Fall Ricca, Fall Sucunza und „Bergoglios Regierungsstil“ – „Hoffen wir, daß Franziskus keine Riccas mehr trifft“


Der Strand von Montevideo: "Hoffentlich müssen wir nicht weiteren Riccas begegnen. Oder besser: Hoffen wir, daß Papst Franziskus keinen weiteren Riccas begegnet"(Rom/​Buenos Aires) In Argen­ti­ni­en kom­men­tier­te die tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ne Sei­te Pagi­na Cato­li­ca die Homo-Ent­hül­lun­gen um Sal­va­to­re Mario Bat­ti­sta Ric­ca, den von Papst Fran­zis­kus zu sei­nem per­sön­li­chen Ver­tre­ter bei der Vatik­an­bank IOR ernann­ten Direk­tor des Gäste­hau­ses San­ta Mar­ta. Der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster habe sich in Papst Fran­zis­kus ver­schätzt. Hät­te Magi­ster den Fall von Berg­o­gli­os Gene­ral­vi­kar in der Erz­diö­ze­se Bue­nos Aires ver­folgt, wüß­te er, daß der nun­meh­ri­ge Papst unter Druck gesetzt, erst recht nicht nach­gibt. Gene­ral­vi­kar Joaquà­n Sucun­za war in ein Gerichts­ver­fah­ren wegen Ehe­bruchs ver­wickelt, das 2010 mit der Schei­dung ende­te, wie sie der betro­ge­ne Ehe­mann vom Gericht ver­langt hatte. 

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Da die Gerichts­ak­ten zum Schutz der Per­sön­lich­keits­rech­te unter Ver­schluß ste­hen, sind Details nicht bekannt, doch in Bue­nos Aires bestehen wenig Zwei­fel, daß der Weih­bi­schof und Gene­ral­vi­kar der Schei­dungs­grund war. Den­noch hielt Kar­di­nal Berg­o­glio an sei­nem Mit­ar­bei­ter fest. Msgr. Sucun­za lei­te­te nach der Wahl Kar­di­nal Berg­o­gli­os zum Papst das Erz­bis­tum Bue­nos Aires als Diöz­an­a­d­mi­ni­stra­tor bis zur Ernen­nung des neu­en Erz­bi­schofs Poli und beklei­det wei­ter­hin sei­ne frü­he­ren Ämter.

Magi­ster schrieb am 5. Juli, als er auf sei­nem Blog mit zwei­wö­chi­ger Vor­lauf­zeit ohne Detail­nen­nung auf den Fall Ric­ca auf­merk­sam mach­te, daß Papst Fran­zis­kus von Nun­ti­us Bolo­nek über Ric­cas skan­da­lö­ses Ver­hal­ten in Uru­gu­ay infor­miert wur­de. Papst Fran­zis­kus sei­en die Anga­ben von ver­schie­de­ner Sei­te bestä­tigt wor­den. Der Papst sei tief ent­täuscht, aber auch ent­schlos­sen, der ent­stan­de­nen Situa­ti­on abzu­hel­fen, so Magi­ster. Gesche­hen ist dann aller­dings nichts. Am 19. Juli ver­öf­fent­lich­te Magi­ster schließ­lich im Espres­so die Ent­hül­lung mit zahl­rei­chen unap­pe­tit­li­chen Details.

Auch in die­sem Arti­kel stell­te Magi­ster Papst Fran­zis­kus als Hin­ter­gan­ge­nen dar, der gelinkt wor­den sei, weil man ihm die dunk­le Ver­gan­gen­heit Ric­cas vor­ent­hal­ten habe, des­sen Per­so­nal­ak­te im Vati­kan von allen Hin­wei­sen auf sei­ne unsitt­li­chen Sei­ten­sprün­ge gesäu­bert wor­den sei.

