Künstliche Befruchtung führt ins „soziale Klonen“ – „Todesurteil für Spezies Mensch“


Jacques Testart, der "Vater" der künstlichen Befruchtung in Frankreich, warnt vor dem "sozialen Klonen" als "Todesurteil für die ganze Spzies Menschheit"(Paris) Der „Vater“ der künst­li­chen Befruch­tung, Jac­ques Test­art, warnt in einem Inter­view vor der Ver­su­chung des Pro­me­theus, „Men­schen zu pro­du­zie­ren“. Der kir­chen­fer­ne Lin­ke sag­te: „Nur die Katho­li­ken ver­ste­hen, daß wir auf dem Weg zum ‚sozia­len Klo­nen‘ sind. Nur sie lei­sten Wider­stand. Mei­ne Freun­de wol­len nicht ein­mal dar­über reden.“

Anzei­ge

In einem heu­te in der Tages­zei­tung Avve­ni­re ver­öf­fent­lich­ten Inter­view wie­der­holt Jac­ques Test­art eini­ge sei­ner gro­ßen Zwei­fel zur künst­li­chen Befruch­tung. Der über­zeug­te Lai­zist und Lin­ke ist der „Vater“ der künst­li­chen Befruch­tung in Frank­reich. Nach­dem 1978 welt­weit das erste durch künst­li­che Befruch­tung gezeug­te Kind gebo­ren wur­de, zeug­te Test­art 1982 erfolg­reich das erste fran­zö­si­sche Kind im Reagenzglas.

Seit eini­gen Jah­ren geht der Bio­lo­ge jedoch zuneh­mend auf Distanz zur künst­li­chen Befruch­tung, die er kri­tisch hin­ter­fragt. Heu­te bezeich­net er die Leih­mut­ter­schaft als „Skla­ve­rei“ und greift das Pro­me­t­hei­sche Den­ken bestimm­ter Wis­sen­schaft­ler an. Befragt zu sei­nem jüng­sten Buch Fai­re des enfants demain, sag­te er: „Im Gegen­satz zur histo­ri­schen Euge­ne­tik, die schmerz­haft und auto­ri­tär war, macht sich heu­te eine ein­ver­nehm­li­che Euge­ne­tik breit, im Sin­ne, daß die­sel­ben Per­so­nen, die ein nor­ma­les Kind wün­schen, die ver­meint­lich anor­ma­len Embryo­nen eli­mi­nie­ren las­sen. In Euro­pa hat die­ses Phä­no­men mit der In-Vitro-Fer­ti­li­sa­ti­on begon­nen und die Aus­wahl der männ­li­chen Geschlechts­zel­len durch den Arzt. Das wur­de als groß­zü­gi­ger Akt dar­ge­stellt, denn das Ziel war es ja, Kin­der zu zeu­gen, die nicht krank waren und dem Vater ähn­lich sahen.“ Doch heu­te: „Heu­te explo­diert das Phä­no­men über­all mit Samen­ban­ken und der Selek­ti­on der Embryonen.“

Zauberlehrlinge die Todesurteil für ganze Spezies Mensch unterschreiben

Künstliche Befruchtung, die Versuchung des Prometheus: reines Nützlichkeistdenken statt EthikHeu­te ist die künst­li­che Befruch­tung „ein schmerz­vol­ler Pro­zeß für die Frau­en“, so Test­art. Soll­ten die Tech­ni­ken in Zukunft ver­bes­sert wer­den, wer­de dies „zu einer Art sozia­lem Klo­nen füh­ren, ohne Klo­nen im tech­ni­schen Sinn. Eini­ge Merk­ma­le der heu­ti­gen Mensch­heit wer­den eli­mi­niert wer­den aus der Über­zeu­gung, daß die neu­en Merk­ma­le höher­wer­ti­ger und vor­teil­haf­ter sind“. Das aber stel­le eine gro­ße Gefahr für die Mensch­heit selbst dar, warnt Test­art, weil wir damit ver­su­chen den „Zau­ber­lehr­ling“ zu spie­len, obwohl wir „kei­ne Ahnung haben, wo wir hin­ge­hen“. In einem sol­chen Kon­text „gene­tisch ähn­li­che Men­schen zu fabri­zie­ren, bedeu­tet die Gefahr, für die gan­ze Spe­zi­es das Todes­ur­teil inner­halb von zwei oder drei Jahr­hun­der­ten zu unter­schrei­ben“. Viel­leicht sogar früher.

