(Rio de Janeiro) Papst Franziskus ist gerade aus Rio de Janeiro zurück und die großen Medien haben doch ein ihnen genehmes Thema gefunden. Daß es nicht katholische Glaubensthemen sein würden, das stand ohnehin fest. Es sind aber auch nicht die drei Millionen Teilnehmer, nicht einmal der Fiat Idea, ebensowenig ein Besuch in den Favelas und schon gar nicht die Absage des Papstes an die progressive Agenda von Wir sind Kirche und der Pfarrer-Initiative. Eine Absage, die sehr deutlich ausfiel in seiner Ansprache an die Bischöfe Lateinamerikas und der Karibik. Eine Absage an die Aufhebung des Zölibats, eine Absage an die Frauenordination und eine Absage an die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zu den Sakramenten. Da wirkt die KNA-Berichterstattung wie der verzweifelte Griff nach dem Strohhalm, wenn es im Bericht heißt, der Papst habe aber nichts zu einem eventuellen Frauendiakonat gesagt.
Bei der medialen Nachbereitung des Weltjugendtages in den Massenmedien sind einmal mehr die Homosexuellen das Thema. Jene Drei-Prozent-Minderheit, die derzeit „liberal“ Gesinnte modisch in Atem halten. Was aber sagte der Papst wirklich auf dem Rückflug zu den Journalisten?
Hinflug: „Keine Interviews“- Rückflug: freie Pressekonferenz
Obwohl Papst Franziskus auf dem Hinflug selbst zu den Journalisten sagte, daß er keine Interviews gebe, tat er offensichtlich gut gelaunt genau das auf dem Rückflug. Für eine Stunde und 21 Minuten stand er den ihn begleitenden Journalisten Rede und Antwort, ganz frei. Jeder konnte Fragen stellen, völlig ungezwungen.
Dabei ging es am Ende auch um die Ernennung von Msgr. Battista Ricca zum „Hausprälaten“ der Vatikanbank, die wegen dessen homosexueller Vergangenheit umstritten ist und um die „Homo-Lobby“ im Vatikan. Zwischen diesen beiden Stichwörtern scheint sich die Antwort des Papstes zu bewegen. Die Massenmedien machten daraus Schlagzeilen von einer „Kursänderung“ und einer „Öffnung“, als hätte der Papst allgemein über Homosexualität und Homosexuelle gesprochen. Das aber hat er nicht getan.
Was aber sagte der Papst konkret? Auf die „Homo-Lobby“ im Vatikan angesprochen scherzte der Papst, daß zwar viel darüber geschrieben werde, daß er ihr aber noch nicht begegnet sei, weil die das ja nicht auf ihre Namensschilder schreiben würden.
Papst bestätigt Verfehlungen Riccas – „Aber keine Straftaten, sondern Sünde“
Zum Fall Ricca sagte Papst Franziskus, daß vor der Ernennung der vom Kirchenrecht vorgesehene Weg eingehalten wurde. Dabei sei nichts gefunden worden, was gegen die Ernennung gesprochen habe. Eine Rücknahme der Ernennung wird es dennoch auch nach Bekanntwerden von Riccas homosexuellen Seitensprüngen nicht geben. Das Kirchenoberhaupt sagte den Journalisten, daß Ricca schließlich keine „Straftaten“ begangen habe [im Sinne des weltlichen Strafrechts].
Der Papst bestätigte Riccas unsittliches Verhalten in der Vergangenheit. Es habe sich dabei um „Sünden“ gehandelt, so Franziskus. Die Sünde sehe Reue, Umkehr vor, dann vergebe und vergesse der Herr. Er, Franziskus, habe nicht das Recht eine Vergebung zu verweigern und müsse daher auch vergessen. Im Klartext muß Ricca gebeichtet, bereut und die Absolution erhalten haben. Die Theologie der Sünde sei sehr wichtig, so Papst Franziskus. Petrus habe die schwere Sünde begangen, den Herrn zu verleugnen und doch machte ihn der Herr zum Papst. „Denken Sie darüber nach“, so der Papst zu den Journalisten.
Auf Ricca und die „Homo-Lobby“ im Vatikan bezogen sagte der Papst weiter, man müsse „unterscheiden zwischen dem Umstand, daß eine Person homosexuell ist und ob sie eine Homo-Lobby bilde. Wenn ein Homosexueller den Herrn annimmt und guten Willen hat, wer bin ich, um ihn zu richten? Der Katechismus der katholischen Kirche sagt, daß diese Menschen nicht ausgegrenzt, sondern angenommen werden sollen. Die Neigung [zur Homosexualität] ist nicht das Problem, sie sind Brüder, das Problem ist die Bildung einer Lobby.“ Die Lobby sei ein „schwerwiegendes Problem“.
Zum Thema Homosexuelle: keine „Öffnung“, sondern Katechismus der Kirche
Was die Medien lautstark als „Kursänderung“ und „Öffnung“ verbreiten ist die gültige katholische Praxis, mit der der Papst seine Entscheidungen im Fall Ricca rechtfertigte und auf das von ihm selbst indirekt in die Welt gesetzte Stichwort „Homo-Lobby“ antwortete. Einige Massenmedien versuchen daraus einen falschen Eindruck zu schaffen, der ihrer homophilen Position entspricht und dem von ihnen selbst kreierten Bild des Papstes.
Die Frage ist allerdings auch, ob die Überlieferung durch die Medien, vollständig ist. An der genannten Stelle sagt der Katechismus, die Neigung ist nicht das Problem“. Die Stelle geht nicht mit einer Aussage über eine „Homo-Lobby“ weiter, sondern besagt, daß Menschen mit dieser Neigung, enthaltsam leben müssen. Hat dies der Papst auch gesagt, oder ist dieser Teil implizit in der Papstaussage mitzudenken? Oder wird (von wem?) mit Weglassungen gespielt, gerade wo besondere Klarheit notwendig wäre?
Text: Giuseppe Nardi
Bild: CCCSanbendetto