver­kün­di­gung wer­de. „Ohne die­se Freu­de, ohne die­se Hei­ter­keit, kann man kei­ne Kir­che grün­den. Es ist eine apo­sto­li­sche Freu­de, die aus­strahlt und sich ausbreitet“.

„Proselytismus“: Nein, Mission: unausgesprochen, Freude: Ja

In sei­nem Inter­view mit dem Athe­isten Euge­nio Scal­fa­ri hat­te der Papst gesagt, daß „Pro­se­ly­tis­mus eine Rie­sen­dumm­heit“ sei. Er erteil­te damit nicht nur einer aggres­si­ven Mis­si­ons­form, wie sie eini­gen pro­te­stan­ti­schen Grup­pen vor­ge­wor­fen wird, eine Absa­ge, son­dern der Mis­si­on ins­ge­samt, da er zu Scal­fa­ri sag­te „Ich will Sie nicht bekeh­ren“ (sie­he Das voll­stän­di­ge Inter­view des Athe­isten Scal­fa­ri mit Papst Fran­zis­kus – Exi­stiert kein objek­tiv Gutes?).

Inzwi­schen weiß man, daß Scal­fa­ri die Ant­wor­ten des Pap­stes selbst for­mu­lier­te. Aller­dings ver­si­cher­te der athe­isti­sche Doy­en des vor­herr­schen­den links­li­be­ra­len Main­streams, dabei inhalt­lich genau das zusam­men­ge­faßt wie­der­ge­ge­ben zu haben, was der Papst ihm gesagt hat­te (Hin­ter­grün­de zum Papst-Inter­view – Scal­fa­ri: „Die Ant­wor­ten des Pap­stes habe ich selbst for­mu­liert“).
Anders sprach er zwei Wochen spä­ter zum Welt­mis­si­ons­tag bei der Gene­ral­au­di­enz vom 16. Okto­ber 2013 (sie­he Nein zu Bekeh­run­gen, Ja zur Mis­si­on – Wider­spricht sich der Papst selbst?). Die Kir­che hat einen Auf­trag, und der heißt „Mis­si­on“. Auf die­se spe­zi­fisch christ­li­che Kate­go­rie und die damit ver­bun­de­ne Spra­che ver­zich­tet Papst Fran­zis­kus jedoch, kri­ti­siert ener­gisch den „Pro­se­ly­tis­mus“, das „Abwer­ben“ von Anders­gläu­bi­gen, spricht aber gleich­zei­tig von einer „Aus­strah­lung“ und „Aus­brei­tung“ durch die „Freu­de“ des „Zeug­nis­ses“

Was will der Papst sagen?

Man­gels eines schlüs­sig vor­ge­tra­ge­nen Kon­zep­tes bleibt die Inter­pre­ta­ti­on der Papst­wor­te unsi­cher und es tre­ten eine Viel­zahl von Fra­gen auf. Zum Bei­spiel: Han­delt es sich um einen gene­rel­len Ver­zicht auf Mis­si­on? Was meint Papst Fran­zis­kus mit „Pro­se­ly­tis­mus“, der „kein Weg für das Wachs­tum der Kir­che“ sei? Soll die Kir­che pas­siv war­ten, bis Anders­gläu­bi­ge oder Athe­isten – durch das Zeug­nis ange­zo­gen – um die Auf­nah­me in die Gemein­schaft Kir­che bit­ten, aber in kei­ner Wei­se mis­sio­na­risch tätig wer­den? Der Ver­zicht auf die Juden­mis­si­on ist fak­tisch bereits eine Tat­sa­che, der Ver­zicht auf die Pro­te­stan­ten­mis­si­on weit­ge­hend: folgt nun ein gene­rel­ler Ver­zicht auf Mis­si­on, weil die Anders­gläu­bi­gen ja „schon“ glau­ben? Oder will der Papst ein­fach nur die „alte“ Sprach­re­ge­lung til­gen und durch eine neue erset­zen? Freu­de als Syn­onym für Mis­si­on? War­um sagt er es dann nicht?

Die päpst­li­chen Aus­sa­gen ver­wir­ren gera­de im Zusam­men­hang mit der Hei­lig­spre­chung von José de Anchie­ta, den ein­zig und allein sein Mis­si­ons- und See­len­ei­fer nach Bra­si­li­en führ­te. Er woll­te Chri­stus ver­kün­den und woll­te mis­sio­nie­ren. Wäre er sonst nicht in Euro­pa geblie­ben, hät­te sich einem ande­ren Orden ange­schlos­sen und irgend­wo ein kon­tem­pla­ti­ves Ordens- und Prie­ster­le­ben geführt?

