Die Wirklichkeit betrachten… mit den Augen von Letizia – Ein Down-Syndrom-Kind ist fähig viel Liebe zu empfangen


Maria Letizia Morini die Fotografin mit Down SyndromSie ist 22 Jah­re jung, arbei­tet in einem Kin­der­gar­ten und schießt Fotos, weil „die Orte so wun­der­schön sind“. Ihre erste Foto­aus­stel­lung ist der Stif­tung Jero­me Lejeu­ne gewid­met, dem Ent­decker des Down Syn­droms: „Ein Arzt, der sich um Per­so­nen wie mich küm­mer­te“. Lau­ra Bor­sel­li hat Leti­zi­as Geschich­te erzählt.

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„Ich muß mit Euch kom­men, sonst bekom­me ich kei­ne Gra­tis­fahr­kar­te“. Am Wochen­en­de, an dem der neue­ste Film von Chec­co Zalo­ne Pre­mie­re hat, ist Leti­zia Mori­ni unter den Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen hart umwor­ben. Down-Kin­der dür­fen gra­tis ins Kino, eben­so die Begleit­per­son. Leti­zia ist sich voll­kom­men bewußt, daß sie die ein­zi­ge Inha­be­rin des recht­mä­ßi­gen Pri­vi­legs ist. Sie koket­tiert mit die­ser Stel­lung, einem ande­ren Fami­li­en­mit­glied Gra­tis­kar­te zu ver­schaf­fen. Grund­sätz­lich ist das Wochen­en­de für Leti­zia Zeit zum Ent­span­nen. Wenn man die gan­ze Woche inmit­ten von Klein­kin­dern im Alter zwi­schen einem und zwei Jah­ren arbei­tet, ist das Wochen­en­de in jedem Fall hei­lig. Leti­zia genießt ihre Freizeit.

Maria Leti­zia ist heu­te 22 Jah­re alt. Ihre Mut­ter, Ester, hat­te eines Mor­gens im Kran­ken­haus ver­stan­den, daß ihre Toch­ter das Down-Syn­drom hat. Zuerst waren die Hor­mon­tur­bi­nen, die auf Voll­dampf lie­fen und die Emo­tio­nen, die auf die Geburt folg­ten auf Höchst­stand. Zu Hau­se war­te­ten zwei Töch­ter, Mar­ti­na 6 Jah­re und Johan­na 3 Jah­re, und eigent­lich woll­te sie nur ent­las­sen wer­den, was die Ärz­te aber nicht erlaub­ten. Vie­le Leu­te kamen damals zu Besuch. Heu­te erin­nert sich jemand, daß es sogar ver­däch­tig vie­le waren. Ester, eine Kunst­ge­schich­te­leh­re­rin, schau­te ihre Leti­zia an und lach­te mit ihrem Kind dar­über, daß sie es nicht gera­de super­schön fand. Aus­ge­macht hat­te es ihr nichts. Doch in jenen Tagen stimm­te eini­ges nicht so ganz zusammen.

Dann eines Mor­gens kam ihr Mann sie besu­chen. Sei­ne roten Augen öff­ne­ten ihr mit einem Schlag die Augen. „Sie hat Down-Syn­drom?“ Mann und Frau spra­chen eine Wei­le nichts. Kei­ner sag­te ein Wort. Ver­stan­den haben sie sich den­noch, auch wort­los. „Es ist unse­re Toch­ter. Sie bleibt bei uns.“ Als sie nach Hau­se darf, fragt Ester ihre beste Freun­din: „Was wird aus ihr, wenn ich ein­mal nicht mehr bin?“ Die Freun­din nahm sie beim Arm: „Denk nicht an die­se Din­ge. Wir wer­den dar­an den­ken, wenn es Zeit sein wird. Jetzt mußt du für das Heu­te leben, nicht für eine Zukunft, die du noch gar nicht kennst.“ Für Ester bedeu­te­te der Satz, wie sie heu­te erzählt: „Mach alles der Rei­he nach. Eine Sache nach der anderen.“

Bild1 von Maria Letizia MoriniDie Wirklichkeit mit Letizia betrachten

Eini­ge der Fotos von Maria Leti­zia wer­den ab 24. Novem­ber zu sehen sein. Die Aus­stel­lung trägt den Titel: „Die Wirk­lich­keit betrach­ten… mit Leti­zia“. Der Erlös aus dem Ver­kauf des Aus­stel­lungs­ka­ta­logs geht an die Stif­tung Jero­me Lejeu­ne. Die Stif­tung unter­stützt die Down-Syndrom-Forschung.

