(Wien) Eine neutrale Interview-Aussage des ernannten neuen Staatssekretärs des Heiligen Stuhls, Msgr. Pietro Parolin, soll eine neue Zölibatsdebatte auslösen. Das zumindest wünschen sich progressive Kirchenkreise. Der österreichische Pastoraltheologe Paul Zulehner ist sich dabei sicher, daß Papst Franziskus den Priesterzölibat abschaffen wolle und hofft, daß der Papst vorher nicht von seinen Gegnern umgebracht wird. In der wirren, kabarettreifen Komplottwelt Zulehners stehen die eventuellen Täter auch schon fest: Es sind natürlich „die Konservativen“.
Vor zwei Tagen sorgte ein Interview des künftigen Staatssekretärs des Heiligen Stuhls, Msgr. Pietro Parolin für Aufsehen. Gegenüber einer venezolanischen Wirtschaftszeitung in Caracas, wo Parolin derzeit noch Apostolischer Nuntius ist, sagte der von Papst Franziskus zur Nummer Zwei im Vatikan ernannte Kurienerzbischof, daß der Priesterzölibat „kein Dogma“ sei. An sich wirklich keine Sensation. Die Notwendigkeit einer rein „formal-technischen“ Antwort Parolins ist allerdings umstritten. Der neue Staatssekretär antwortete auf eine Journalistenfrage einschließlich mehrerer Nachfragen, ohne dabei jedoch eine persönliche Meinung abzugeben. Zahlreiche Medien machten daraus in sensationsgieriger Aufmachung eine Bereitschaft zur Abschaffung des Zölibats. Eine Absicht, die sich aus Parolins Worten so nicht entnehmen läßt, aber Wasser auf die Mühlen progressiver Kirchenkreise ist, die von den kirchenfernen Massenmedien mit Vorliebe gefördert werden. Der Zölibat ist der Welt ein besonderer Dorn im Auge.
ORF und verbeamteter Kirchen-Erklärer Zulehner spielen sich gegenseitig den Ball zu
Verschiedene „verbeamtete“ Kirchenfunktionäre mit progressivem Zungenschlag sprangen sofort auf den Medienzug auf. Besonders bunt treibt es dabei der österreichische Pastoraltheologe Paul Zulehner. Der Priester und emeritierte Universitätsprofessor, der von 2000 bis 2007 Dekan der Katholischen-Theologischen Fakultät der Universität Wien war, ist nicht repräsentativ für die katholische Kirche, repräsentiert aber um so treffender den Zustand der katholischen Kirche Österreichs. Dazu gehört auch, daß Zulehner zu Kirchenfragen Dauergast im ORF ist. Durch seine Brille läßt der österreichische Staatsrundfunk den Österreichern erklären, was in der Kirche wie laufen sollte.

Da der Wunsch Vater des Gedankens ist, und der Wunsch auch in der ORF-Religionsredaktion wenig verwunderlich Zölibatsabschaffung lautet, wurde vom ORF prompt wieder Paul Zulehner ins Studio gebeten, um dem österreichischen Publikum zu sagen, was es zum Thema Zölibat zu denken habe.
Zulehner erfüllte verlässlich alle Erwartungen und noch mehr. Nach den Worten Parolins gab sich der Pastoraltheologe „optimistisch“, daß der Priesterzölibat bald fallen könnte. Er unterstellte dem neuen Staatssekretär, der persönlich gar keine Meinung geäußert hatte, einfach, daß dieser tatsächlich den Zölibat lockern wolle. Damit jedoch nicht genug, übertrug er den Parolin unterstellten Willen einfach auf Papst Franziskus. Die Zeit sei „reif, über die Abschaffung des Zölibats bei katholischen Priestern nachzudenken“, so Zulehner, was aus seinem Mund sagen will, daß der Priesterzölibat schon längst abgeschafft werden hätte sollen. Eine Position Zulehners, die längst bekannt ist.
Zulehners Zölibats-Abneigung nichts Neues – daher gibts als Zugabe ein Mordkomplott
Soweit also nichts Neues unter der Sonne, auch nicht, daß ausgerechnet der Zölibats-Gegner Zulehner im ORF seine Meinung zum Besten geben durfte, und nicht ein Verteidiger des Zölibats und damit der offiziellen kirchlichen Lehre und Ordnung.
Um sich trotz seiner sattsam bekannten Position zum Zölibat doch etwas Aufmerksamkeit zu sichern, legte Zulehner noch einen Scheit drauf. Und das ziemlich dreist. Papst Franziskus wolle die Kirche grundlegend reformieren und eben dabei auch endlich den Priesterzölibat beseitigen. Zulehner hoffe, daß sich der Papst mit seinen Reformplänen durchsetzen könne, die der Pastoraltheologe natürlich genau zu kennen vorgibt, allerdings nur er, denn vom Papst sind keine konkreten „Reformpläne“ bekannt. Nicht genug damit. Wegen der angeblichen Absicht den Zölibat zu beseitigen, habe er, Zulehner, Angst um den Papst. Der Pastoraltheologe sagte, er hoffe, daß Papst Franziskus nicht vorher von seinen Gegner umgebracht werde.
Die Erfindung eines Gerüchts – Mytomanischer Applaus für eine „andere“ Kirche
Wörtlich sagte Zulehner dem ORF-Vorarlberg: „Manche Leute fürchten auch, daß es den Konservativen zu viel ist und daß manche auch daran denken, ihn [den Papst] umzubringen. Es gibt solche Gerüchte.“ Gerüchte, die natürlich wiederum nur Zulehner kennt. Oder anders ausgedrückt: ORF-Zuschauer wurdne Zeugen, wie ein Gerücht erfunden und in die Welt gesetzt wird.
Der ORF ließ auch den Pastoralamtsleiter der Diözese Feldkirch (Vorarlberg), Walter Schmolly, einer Abschaffung des Priesterzölibats applaudieren, der sich über Erzbischof Parolins Äußerung „erfreut“ zeigte. Auch er nennt den Priestermangel und die Zölibatsdebatte in einem Atemzug, als bestehe eine „Notwendigkeit“ zur Aufhebung des Priesterzölibats und als ließe sich damit der Priestermangel, der Ausdruck einer weit tieferen Krise, nämlich einer Glaubenskrise und radikaler demographischer Verschiebungen ist, damit „strukturell“ lösen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Kreuzgang.org