Zwangsislamisierung Nordzyperns durch neo-osmanische Türkei – mit westlicher Duldung


Ein verwüsteter christlicher Friedhof in Nordzypern(Niko­sia) Seit die Tür­kei 1974 Nord­zy­pern besetz­te, wur­den 200.000 Grie­chen aus ihrer Hei­mat ver­trie­ben. Anka­ra sie­delt seit­her Tür­ken aus Ana­to­li­en an. Eine eth­ni­sche Säu­be­rung im Stil der „Gro­ßen Kata­stro­phe“, wie die Grie­chen ihre Ver­trei­bung aus Klein­asi­en zwi­schen 1914 und 1923 durch die Tür­ken nen­nen. Und alles geschieht mit still­schwei­gen­der Dul­dung des Westens. Geo­po­li­ti­sche Inter­es­sen haben mit Blick auf die Tür­kei und den Nahen Osten Vor­rang vor dem grie­chi­schen und christ­li­chen Teil des euro­päi­schen und des west­li­chen Erbes.

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Zypern war 1570 vom Osma­ni­schen Reich erobert wor­den und blieb bis 1878 unter tür­ki­scher Herr­schaft, wur­de dann bri­ti­sches Pro­tek­to­rat, dann Kolo­nie und erlang­te erst 1960 nach einem län­ge­ren anti­bri­ti­schen Kampf die Unab­hän­gig­keit. Zehn Pro­zent der Bevöl­ke­rung waren damals Mos­lems, die sich in der Zeit der osma­ni­schen Herr­schaft auf der Insel ansie­del­ten oder ein­hei­mi­sche Chri­sten, die zum Islam kon­ver­tier­ten. Die Bevöl­ke­rung leb­te durch­mischt, wobei die Grie­chen über­all in der Mehr­heit waren.

Zyperngriechen von Angloamerikanern der Anschluß an Griechenland verweigert

Den Zypern­grie­chen, die eigent­lich den Anschluß an Grie­chen­land woll­ten, wur­de die Unab­hän­gig­keit  gewährt, nicht aber die Ver­ei­ni­gung mit Grie­chen­land. Die im Unab­hän­gig­keits­ver­trag fest­ge­leg­ten Klau­seln zum Schutz der tür­ki­schen Inter­es­sen lähm­ten die Insel­re­gie­rung. Ver­su­che, einen gang­ba­ren Weg zu fin­den, ende­ten in bewaff­ne­ten Aktio­nen der Zypern­tür­ken. 1964 beschloß das tür­ki­sche Par­la­ment die Erobe­rung Zyperns, die durch Wider­stän­de in der NATO nicht zustan­de kam. Allein die Andro­hung laste­te als Damo­kles­schwert über den Zypern­grie­chen, die sich einer Inva­si­on nicht erweh­ren hät­ten kön­nen. Sie streb­ten daher wei­ter­hin den Schutz durch Anschluß an Grie­chen­land an. Als dies von der inter­na­tio­na­len Staa­ten­ge­mein­schaft aus Rück­sicht auf die Tür­kei und stra­te­gi­sche Inter­es­sen der Groß­mäch­te, vor allem der USA und Groß­bri­tan­ni­ens wei­ter­hin ver­wei­gert wur­de, putsch­te 1974 die zyprio­ti­sche Natio­nal­gar­de und erklär­te den Anschluß Zyperns an Griechenland.

Die Tür­kei, Garan­tie­macht der Unab­hän­gig­keit von 1960, begann mit der Inva­si­on Zyperns und brach­te fast 40 Pro­zent der Insel unter ihre Kon­trol­le. Die grie­chi­sche Bevöl­ke­rung des Nor­dens flüch­te­te. Die tür­ki­sche Bevöl­ke­rung des Südens wur­de nach tür­ki­schen Dro­hun­gen in den Nor­den umge­sie­delt. Ir Besitz wur­de jedoch genau regi­stiert, um eine Rück­ga­be in der Zukunft zu ermög­li­chen. Süd­zy­pern erhebt seit­her den Anspruch ganz Zypern zu ver­tre­ten. Der Nor­den rief 1975 den Tür­ki­schen Bun­des­staat Zypern aus, 1983 die Tür­ki­sche Repu­blik Nord­zy­pern, die aller­dings nur von der Tür­kei aner­kannt wur­de und fak­tisch ein Teil der­sel­ben ist.

Ankara betreibt seit 1974 systematische Siedlungspolitik

Anka­ra betreibt seit­her die Ansied­lung von Tür­ken aus Ana­to­li­en, um den Besitz dau­er­haft zu sichern und hält rund 40.000 tür­ki­sche Sol­da­ten auf der Insel sta­tio­niert. Auch die ein­hei­mi­schen Zypern­tür­ken kla­gen über Dis­kri­mi­nie­rung durch die ana­to­li­schen Kolo­ni­sten und das tür­ki­sche Militär.

Jüngst gab es auf der Ebe­ne der Reli­gi­ons­füh­rer Signa­le der Ent­span­nung. Posi­tiv aus­ge­wirkt haben sie sich aller­dings noch nicht. Der Nor­den unter­liegt nach wie vor einer Zwangs­is­la­mi­sie­rung. Die ana­to­li­schen Tür­ken haben in der Regel einen gerin­gen Bil­dungs­stand, sind dafür aber über­zeug­te Mos­lems. Dut­zen­de von christ­li­chen Kir­chen wur­den seit der tür­ki­schen Inva­si­on zer­stört oder in Moscheen umge­wan­delt. Klö­ster, die eine zwei­tau­send­jäh­ri­ge grie­chi­sche christ­li­che Kul­tur ver­kör­pern, sind ver­schwun­den. Zypern gehör­te auf dem Weg des Chri­sten­tums aus dem Hei­li­gen Land Rich­tung Westen zu einem der ersten Mis­si­ons­ge­bie­te. Zu den ersten Mis­sio­na­ren zähl­te der Hei­li­ge Pau­lus von Tar­sus. Noch für das erste nach­richt­li­che Jahr­hun­dert ist die Bekeh­rung des römi­schen Pro­kon­suls der Insel zum Chri­sten­tum belegt.

