„Lügen! Ich wurde betrogen!“ – Gewagte Aussage von Papst Franziskus über Maria


(Vati­kan) In der täg­li­chen Mor­gen­pre­digt im Domus Sanc­tae Mart­hae stell­te Papst Fran­zis­kus am 20. Dezem­ber die Aller­se­lig­ste Got­tes­mut­ter Maria als Iko­ne des Schwei­gens dar, die das Geheim­nis Got­tes in sich trägt. Doch über die Hal­tung Mari­ens auf Kal­va­ria äußer­te der Papst am Frei­tag völ­lig neue Gedan­ken. Formt Papst Fran­zis­kus die maria­ni­sche Theo­lo­gie um? Maria nicht als Mit­erlö­se­rin, son­dern als Rebel­lin? Oder alles in einem und allen alles, wie es der Welt von heu­te beson­ders gefällt? Wört­lich sag­te der Papst:

Bezichtigte Maria Gott des Betruges?

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„Das Evan­ge­li­um sagt uns nichts: ob sie ein Wort gesagt hat oder nicht… Sie war still, doch in ihrem Her­zen – wie­viel sag­te sie doch dem Herrn! ‚Du hast mir damals gesagt – das ist es, was wir gele­sen haben –, daß er groß sein wird. Du hast mir gesagt, daß du ihm den Thron sei­nes Vaters David geben wirst, daß er über das Haus Jakob in Ewig­keit herr­schen wird. Und jetzt sehe ich ihn dort!’ Die Got­tes­mut­ter war mensch­lich! Und viel­leicht hät­te sie die Lust gehabt zu sagen: ‚Lügen! Ich bin betro­gen wor­den!’. Johan­nes Paul II. sag­te dies, als er von der Got­tes­mut­ter in jenem Moment sprach. Sie aber hat, mit der Stil­le, das Geheim­nis über­schat­tet, das sie nicht ver­stand, und mit die­ser Stil­le hat sie zuge­las­sen, daß die­ses Geheim­nis wach­sen und in der Hoff­nung erblü­hen kann“.

Die­se Pas­sa­ge der mor­gend­li­chen Pre­digt von Papst Fran­zis­kus wur­de von der Ita­lie­ni­schen Redak­ti­on von Radio Vati­kan ver­öf­fent­licht. Die Deut­sche Redak­ti­on berich­te­te wie jeden Tag auch über die­se Pre­digt, ließ die­se Stel­le aller­dings aus. War sie der Redak­ti­on zu „bedenk­lich“?

Gewagte Interpretation von Papst Franziskus

Die gewag­te Inter­pre­ta­ti­on, die Papst Fran­zis­kus dem Schwei­gen der Got­tes­mut­ter Maria gibt, läßt spon­tan zwei Fra­gen auf­kom­men. Die erste Fra­ge, die sich auf­drängt ist: In wel­chem Doku­ment oder in wel­cher Anspra­che soll­te Papst Johan­nes Paul II. der Jung­frau und Got­tes­mut­ter sol­che Wor­te in den Mund gelegt haben?

Eini­ges Suchen und der Hin­weis eines Kol­le­gen läßt fün­dig wer­den. Die Stel­le bezieht sich auf die Enzy­kli­ka Redempto­ris Mater des pol­ni­schen Pap­stes über die Seli­ge Jung­frau Maria im Leben der Pil­gern­den Kir­che. Doch, was Papst Fran­zis­kus sei­nen Vor­gän­ger Johan­nes Paul II. sagen läßt, ent­spricht nicht dem, was dort gesagt wird. Der Unter­schied in Inhalt und Spra­che ist ver­blüf­fend. Hier die Wor­te Johan­nes Pauls II.:

Johannes Paul II. sagte etwas anderes

Die­se Selig­prei­sung erreicht ihre vol­le Bedeu­tung, als Maria unter dem Kreu­ze ihres Soh­nes steht (vgl. Joh 19, 25). Das Kon­zil betont, daß das „nicht ohne gött­li­che Absicht“ geschah: Dadurch daß Maria „hef­tig mit ihrem Ein­ge­bo­re­nen litt und sich mit sei­nem Opfer in müt­ter­li­chem Geist ver­band, indem sie der Dar­brin­gung des Opfers, das sie gebo­ren hat­te, lie­be­voll zustimm­te“, bewahr­te sie „ihre Ver­bun­den­heit mit dem Sohn in Treue bis zum Kreuz“: die Ver­bun­den­heit durch den Glau­ben, den­sel­ben Glau­ben, mit dem es ihr mög­lich gewor­den war, im Augen­blick der Ver­kün­di­gung die Offen­ba­rung des Engels anzu­neh­men. Sie hat­te damals auch die Wor­te ver­nom­men: „Er wird groß sein… Der Herr wird ihm den Thron sei­nes Vaters David geben. Er wird über das Haus Jakob in Ewig­keit herr­schen, und sei­ne Herr­schaft wird kein Ende haben“ (Lk 1, 32–33).