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Wikicommons

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4 Kommentare

  1. „Wört­lich sag­te der Papst: „Die Kir­che wächst nicht durch Pro­se­ly­tis­mus, son­dern durch die Aus­strah­lung und Anzie­hungs­kraft der Glau­bens­zeu­gen und durch die Freu­de“. Das Zeug­nis erwach­se aus der „Freu­de“, die zur Ver­kün­di­gung wer­de. „Ohne die­se Freu­de, ohne die­se Hei­ter­keit, kann man kei­ne Kir­che grün­den. Es ist eine apo­sto­li­sche Freu­de, die aus­strahlt und sich ausbreitet“.“

    Das ewi­ge Freu­den­ge­fa­sel F.s erin­nert mich so frap­pant an Lori­ots „Pap­pa ante portas“.

    Die Schwe­ster der weib­li­chen Haupt­fi­gur der Rena­te Loh­se, Hed­wig und ihr Mann Hell­muth („Du und dein Mann, die­se Milch­sem­mel“) schwa­dro­nie­ren auf eine ver­gleich­ba­re, kari­kier­te Wei­se stän­dig von ihrer „Freu­de, die von innen kommt“, von ihrem „har­mo­ni­schen Mit­ein­an­der“, davon, dass sie nie­mals unter­schied­li­cher Mei­nung sind, sich nie­mals anein­an­der rei­ben, und falls sie doch ein­mal irr­tüm­li­cher­wei­se ver­schie­de­ner Ansicht sein soll­ten, „haben sie sich beson­ders lieb“. Und dann füh­ren gera­de die­se bei­den ihre inne­re Lee­re und Trau­er, ihre Kon­flikt­un­fä­hig­keit und die Hohl­heit ihrer Phra­sen am Ende des Films vor, wie immer bei Lori­ot mit warm­her­zi­gem Humor gezeichnet.

    Man darf also auf F.s freud­lo­se Reiß­zäh­ne gespannt sein, wenn einer doch mal Pro­se­ly­ten macht.

  2. Vor­ab: Nichts gegen die Hei­lig­spre­chung von José de Anchie­ta. Der hat wirk­lich sei­ne Ver­dien­ste, und die Bra­si­lia­ner ver­eh­ren ihn.
    Aber eine Dank­mes­se für die Hei­lig­spre­chung, gehal­ten von Fran­zis­kus selbst?
    „Herr, ich dan­ke Dir dafür, dass ich José de Anchie­ta hei­lig­ge­spro­chen habe.“
    Oder so irgendwie.

  3. „Statt des­sen ver­ur­teil­te er erneut den „Pro­se­ly­tis­mus“. Wört­lich sag­te der Papst: „Die Kir­che wächst nicht durch Pro­se­ly­tis­mus, son­dern durch die Aus­strah­lung und Anzie­hungs­kraft der Glau­bens­zeu­gen und durch die Freude“.“
    Die­ser Schwät­zer aus Argen­ti­ni­en nervt immer mehr. Er ist doch nur Bischof von Rom und ist vor­dem unglück­li­cher­wei­se in eine Papst­wahl rein­ge­rutscht. (Wer weiß wer da gedreht hat). Also wenn mir der Anti­christ mal über den Weg läuft wer­de ich ihn fra­gen was er vom „Pro­se­ly­tis­mus“ hält. Wenn er mir das­sel­be sagt wie der Bischof von Rom jage ich in vom Bür­ger­steig. Irgend­wo hören die Albern­hei­ten des Kon­zils­gei­stes bei mir auf. Es reicht langsam.
    Per Mari­am ad Christum.

  4. Lei­der kann das Wort die Tat nicht erset­zen, sonst wären alle schon hei­lig… und bekehrt und missioniert.
    War­um kam Jesus auf die Erde, war­um hat er nicht nur durch sei­ne Aus­strah­lung geheilt und bekehrt?
    Er hät­te laut Fran­zis­kus auch nur auf das Kreuz strah­len , aus­strah­len brau­chen, um die Welt zu erlösen.
    Das ist doch eso­te­ri­sches Geschwafel…

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