Eine Sache nach der ande­ren und die Liste der zu erle­di­gen­den Din­ge ist nicht anders als bei jedem ande­ren Neu­ge­bo­re­nen. Der Kin­der­wa­gen, der Kin­der­sitz für das Auto, die Win­deln, die Milch. Ja, und dann ist da noch die­ses eine Wort, das anfangs im Haus die Run­de mach­te: Down. Nach weni­gen Lebens­mo­na­ten wird Leti­zia am Her­zen ope­riert. So geschieht es fast allen Kin­dern, die mit dem­sel­ben Syn­drom zur Welt kom­men. Mar­ti­na ist 6. Eines Mor­gens geht sie zur Mut­ter: „Down ist nicht eine Sache, die nur das Herz betrifft, stimmt´s?“

Ester und ihr Mann haben die­sen Augen­blick erwar­tet. Der Psy­cho­lo­ge, der sie betreu­te, hat­te ihnen emp­foh­len, zu war­ten, bis die Schwe­stern von Leti­zia von sich die Fra­ge auf­wer­fen wür­den. Eine Sache nach der ande­ren eben. „Weißt du Mar­ti­na, Down, das sind die Kin­der, die haben Augen, die lie­gen etwas wei­ter aus­ein­an­der, sie haben ein beson­ders gro­ße Zun­ge und der gro­ße Zeh steht wei­ter von den ande­ren Zehen ab. Und sie spre­chen spä­ter als ande­re Kin­der und sie gehen auch spä­ter als du oder dei­ne Schwe­ster zu gehen begon­nen haben.“ Mar­ti­na schau­te ihre Mut­ter eine Wei­le an, dann lach­te sie, wie sie immer lach­te, wenn sie sich köst­lich amü­sier­te. Sie warf den Kopf nach hin­ten und sag­te mit ver­gnüg­tem Gesicht einen Lieb­lings­satz in jenem Alter: „Ach, immer so über­trei­ben! Die Leti­zia ist doch nicht so!“ Und dann kicher­te sie beim Gedan­ken. Mar­ti­na sah nicht eine Auf­li­stung von Schwä­chen, die ihr die Mut­ter genannt hat­te. Sie sah ihre Schwe­ster. Und über die war sie begeistert.

Am 24. Novem­ber wird Maria Leti­zia per­sön­lich ihre erste Aus­stel­lung eröff­nen. Rund 100 Foto­gra­fien von ihr wer­den zu sehen sein, die von ihr gemein­sam mit ihren Eltern, ihren Schwe­stern und Freun­den aus­ge­wählt und vor­be­rei­tet wur­den. Die Bil­der zei­ge Orte, Per­so­nen, Gegen­stän­de, den schnee­be­deck­ten Hafen, ein mit der Fami­lie befreun­de­tes Paar, Mes­ser, Details einer Haupt­spei­se, Füße, Medi­ka­men­te, Hand­ta­schen­in­nen­le­ben. Die aus­ge­wähl­ten Auf­nah­men stam­men aus einem Fun­dus, der inzwi­schen auf etwa 7000 Stück ange­wach­sen ist. Leti­zia küm­mert sich selbst dar­um, die Auf­nah­men vom Foto­ap­pa­rat auf den Com­pu­ter her­un­ter­zu­la­den und zu archi­vie­ren. Ihre Mut­ter kann es nicht. „Mit Com­pu­ter lebe ich noch etwas auf Kriegsfuß“.

Bild 2 von Maria Letizia MoriniDer Augenblick, in dem es Knips macht

Leti­zia sitzt nicht vor dem Com­pu­ter, um sich ihre Auf­nah­me oft anzu­schau­en. Im Gegen­teil. Sie lebt ganz für den Augen­blick, jene Sekun­de, in der sie beim Foto­ap­pa­rat abdrückt.

