Kardinal Müller: „Wiederverheiratet Geschiedene? Lehre der Kirche ist eindeutig – Es wird keine Spaltung der Kardinäle geben“


Petri Stuhlfeier: Papst Franziskus und versammeltes Kardinalskollegium im Petersdom(Rom) Die Kir­che ver­kün­det, was ihr von Chri­stus anver­traut wur­de: die Unauf­lös­lich­keit der Ehe. Neue Wege? Aber nicht gegen das Wort von Jesus Chri­stus. Das Pro­blem ist nicht die Fra­ge der wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen, das Pro­blem ist die Schei­dung. Vie­le Katho­li­ken hal­ten sich nicht an das Lehr­amt? Das ist ver­werf­lich. Kurz zusam­men­ge­faßt die Aus­sa­gen von Kar­di­nal Ger­hard Lud­wig Mül­ler, die er in sei­nem jüng­sten Inter­view äußer­te, weni­ge Tage nach dem Refe­rat von Kar­di­nal Wal­ter Kas­per über „neue Wege“ für wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­ne vor dem Kar­di­nals­kol­le­gi­um. Hier das voll­stän­di­ge Inter­view des Prä­fek­ten der Glaubenskongregation.

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Der am ver­gan­ge­nen Sams­tag von Papst Fran­zis­kus zum Kar­di­nal erho­be­ne Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, Ger­hard Lud­wig Mül­ler stell­te in Rom sein jüng­stes Buch „Arm für die Armen. Die Mis­si­on der Kir­che“ (Ori­gi­nal­ti­tel Pove­ra per i poveri) vor. Ver­öf­fent­licht im Vati­kan­ver­lag steu­er­te Papst Fran­zis­kus das Vor­wort bei. Der Band ver­sam­mel­te meh­re­re Auf­sät­ze des deut­schen Kar­di­nals sowie unter ande­rem auch vom „Vater“ der Befrei­ungs­theo­lo­gie Gustavo Gut­ier­rez, einem per­sön­li­chen Freund des Glaubenspräfekten.

Das Buch wur­de von Kar­di­nal Oscar Rodri­guez Mara­dia­ga und Vati­kan­spre­cher Pater Feder­i­co Lom­bar­di vor­ge­stellt. Der Erz­bi­schof von Tegu­ci­gal­pa und Koor­di­na­tor des C8-Kar­di­nals­rats emp­fahl erst kürz­lich Mül­ler via deut­sche Medi­en in Sachen Ehe­sa­kra­ment „fle­xi­bler“ zu sein. Daher stell­te die Buch­vor­stel­lung eine inter­es­san­te Kom­bi­na­ti­on dar.

Am Ran­de der Buch­prä­sen­ta­ti­on beant­wor­te Kar­di­nal Mül­ler eini­ge Fra­gen von Vati­can Insi­der zur aktu­el­len Dis­kus­si­on über die Fami­lie und das Ehe­sa­kra­ment. Die­se The­men wer­den im Mit­tel­punkt der kom­men­den Bischofs­syn­ode im Okto­ber sein und stan­den im Mit­tel­punkt des ordent­li­chen Kar­di­nals­kon­si­sto­ri­ums am Don­ners­tag und Frei­tag der Vor­wo­che. Dort hielt ein ande­rer deut­scher Kar­di­nal, Wal­ter Kas­per, das ein­zi­ge Refe­rat vor der Dis­kus­si­on und for­mu­lier­te zur katho­li­schen Ehe­leh­re ein Ja, aber. Die von Chri­stus anver­trau­te Leh­re wer­de die Kir­che nicht ändern und kön­ne die Kir­che auch gar nicht ändern, aber … Und um die­ses „aber“, das zuvor bereits deut­sche Bischö­fe ange­regt und ein­ge­for­dert hat­ten, dreht sich nun die gan­ze Dis­kus­si­on. Kann es über­haupt ein „aber“ geben, soll es ein sol­ches geben, wenn ja, wel­chen Inhalt soll die­ses „aber“ haben. Kar­di­nal Kas­per sprach davon, daß eine Zweit­ehe in der Kir­che unmög­lich sei, weil die Unauf­lös­lich­keit der Ehe nach Jesu Wort gilt. Er kön­ne sich aber für die stan­des­amt­lich wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen nach einer Buß­zeit die Wie­der­zu­las­sung zum Kom­mu­nion­emp­fang vor­stel­len. Dage­gen reg­ten sich bereits beim Kon­si­sto­ri­um von Sei­ten ande­rer Kar­di­nä­le erheb­li­che Ein­wän­de, ange­fan­gen bei der Fest­stel­lung, daß es für die Kir­che „wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­ne“ gar nicht gibt. Die Kri­tik ver­an­laß­te Papst Fran­zis­kus am Mor­gen des zwei­ten Kon­si­sto­ri­ums­ta­ges ein unge­wöhn­li­ches Lob für Kar­di­nal Kas­per aus­zu­spre­chen. Das Kir­chen­ober­haupt ging nicht inhalt­lich auf die Dar­le­gun­gen Kas­pers ein, bezeich­ne­te sie aber grund­sätz­lich als eine „Theo­lo­gie auf den Knien“ und signa­li­sier­te damit beson­de­res Wohlwollen.

