(Wien) Ein „ungehorsamer“ Pfarrer und ein suspendierter Diakon „greifen dem Vatikan vor“. Sie kündigen an, daß sie ab dem Sommer einen eigenen „Gottesdienst für wiederverheiratet Geschiedene, Schwule, Lesben und AlleinerzieherInnen“ anbieten werden, wie die Kleine Zeitung von Graz berichtet.
Das Ganze spielt in der Diözese Graz-Seckau im Pfarrverband Kirchberg an der Raab-St. Margarethen im österreichischen Bundesland Steiermark. Bernhard Preiß, der Pfarrer des Pfarrverbandes, ist einer der „ungehorsamen“ Priester der Pfarrer-Initiative des ehemaligen Wiener Generalvikars und Caritas-Direktors Helmut Schüller.
„Ungehorsamer“ Pfarrer und suspendierter Diakon
Für Preiß und seinen Diakon stehen „die Zeichen auf Veränderung“. Ab dem Sommer soll im Pfarrverband ein „Gottesdienst“ für „wiederverheiratet Geschiedene, Homosexuelle und AlleinerzieherInnen“ angeboten werden, bei dem „alle auch die Kommunion empfangen können“. Initiator und Organisator ist Diakon Gottfried Url, der sich dabei gemeinsam mit Pfarrer Preiß auf Papst Franziskus beruft. Diakon Url ist eigentlich gar nicht mehr Diakon, weil er vom Dienst suspendiert wurde. Er ist nämlich selbst geschieden und wiederverheiratet und handelt damit in eigener Sache.
„Ich habe mittlerweile viele Texte des Papstes gelesen – und überall schreibt Franziskus von Barmherzigkeit und Solidarität“, wird Url von der Kleinen Zeitung zitiert und zieht daraus ebenso eigenmächtige wie weitreichende Schlüsse. „Mein Amt ist ruhend gestellt, aber wenn ich gefragt werde, assistiere ich immer“, schildert Url sein eigenwilliges Gehorsamsverständnis. Er „assistiert“ bei Begräbnissen, Osterspeisensegnungen oder, „wie in diesem Jahr bei der Feier der Osternacht in Loipersdorf“.
Zweite Ehe „kein Widerspruch“, Hauptsache „erster Partner wird finanziell nicht hängen gelassen“
Daß eine zweite Ehe kein Widerspruch zum Ideal des lebenslangen Bundes sei, davon ist der Diakon aus verständlichen Gründen „überzeugt“. Die Lehre Christi zum Ehesakrament scheint für den „Diakon“ nicht wesentlich. „Wichtig“ ist für ihn nur, „den ersten Partner nicht vor den Kopf zu stoßen und ihn auch finanziell nicht hängen zu lassen.“ Die Ehelehre ist für ihn nur ein Produkt der Kirchengeschichte, weshalb man sich auch nicht daran halten müsse.
„Frühlingserwachen in der Kirche“ durch Papst Franziskus
Pfarrer Preiß sieht unter Papst Franziskus ein „Frühlingserwachen in der Kirche“. Im neuen Pfarrblatt 2/2014 des Pfarrverbandes schreibt er: „Frühlingserwachen heißt, daß neue Impulse, die Sonne der Liebe und der fruchtbare Regen des Vertrauens auch in der Kirche wirksam werden“. Das neue „Frühlingserwachen“ stellt Preiß in direkten Zusammenhang mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil, das „eine 400 Jahre dauernde Zeit der Beharrung und Wegweisung“ überwunden habe. Die kirchliche Lehre und ihre Verteidigung reduziert der „ungehorsame“ Pfarrer auf „Ängste, Besitzstanddenken, Ideologien, Beharrlichkeiten, Gewohnheiten und Machtfragen“. Johannes XXIII. habe die Kirche aber „reformiert“ durch die „Volkssprache“, den „Volksaltar“, die „Aufwertung der Laien gegen eine Kleriker-(Priester-)Kirche“ und das „allgemeine Priestertum aller Menschen“. Dann aber hätten sich „eher wieder die bewahrenden Kräfte durchgesetzt“. Jetzt aber, „erst mit Papst Franziskus, hört man wieder andere Töne aus Rom.“
Die österreichischen Bischöfe seien „begeistert und voller Lob“ aus Rom zurückgekehrt. Kardinal Schönborn habe eingestanden, daß man bisher zu „zaghaft“ in Rom für eine „ortskirchliche Eigenverantwortung“ und eine „Dezentralisierung“ eingetreten sei. Preiß zitiert den Kardinal mit den Worten: „Da schlage ich an meine Bischofsbrust: Wir haben uns sicher zu wenig getraut, auch zu sagen, was unsere Situation erfordert und wie wir die Dinge sehen“. „Eine gute, wenn auch späte Erkenntnis“, fühlt sich Kirchenrebell Preiß dadurch bestätigt. Entsprechend zitiert Preiß auch Worte des honduranischen Kardinal Maradiaga, mit denen dieser Glaubenspräfekt Müller kritisierte: „Die Welt mein Bruder ist nicht so. Du solltest ein wenig flexibel sein, wenn du andere Stimmen hörst“.
Von „Faschingsmesse“ bis „Homo-Gottesdienst“
Für Pfarrer Preiß gibt es keine Heilige Messe, sondern nur „Gottesdienste“. Für den vergangenen 2. März forderte er alle „Gottesdienstbesucher“ auf, „maskiert“ zur „Faschingsmesse“ zu kommen, denn „Gott liebt das Lachen“.
Url wendet sich mit seinem „Gottesdienst“ an alle „Ausgeschlossenen“, die er eigenmächtig zurückruft. Die „Gottesdienste“ sollen „abwechselnd in Kirchberg und St. Margarethen“ stattfinden und zwar viermal im Jahr „jeweils am ersten Sonntag“ einer Jahreszeit. Erster Termin ist der 22. Juni in Kirchberg.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: meinbezirk.at (Screenshot)