Kritik an Papst Franziskus aus den USA – „Papstmacher“ Dolan: Mangel an Manager- und Führungsqualität


Kardinäle vor dem Konklave: Kritik an Papst Franziskus aus den USA(New York) Die nord­ame­ri­ka­ni­schen Bischö­fe, so war unmit­tel­bar nach dem Kon­kla­ve vom ver­gan­ge­nen März zu hören, sei­en aus­schlag­ge­bend gewe­sen für die Wahl von Papst Fran­zis­kus. Sie sei­en zwar nicht die „Erfin­der“ des neu­en Pon­ti­fi­kats, ihre Stim­men und ihr Gewicht sei­en aber letzt­lich ent­schei­dend gewe­sen. Genau aus den USA kommt nun erste direk­te und erstaun­lich har­te Kri­tik an Papst Fran­zis­kus. Aus­druck fand sie in Inter­views des Erz­bi­schofs von New York und Vor­sit­zen­den der ame­ri­ka­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz Timo­thy Kar­di­nal Dolan und des Erz­bi­schofs von Phil­adel­phia, Charles Cha­put. Kar­di­nal Dolan spricht von einem „Man­gel an Mana­ger- und Füh­rungs­qua­li­tät“, Kar­di­nal Cha­put von einer gewis­sen Unzu­frie­den­heit über die Wahl von Kar­di­nal Berg­o­glio zum Papst in glau­bens­treu­en Kirchenkreisen. 

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Gleich meh­re­re Pur­pur­trä­ger der USA gal­ten als „Papa­bi­li“. In einer gemein­sa­men Erklä­rung knapp vor Kon­kla­vebe­ginn, ein Novum, gaben sie jedoch ihren kol­lek­ti­ven Ver­zicht bekannt. Begrün­det wur­de der uner­war­te­te Rück­zug mit einem mög­li­chen „Scha­den“ für die Kir­che, da ein US-ame­ri­ka­ni­scher Papst in ande­ren Erd­tei­len zu einer unan­ge­mes­se­nen Gleich­set­zung der Kir­che oder ins­ge­samt des Chri­sten­tums mit der Welt­macht USA füh­ren könnte.

Amerikanische „Papstmacher“ erste Kritiker von Papst Franziskus

Ent­spre­chend fei­er­ten die ame­ri­ka­ni­schen Medi­en den New Yor­ker Erz­bi­schof Timo­thy Kar­di­nal Dolan bei des­sen Rück­kehr nach dem Kon­kla­ve als „Papst­ma­cher“. Kar­di­nal Dolan ist nicht der „Erfin­der“ der Kan­di­da­tur sei­nes argen­ti­ni­schen Mit­bru­ders. Die­se reicht bereits in das Kon­kla­ve von 2005 zurück. Die eigent­li­chen Pro­mo­to­ren hie­ßen 2005 Kar­di­nal Mar­ti­ni und 2013 Kar­di­nal Leh­mann, um nur zwei zu nen­nen. Im Gegen­satz zum vor­letz­ten Kon­kla­ve war die Alli­anz 2013 viel brei­ter. Die Über­win­dung einer Zwei-Drit­tel-Mehr­heit bei einer Wahl ohne star­ke Kan­di­da­ten oder Favo­ri­ten ist kein leich­tes Unter­fan­gen. Kar­di­nal Dolan gilt als „Papst­ma­cher“, weil das Ein­schwen­ken der nord­ame­ri­ka­ni­schen Papst­wäh­ler (zumin­dest der Mehr­heit) auf den Argen­ti­ni­er, letzt­lich die ent­schei­den­de Wen­de im Kon­kla­ve brachte.