Wenn man sie nach dem War­um die­ser Aus­stel­lung fragt, die sie doch mäch­tig stolz macht, dann sagt sie: „Die Fotos mache ich und die Orte sind wun­der­schön. Ich lie­be es, Fotos zu machen. Papa hat es mir bei­gebracht.“ Jener Papa, der eines Abends nach Hau­se kam mit einem teu­ren Foto­ap­pa­rat. „Mir hät­te ich den nie gekauft. Sagt er noch heu­te.“ Leti­zia hat­te ihn bedrängt. Den ersten Foto­ap­pa­rat hat­ten ihr ihre Schwe­stern zur Fir­mung geschenkt. Doch der reich­te ihr nicht mehr aus. Ester war gar nicht begei­stert über die Aus­ga­be ihres Man­nes. „Der ist doch zu teu­er. Und wenn er runterfällt?“.

In all den Jah­ren, ist ihr der Foto­ap­pa­rat nie run­ter­ge­fal­len. Leti­zia nimmt ihn über­all mit. Es gab schon Bekann­te, die sie baten, bei deren Hoch­zeit zu foto­gra­fie­ren. Sie hat zuge­sagt. Aber nur für die Grup­pen­bil­der und das Hoch­zeits­mahl. „In der Kir­che macht man kei­ne Fotos“, dekre­tiert Leti­zia und da gibt es kein Ver­han­deln oder Über­zeu­gen. „Sie hat kla­re Vor­stel­lun­gen und einen star­ken Wil­len“, sagt der Vater. „Und da kann sie ganz schön dick­köp­fig sein“, fügt die Mut­ter hinzu.

Seit 2008 arbei­tet sie in einer staat­lich aner­kann­ten Pri­vat­schu­le mit Kin­der­gar­ten und ‑krip­pe. Es ist die Schu­le, die sie sel­ber besucht hat. Als sie die Pflicht­schu­le absol­viert hat­te, stell­te sich die Fra­ge, was tun. Die Freun­de wech­sel­ten an die ver­schie­de­nen Gym­na­si­en. Die ein­zi­gen Schu­len, die aus­ge­rü­stet waren, jeman­den wie Leti­zia auf­zu­neh­men, waren die Kunst­schu­le und die Hotel­fach­schu­le. Es war aber nicht das, was die Eltern such­ten. So begin­nen sie sich nach einer Arbeit umzu­se­hen. Die Zusam­men­ar­beit mit dem Sozi­al­dienst bre­chen die Eltern abrupt ab, als trotz mehr­ma­li­ger Aus­spra­che immer nur ein ein­zi­ger Vor­schlag kam: eine Behin­der­ten­schu­le zu besuchen.

Dann kam das Ange­bot der Schu­le, dort zu arbei­ten. Ange­stellt wird sie zunächst als nicht­un­ter­rich­ten­de Hilfs­kraft. Heu­te assi­stiert sie den Leh­re­rin­nen. Sie bringt die Kin­der ins Bad, sie gibt ihnen zu Mit­tag das Essen ein, sie trö­stet sie, wenn sie wei­nen, sie sorgt dafür, daß jedes Kind sei­ne Jacke hat und über­gibt sie den Eltern, die am Ende des Tages ihre Kin­der abho­len. Obwohl sie sonst mit dem Gedächt­nis so ihre Pro­ble­me hat, weiß sie den Namen eines jeden Kin­des und die der Eltern gleich dazu. Und dabei zögert sie kei­ne Sekun­de. Auf Nach­fra­ge sagt Leti­zia, daß ihr die Arbeit gut gefällt. Die Kol­le­gen? Eini­ge sagen ihr mehr zu, ande­re weni­ger. Sie hält auch kei­nes­wegs mit ihrer Mei­nung zurück, wenn es um die Kin­der­er­zie­hung geht.

