Die „nicht verhandelbaren Grundsätze“, die Papst Franziskus „nie verstanden“ hat


Die "nicht verhandelbaren Werte", die Papst Franziskus "nie verstanden" hat. Die "Kontinuität" zwischen zwei Päpsten - nur welchen!?(Rom) Papst Fran­zis­kus sag­te in sei­nem Ascher­mitt­wochs-Inter­view, den Begriff „nicht ver­han­del­ba­re Wer­te“ von Bene­dikt XVI. „nie ver­stan­den“ zu haben. Ein Begriff, den er nicht brau­che und daher auch nicht ver­wen­de. Giu­lia­no Fer­ra­ra, der Chef­re­dak­teur der Tages­zei­tung „Il Foglio“ for­der­te den Papst auf, ihn sich ein­fach von Bene­dikt XVI. erklä­ren zu las­sen, wo sie doch so nahe beein­an­der wohnen.
Der katho­li­sche Kunst- und Kul­tur­kri­ti­ker Fran­ces­co Cola­femmi­na stell­te Aus­sa­gen von Papst Bene­dikt XVI. zu den unver­äu­ßer­li­chen, nicht ver­han­del­ba­ren Grund­sät­zen zusam­men. Und stellt die­sen die nie­der­wal­zen­de Aus­sa­ge von Papst Fran­zis­kus gegen­über. Hier die ergänz­te Zusam­men­stel­lung. Das jewei­li­ge Ori­gi­nal­do­ku­ment kann über das Datum auf­ge­ru­fen wer­den. Nur das erste Zitat von 2006, die Anspra­che an Ver­tre­ter der Euro­päi­schen Volks­par­tei, liegt nicht in einer vati­ka­ni­schen Über­set­zung ins Deut­sche vor.

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Gewiß, gewiß… es herrscht Kontinuität

Benedikt XVI.

30. März 2006

Was die Katho­li­sche Kir­che betrifft, so kon­zen­triert sich ihr Haupt­in­ter­es­se im öffent­li­chen Leben auf den Schutz und die För­de­rung der Men­schen­wür­de. Aus die­sem Grund schenkt sie den nicht ver­han­del­ba­ren Grund­sät­zen beson­de­re Auf­merk­sam­keit. Unter die­se ragen heu­te ein­deu­tig fol­gen­de her­vor: der Schutz des Lebens in allen sei­nen Pha­sen vom ersten Augen­blick der Zeu­gung bis zum natür­li­chen Tod; die Aner­ken­nung und För­de­rung der natür­li­chen Struk­tur der Fami­lie als einer auf die Ehe gegrün­de­ten Ver­bin­dung zwi­schen einem Mann und einer Frau, und ihre Ver­tei­di­gung gegen die Ver­su­che, sie recht­lich radi­kal ver­schie­de­nen For­men von Ver­bin­dun­gen gleich­zu­stel­len, die sie in Wirk­lich­keit schä­di­gen und zu ihrer Desta­bi­li­sie­rung bei­tra­gen, indem sie ihren beson­de­ren Cha­rak­ter und ihre sozi­al uner­setz­ba­re Rol­le ver­dun­keln; den Schutz des Rechts der Eltern, ihre Kin­der zu erziehen.
Die­se Grund­sät­ze sind nicht Glau­bens­wahr­hei­ten, auch wenn sie vom Glau­ben erleuch­tet und bestä­tigt sind; sie sind direkt in der mensch­li­chen Natur ver­wur­zelt und sind damit der gesam­ten Mensch­heit gemein­sam. Das Han­deln der Kir­che zu ihrer För­de­rung rich­tet sich daher an alle Men­schen unab­hän­gig von ihrer reli­giö­sen Zuge­hö­rig­keit. Die­ses Han­deln ist um so not­wen­di­ger, je mehr die­ses Grund­sät­ze geleug­net und miß­ver­stan­den wer­den, weil damit ein Angriff auf die Wahr­heit der mensch­li­chen Per­son erfolgt und der Gerech­tig­keit eine schwer­wie­gen­de Wun­de zuge­fügt wird.

22. Febru­ar 2007

Der Gott wohl­ge­fäl­li­ge Got­tes­dienst ist näm­lich nie­mals ein nur pri­va­ter Akt ohne Aus­wir­kun­gen auf unse­re gesell­schaft­li­chen Bezie­hun­gen. Er ver­langt das öffent­li­che Zeug­nis für den eige­nen Glau­ben. Das gilt selbst­ver­ständ­lich für alle Getauf­ten, erscheint jedoch beson­ders drin­gend für die­je­ni­gen, die wegen ihrer gesell­schaft­li­chen oder poli­ti­schen Posi­ti­on Ent­schei­dun­gen im Zusam­men­hang mit fun­da­men­ta­len Wer­ten zu tref­fen haben, wie die Ach­tung und der Schutz des mensch­li­chen Lebens von der Emp­fäng­nis bis zum natür­li­chen Tod, die auf die Ehe zwi­schen Mann und Frau gegrün­de­te Fami­lie, die Erzie­hungs­frei­heit für die Kin­der und die För­de­rung des All­ge­mein­wohls in all sei­nen For­men. Die­se Wer­te sind unveräußerlich.