Tat­sa­che ist, daß Papst Fran­zis­kus die zwei Wochen, die ihm Magi­ster für eine vor­zei­ti­ge Berei­ni­gung der Ange­le­gen­heit ließ, trotz Kennt­nis der Fak­ten, unge­nützt ver­strei­chen ließ. Leo Mat­zuzzi, der neue Vati­ka­nist von Il Foglio twit­ter­te zum Fall Ric­ca: „Pater Lom­bar­di: Papst Fran­zis­kus hat­te Gele­gen­heit zu prü­fen, ob die Anschul­di­gun­gen gegen Msgr. Ric­ca zutra­fen oder nicht.“ Und wei­ter: „Pater Lom­bar­di: Papst Fran­zis­kus ist über die gegen Msgr. Ric­ca erho­be­nen Anschul­di­gun­gen infor­miert, hat aber ent­schie­den, ihn an sei­nem Platz zu belassen.“

„Bergoglios eigener Regierungsstil“ gefährdert Glaubwürdigkeit

Was bedeu­tet das aber ganz unab­hän­gig von „Berg­o­gli­os eige­nen Regie­rungs­stil“, wie Pagi­na Cato­li­ca unter Ver­weis auf Bue­nos Aires schrieb: Da die Anschul­di­gun­gen zutref­fend sind, konn­te sich der Papst glaub­wür­dig davon über­zeu­gen, daß Bat­ti­sta Ric­ca sei­nen Lebens­wan­del radi­kal geän­dert hat? Oder ist es Papst Fran­zis­kus egal, daß eine Per­son sei­nes Ver­trau­ens, dem er beson­de­re Voll­mach­ten in einem so hoch­bri­san­ten Bereich wie der Vatik­an­bank IOR anver­traut, auf die zahl­rei­che Sei­ten begehr­li­che Blicken wer­fen, ange­fan­gen bei den USA, gleich­gül­tig sind? Wie ist das Ver­hal­ten in den Fäl­len Sucun­za und Ric­ca zu deu­ten? Wird die Null­to­le­ranz gegen­über Pädo­phi­len zur „Hoch­zeit“ für die Homo-Lob­by in der Kir­che, wie man in Fort­füh­rung eines so nicht aus­ge­spro­che­nen Gedan­ken­gan­ges des Histo­ri­ker Rober­to de Mat­tei fra­gen könn­te? Wer­den die der Kir­che ohne­hin seit Jahr­zehn­ten schwe­ren Scha­den zufü­gen­den unge­hor­sa­men Lais­sez fai­re-Kle­ri­ker und Lai­en künf­tig erst recht machen, was sie wollen?

Wenn es Gleich­gül­tig­keit sein soll­te, dann ver­spielt Papst Fran­zis­kus mit einem Schlag viel von sei­ner Glaub­wür­dig­keit. Was blie­be von der Glaub­wür­dig­keit, auf­räu­men zu wol­len, wo es der Rei­ni­gung bedarf? Wel­che Rei­ni­gung möch­te der Papst in der Kir­che durch­füh­ren, wenn er einen Sodo­mi­ten zu sei­nem Ver­trau­ten macht und nach Bekannt­wer­den des Skan­dals an die­sem fest­hält? Er kann es tun, dann soll­te Pater Lom­bar­di aller­dings eine Erklä­rung dazu abgeben.

De la Cigoña: Fehlt nur noch, daß Ricca „halbnackt an einer GayPride mitmarschierte“

Ande­re Über­le­gun­gen stellt der spa­ni­sche Kir­chen­hi­sto­ri­ker und katho­li­sche Blog­ger Fran­cis­co de la Cigo­ña zum The­ma an. Er kommt zum Schluß, daß Papst Fran­zis­kus sich so erstaun­lich inten­siv mit finanz­po­li­ti­schen Fra­gen und der Vatik­an­bank befaßt, zwei neue Kom­mis­si­on und sei­nen Ver­trau­ten Ric­ca dazu ein­ge­setzt hat, weil der Finanz- und Wirt­schafts­be­reich letzt­lich für die Kir­che der unbe­deu­tend­ste Bereich sei. Hier kön­ne der Papst daher, so de la Cigo­ña vor allem medi­en­ge­recht sei­ne Reform­ent­schlos­sen­heit demon­strie­ren und die­se am Pati­en­ten ohne Nar­ko­se exer­zie­ren. Was immer der Papst in die­sem Bereich ent­schei­det, wer­de letzt­lich für die Kir­che nicht von beson­de­rer Bedeu­tung sein, aber gro­ßes Medi­en­echo fin­den. Das gel­te genau­so für die Ernen­nung des acht­köp­fi­gen Kar­di­nals­rats. Viel media­les Echo, viel Applaus, doch eilig scheint es der Papst mit dem Gre­mi­um nicht zu haben, das erst ein hal­bes Jahr nach sei­ner Ernen­nung das erste Mal zusam­men­tre­ten wird.

