(Pjöngjang) Nordkorea wird als kommunistische Diktatur häufig als atheistisches Land bezeichnet. Weit gefehlt: „Vor dem Essen muß jede Familie beten: ‚Danke, Vater Kim Il-sung, für dieses Essen‘“. Die Christen aber landen im KZ oder werden hingerichtet.
Offiziell ist das nördliche Korea „wahrscheinlich sogar das religiöseste Land der Welt, denn 100 Prozent aller Bürger müssen Kim Il-sung, den Ewigen Präsidenten anbeten“, sagt der protestantische Pastor Eric Foley, Direktor von Seoul USA, einer Hilfsaktion für nordkoreanische Christen. Die Formulierung klingt nach Provokation, beschreibt aber eine Wahrheit, die mit Staatsgesetz vorgeschrieben ist.
Alle müssen den „Ewigen Präsidenten“ anbeten
In Nordkorea ist das Bekenntnis und das Praktizieren jedweder Religion verboten. Wer mit einer Bibel erwischt wird, wandert ins Konzentrationslager, wenn es gut geht, ansonsten wird man als Christ auf schnellem Weg an die Wand gestellt und erschossen. Alle Nordkoreaner sind aber verpflichtet, den Vater des Vaterlandes, Staatsgründer und ersten Staatspräsidenten Kim Il-sung anzubeten. Kim Il-sung, Diktator von 1948–1994, hat der Welt die einzige kommunistische Erbdiktatur vermacht, einer Art von stalinistischer Monarchie mit republikanischen Amtsbezeichnungen.
„An der schönsten Seite eines jeden Hauses in Nordkorea müssen Bilder von Kim Il-sung und seinem Sohn Kim Jong-il angebracht sein und gepflegt werden. Bei jeder Mahlzeit, bevor mit dem Essen begonnen wird, müssen die Familien auf diese beiden Gestalten schauen und beten: ‚Danke, Vater Kim Il-sung, für dieses Essen‘“.
Ein von Toten regiertes Land
Der Nordkoreanerin Hae Woo gelang 2010 die Flucht aus dem abgeschottenen Reich der Kims. Vier Jahre hatte sie wegen ihres christlichen Glaubens in einem Konzentrationslager verbracht. „In der Schule wurde uns gelehrt, daß Kim Il-sung ein Gott ist“, erzählt Hae Woo. Weil das Christentum verboten war, „betete die Mutter immer geheim, auch vor uns Kindern verborgen, damit wir uns nicht vor anderen verplappern. Erst als wir größer waren, führte sie uns in den Glauben ein“. Offiziell gibt es in Nordkorea nach unterschiedlichen Regierungsangaben nur zwischen eintausend bis fünftausend Christen. Menschenrechtsorganisationen und christliche Hilfsorganisationen gehen davon aus, daß allein 70.000 Christen im nordkoreanischen Gulag sitzen.
Der vom kommunistischen Regime diktierte Personenkult geht so weit, daß der 1994 verstorbene Kim Il-sung in der Verfassung offiziell als „Ewiger Präsident“ festgeschrieben und damit nominell Staatsoberhaupt Nordkoreas ist, obwohl er seit bald 20 Jahren tot ist. Pastor Foley spricht deshalb von Nordkorea als einziger „Nekrokratie“ der Welt. Ein Land, das von Toten beherrscht wird, von Kim Il-sung als „Großer Führer“ und „Ewiger Präsident“ und von seinem 2011 verstorbenen Sohn und Nachfolger Kim Jong-il als „Ewiger Generalsekretär der Kommunistischen Arbeiterpartei Koreas“ und „Ewiger Vorsitzender des Nationalen Verteidigungskomitees der Demokratischen Volksrepublik Korea“. Regiert wird das Land seit 2011 übrigens in dritter Kim-Generation von Kim Jong-un, dem Enkel von Kim Il-sung und Sohn von Kim Jong-il.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Parrocchie.it