Das Turiner Grabtuch ist echt! – Drei neue Datierungsmethoden weisen ins 1. Jahrhundert


Turiner Grabtuch - Ausdruck und Beleg der Auferstehung Jesu Christi von den Toten.

Turiner Grabtuch ist echt und stammt aus dem 1. Jahrhundert nach Christus. Drei neue Datierungsmethoden(Turin) Das Grab­tuch von Turin ist für die Gläu­bi­gen eine Reli­quie und daher Gegen­stand der Ver­eh­rung. Laut katho­li­scher Über­lie­fe­rung han­delt es sich um das Lei­nen­tuch, in das der Leich­nam Jesu nach sei­nem Tod am Kreuz ein­ge­wickelt und in dem er in das Grab des Joseph von Ari­mat­häa gelegt wur­de. Das Evan­ge­li­um über­lie­fert, daß am drit­ten Tag ein Engel vor dem offe­nen Grab stand, obwohl es von Sol­da­ten bewacht war. Chri­stus war mit sei­nem Leib auf­er­stan­den. Im lee­ren Grab fand sich nur mehr sein Leichentuch.
Das Lei­nen­tuch mit den Umris­sen eines ver­wun­de­ten Man­nes fas­zi­niert die Men­schen und stellt die Wis­sen­schaft nach wie vor vor gro­ße Rät­sel. Kir­chen­fer­ne tun sich beson­ders schwer damit. Der Fas­zi­na­ti­on des Tuches kön­nen sie sich nicht ent­zie­hen. Eine über­na­tür­li­che Ent­ste­hung wol­len sie aber nicht gel­ten las­sen. Da kom­men dann auch reich­lich abstru­se Theo­rien auf, wie jüngst die in eini­gen gro­ßen Medi­en ver­brei­te­te The­se, die Dar­stel­lung auf dem Tuch sei durch ein schwe­res Erd­be­ben entstanden.

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Giu­lio Fan­ti, Pro­fes­sor für Tech­ni­sche Che­mie an der Uni­ver­si­tät Padua ver­öf­fent­lich­te soeben zusam­men mit Pier­andrea Mal­fi ein neu­es Buch über das Turi­ner Grab­tuch. Der Titel lau­tet: La Sin­do­ne: pri­mo seco­lo dopo Cri­sto! (Das Grab­tuch. Erstes Jahr­hun­dert nach Chri­stus!, Edi­zio­ni Seg­no, 425 Sei­ten, 20 Euro). „Dank eines Pro­jekts der Uni­ver­si­tät Padua war es mög­lich, auf der Grund­la­ge mecha­ni­scher und opto-che­mi­scher Ana­ly­sen alter­na­ti­ve Datie­rungs­me­tho­den für das Grab­tuch von Turin zu ent­wickeln. Die Ergeb­nis­se die­ser Ana­ly­sen erga­ben Datie­run­gen, die alle unter­ein­an­der kom­pa­ti­bel sind und bei einer Schwan­kungs­brei­te von 250 Jah­ren als Mit­tel­wert das Jahr 33 nach Chri­stus erge­ben.“ Vati­can Insi­der führ­te mit Pro­fes­sor Giu­lio Fan­ti ein Interview.

War­um das Aus­ru­fungs­zei­chen im Titel?

Fan­ti: An sich eine Sinn­wid­rig­keit, weil mei­ne Datie­run­gen falsch sein könn­ten. Ich habe es jedoch absicht­lich gesetzt als Ant­wort auf das, was nach der Radio­koh­len­stoff­da­tie­rung von 1988 gesche­hen ist, als die damals betei­lig­ten Wis­sen­schaft­ler ein „abschlie­ßen­des“ Ergeb­nis ver­öf­fent­lich­ten, das gewis­ser­ma­ßen nicht mehr dis­ku­tier­bar sein soll­te. Aus wis­sen­schaft­li­cher Sicht gibt es aber nichts, was nicht dis­ku­ta­bel wäre. Und so war es dann ja auch. Sie lagen falsch. Die Wis­sen­schaft­ler damals lie­ßen sich vor einer Tafel foto­gra­fie­ren, auf der das Ergeb­nis ihrer Radio­koh­len­stoff­da­tie­rung stand, das mit einem Aus­ru­fungs­zei­chen ver­se­hen war. Als Ant­wort auf die­ses Foto habe ich nun im Titel unse­res Buches eben­so ein Aus­ru­fungs­zei­chen gesetzt: eine klei­ne Provokation.

Die Radio­koh­len­stoff­da­tie­rung von 1988 dekre­tier­te, daß das Grab­tuch aus dem Mit­tel­al­ter stam­me. Sie sagen, daß das nicht stimmt. Könn­ten aber nicht auch Ihre neu­en Datie­run­gen falsch sein?