Nun kommt erstaun­li­cher­wei­se gera­de aus den USA Kri­tik an Papst Fran­zis­kus. Es ist die erste deut­lich ver­nehm­ba­re Kri­tik, da sich bis­her die Pur­pur­trä­ger und Orts­kir­chen, zumin­dest dem Anschein nach, vom media­len Jubel um das neue Pon­ti­fi­kat mit­rei­ßen hat­ten las­sen. Ein Jubel, was nicht ver­ges­sen wer­den darf, der vor allem eine letz­te Schel­te an Papst Bene­dikt XVI. war. Die ver­öf­fent­lich­te Mei­nung prä­sen­tier­te der Kir­che gewis­ser­ma­ßen die For­de­rung, wie ein Papst jeden­falls nicht zu sein habe. Die Reak­ti­on blieb nicht aus: Papst Fran­zis­kus ent­puppt sich, ganz im gewoll­ten Gegen­satz zu Bene­dikt XVI., als ver­blüf­fen­der Ken­ner der Medi­en­psy­cho­lo­gie und agiert ent­sprecht medi­en­ge­recht. Im deut­schen Sprach­raum sind die Bischö­fe mehr im Griff der Medi­en, wie jüngst der Vor­fall im Würz­bur­ger Prie­ster­se­mi­nar zeig­te. Es gab bis­her nur einen Bischof, der die Medi­en im Griff hat­te: den St. Pöl­te­ner Bischof Kurt Krenn. Bischof Krenn nütz­te sei­ne Medi­en­ge­wandt­heit um die katho­li­sche Glau­bens­leh­re zu ver­mit­teln, wo sei­ne Mit­brü­der im Bischofs­amt zuwei­len lie­ber schwie­gen. Dafür jubel­ten ihm die Medi­en nicht zu. Er war viel­mehr ihr Lieb­lings­feind­bild, aber sie konn­ten sich weder sei­ner Bra­vour im media­len Umgang noch sei­ner intel­lek­tu­el­len Grö­ße ent­zie­hen. Ob Papst Fran­zis­kus dies auch gelin­gen wird, bleibt vor­erst eine offe­ne Fra­ge. Bis­her erschöpft sich der media­le Jubel mehr auf Neben­säch­lich­kei­ten moder­ner Medi­en-Iko­nen, wie sie das Show­busi­ness, Sport und manch­mal auch die Poli­tik hervorbringen.

Kardinal Dolan: Von „Managerfähigkeiten und Führungsqualität“ hat man bisher „wenig gesehen“

Die Kri­tik aus den USA ist daher ein bemer­kens­wer­ter Indi­ka­tor für das im März begon­ne­ne Pon­ti­fi­kat. Kar­di­nal Dolan brach­te sie in einem Inter­view des Vati­ka­ni­sten John Allen für den pro­ges­si­ven Natio­nal Catho­lic Repor­ter vor. Er wur­de per­sön­lich sehr direkt, beschränk­te sich in kon­kre­ten Fra­gen jedoch mehr auf einen schein­bar tech­ni­schen Aspekt, dies aller­dings nur auf den ersten Blick. „Wir woll­ten auch jemand mit guten Mana­ger­fä­hig­kei­ten und Füh­rungs­qua­li­tät, und bis heu­te hat man davon wenig gese­hen.“ Mit die­sen Wor­ten beschrieb der New Yor­ker Erz­bi­schof das bis­he­ri­ge Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus. Man könn­te von einer Fron­tal­kri­tik spre­chen. Aus­ge­spro­chen hat Kar­di­nal Dolan sei­ne Kri­tik bereits vor weni­gen Wochen am Ran­de des Welt­ju­gend­ta­ges in Rio de Janei­ro. Der Natio­nal Catho­lic Repor­ter ver­öf­fent­lich­te das Inte­view am 24. Juli im Internet.

Knapp fünf Mona­te nach der Papst­wahl erklär­te damit einer der maß­geb­li­chen Gestal­ten des Kon­kla­ve, daß Papst Fran­zis­kus bis­her nicht aus­rei­chend „Mana­ger“ und nicht aus­rei­chend „Füh­rungs­per­sön­lich­keit“ war. Ein Papst muß ein „Mana­ger“ sein, „Füh­rungs­qua­li­tä­ten“ soll­te er haben.

Kardinal Dolan: Nach Sommerpause soll endlich neuer Staatssekretär ernannt werden

In sei­ner kon­kre­ten Kri­tik beschränk­te sich Kar­di­nal Dolan auf die Beset­zung des Staats­se­kre­ta­ri­ats und setz­te damit an der Spit­ze der Römi­schen Kurie und gleich unter Papst Fran­zis­kus an. Im Vor­feld des Kon­kla­ve war von ver­schie­de­nen Sei­ten laut­stark die Abbe­ru­fung von Kar­di­nals­staats­se­kre­tär Tar­cis­io Ber­to­ne gefor­dert wor­den. Kar­di­nal Ber­to­ne war der wich­tig­ste Mit­ar­bei­ter von Papst Bene­dikt XVI. in der Lei­tung der Kir­che. Er wur­de nicht zu unrecht für man­che Pan­nen ver­ant­wort­lich gemacht, die dem deut­schen Papst von den Medi­en und sei­nen zahl­rei­chen inner­kirch­li­chen Geg­nern mit Genuß zum Dau­er­vor­wurf gemacht wurden.