Geopolitik hat gegenüber Kultur und Religion Vorrang

Der bri­ti­sche Histo­ri­ker und Diplo­mat Wil­liam Mal­lin­son, ein aus­ge­wie­se­ner Ken­ner Zyperns, beklag­te jüngst, daß die tür­ki­sche Beset­zung und Tei­lung der Insel mit still­schwei­gen­der Zustim­mung der USA, kon­kret des dama­li­gen US-Außen­mi­ni­ster Hen­ry Kis­sin­ger und der bri­ti­schen Regie­rung erfolg­te. Die angel­säch­si­schen Mäch­te waren aus geo­po­li­ti­schen Grün­den an einer pro­west­li­chen Tür­kei inter­es­siert. Zypern war der Preis dafür. Von poli­ti­schem „Zynis­mus“ spricht Mal­lin­son. Der Satz Kis­sin­gers dafür sei bezeich­net, wonach mit der tür­ki­schen Inva­si­on und der Tei­lung “die Zypern-Fra­ge gelöst“ sei.

„Zynis­mus“, so Mal­lin­son, weil in die­ser Macht­lo­gik ein „völ­li­ges Des­in­ter­es­se für die Kul­tur, die Tra­di­tio­nen und die christ­li­chen Wur­zeln eines Lan­des“ zum Aus­druck komme.

Neo-Osmanentum will Einfluß auf Zypern „auch wenn es auf der Insel keinen einzigen Moslem gäbe“

Unter­des­sen treibt die neo-osma­ni­sche Poli­tik der tür­ki­schen Regie­rung unter Mini­ster­prä­si­dent Recep Erdo­gan mit Hil­fe von sau­di­schem Kapi­tal die syste­ma­ti­sche Isla­mi­sie­rung Nord­zy­perns vor­an. Der Vor­den­ker des Neo-Osma­nen­tums in der Außen­po­li­tik, der tür­ki­sche Außen­mi­ni­ster Ahmet Davu­to­g­lu betrach­tet Zypern, ganz Zypern, als zen­tra­le Figur auf dem geo­po­li­ti­schen Schach­brett der Tür­kei, „auch wenn es auf der Insel kei­nen ein­zi­gen Mos­lem gäbe“, wie er erklärte.

Davu­to­g­lu gab damit zu, daß die Min­der­heit der Zypern­tür­ken nur ein Vor­wand für die tür­ki­sche Beset­zung war. Selbst die zypern­tür­ki­sche Bevöl­ke­rung fühlt sich inzwi­schen zum Teil von Anka­ra an die Wand gedrängt. Durch die mas­si­ve Sied­lungs­po­li­tik wur­den sie auch von der Tür­kei zur Min­der­heit gemacht. Die Mehr­heit und das Sagen haben die ana­to­li­schen Kolo­ni­sten über­nom­men. Ein Ungleich­ge­wicht, das nicht zuletzt auf­grund star­ker kul­tu­rel­ler Unter­schie­de zu Span­nun­gen führt. Hin­zu kom­men noch Span­nun­gen mit dem tür­ki­schen Mili­tär, das sich als eigent­li­cher Herr in Nord­zy­pern aufführt.

Zyperntürken unter Türken in der Minderheit – Christliches Erbe wird systematisch ausgelöscht

Das lan­ge Zusam­men­le­ben der Zypern­tür­ken seit 1570 mit der grie­chi­schen, christ­li­chen Mehr­heits­be­völ­ke­rung Zyperns haben tie­fe kul­tu­rel­le Spu­ren hin­ter­las­sen. Vor allem den Respekt gegen­über der Reli­gi­on des ande­ren. Die ein­hei­mi­schen Zypern­tür­ken gel­ten zudem zum grö­ße­ren Teil eigent­lich als eth­ni­sche Grie­chen, die unter tür­ki­scher Herr­schaft zum Islam kon­ver­tier­ten. In der Regel aus steu­er­recht­li­chen Grün­den. Steu­ern muß­ten nur die Chri­sten bezah­len, nicht aber die Mos­lems. Die heu­te aus der Gegend von Anka­ra kom­men­den ana­to­li­schen Sied­ler wis­sen davon nichts. Wenn sich in Nord­zy­pern noch etwas von der alten grie­chisch-christ­li­chen Kul­tur erhal­ten hat, dann ist es den ein­hei­mi­schen Zypern­tür­ken zu ver­dan­ken. Unter ihnen gibt es auch eine syn­kre­ti­sti­sche Gemein­schaft, die von Reli­gi­ons­hi­sto­ri­kern als Kryp­to­chri­sten bezeich­net werden.

Was Mal­lin­son für 1974 sag­te, scheint für heu­te genau­so zu gel­ten. Auf das christ­li­che und grie­chi­sche Erbe Euro­pas beru­fen sich die Mäch­ti­gen des Westens zwar, doch in Wirk­lich­keit zäh­len vor allem geo­po­li­ti­sche Erwä­gun­gen, und denen wird die­ses Erbe skru­pel­los geop­fert. Zypern liegt zu nahe am Nahen Osten und dort zäh­len ande­re Inter­es­sen mehr. Zumin­dest in man­cher Staatskanzlei.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Asianews

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