Let­zia spricht ger­ne mit sich selbst. Bei der Arbeit aller­dings nichts. Als sie ihre Arbeit ange­tre­ten hat­te, wur­de sie von ihrer Mut­ter eines Tages erwischt, wie sie im Kin­der­har­ten ein lan­ges Selbst­ge­spräch führ­te. Das gab Don­ner­wet­ter. Die Eltern sind kate­go­risch. „Das kann sie zu Hau­se machen, um sich zu ent­span­nen. Aber nicht bei der Arbeit, und das weiß sie.“ Es kam nicht mehr vor. Eini­ge Mona­te spä­ter woll­te Ester ihre Toch­ter nach der Arbeit abho­len. Bereits von der Fer­ne hör­te Ester die unver­kenn­ba­re Stim­me ihrer Toch­ter. „Wir sind wie­der soweit“, dach­te die Mut­ter und war über­zeugt, gleich ihre Toch­ter bei einem aus­la­den­den Selbst­ge­spräch zu erwi­schen. Doch dann sah Ester etwas ganz ande­res. Als sie die Tür zum Saal öff­ne­te, war Leti­zia von 20 Kin­dern umge­ben, die alle um sie her­um­sa­ßen und ihr mucks­mäus­chen­still lausch­ten. Was sonst als lau­te Rot­te her­um­toll­te, hat­te Leti­zia völ­lig unter Kontrolle.

Bild 3 von Maria Letizia MoriniJerome Lejeune und die Ausstellung

Jero­me Lejeu­ne wid­me­te sich den Down-Syn­drom-Kin­dern. Die Fami­lie sah ein­mal ein Foto des Arz­tes mit einem sol­chen Kind. „Und du hast es lan­ge ange­schaut“, sagt die Mut­ter zu Leti­zia. „Und dann hast du gesagt: ‚Das Kind sieht aus wie ich‘.“

Im ver­gan­ge­nen Jahr wur­de eine Aus­stel­lung über das Leben und die Arbeit Jero­me Lejeu­nes gezeigt. Im Vor­feld kam die Anfra­ge um fünf Ecken, ob am Ran­de die­ser Aus­stel­lung nicht auch eini­ge Fotos von Leti­zia gezeigt wer­den könn­ten. So begann auch für die Fami­lie eine nähe­re Beschäf­ti­gung mit dem Kin­der­arzt und Gene­ti­ker. Lejeu­ne war ein per­sön­li­cher Freund von Papst Johan­nes Paul II., der ihn in die Päpst­li­che Aka­de­mie für das Leben berief. Lejeu­ne litt Zeit sei­nes Lebens an dem, was er eine fata­le Fehl­ent­wick­lung nann­te, näm­lich daß er mit sei­ner Ent­deckung des Down-Syn­droms die Tür zur vor­ge­burt­li­chen Tötung die­ser Kin­der auf­ge­sto­ßen hat­te. Durch sei­ne Ent­deckung wur­de es mög­lich, die Kin­der mit dem soge­nann­ten Lejeu­ne-Syn­drom aus­fin­dig zu machen und damit durch Abtrei­bung töten zu kön­nen. Heu­te ist der 1994 ver­stor­be­ne Kin­der­arzt und Wis­sen­schaft­ler ein „Die­ner Got­tes“. Sein Selig­spre­chungs­ver­fah­ren läuft.

„Das Echo auf Leti­zi­as Fotos war über­wäl­ti­gend. Die Stadt­ver­wal­tung war da, Schul­klas­sen kamen und haben dann Leti­zia berüh­ren­de Brie­fe geschrie­ben“ erzählt die Mut­ter. Die Fach­li­te­ra­tur sagt, daß man Kin­dern mit Down-Syn­drom vie­le Anre­gun­gen geben soll, um ihre Ent­wick­lung zu för­dern. Das geht vom Schwim­men bis zum Reiten.

