Generaloberer des Kamillianerordens verhaftet – Dan Brown-Ingredienzien Freiheitsberaubung, Mafia, Finanzgeschäfte


Generalsuperior Renato Salvatore verhaftet(Rom) Zu einem skur­ri­len Skan­dal haben sich inter­ne Kon­flik­te im Kamil­lia­ner-Orden aus­ge­wei­tet. Der Ordens­ge­ne­ral, Gene­ral­su­pe­ri­or Rena­to Sal­va­to­re wur­de mit fünf wei­te­ren Per­so­nen ver­haf­tet. Ihm wird Mit­wir­kung an einer Frei­heits­be­rau­bung vor­ge­wor­fen. Der Gene­ral­su­pe­ri­or soll zwei Mit­glie­der des Gene­ral­ka­pi­tels fest­hal­ten haben las­sen, um sei­ne Wie­der­wahl als Ordens­ge­ne­ral zu sichern.

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Der auf­se­hen­er­re­gen­de Vor­fall erin­nert an Dan Brown-Roma­ne. Laut Haft­be­fehl soll der Gene­ral­su­pe­ri­or gemein­sam mit ordens­frem­den Per­so­nen fal­sche Poli­zei­er­mitt­lun­gen orga­ni­siert haben, um zwei Mit­brü­der von der Teil­nah­me am Gene­ral­ka­pi­tel zur Wahl des neu­en Gene­ral­su­pe­ri­ors fern­zu­hal­ten. Die Abwe­sen­heit der bei­den, von denen bekannt war, daß sie Gene­ral­su­pe­ri­or Rena­to Sal­va­to­re nicht unter­stüt­zen, habe die­sem die Wie­der­wahl gesichert.

Anti-Mafia-Staatsanwaltschaft: Organisierte Kriminalität wollte Hand auf Krankenhäuser legen

Das Gene­ral­ka­pi­tel zur Wahl des neu­en Ordens­obe­ren fand am ver­gan­ge­nen 13. Mai in Aric­cia bei Rom statt. Am Diens­tag wur­de Gene­ral­su­pe­ri­or Rena­to Sal­va­to­re und fünf wei­te­re Per­so­nen von der Poli­zei ver­haf­tet. Der Haft­be­fehl wur­de von Staats­an­walt Giu­sep­pe Casci­ni, aus­ge­stellt. Casci­ni ist Distrikt­staats­an­walt der Anti-Mafia-Abtei­lung DDA.

Laut Ermitt­lun­gen steht Pao­lo Oli­vie­ro im Mit­tel­punkt der Akti­on. Er habe die Frei­heits­be­rau­bung der bei­den Kamil­lia­ner­pa­tres orga­ni­siert. Die Abwe­sen­heit der bei­den soll­te dem amtie­ren­den Gene­ral­obe­ren des Ordens die Wie­der­wahl vor einem Gegen­kan­di­da­ten sichern. Für Oli­vie­ro bedeu­te­te die Wie­der­wahl, so die Staats­an­walt­schaft, eine „pri­vi­le­gier­te“ Zusam­men­ar­beit mit dem Ordens­obe­ren Sal­va­to­re. Für Oli­vie­ro ging es um die Ver­wal­tung und Lei­tung meh­re­rer ordens­ei­ge­ner Kran­ken­häu­ser, dar­un­ter vor allem jenem von Cas­o­ria bei Nea­pel in Süd­ita­li­en, und damit durch Auf­trä­ge, die wie­der­um befreun­de­ten Krei­sen gesi­chert wur­den, um viel Geld. Die Staats­an­walt­schaft sieht das orga­ni­sier­te Ver­bre­chen am Werk, wes­halb die Anti-Mafia-Direk­ti­on mit den Ermitt­lun­gen betraut wurde.

Falsche Polizisten hielten zwei Kamillianer von Teilnahme an Generalkapitel ab

Um die Wie­der­wahl des Gene­ral­su­pe­ri­ors sicher­zu­stel­len, wur­den zwei Mit­glie­der des Gene­ral­ka­pi­tels ihrer Frei­heit beraubt, so die Anti-Mafia-Staats­an­walt­schaft. Dazu habe Oli­vie­ro mit Genos­sen eine Über­prü­fung durch fal­sche Gerichts­po­li­zi­sten vor­ge­täuscht und die bei­den Kamil­lia­ner, die am Gene­ral­ka­pi­tel teil­neh­men soll­ten, mit vor­ge­täusch­ter Poli­zei­au­to­ri­tät an der Teil­nah­me gehindert.

