(Rom) Der Vatikanist Andrea Tornielli veröffentlichte zwei Sätze von Papst Benedikt XVI., die angeblich aus einem Antwortschreiben desselben an ihn stammen würden. Darin erklärt er, sein Amtsverzicht sei „gültig“, es habe dafür keinen anderen Grund gegeben als sein Alter. „Spekulationen“ dazu seien „absurd“. Ebenso bestätigte er die Echtheit von ihm zugeschriebenen Sätzen, die ausgerechnet der häretische Theologe Hans Küng verbreitete. Gibt es in der Kirche zwei Päpste? Benedikt XVI. unterzeichnet als Papst und verwendet Papier mit dem Briefkopf „emeritierter Papst“. Franziskus bezeichnet sich als „Bischof von Rom“ und unterzeichnet nur mit „Franciscus“. Der traditionsverbundene Blog „Chiesa e post concilio“ sieht hinter dem angeblichen Brief Benedikts XVI. ein durchsichtiges Manöver der regierenden Kirchenleitung, verbreitete Zweifel und ein Unbehagen im gläubigen Volk zum Schweigen zu bringen. Tornielli hat das angebliche „Schreiben“ nicht abgedruckt. Vor allem kommt es nicht ihm zu, an Stelle des Heiligen Stuhls zu dementieren oder richtigzustellen. Schon gar nicht Dinge von solcher Tragweite. Vor allem aber ist Tornielli nicht mit den Acta Apostolica Sedis zu verwechseln. Kurzum, die Meldung erinnert an eine andere Medienente im vergangenen Sommer, als ein „großer Unbekanter“ von einem angeblichen Besuch bei Benedikt XVI. berichtete und davon, daß dieser gesagt habe, der Heilige Geist habe ihm zum Rücktritt geraten (siehe eigenen Bericht Benedikts Rücktritt: „Gott hat es mir gesagt“? – Medienente des „großen Unbekannten“). Tornielli sei in dieser Aktion nur ausführendes, wahrscheinlich selbst mißbrauchtes Organ anderer, so „Chiesa e post concilio“. Wir dokumentieren den Kommentar als Beitrag zur aktuellen Diskussion in der Kirche.
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Tornielli zitiert einige Sätze Benedikts XVI., die zu „einem Brief“ werden
von Chiesa e post concilio
Die Nachricht hat bereits die Runde um die Welt gemacht. Tornielli veröffentlicht einen „Brief“ von Benedikt XVI., in dem der „emeritierte Papst“ seinen Amtsverzicht für gültig erklärt und bestätigt, daß es keinen anderen Grund dafür gibt als das „vorgerückte Alter“. Zudem bestätigt er, Hans Küng (!) die vielzitierten Worte über die „Identität der Sichtweise“ zwischen ihm und Franziskus geschrieben zu haben, und seinen Willen bis zum Ende seiner Tage nichts anderes als ein „Beter“ sein zu wollen.
Ich bin Orwellschen Despotismus leid
Ich bin es ehrlich leid. Leid von den sogenannten „katholischen Journalisten“, vor allem aber von der Hierarchie wie ein Schwachsinniger (im wörtlichen Sinn des Wortes) behandelt zu werden. Ich bin es leid, mißhandelt, beurteilt (mit „Barmherzigkeit“) und verurteilt zu werden und in der Äußerung von Zweifeln durch arrogante und ständige Aggressionen behindert zu werden. Ich bin diese Art von „Orwellschem Despotismus“ leid, in dem allein die „Galeeren“ jener zählen, die „dominieren“. Denn die „schönen Worte“ über „Dienst und Demut“ klingen nur wie heiße Luft.
Bestimmte Gläubige, mag sein, daß sie Minderheit sind, werden einfach ignoriert oder gnadenlos angegriffen. Gegen sie scheint erlaubt, was der „emeritierte Papst“ von sich selbst sagte zu den Reaktionen, als er gegenüber den Bischöfen der Piusbruderschaft einen Akt der Gerechtigkeit setzte: totaler und ungerechtfertigter Haß. Der Haß zeigt sich in ganz unterschiedlichen Formen: eine davon ist die Gleichgültigkeit (die höchste Form der Verabscheuung) gegenüber dem geistlichen Leben und der Seele der Gläubigen. Ob es sich dabei um einen Gläubigen handelt oder viele, spielt keine Rolle. Beschämend ist auch der Ton, die Abscheu und die Aggression mit der jene behandelt werden, die „zweifeln“. Die Anschuldigungen gehen weit über ein normales Urteil und die Verallgemeinerungen schöner Post „der Despoten“ hinaus. Jedes Argument wird minimiert, delegitimiert, egal wer es vorbringt. Dabei werden beliebig Etiketten verpaßt, manchmal niederträchtige, gerade so, wie es paßt.
Zur Gedächtnisauffrischung: Die Werke der Barmherzigkeit
Offensichtlich haben diese „demütigen Diener“ vergessen, daß in der Kirche nicht wichtig ist, WER etwas sagt, sondern WAS er sagt. Zudem scheinen sie vergessen zu haben, was die geistigen Werke der gerade so modisch besungenen Barmherzigkeit sind:
- Die Unwissenden lehren
- Den Zweifelnden recht raten
- Die Betrübten trösten
- Die Sünder zurechtweisen
- Die Lästigen geduldig ertragen
- Denen, die uns Beleidigen, gerne verzeihen
- Für die Lebenden und die Toten beten
Wenn also berechtigte Kritik und legitime Zweifel geäußert werden, dann müssen diese klar und eindeutig geklärt und aufgelöst werden. Wenn die Gläubigen sich in der Verwirrung befinden, ist es die Pflicht der heiligen Hirten wirklich ihrem Seelenheil zu dienen und sie auf den rechten Weg zurückzuführen. Geschwätz allein genügt nicht.
Was ändert der Artikel Torniellis an der aktuellen Situation? Nichts. Der „emeritierte Papst“ schreibt ihm zwei Zeilen, was wir gar nicht in Zweifel ziehen wollen, aus denen er eine Meldung macht. Das Problem löst sich doch nicht mit einem einfachen Dementi. Der „emeritierte Papst“ soll die Zweifel mit den Fakten klären. In diesem Sinn richte ich einen dringenden Appell an ihn.
Warum verzichtet Benedikt XVI. dann nicht auf päpstliche Würde?
Wenn sein Amtsverzicht gültig ist, dann möge er ihn ohne Formfehler wiederholen, die ausreichen, um ihn kirchenrechtlich ungültig sein zu lassen, dann verzichte er auf die päpstliche Würde und die päpstlichen Symbole und Insignien, dann verzichte er vor allem aber darauf, Papst zu sein, dann ziehe er sich wirklich und vollkommen zurück. Wenn er sich wirklich in „völliger Übereinstimmung“ mit Franziskus befindet, dann verleugne er offiziell sein Lehramt im Zusammenhang mit der Tradition, einschließlich dem Motu proprio Summorum Pontificum, das der Kirche schon so viel Gutes erwiesen hat und das nun so offenkundig geleugnet wird.
Es ist Zeit, mit dem Diktat aufzuhören. Das scheint ein Reich des Chaos zu sein, statt die Kirche. Der Despotismus der „Galeeren“, des „Sie wissen nicht wer ich bin“ und „du mußt blindlings gehorchen“ ist vorbei. Die Hirten sollen die Schafe weiden, die ihnen anvertraut wurden. Sie werden dafür Rechenschaft ablegen müssen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Chiesa e post concilio