Kar­di­nal Dolan sag­te nun, sich bereits vor der Som­mer­pau­se einen Wech­sel an der Spit­ze des Staats­se­kre­ta­ri­ats erwar­tet zu haben. Und wei­ter: „Ich erwar­te mir, daß sich nach der Som­mer­pau­se das eine oder ande­re Signal mehr in Rich­tung Ände­rung der Amts­füh­rung konkretisiert.“

Erzbischof Chaput: Gewisse Unzufriedenheit über Wahl von Papst Franziskus in glaubenstreuen Kreisen

Die Kri­tik des Vor­sit­zen­den der ame­ri­ka­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz geht nicht dar­über hin­aus. Es bleibt daher off­fen, wo und wie sie sich mit der Kri­tik ande­rer ame­ri­ka­ni­scher Bischö­fe an der Amts­füh­rung von Papst Fran­zis­kus trifft, die aller­dings zeit­gleich laut wur­de und etwas akzen­tu­ier­ter ist. Auf den Punkt brach­te sie der Erz­bi­schof von Phil­adel­phia, Charles Cha­put, Anwär­ter auf das Kar­di­nals­pur­pur, sobald sein Vor­gän­ger Justin Fran­cis Kar­di­nal Riga­li im April 2015 das 80. Lebens­jahr erreicht. Erz­bi­schof Cha­put, einer der bedeu­tend­sten ame­ri­ka­ni­schen Kir­chen­füh­rer gilt als glau­bens­treu und tra­di­ti­ons­ver­bun­den. Er  äußer­te, eben­falls in einem Inter­view für den Natio­nal Catho­lic Repor­ter, eine „gewis­se Unzu­frie­den­heit“ über die Wahl von Kar­di­nal Berg­o­glio zum Papst, die gera­de im glau­bens­treu­en und rom­treu­en Teil der Kir­che spür­bar sei.

Kar­di­nal Dolan griff nicht die Kri­tik kon­ser­va­ti­ver oder tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ner Tei­le der Kir­che auf, etwa über lit­ur­gi­sche Ver­än­de­run­gen durch Papst Fran­zis­kus, den umstrit­te­nen „Stil“ des Pap­stes, eine gewis­se Ambi­va­lenz des Pap­stes zu den gro­ßen bio­ethi­schen Her­aus­for­de­run­gen der Zeit, zur Homo­se­xua­li­tät und der aggres­si­ven Gen­der-Ideo­lo­gie. Kar­di­nal Dolan beschränk­te sich in sei­ner Kri­tik auf den Aspekt der „Amts­füh­rung“. Der Vati­ka­nist Andrea Tor­ni­el­li meint, daß sich dahin­ter eine „typisch ame­ri­ka­ni­sche Sor­ge“ ver­ber­ge: der Ruf nach tüch­ti­gen „Mana­gern“. Doch das dürf­te zu kurz grei­fen. Kar­di­nal Dolan ist Vor­sit­zen­der der Bischofs­kon­fe­renz, er dosier­te sei­ne Kri­tik wohl­über­legt und beschränk­te sich auf einen Aspekt, der kei­ne beson­de­re Medi­en­auf­merk­sam­keit ris­kiert, dafür aber direkt an den Papst in Rom gerich­tet ist.