12. Mai 2008

Eure Initia­ti­ve im Peti­ti­ons­aus­schuß des Euro­päi­schen Par­la­ments – dar­in bekräf­tigt ihr die Grund­wer­te des Rechts auf Leben von der Emp­fäng­nis an, auf eine auf die Ehe zwi­schen einem Mann und einer Frau gegrün­de­ten Fami­lie, des Rechts jedes emp­fan­ge­nen Men­schen dar­auf, in einer Fami­lie von Eltern gebo­ren und erzo­gen zu wer­den – bestä­tigt wei­ter den soli­den Cha­rak­ter eures Enga­ge­ments und die vol­le Gemein­schaft mit dem Lehr­amt der Kir­che, das von jeher die­se Wer­te als „nicht ver­han­del­bar“ ver­kün­det und verteidigt.

29. Juni 2009

In der Kon­kur­renz der ver­schie­de­nen Auf­fas­sun­gen vom Men­schen, von denen es in der heu­ti­gen Gesell­schaft noch mehr gibt als zur Zeit Papst Pauls VI., hat die christ­li­che Sicht­wei­se die Beson­der­heit, den unver­äu­ßer­li­chen Wert des Men­schen und den Sinn sei­nes Wach­sens zu bekräf­ti­gen und zu rechtfertigen.

16. Juni 2010

Ist nicht das Natur­recht die­se Grund­la­ge, mit den nicht ver­han­del­ba­ren Wer­ten, auf die es ver­weist? Der ehr­wür­di­ge Die­ner Got­tes Johan­nes Paul II. schrieb in sei­ner Enzy­kli­ka Evan­ge­li­um vitae Wor­te, die auch heu­te noch gro­ße Aktua­li­tät besit­zen: „Im Hin­blick auf die Zukunft der Gesell­schaft und die Ent­wick­lung einer gesun­den Demo­kra­tie ist es daher drin­gend not­wen­dig, das Vor­han­den­sein wesent­li­cher, ange­stamm­ter mensch­li­cher und sitt­li­cher Wer­te wie­der­zu­ent­decken, die der Wahr­heit des mensch­li­chen Seins selbst ent­sprin­gen und die Wür­de der Per­son zum Aus­druck brin­gen und schüt­zen: Wer­te also, die kein Indi­vi­du­um, kei­ne Mehr­heit und kein Staat je wer­den her­vor­brin­gen, ver­än­dern oder zer­stö­ren kön­nen, son­dern die sie nur aner­ken­nen, ach­ten und för­dern wer­den müssen“.

27. Mai 2011

Ander­seits ist jeder Katho­lik, ja in Wahr­heit jeder Mensch dazu auf­ge­ru­fen, mit geläu­ter­tem Gewis­sen und groß­zü­gi­gem Her­zen zu han­deln, um jene Wer­te zu för­dern, die ich wie­der­holt als „nicht ver­han­del­bar“ bezeich­net habe.

21. Dezem­ber 2012

Im Dia­log mit dem Staat und mit der Gesell­schaft hält die Kir­che für die ein­zel­nen Fra­gen gewiß kei­ne fer­ti­gen Lösun­gen bereit. Sie wird mit den ande­ren gesell­schaft­li­chen Kräf­ten um die Ant­wor­ten rin­gen, die am mei­sten dem rech­ten Maß des Mensch­seins ent­spre­chen. Was sie als kon­sti­tu­ti­ve und nicht ver­han­del­ba­re Grund­wer­te des Mensch­seins erkannt hat, dafür muß sie mit aller Klar­heit ein­tre­ten. Sie muß alles tun, um Über­zeu­gung zu schaf­fen, die dann zu poli­ti­schem Han­deln wer­den kann.

Franziskus

4. März 2014

Ich habe den Begriff nicht ver­han­del­ba­re Wer­te nie ver­stan­den. Die Wer­te sind Wer­te und fer­tig. Daher ver­ste­he ich nicht, wel­chen Sinn ver­han­del­ba­re Wer­te haben sollten.

Die Ehe ist die Ver­bin­dung von einem Mann und einer Frau. Die lai­zi­sti­schen Staa­ten wol­len die zivi­len Part­ner­schaf­ten recht­fer­ti­gen, um ver­schie­de­ne Situa­tio­nen des Zusam­men­le­bens zu regeln. Dazu wer­den sie durch die Bedürf­nis­se gedrängt, öko­no­mi­sche Aspek­te zwi­schen den Men­schen zu regeln. (…) Es han­delt sich um Ver­trä­ge des Zusam­men­le­bens unter­schied­li­cher Natur, deren ver­schie­de­ne For­men ich nicht auf­zäh­len könn­te. Es gilt die ein­zel­nen Fäl­le zu sehen und in ihrer Ver­schie­den­heit zu bewerten.

Zusam­men­stel­lung: Fran­ces­co Colafemmina/​Giuseppe Nardi
Bild: Fides et Forma

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Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

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