(Damaskus/Rom) Sein Kampfname ist Anas Al Italy. Er ist 20 Jahre alt und lebte in der norditalienischen Stadt Brescia. Als Kind wanderte er mit seiner Familie aus Marokko nach Europa ein. Anas Al Aboubi, so sein richtiger Name, ist im vergangenen Sommer verschwunden. Die italienische Staatsanwaltschaft ermittelte gegen ihn, wegen der Verdachts auf Terrorismus. Nun schickte er eine Videobotschaft aus Syrien.
Kurzzeitig war er verhaftet worden. Die Ermittlungen dauern noch an. Am 26. Juni wieder auf freien Fuß gesetzt, tauchte Al Aboubi unter. Die Ermittler verloren rasch seine Spur. Am 10. Oktober gab er ein Lebenszeichen von sich, offenbar aus Syrien. Auf Facebook veröffentlichte er eine Videobotschaft von 16 Minuten Länge. Mit einer Kalaschnikow in der Hand verkündet er sein politisch-religiöses Manifest und erklärt, warum er sich dem Dschihad angeschlossen hat. Seinen Namen habe er deshalb abgelegt. Denn nun sei er ein „Kämpfer für Allah“. Das erlaubt es ihm, einen Kampfnamen anzunehmen: Anas Al Italy, denn aus Italien sei er gekommen, um für den Islam zu kämpfen. Seither herrscht wieder Funkstille.
Eingewanderte Moslems und europäische Konvertiten für den Dschihad
Die Ermittler gehen davon aus, daß Al Aboubi sich tatsächlich in Syrien aufhält und sich in irgendeinem islamistischen Ausbildungslager befindet. Wahrscheinlich hat er sich einer Dschihad-Kampfgruppe angeschlossen. Welcher genau, ist nicht bekannt. Hunderte Moslems aus Europa kämpfen in Syrien gegen die „Ungläubigen“ und für die Errichtung des „neuen islamischen Kalifats“.
Die Anti-Terror-Ermittler hätten, laut Corriere della Sera, Kontakte zwischen Al Aboubi und einem italienischen Konvertiten festgestellt, der zum Islam übergetreten ist. Der aus Genua stammende Italiener Giuliano Delnevo konvertierte zum Islam und nannte sich seither Ibrahim. Auch er ging nach Syrien und kämpfte mit den Dschihadisten. Vor einigen Monaten wurde er im Kampf getötet.
„Ich wurde wegen meines Glaubens diskriminiert“, erklärte Al Aboubi in seiner Videobotschaft. „Sie haben gedacht, meine Ideen verwirrt zu haben, indem sich mich mit dem Gefängnis terrorisiert haben.“
Gegen den Westen und die gemäßigten Moslems
Anas Al Italy beschreibt sich selbst als „einen von vielen Einwanderern, die ihre Kindheit in diesem von Heuchelei zerfressenen Europa verbracht haben“ und die nicht mehr „die schamlosen Frauen und die Ausbeutung der Armen durch die Reichen“ dulden. Die Kritik hat vor allem den Westen im Visier, dessen moderne Kultur und dessen „Weltherrschaft“: „Die Vereinigten Staaten von Amerika mißbrauchen den Fanatismus gegen jede abweichende Meinung, sie dulden kein anderes System, außer das ihre (…) Der Westen leugnet seit zehn Jahren die Besatzung, die Massaker und Aufzwingung einer einzigen Zivilisation. Du wirst gezwungen, deine Heimat zu verlassen und zu akzeptieren, was man dir aufzwingt. Wer hat die Rache und Haß ausgelöst, wenn nicht eure Außenpolitik? Aber wenn ihr euch auch groß fühlt, so wißt, daß es die Insekten sind, die die Elefanten fressen“, so Al Italy.
Der islamistischen Zorn verschont auch die gemäßigten Moslems nicht, die sich dem Dschihad gegen die „Ungläubigen“ nicht anschließen. „Gemäßigt ist, wer keine Ideale hat und sich denen unterwirft, die das System des universalen Glaubens an die Demokratie diktieren“. „Gemäßigt ist, wer ihrer Sichtweise entspricht. Der Islam hat die Macht das derzeitige System zu beseitigen, das die Menschen versklavt und verwerfliche moralische Vorstellungen einpflanzt.“ Ob Anas Al Aboubi alias Anas Al Italy noch lebt oder wie Giuliano Ibrahim Delnevo im Kampf getötet wurde, ist nicht bekannt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Tempi