Fan­ti: Wir wis­sen, daß die Radio­koh­len­stoff­da­tie­rung von 1988 falsch ist. Das wur­de durch eine Rei­he von Auf­sät­zen in inter­na­tio­na­len Fach­zeit­schrif­ten nach­ge­wie­sen. Die dama­li­ge Datie­rung ließ eini­ge Aspek­te außer Betracht, so auch das Phä­no­men eines Bran­des. Nach den Ana­ly­sen von 1978 und 1988 wur­de das Grab­tuch dem Monoter­pen Thy­mol aus­ge­setzt, einem sehr star­ken Bak­te­ri­zid, das jedoch den C‑14-Anteil vor allem auf alten Tex­ti­li­en ver­än­dert. Aus che­mi­scher Sicht weiß man daher: soll­te das Grab­tuch heu­te erneut einer C‑14-Ana­ly­se unter­zo­gen wer­den, wür­de sich die Thy­mol-Ein­wir­kung auf die Datie­rung nie­der­schla­gen. Das sage ich nicht, um zu kri­ti­sie­ren, was damals gemacht wur­de. Aller­dings kann sich das Grab­tuch dadurch im Lauf von zwan­zig oder drei­ßig Jah­ren ver­jüngt haben. Im Licht des­sen, was in die­sen jüng­sten Jahr­zehn­ten gesche­hen ist: Wer kann uns sagen, daß das Grab­tuch im ersten Jahr­tau­send nicht mit irgend­ei­nem Kon­ser­vie­rungs­stoff auf­be­wahrt wur­de, der erheb­lich ein­ge­wirkt hat? Heu­te wis­sen wir jeden­falls, daß die Radio­kar­bon­da­tie­rung für das Grab­tuch syste­ma­ti­sche Pro­ble­me auf­wirft, weil der natür­li­che Zer­falls­pro­zeß theo­re­tisch zwar kon­stant ist, aber durch äuße­re Ereig­nis­se, von denen wir kei­ne Kennt­nis haben, ver­än­dert wor­den sein kann. Des­halb haben wir die­se alter­na­ti­ven Datie­run­gen ent­wickelt. Ich konn­te dabei ver­schie­de­ne Metho­den wis­sen­schaft­lich syste­ma­ti­sie­ren und dabei bestä­ti­gen, was der ame­ri­ka­ni­sche Che­mi­ker Ray Rogers bereits vor eini­gen Jah­ren durch eine Ana­ly­se fest­ge­stellt hat­te: das Grab­tuch ist älter als das Mit­tel­al­ter. Ich prä­sen­tie­re im Buch drei von­ein­an­der unab­hän­gi­ge Metho­den, deren Ergeb­nis­se jedoch alle unter­ein­an­der über­ein­stim­men. Alle datie­ren das Grab­tuch viel frü­her als die Radio­koh­len­stoff­ana­ly­se und deut­lich vor dem Mit­tel­al­ter, näm­lich ins 1. Jahr­hun­dert nach Chri­stus. Wir haben heu­te damit fünf ver­schie­de­ne Datie­rungs­me­tho­den: die Radio­kar­bon­me­tho­de, mei­ne drei und jene von Rogers. Auch wir könn­ten uns geirrt haben. Doch vier ver­schie­de­ne von­ein­an­der unab­hän­gi­ge Metho­den, die zum sel­ben Ergeb­nis gelan­gen, spre­chen dann doch eine deut­li­che Spra­che. Solan­ge die­se Ergeb­nis­se nicht wider­legt wer­den, und ich kann mir kaum vor­stel­len, wie das mög­lich sein soll­te, haben die­se Ergeb­nis­se wis­sen­schaft­li­che Gül­tig­keit. Damit hat das 1. Jahr­hun­dert nach Chri­stus die größ­te Wahr­schein­lich­keit als Ent­ste­hungs­zeit­raum für das Turi­ner Grab­tuch. Die­se Datie­rung ent­spricht genau der Zeit, in der Jesus von Naza­reth in Palä­sti­na gelebt hat. Wir war­ten nun auf die Reak­tio­nen der übri­gen Wis­sen­schafts­welt. Bis­her erreich­ten uns nur bestä­ti­gen­de und zustim­men­de Reak­tio­nen, aber kei­ne Widerlegung.

Wer ist aber der auf dem Grab­tuch dar­ge­stell­te Mann?