Für die Eröff­nung ihrer ersten eige­nen Aus­stel­lung plant Leti­zia einen Umtrunk. Ihre Anga­ben, was zum Essen und zum Trin­ken bereit­ste­hen soll, sind prä­zi­se. Bei den Geträn­ken sagt sie: „Was­ser und Pro­sec­co für alle.“ Feste sind ihr sehr wich­tig. Ihr Geburts­tag am 17. April ist ein Ereig­nis, das jedes Jahr unter einem bestimm­ten The­ma steht. Von den gela­de­nen Gästen erwar­tet Leti­zia einen bestimm­ten Grad an Ele­ganz. Den­sel­ben, der auch für sie selbst gilt. Leti­zia hat eine Lei­den­schaft für Klei­der. Sie pflegt ihren Kör­per minu­ti­ös. Gelernt hat sie es von ihren Schwe­stern. Für sie wur­de eine Lei­den­schaft daraus.

Für die Aus­stel­lungs­er­öff­nung wird sie sogar eine Aus­nah­me von ihrer Diät machen. Leti­zi­as Diät hält sich nicht mit lästi­gen Fra­gen nach Koh­len­hy­dra­ten, Pro­te­inen und Kalo­rien auf. Sie hat eine dra­ko­ni­sche Metho­de und ißt immer nur die Hälf­te des­sen, wor­auf die Lust hät­te. „Wenn ich auf eine gan­ze Piz­za Lust habe, esse ich nur eine hal­be. Oder ich esse nur den ersten oder den zwei­ten Gang“, erklärt sie, als wäre es das Selbst­ver­ständ­lich­ste von der Welt. Wenn sie dann monat­lich auf die Waa­ge steigt, ärgert sie schon mal eine Run­dung zuviel. Nach einem Aus­ruf ist die Sache aber auch schon wie­der erle­digt. Es gilt: immer nur die Hälfte …

„Wir sind wirklich privilegiert“

Bei der Lejeu­ne-Aus­stel­lung lern­ten Leti­zia und ihre Eltern auch Pier­lui­gi Strip­po­li ken­nen. Der Pro­fes­sor für ange­wand­te Bio­lo­gie an der Uni­ver­si­tät Bolo­gna setzt mit sei­nen For­schungs­pro­jek­ten die Arbeit Lejeu­nes fort. Er ist über­zeugt, daß Tri­so­mie 21 eines Tages geheilt wer­den kann. „Bis dahin hat­ten wir alle mög­li­chen Stu­di­en gele­sen, aber kei­ne sprach von Hei­lung. Heu­te zielt fast alles, auf eine früh­zei­ti­ge Erken­nung von Tri­so­mie 21 ab, um den Pati­en­ten nicht zu hei­len, son­dern ihn schnellst­mög­lich zu eli­mi­nie­ren, des­halb wur­den wir beson­ders neu­gie­rig auf Pro­fes­sor Strip­po­li.“ Der Erlös der Aus­stel­lung wird über die Stif­tung ihm und sei­ner For­schung zugutekommen.

Nach­dem Leti­zia gebo­ren wor­den war, begeg­ne­ten die Eltern einem Prie­ster. Er sag­te ihnen nicht, daß ihnen ihre Toch­ter viel Lie­be schen­ken wür­de. Er sag­te ihnen viel­mehr, ihre Toch­ter sei fähig, viel Lie­be zu emp­fan­gen. Sie sei­hen des­halb sogar „pri­vi­le­giert“. Die Eltern haben ihrem Kind den Namen Maria Leti­zia gege­ben, wört­lich Maria Freu­de. Jah­re spä­ter begeg­ne­ten sie dem Prie­ster erneut und sie erzähl­ten ihm, wie recht er doch hat­te. „Wir sind wirk­lich pri­vi­le­giert.“ Der Prie­ster, es war Don Lui­gi Giu­s­sa­ni, war zutiefst gerührt. „Und wir mit ihm, als wir sei­ne Rüh­rung sahen“, so Ester.

Die Eltern bemü­hen sich, um Leti­zia den Zaun abzu­tra­gen, den geschütz­ten Bereich. Sie tun es mit Gelas­sen­heit, Schritt um Schritt. Leti­zia weiß sich gut zu bewe­gen. Leti­zi­as älte­re Schwe­ster Mar­ti­na ist inzwi­schen ver­hei­ra­tet. Ihr Mann arbei­tet in einer Behin­der­ten­ge­mein­schaft, von denen eini­ge auch Down-Syn­drom haben. Manch­mal bie­tet ihm Leti­zia ihre Hil­fe an. Natür­lich als Mitarbeiterin.