Und nun, zu Füßen des Kreu­zes, ist Maria, mensch­lich gespro­chen, Zeu­ge einer völ­li­gen Ver­nei­nung die­ser Wor­te. Ihr Sohn stirbt an jenem Hol­ze wie ein Aus­ge­sto­ße­ner. „Er wur­de ver­ach­tet und von den Men­schen gemie­den, ein Mann vol­ler Schmer­zen …; er war ver­ach­tet, und man schätz­te ihn nicht“: fast völ­lig ver­nich­tet (vgl. Jes 53, 3–5). Wie groß, wie hero­isch ist somit „der Gehor­sam des Glau­bens“, den Maria ange­sichts die­ser „uner­gründ­li­chen Ent­schei­dun­gen“ Got­tes zeigt. Wie hat sie sich ohne Vor­be­halt „Gott über­ant­wor­tet“, indem sie sich dem­je­ni­gen „mit Ver­stand und Wil­len voll unter­wirft“, des­sen „Wege uner­forsch­lich sind“ (vgl. Röm 11, 33)! Und wie mäch­tig ist zugleich das Wir­ken der Gna­de in ihrer See­le, wie durch­drin­gend der Ein­fluß des Hei­li­gen Gei­stes, sei­nes Lich­tes und sei­ner Kraft.

Durch die­sen Glau­ben ist Maria voll­kom­men mit Chri­stus in sei­ner Ent­äu­ße­rung ver­bun­den. Denn obwohl Jesus Chri­stus „Gott gleich war, hielt er nicht dar­an fest …, son­dern er ent­äu­ßer­te sich und wur­de wie ein Skla­ve und den Men­schen gleich“: Gera­de hier auf Gol­go­ta „ernied­rig­te er sich und war gehor­sam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz“ (vgl. Phil 2, 8). Und am Fuß des Kreu­zes nahm Maria durch den Glau­ben teil an dem erschüt­tern­den Geheim­nis die­ser Ent­äu­ße­rung. Dies ist viel­leicht die tief­ste „kenosis“ (Ent­äu­ße­rung) des Glau­bens in der Geschich­te des Men­schen: Durch den Glau­ben nimmt Maria teil am Tod des Soh­nes – an sei­nem Erlö­ser­tod. Im Gegen­satz zum Glau­ben der Jün­ger, die flo­hen, besaß sie aber einen erleuch­te­te­ren Glau­ben. Durch das Kreuz hat Jesus auf Gol­go­ta end­gül­tig bestä­tigt, daß er das „Zei­chen ist, dem wider­spro­chen wird“, wie Sime­on vor­her­ge­sagt hat­te. Gleich­zei­tig haben sich dort auch jene Wor­te erfüllt, die die­ser an Maria gerich­tet hat­te: „Dir selbst aber wird ein Schwert durch die See­le drin­gen“. [Redempto­ris Mater, 18]

Die Dar­le­gun­gen Johan­nes Pauls II. ste­hen in kei­nem Zusam­men­hang mit dem, was Papst Fran­zis­kus ihnen zuschreibt. Der Glau­ben Mari­as wird von Johan­nes Paul II. als „hero­isch“ und „erleuch­tet“ bezeich­net im Ver­gleich zum Gluaben der Jün­ger. In der Enzy­kli­ka fin­det sich nicht der gering­ste Hin­weis auf irgend­wel­che even­tu­el­le Zwei­fel der Jung­frau und Gottesmutter.

Worauf stützt Papst Franziskus seine Aussage?

Die zwei­te Fra­ge betrifft hin­ge­gen den grö­ße­ren Zusam­men­hang der Offen­ba­rung und der Theo­lo­gie: Auf wel­che theo­lo­gi­schen Argu­men­te stützt sich Papst Fran­zis­kus, um ein so – nen­nen wir es mit gebo­te­ner Zurück­hal­tung – „unge­stü­mes“ Urteil über die Aller­se­lig­ste, All­rei­ne Jung­frau Maria aus­zu­spre­chen? Wir haben beim besten Wil­len kei­ne Ahnung.

Wären sie tat­säch­lich so von der Got­tes­mut­ter aus­ge­spro­chen oder gedacht gewe­sen, müß­ten sie gera­de­zu als blas­phe­misch bezeich­net wer­den. Das aber wider­spricht der gesam­ten lie­be­voll-bewun­dern­den Ver­eh­rung für die Got­tes­mut­ter, die ihr die Kir­che seit jeher zuteil wer­den läßt. Doch die Zwei­fel und die Fra­gen, die Papst Fran­zis­kus Maria in den Mund legt, haben kei­ne Ent­spre­chung in der Offen­ba­rung, um so weni­ger in der kirch­li­chen Tra­di­ti­on oder bei den Kir­chen­vä­tern. Woher kom­men sie dann aber? Sie ent­spre­chen nicht der Hei­li­gen Schrift und nicht der kirch­li­chen Leh­re, son­dern dem Den­ken Jor­ge Mario Berg­o­gli­os. Gedan­ken, die der neue Papst bereits mehr­fach anklin­gen ließ oder direkt aus­ge­spro­chen hat. Es ist Berg­o­gli­os Über­zeu­gung, daß der Glau­ben, um „authen­tisch“ zu sein, impli­zit den Zwei­fel mit­ein­schlie­ßen müsse.