Heiliger Camillo de Lellis: Orden der Krankenpflege, früher Pestkranke, heute HIV-Positive

Die Kamil­lia­ner, in der offi­zi­el­len Bezeich­nung Ordo Cler­i­corum Regu­la­ri­um Mini­stran­ti­um Infir­mis, wur­den 1582 vom Hei­li­gen Camil­lo de Lel­lis als Orden zur Pfle­ge der Kran­ken in Rom gegrün­det. 1586 erfolg­te die Aner­ken­nung durch Papst Six­tus V. Zu den drei all­ge­mei­nen Gelüb­den katho­li­scher Orden legen die Kamil­lia­ner ein vier­tes Gelüb­de ab, mit dem sie sich auch unter Ein­satz ihres Lebens zur Pfle­ge der Kran­ken, und sei­en es Pest­kran­ke, ver­pflich­ten. Geist­li­cher Füh­rer des Hei­li­gen Camil­lo de Lel­lis war der Hei­li­ge Phil­ipp Neri. Der Orden brei­te­te sich bald in Euro­pa und seit dem spä­ten 17. Jahr­hun­dert auch in Latein­ame­ri­ka aus. Sowohl in Chi­le als auch in der Domi­ni­ka­ni­schen Repu­blik wird je ein Kamil­lia­ner als Vater des Vater­lan­des ver­ehrt. War der Orden frü­her vor allem in der Pfle­ge von Pest­kran­ken tätig, wid­met er sich heu­te den HIV-Kranken.

Der Orden zählt welt­weit drei­zehn Pro­vin­zen mit etwa 160 Häu­sern, rund 1100 Ordens­an­ge­hö­ri­gen, dar­un­ter etwa 650 Prie­ster. Der Orden unter­hält 113 Kran­ken­häu­ser, 27 Zen­tren für HIV/AIDS-Kran­ke, 17 Zen­tren für die Kran­ken­seel­sor­ge und 10 Kran­ken­pfle­ge­schu­len. Im heu­ti­gen Deutsch­land sind die Kamil­lia­ner seit Ende des 19. Jahr­hun­derts, im heu­ti­gen Öster­reich seit 1906 tätig.

Ordensleitung hofft auf „baldige Klärung“ der Vorwürfe

Die Ver­haf­tung des Gene­ral­su­pe­ri­ors durch die ita­lie­ni­sche Finanz­po­li­zei, stieß die Ordens­mit­brü­der vor den Kopf. Erst im Nach­hin­ein erfuh­ren sie von den Anschul­di­gun­gen. Der Gene­ral­rat des Ordens äußer­te in einer offi­zi­el­len Erklä­rung sein „Erstau­nen“ und brach­te die „Zuver­sicht“ zum Aus­druck, daß schnellst­mög­lich Licht in die Sache gebracht und alles auf­ge­klärt wird.

Der ver­haf­te­te Gene­ral­su­pe­ri­or Rena­to Sal­va­to­re (58), war frü­her Kaplan am San Camil­lo-Kran­ken­haus in Rom und unter­rich­te­te am Camil­lia­num, der ordens­ei­ge­nen Hoch­schu­le Camil­lia­num. 2007 erfolg­te sei­ne Wahl zum Gene­ral­obe­ren des Ordens. „Wäh­rend von Pater Rena­to Sal­va­to­re eigent­lich nur Gutes zu hören ist, mit einem gro­ßen Freun­des­kreis, ist Pao­lo Oli­vie­ro für die Ermitt­ler kein Unbe­kan­ner. Er tauch­te bereits im Zusam­men­hang mit ver­schie­de­nen Finanz­skan­da­len auf“, so der Vati­ka­nist Andrea Tor­ni­el­li. Ermit­telt wird auch gegen den ehe­ma­li­gen links­li­be­ra­len Abge­ord­ne­ten des Regio­nal­par­la­ments von Lati­um, Vin­cen­zo Maruc­cio. Gegen Maruc­cio wird bereits im Zusam­men­hang mit der Loge P3 und Anla­gen von Wind­rä­dern zur Ener­gie­er­zeu­gung auf Sar­di­ni­en ermittelt.

Im Vati­kan heißt es, die Ange­le­gen­heit sei Sache des Ordens und müs­se dort gere­gelt wer­den. Ein Wink mit dem Zaun­pfahl, denn andern­falls wer­de der Vati­kan die Sache in die Hand neh­men. Es gilt wie immer die Unschulds­ver­mu­tung. Die Schuld­fra­ge ist erst noch zu klä­ren. Ita­li­en ist auch für auf­ge­bla­se­ne Ermitt­lun­gen die­ser oder jener Staats­an­walt­schaft bekannt, die nicht sel­ten im Nichts enden.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Wikicommons/​Camilliani

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