Text: Tempi/​Giuseppe Nardi
Bild: Maria Leti­zia Morini/​Tempi

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2 Kommentare

  1. Aus­zü­ge aus einem beein­drucken­den Inter­view (kath​.net) mit einer Mut­ter, deren Kind mit Down-Syn­drom gebo­ren wurde:
    -
    „Muss­ten Sie sich anfangs dazu über­win­den, die­ses Kind zu lieben?

    Ste­wart:
    Nein, ich hab die­ses Kind immer als Geschenk Got­tes betrach­tet, und er macht es einem sehr, sehr leicht, ihn zu lie­ben. Schon von Geburt an hat­te er eine unglaub­li­che Art, sich zu ver­stän­di­gen, er hat­te immer eine Art Lächeln auf dem Gesicht, er war und ist ein­fach bezau­bernd. Und heu­te ist er noch dazu so auf­ge­weckt und lustig und ein­fach ein Son­nen­schein. Ich wache jeden Tag zu Kin­der­la­chen auf – was gibt es Schö­ne­res? Ich gehe jeden Abend ins Bett und freue mich auf sein herz­li­ches „Mama, Mama“ in der Früh. Er hat so viel durch­ge­macht und ist eine Inspi­ra­ti­on und eine Freu­de. Gott hat uns die­ses Kind aus einem ganz bestimm­ten Grund gege­ben, und ich emp­fin­de es als Geschenk, für den klei­nen Mann ver­ant­wort­lich sein zu dür­fen und ihn auf­wach­sen zu sehen, und als ein noch grö­ße­res Geschenk, von ihm „Mama“ genannt und geliebt zu werden.

    Frau Ste­wart, Sie sind jetzt wie­der schwan­ger. Hand aufs Herz: Haben Sie dies­mal Vor­sichts­maß­nah­men gegen ein wei­te­res Tri­so­mie 21-Kind ergrif­fen? Sie könn­ten sich ja zur Gewis­sens­be­ru­hi­gung sagen: EIN behin­der­tes Kind reicht – ich muss jetzt auch mal an mich und mei­ne eige­nen Kräf­te den­ken… In unse­rer Kul­tur wür­den dies doch vie­le verstehen.

    Ste­wart:
    Die Art von Tri­so­mie, wel­che bei Gigi vor­liegt, hat kei­ne bekann­te Ursa­che, ist nor­ma­ler­wei­se nicht ver­erbt. Es ist daher sehr wahr­schein­lich, dass unser näch­stes Kind kein DS haben wird. Das ist aber natür­lich nicht sicher. Es gibt einen Test, den mir mei­ne Ärz­tin vor­ge­schla­gen hat, damit wir fest­stel­len kön­nen, ob ich oder mein Mann nicht doch Trä­ger von Down Syn­drom sind. Doch was mach ich denn dann mit dem Ergeb­nis? Neh­men wir ein­mal an, einer von uns ist Trä­ger. Wir haben doch beim Sakra­ment der Ehe ver­spro­chen, jedes von Gott gege­be­ne Kind anzu­neh­men. Da war kei­ne Fuß­no­te à la „jedes GESUNDE“ Kind, oder „nur die Kin­der, die pro­blem­los sind“. Wir wer­den jedes Kind anneh­men. Und glau­ben Sie mir, ich sag das sicher nicht so dahin. Wir wis­sen, was es heißt, ein Kind min­de­stens vier Mal auf der Inten­siv­sta­ti­on zu besu­chen, inmit­ten all der ande­ren kran­ken oder ster­ben­den Kin­der. Ich hab vie­le lei­den­de Kin­der gese­hen. Ich weiß, dass es kei­ne Garan­tie gibt, dass mein näch­stes Kind gesund sein wird. Aber mein Kind ist von Gott, er hat einen Plan und ich nehm das an.

    Neh­men wir an, mein Mann und ich wür­den uns gegen mehr Kin­der ent­schei­den, wegen der „Gefahr“ auf Down Syn­drom. Was sag ich denn dann dem Gigi in ein paar Jah­ren? Die Erfah­run­gen mit ihm reich­ten uns? Wegen der Art, wie er ist, wol­len wir kei­ne Kin­der, die so sein könn­ten, wie er ist? 