Eine soziale Frage

Das Pro­blem sei nicht nur medi­zi­ni­scher Natur, son­dern mehr noch sozia­ler und kul­tu­rel­ler, so der Bio­lo­ge. „Wenn bei­spiels­wei­se die fran­zö­si­schen Gyn­öko­lo­gen for­dern, die Eier von Frau­en ein­zu­frie­ren, die kei­ner­lei gesund­heit­li­che Pro­ble­me haben, die aber aus Kar­rie­re­grün­den oder ande­ren Grün­den im zeu­gungs­fä­hi­gen Alter kei­ne Kin­der haben wol­len, dann ist offen­kun­dig, daß es sich nicht um eine medi­zi­ni­sche Fra­ge han­delt. Es ist eine sozia­le Fra­ge. Kann man zum Bei­spiel einen Arbeit­ge­ber zwin­gen, den beruf­li­chen Auf­stieg von Frau­en mit Kin­dern nicht zu behin­dern. Es steht nicht den Ärz­ten zu, sol­che Fra­gen mit sol­chen tech­ni­schen Hilfs­mit­teln zu lösen. Es ist eine Tat­sa­che, daß heu­te 25 Pro­zent der Paa­re, die in Frank­reich eine künst­li­che Befruch­tung wün­schen, sie gar nicht brau­chen. Ein biß­chen war­ten und Geduld wür­den rei­chen“, so Testart.

Dahin­ter ste­he eine ver­zerr­te Logik, die sich mit irri­gen Visio­nen bemän­telt. „Neh­men wir zum Bei­spiel den Fall von Frau­en, die das Ein­frie­ren ihrer Eier wol­len. Man behaup­tet eine angeb­li­che unge­rech­te Ungleich­heit gegen­über Män­nern, die theo­re­tisch wäh­rend ihres gan­zen Lebens frucht­bar blei­ben. Die Gynä­ko­lo­gen bean­spru­chen, die­ses natür­li­che Ungleich­ge­wicht mit der Tech­nik zu kompensieren.“

„Nur die Katholiken verstehen, was ich sage“

Test­art füg­te am Ende des Inter­views Anmer­kung zu sei­ner per­sön­li­chen Situa­ti­on an. Er, der Lai­zist und Lin­ke, unter­stütz­te 2007 die Prä­si­dent­schafts­kan­di­da­tur des Bau­ern­ver­tre­ters, Glo­ba­li­sie­rungs­kri­ti­kers und Poli­ti­kers der Grü­nen, JosਠBové, der bei den Euro­pa­wah­len 2014 euro­pa­wei­ter Spit­zen­kan­di­dat der Grü­nen ist. Test­art, der Mit­glied des wis­sen­schaft­li­chen Bei­rats von ATTAC ist, der von 1988–2000 Mit­glied der Natio­na­len Kom­mis­si­on für Medi­zin und bio­lo­gi­sche Repro­duk­ti­on war, fin­det sich heu­te auf den­sel­ben Posi­tio­nen vie­ler Katho­li­ken wie­der, „die ein­zi­gen, die ver­ste­hen, was ich sage und etwas wider­ste­hen. Per­sön­lich quält mich das. Ich bin ein Mann der Lin­ken und ich set­ze mich dem Spott mei­ner Freun­de aus, wenn ich das sage. Die wol­len nicht ein­mal dar­über reden.“

Und wei­ter: „Ich habe kei­ner­lei reli­giö­se Erzie­hung erfah­ren, aber ich gehö­re der jüdisch-christ­li­chen Kul­tur an, obwohl ich nicht direkt ein Jude oder Christ bin. Und dann stel­le ich fest, daß die gro­ßen Reli­gio­nen nicht zufäl­lig bestimm­te gemein­sa­me Posi­tio­nen für das Wohl der Mensch­heit kon­zi­piert haben. Sie machen es mög­lich, in einer Gesell­schaft zusam­men­zu­le­ben, auch wenn histo­risch gese­hen viel­leicht auch etwas Oppor­tu­nis­mus dabei gewe­sen sein mag.“

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Tempi/​Futura

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!