Kann es dazu kom­men, den wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen die Kom­mu­ni­on zu gewähren?

Die Schei­dung ist kein Weg für die Kir­che. Die Kir­che ist für die Unauf­lös­lich­keit der Ehe. Ich habe viel geschrie­ben, auch die Kon­gre­ga­ti­on für die Glau­bens­leh­re hat vie­le Doku­men­te ver­faßt, das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil hat viel über die Ehe gesagt und die Leh­re der Kir­che ist sehr klar.

Sie schlie­ßen also aus, daß es dazu kommt, daß die wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen wie­der zur Kom­mu­ni­on zuge­las­sen werden?

Es geht nicht um mei­ne Mei­nung. Wir haben die Leh­re der Kir­che, die auch im Kate­chis­mus aus­ge­drückt ist, im Kon­zil von Tri­ent, im vati­ka­ni­schen Kon­zil, in ande­ren Erklä­run­gen unse­rer Kon­gre­ga­ti­on. Die Seel­sor­ge kann nicht eine ande­re Aus­rich­tung haben als die Leh­re. Dok­trin und Pasto­ral sind ein und das­sel­be. Jesus Chri­stus als Hir­te und Jesus Chri­stus als Mei­ster mit sei­nem Wort sind nicht ver­schie­de­ne Personen.

Der Papst sprach von einer intel­li­gen­ten, krea­ti­ven Fami­li­en­pa­sto­ral voll Lie­be: Kann es neue Wege geben?

Neue Wege ja, aber nicht gegen den Wil­len Jesu. Die Barm­her­zig­keit Got­tes steht in kei­nem Gegen­satz zur Gerech­tig­keit Got­tes. Die Ehe ist ein Sakra­ment, das eine unauf­lös­li­che Bin­dung zwi­schen den bei­den Ehe­part­nern schafft. Neue Wege müs­sen das Wis­sen der Glau­bens­leh­re ver­tie­fen. Vie­le ken­nen sie gar nicht und den­ken, daß die Ehe nur ein Fest ist, das in der Kir­che gefei­ert wird. Die Ehe­part­ner geben sich aber das Wort, voll­stän­dig zusam­men­zu­le­ben, im Kör­per, in der Sexua­li­tät, im Geist, im Glau­ben und in der Gna­de Got­tes. Wir müs­sen jenen Men­schen hel­fen, die sich in einer sehr schwie­ri­gen Situa­ti­on befin­den, aber wenn die Ehe unauf­lös­lich ist, kön­nen wir die Ehe nicht auf­lö­sen. Die Schei­dung ist kei­ne Lösung, weil das Dog­ma der Kir­che nicht irgend­ei­ne Theo­rie von irgend­wel­chen Theo­lo­gen ist, son­dern die Leh­re der Kir­che nichts ande­res als das Wort von Jesus Chri­stus ist, das sehr klar ist. Ich kann die Leh­re der Kir­che nicht ändern.

Der Fra­ge­bo­gen, den das Sekre­ta­ri­at der Bischofs­syn­ode allen Diö­ze­sen der Welt zuge­schickt hat, brach­te zum Vor­schein, daß vie­le Katho­li­ken in unter­schied­li­chen Län­dern dem Lehr­amt der Kir­che nicht fol­gen in Sachen: Ver­hü­tung, Ehe …

Es ist ver­werf­lich, daß sie die Leh­re der Kir­che nicht ken­nen. Wir kön­nen die Offen­ba­rung und die Wor­te Jesu Chri­sti nicht redu­zie­ren, weil Katho­li­ken, und sei­en es vie­le, die Wirk­lich­keit nicht ken­nen. Es gibt vie­le, die nicht an der Sonn­tags­mes­se teil­neh­men, weil sie nicht wis­sen, wel­chen Wert sie für ihr Leben hat und oft auch gar nicht, daß es sich sogar um eine Pflicht han­delt. Wir kön­nen des­halb aber nicht sagen, daß die Mes­se weni­ger wich­tig ist! Es wäre gera­de­zu para­dox, wenn die Kir­che sagen wür­de: weil vie­le die Wahr­heit nicht ken­nen, ist die Wahr­heit für die Zukunft nicht mehr bindend.

Kann es zu die­sen The­men zu einer Spal­tung unter den Kar­di­nä­len kommen?

Nein, die Leh­re der Kir­che ist ein­deu­tig. Wir müs­sen uns um eine Ehe­pa­sto­ral bemü­hen, aber nicht nur für die wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen, son­dern für jene, die im Ehe­stand leben. Wir kön­nen uns nicht immer auf die­se ein­zi­ge Fra­ge kon­zen­trie­ren, ob sie die Kom­mu­ni­on emp­fan­gen dür­fen oder nicht. Die Pro­ble­me und die Wun­den sind die Schei­dung, die Kin­der, die nicht mehr ihre Eltern haben, son­dern mit ande­ren als ihren leib­li­chen Eltern leben müs­sen: das sind die Probleme.

Einleitung/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Con­ci­lio e Post-Concilio

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