Wir verzichten auf eine Ortsangabe. Der Vorfall könnte sich, ohne verallgemeinern zu wollen, in zahlreichen Diözesen des Alten Kontinents zugetragen haben. Ein junger Universitätsstudent, der die Berufung zum Priestertum verspürt, entschloß sich mit Zustimmung und Unterstützung seines Pfarrers an den Berufungstreffen des diözesanen Priesterseminars teilzunehmen.
Der verantwortliche Leiter des Berufungsprojekts am Seminar hatte die durchaus berechtigte und ebenso vernünftige Idee, sich die Facebook-Seite des Seminaristen in spe ein wenig unter die Lupe zu nehmen. Dabei machte er Entdeckungen, die sich als „unvereinbar“ mit einer möglichen Ausbildung zum Priester herausstellten.
Auf der Facebook-Seite des Studenten entdeckte der Priester ein Foto von Papst Pius XII., des heiligen Pater Pio von Pietrelcina und sogar ein „Gefällt mir“ für die Facebook-Gruppe „Die Messe des heiligen Pius V.“
Angesichts einer solchen Häufung von „Makeln“ war der für die Berufungspastoral zuständige Priester gegenüber dem Studenten nur mehr kurz angebunden: „Die Linie unseres Seminars entspricht, wie ich annehmen muß, nicht jener, die Du Dir vorzustellen scheinst. Ich habe Deine Facebook-Seite gelesen: Sie ist mit unserer Ekklesiologie nicht vereinbar.“
Damit war der Weg zum Priestertum für den Studenten auch schon beendet noch ehe er wirklich begonnen hatte. Jedenfalls in seiner Heimatdiözese. Einer Diözese, deren Priesterseminar mangels Priesterberufungen vor der Auflösung steht.
Der Vorfall wurde bereits dem zuständigen Bischof und den zuständigen Stellen in Rom mitgeteilt.
Trotz der Empfehlungen von Papst Johannes Paul II. und noch mehr von Papst Benedikt XVI. zur Liturgie herrscht in nicht wenigen Priesterseminaren eine offene Ablehnung gegenüber dem Alten Ritus, aber auch einer würdigen Zelebration und hohen liturgischen Sensibilität des Neuen Ritus.
Priesterseminare, an denen die Seminaristen vom ersten Tag an, obwohl es noch Jahre bis zu ihrer Weihe sind, von der Seminarleitung angehalten werden, bei der Wandlung zu stehen: „Weil sie als Priester auch stehen werden.“ Oder Seminarleitungen, die viel Zeit und Energie aufwenden, um den Seminaristen das Beten auszutreiben: “Die Jungen müssen ihrer Kreativität freien Lauf lassen können, um eine Form des Priestertums auf der Höhe der Zeit zu entwickeln“.
Erlebnisse und Aussagen, die der Autor dieser Zeilen bei Besuchen in Priesterseminaren des deutschen Sprachraums so und ähnlich selbst gemacht und gehört hat.
Messa in Latino berichtet von Seminaren, an denen Seminaristen, mit einem ausgeprägteren liturgischen Interesse in das Internet-Café ums Eck gehen müssen, um traditionsverbundene Internetseiten aufrufen zu können, weil die Seminarleitung die Internetzugänge überprüft. Im Kampf gegen Pornographie sicher ein angemessenes Mittel. Es geht an manchen Seminaren jedoch auch um Gesinnungspolizei. Unliebsame päpstliche Dokumente wie das Motu proprio Summorum Pontificum werden da sicherheitshalber gleich zu Hause bei den Eltern gelassen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Asianews