Fan­ti: Wenn wir im wis­sen­schaft­li­chen Rah­men blei­ben, kön­nen wir ihm kei­nen Namen geben. Inter­es­sant ist jedoch, daß alle Indi­zi­en – und davon gibt es ins­ge­samt Hun­der­te – auf eine bestimm­te Per­son hin­wei­sen und die­ser ent­spre­chen. Zum Bei­spiel, um ein­fach ein Indiz her­aus­zu­grei­fen: Die Römer kreu­zig­ten Zehn­tau­sen­de von Men­schen, wes­halb der Mann des Grab­tuchs einer von die­sen vie­len sein könn­te. Dem ist aber nicht so, weil die Kreu­zi­gung des Man­nes auf dem Lei­nen­tuch beson­ders war und es schwer vor­stell­bar ist, daß ande­re Kreu­zi­gun­gen genau­so statt­ge­fun­den haben, wie es bereits im ersten Jahr­hun­dert beschrie­ben wur­de: es sind die Kopf­wun­den einer Dor­nen­kro­ne; die Kreu­zi­gung war eine Stra­fe für sich, im Fal­le von Jesus kam jedoch auch die Stra­fe der Gei­ße­lung dazu, weil Pon­ti­us Pila­tus ihn eigent­lich hart stra­fen, aber dann frei­las­sen woll­te, statt­des­sen wur­de eine dop­pel­te Bestra­fung dar­aus. Der Mann des Lei­nen­tu­ches weist auch die Wun­den einer har­ten Gei­ße­lung auf. Die­se dop­pel­te Stra­fe war für die Römer unty­pisch, weil unlo­gisch, da die höhe­re Stra­fe ohne­hin die Todes­stra­fe war. Wie die­se gibt es zahl­rei­che wei­te­re Indi­zi­en. Um nicht zu glau­ben, muß ein Mensch ange­sichts der Indi­zi­en- und Fak­ten­fül­le schon sei­nen gan­zen Wil­len aufbringen.

Wie kann die Dar­stel­lung des Man­nes auf dem Lei­nen­tuch ent­stan­den sein?

Fan­ti: Da es noch immer kei­ne Mög­lich­keit gibt, den Vor­gang zu wie­der­ho­len, ist die Ent­ste­hung nicht mit wis­sen­schaft­li­cher Klar­heit zu erklä­ren. Beim der­zei­ti­gen Wis­sens­stand scheint es sich um eine Explo­si­on von Ener­gie gehan­delt zu haben, die aus dem Inne­ren des ein­ge­wickel­ten Kör­pers kam. Die­se Ener­gie war wahr­schein­lich elek­trisch und ent­fal­te­te ein beson­de­res Phä­no­men, das Koro­na­ent­la­dung genannt wird (eine Myria­de von Mikro­ent­la­dun­gen zwi­schen Elek­tro­den von sehr hohem Poten­ti­al). Wäh­rend aus wis­sen­schaft­li­cher Sicht beträcht­li­che Schwie­rig­kei­ten bestehen, sich das Umfeld vor­zu­stel­len, in dem sich die­ses Phä­no­men statt­fin­den könn­te (sehr star­ke Erd­be­ben oder Gewit­ter), erklärt sich alles exakt aus Sicht der katho­li­schen Reli­gi­on. Die Auf­er­ste­hung mit dem dar­aus fol­gen­den Aus­tritt aus dem Lei­chen­tuch, der mecha­nisch trans­pa­rent wur­de. Das ist nicht die „Phan­ta­sie“ irgend­ei­nes leich­gläu­bi­gen Fide­i­sten, son­dern durch zahl­rei­che wis­sen­schaft­li­che Indi­zi­en gestützt. Wir haben einer­seits die Aus­sa­gen von Augen­zeu­gen und ein zeit­ge­nös­si­sches schrift­li­ches Doku­ment. Und wir haben das Grab­tuch von Turin. Die Ergeb­nis­se sind kom­pa­ti­bel und sind als Über­ein­stim­mung auch wis­sen­schaft­lich haltbar.

Wel­chen Indi­zi­en mei­nen Sie im Besonderen?

Fan­ti: Zum Bei­spiel das mensch­li­che Blut, das sich im Lei­chen­tuch erneut ver­flüs­sig­te, als die­ses dem feuch­ten Ambi­en­te des Gra­bes aus­ge­setzt war. Ein Phä­no­men, das Fibri­no­ly­se genannt wird und das Abdrücke auf dem Lei­nen­ge­we­be hin­ter­las­sen hat ohne die gering­ste Spur einer Ver­wi­schung, die hin­ge­gen selbst­ver­ständ­lich und unver­meid­lich gewe­sen wäre, wenn die ein­ge­wickel­te Lei­che phy­sisch bewegt und aus dem Lei­nen­tuch aus­ge­wickelt wor­den wäre. Es sind zwei unter­schied­li­che Schich­ten des Grab­tuchs um den Kör­per des Man­nes erkenn­bar: eine die enger gewickelt war wäh­rend des Aus­tre­tens des Blu­tes; eine fla­che­re, die auf die Ener­gi­ent­la­dung zurück­geht, durch die die ein­zi­ge „Pho­to­gra­phie“ ent­stand, die Jesus uns von sich und sei­ner schmerz­vol­len Pas­si­on hin­ter­las­sen hat.

Einleitung/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Wikicommons

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