    Natür­lich bete ich für ein gesun­des Kind, denn ich will natür­lich nicht, dass das näch­ste Kind durch so viel Leid am Lebens­an­fang gehen muss wie Gigi (ich spre­che hier von den Ope­ra­tio­nen und nicht vom Down Syn­drom selbst). Natür­lich wün­sche ich allen mei­nen Kin­dern, dass sie ein­mal ein selb­stän­di­ges Leben füh­ren kön­nen und eige­ne Fami­li­en haben kön­nen. Aber Tat­sa­che ist, Gigi ist erst zwei Jah­re alt. Wir wis­sen nicht, wie weit er das nicht auch haben wird. Es ist ein Medi­ka­ment in der Ent­wick­lung, wel­ches hilft, den feh­len­den (zuvor erwähn­ten) Stoff im Gehirn auf­zu­bau­en… wer weiß? Gott wird für unse­re Fami­lie sorgen. 

    Und wenn ich an mei­ne Schwan­ger­schaft mit Gigi den­ke und nun auch an die gegen­wär­ti­ge, dann fal­len mir Wor­te ein wie „Geschenk“, „klei­ne Händ­chen“, „Kin­der­la­chen“, „Win­del­wech­seln“, „Baby­stramp­ler“, „nied­li­che klei­ne Ohren“, „durch­wach­te Näch­te“, „kleb­ri­ge, nied­li­che klei­ne Fin­ger“ … , aber nie­mals (heut­zu­ta­ge so oft gebrauch­te) Wor­te wie „repro­duk­ti­ve Frei­heit“, „Recht auf Selbst­be­stim­mung“ und ähn­li­ches. Mei­ne „repro­duk­ti­ve Frei­heit“ besteht mei­ner Mei­nung nach sicher nicht dar­in, über das Leben eines ande­ren Men­schen zu bestimmen. 

    Ich fin­de es sehr trau­rig, in den Medi­en immer wie­der zu lesen über „Scha­dens­kla­gen“, die Eltern ein­rei­chen, wenn ihre Kin­der mit Down Syn­drom auf die Welt gekom­men sind. Mein Kind ist kein „Scha­den“, und sich zu bekla­gen, wenn man ein Kind bekommt, das even­tu­ell mehr Ver­ant­wor­tung und mehr Auf­wand bedeu­tet, fin­de ich ein­fach trau­rig. Da sind wir wie­der bei der repro­duk­ti­ven Frei­heit (bei mei­ner per­sön­li­chen Defi­ni­ti­on): Ich hab die Frei­heit, zu ent­schei­den, ein Kind zu emp­fan­gen – in die­ser Frei­heit muss mir auch bewusst sein, dass nicht jedes Kind ohne Pro­ble­me gebo­ren wird, nicht jedes Kind bleibt gesund. Bin ich nicht gewillt, die­se Ver­ant­wor­tung zu über­neh­men, muss ich mich, mei­ner Mei­nung nach, in mei­ner „Frei­heit“ dazu ent­schei­den, ent­halt­sam zu leben oder so zu leben, dass kein Kind ent­steht („Natür­li­che Emp­fäng­nis­re­ge­lung“ ist ja von der Kir­che erlaubt und es braucht kei­nen Ein­stein dazu, sich dar­an zu orientieren). 

    Ich mische mich oft in Dis­kus­sio­nen ein und sage laut mei­ne Mei­nung, wenn es um sol­che The­men geht. Ich will nicht, dass Gigi in einer Welt auf­wach­sen muss, in der er sich kon­stant dafür recht­fer­ti­gen muss, dass er am Leben ist. Und ich will mich auch nicht dafür recht­fer­ti­gen müs­sen, dass ich mei­ne Kin­der von Gott so anneh­me, wie sie sind.“
    -

    • Ein herz­li­ches Dan­ke­schön an die­se Mut­ter! Ein wun­der­ba­rer Bei­trag. Gott schen­ke uns vie­le sol­cher Mütter!

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