Das Bekenntnis des Zweifels und der „authentische“ Glauben

Das von ihm im Alter von fast 33 Jah­ren kurz vor sei­ner Prie­ster­wei­he nie­der­ge­schrie­be­ne „per­sön­li­che Glau­bens­be­kennt­nis“ (sie­he eige­nen Bericht Das „per­sön­li­che Bekennt­nis“ von Papst Fran­zis­kus vor sei­ner Prie­ster­wei­he vor 44 Jah­ren) bringt im Zusam­men­hang mit dem Glau­ben die­sen Kon­nex zwi­schen den bei­den Kon­zep­ten Authen­ti­zi­tät und Zwei­fel zum Aus­druck. Der Zet­tel mit die­sem „Cre­do“ von 1969 könn­te in einem pri­va­ten Ord­ner Berg­o­gli­os stecken, der Welt aber ver­bor­gen sein. Doch der heu­ti­ge Papst gab ihn mehr­fach an ande­re wei­ter und erklär­te noch vor weni­gen Jah­ren, daß er ihn heu­te genau­so wie damals unter­schrei­ben wür­de. Zusam­men mit meh­re­ren Aus­sa­gen seit Beginn sei­nes Pon­ti­fi­kats ent­steht eine ande­re Dimension.

Im Inter­view mit der Jesui­ten­zeit­schrift La Civi­tà  Cat­to­li­ca vom 19. Sep­tem­ber sag­te der Papst:

„Ja, bei die­sem Suchen und Fin­den Got­tes in allen Din­gen bleibt immer ein Bereich der Unsi­cher­heit. Er muss da sein. Wenn jemand behaup­tet, er sei Gott mit abso­lu­ter Sicher­heit begeg­net, und nicht von einem Schat­ten der Unsi­cher­heit gestreift wird, dann läuft etwas schief. Für mich ist das ein wich­ti­ger Erklä­rungs­schlüs­sel. Wenn einer Ant­wor­ten auf alle Fra­gen hat, dann ist das der Beweis dafür, dass Gott nicht mit ihm ist. Das bedeu­tet, dass er ein fal­scher Pro­phet ist, der die Reli­gi­on für sich selbst benutzt. Die gro­ßen Füh­rer des Got­tes­vol­kes wie Mose haben immer Platz für den Zwei­fel gelas­sen. Man muss Platz für den Herrn las­sen, nicht für unse­re Sicher­hei­ten. Man muss demü­tig sein. Die Unsi­cher­heit hat man bei jeder ech­ten Ent­schei­dung, die offen ist für die Bestä­ti­gung durch geist­li­chen Trost.“

Die deut­sche Über­set­zung folgt fast aus­nahms­los der Jesui­ten­zeit­schrift Stim­men der Zeit. Der Papst sprach auch bei der Gene­ral­au­di­enz am 30. Okto­ber, daß er selbst Zwei­fel kennenlernte:

„Wer von uns – allen allen! – wer von uns hat auf dem Weg des Glau­bens nicht Unsi­cher­hei­ten, Ver­wir­run­gen und sogar Zwei­fel erlebt? Alle! Alle haben wir das erlebt: auch ich. Alle. Es ist Teil des Glau­bens­we­ges, es ist Teil unse­res Lebens. All das darf uns nicht ver­wun­dern, denn wir sind Men­schen, gezeich­net von Schwä­chen und Gren­zen. Erschreckt nicht. Wir alle sind haben Schwä­chen und Grenzen!“

Die erhabene Sprache der kirchlichen Überlieferung zu Maria

In wel­chen Zusam­men­hang ste­hen aber die­se von per­sön­li­chen Erfah­run­gen her­ge­lei­te­ten Ver­all­ge­mei­ne­run­gen, die durch­aus rich­tig sein mögen, mit dem, was die gött­li­che Offen­ba­rung, die Hei­li­ge Schrift und die kirch­li­che Leh­re über die Got­tes­mut­ter Maria sagt? Der Aller­se­lig­sten Got­tes­ge­bä­re­rin, der neu­en Eva, der unbe­fleck­te Emp­fan­ge­nen, der Sünd­lo­sen, Jung­frau ohne Makel. Wie aber pas­sen Zwei­fel und gera­de­zu Auf­leh­nung gegen Gott zu Maria, von der das Magni­fi­kat und die älte­sten Hym­nen so Erha­be­nes besin­gen, wie die baye­risch-öster­rei­chi­sche Volks­wei­se als wort­mäch­ti­ge Varia­ti­on des in sei­nen Ursprün­gen aus früh­christ­li­cher Zeit stam­men­den Gebets Tota pulchra es Maria:

Ganz schön bist Du, Maria,
und sün­de­los empfangen,
Mor­gen­rot unse­res Heils!

Du Braut von Licht umkleidet,
ver­mählt dem höch­sten Herren,
Gna­den­quell an sei­nem Thron!

Du Stern des Gottesruhmes,
geprie­sen alle Zeiten,
Größ­te Du unse­res Stamms!

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Mes­sa in Latino

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