Tatendrang bei Vatikanbank – Nebensächlichkeit für katholische Kirche

Taten­drang zeig­te Papst Fran­zis­kus bis­her vor allem im Zusam­men­hang mit der Vatik­an­bank IOR und den Wirt­schafts­an­ge­le­gen­hei­ten des Hei­li­gen Stuhls. Das brach­te viel Applaus, ist das Bank­in­sti­tut ja gera­de­zu sagen­um­wo­ben. Der Ein­satz erstaunt: die ver­patz­te Ernen­nung eines per­sön­li­chen Ver­tre­ters in der Per­son des umstrit­te­nen Msgr. Bat­ti­sta Ric­ca, die Beru­fung von gleich drei Kom­mis­sio­nen zur Kon­trol­le und Über­wa­chung der Bank, von denen dann doch min­de­stens eine zuviel und eine wei­te­re zwei­fel­haft besetzt scheint, Umbe­set­zun­gen an der Spit­ze der Stif­tung und schließ­lich noch ein eige­nes Motu pro­prio mit eini­gen neu­en Regeln. Die Vatik­an­bank mag man­chen Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­kern die Schweiß­per­len auf die Stirn trei­ben und eben­so eini­gen Kir­chen­fein­den, die von „sagen­haf­ten“ Reich­tü­mern der Kir­che träu­men. In Wirk­lich­keit ist die Bank, betrach­tet an ihren Ein­la­gen unter 10 Mil­li­ar­den Euro, im inter­na­tio­na­len Ver­gleich eine Klein­bank. Auf die Zahl der Katho­li­ken welt­weit umge­legt, lie­gen auf der Bank gera­de ein­mal sechs bis sie­ben Euro. Finan­zi­el­le und wirt­schaft­li­che Ange­le­gen­hei­ten sind nun aber wirk­lich nicht die wich­tig­sten Ange­le­gen­hei­ten der katho­li­schen Kir­che, nicht ein­mal die zweit­wich­tig­sten, wes­halb die­ser gan­ze Auf­wand doch eini­ge Beob­ach­ter erstaunt.

Nur Johannes Paul II. ernannte Staatssekretär sofort – Progressive Ernüchterung

Kar­di­nal Ber­to­ne, auf den sich die Kri­tik von Kar­di­nal Dolan an Papst Fran­zis­kus kon­zen­triert, voll­endet im Dezem­ber sein 79. Lebens­jahr. Ein Wech­sel steht daher so oder anders bevor. Kein Papst tausch­te den Kar­di­nal­staats­se­kre­tär sofort nach sei­ner Wahl aus. In der Kir­che gel­ten ande­re Rhyth­men. Papst Pius XII. ernann­te gar kei­nen. Als ehe­ma­li­ger Staats­se­kre­tär war sich der Papst sein eige­ner Staats­se­kre­tär. Papst Paul VI. behielt den von sei­nem Vor­gän­ger Johan­nes XXIII. „geerb­ten“ Staats­se­kre­tär sechs Jah­re bei. Johan­nes Paul I. kam wegen sei­nes uner­war­te­ten Todes zu kei­nen Per­so­nal­ent­schei­dun­gen. Ein­zig Johan­nes Paul II. ernann­te inner­halb weni­ger Mona­te einen neu­en Staats­se­kre­tär. Aller­dings starb Kar­di­nal Jean Vil­lot, den er von Paul VI. über­nahm, fünf Mona­te nach Pon­ti­fi­kats­be­ginn, wes­halb eine ver­mut­lich schnel­le Abbe­ru­fung des fran­zö­si­schen Pur­pur­trä­gers und Kon­zils­se­kre­tärs durch den pol­ni­schen Papst Spe­ku­la­ti­on blei­ben muß.

Als Jesu­it nimmt sich Papst Fran­zis­kus die nöti­ge Zeit, um über­leg­te Ent­schei­dun­gen zu tref­fen. Er sucht sich sei­ne Infor­ma­tio­nen und ent­schei­det dann ganz allei­ne. Das belegt auch sein Fest­hal­ten an der Ernen­nung von Msgr. Ric­ca zum Haus­prä­la­ten der Vatik­an­bank trotz Bekannt­wer­dens von des­sen bri­san­ter und unrühm­li­cher Ver­gan­gen­heit. Ein­mal getrof­fe­ne Ent­schei­dun­gen wer­den nicht zurück­ge­nom­men. Was die ange­kün­dig­te, medi­al beton­te und von vie­len Kar­di­nä­len, die resi­die­ren­de Diö­ze­san­bi­schö­fe sind, gefor­der­te Kuri­en­re­form anbe­langt, wird man die erste Sit­zung des neu­en acht­köp­fi­gen Kar­di­nals­rats abwar­ten müs­sen. Die Sit­zung ist für Anfang Okto­ber ange­setzt. In pro­gres­si­ven Krei­sen geht nach anfäng­li­cher Eupho­rie die Paro­le um, nicht zu hohe Erwar­tun­gen in das neue Pon­ti­fi­kat zu set­zen. Die pro­gres­si­ven Ordens­frau­en waren die ersten, die die Jubel­fah­nen ein­ge­holt haben.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Tempi

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