Bis­her hat Papst Fran­zis­kus erst zwei kon­kre­te, inter­ne Per­so­nal­ent­schei­dun­gen an der Römi­schen Kurie getrof­fen und bei­de Male schei­nem die Ent­schei­dun­gen direkt vom Papst getrof­fen wor­den zu sein, mög­li­cher­wei­se im Allein­gang. „Papst Fran­zis­kus scheint so fas­zi­niert von dem inzwi­schen berühm­ten Gäste­haus San­ta Mar­ta, daß er nicht nur dort woh­nen blieb, son­dern auch von der Art, wie es geführt wird, daß er beschloß, Msgr. Ric­ca sei sein Mann in der Vatik­an­bank. Gedacht getan. Ent­we­der hat der Papst nie­mand kon­sul­tiert oder wenn er jemand kon­sul­tier­te, hat die­ser nichts gewußt oder woll­te die Begei­ste­rung des Pap­stes nicht durch eine kal­te Dusche abküh­len. Und so kam es, daß er einen Homo-Akti­ven ernann­te, in des­sen Bio­gra­phie nur noch fehlt, daß er halb­nackt an einer Gay­Pri­de mit­mar­schier­te“, so de la Cigoña.

Den Wahr­heits­ge­halt von Magi­sters Ent­hül­lun­gen bezwei­felt er nicht: „San­dro Magi­ster ist schließ­lich kein Igno­rant in kirch­li­chen Ange­le­gen­hei­ten“. Was aber wer­de nun Papst Fran­zis­kus tun, fragt sich der spa­ni­sche Kirchenhistoriker.

Für de la Cigo­ña wer­de mit der Ernen­nung eines neu­en Kar­di­nal­staats­se­kre­tärs die „eigent­li­chen Refor­men“ begin­nen. „Bit­ten wir Gott, daß er ihn dabei erleuch­te und daß wir nicht wei­te­ren Ric­cas begeg­nen müs­sen. Oder bes­ser, daß Fran­zis­kus ihnen nicht begeg­net, so de la Cigo­ña. Da die zwei­te Per­so­nal­ent­schei­dung des Pap­stes, die Ernen­nung des spa­ni­schen Opus-Dei-Prie­sters Don Lucio àngel Val­le­jo Bal­da, des der­zei­ti­gen Sekre­tärs der Apo­sto­li­schen Prä­fek­tur für die Wirt­schafts­an­ge­le­gen­hei­ten des Hei­li­gen Stuhls zum Sekre­tär der neu­ernann­ten Kom­mis­si­on für die Finanz- und Wirt­schafts­an­ge­le­gen­hei­ten, „sehr gut“ sei, erge­be das der­zei­tig eine Patt­si­tua­ti­on bei den Per­so­nal­ent­schei­dun­gen des Pap­stes an der Römi­schen Kurie: „Außer der Papst annul­liert sein Eigen­tor“ mit der Ernen­nung Riccas.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Wikicommons

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5 Kommentare

  1. Und wenn die Wahl Kar­di­nal Berg­o­gli­os zum Papst gera­de von der Grup­pe geför­dert wur­de, deren jah­re­lan­ger Wider­stand Papst Bene­dikt in die Resi­gna­ti­on trieb? Wenn es gera­de die berüch­tig­te Lob­by ist, die Berg­o­glio zur Regent­schaft ver­hol­fen hat?
    In dem Inter­view­buch mit sei­nem jüdi­schen Freund, Rab­bi Abra­ham Skorka, führt Kar­di­nal Berg­o­glio nur anthro­po­lo­gi­sche Grün­de für sei­nen mora­li­schen Stand­punkt an. Kein Wort von den Gebo­ten Gotts. Anders als Patri­arch Kyril: kein Wort von Sünde!
    Bered­ter­wei­se ist die­ser Freund, der Rab­bi Abra­ham Skorka, ein Ver­tei­di­ger der Homo-„Ehe“.
    Wo hat Kar­di­nal Berg­o­glio a.k.a Papst Fran­zis­kus klar und deut­lich die Leh­re der Kir­che über die Homo­sex-Sün­de aus­ge­spro­chen? Nir­gends. Gele­gen­hei­ten dafür gab es gera­de in den letz­ten Mona­ten genü­gend. Den­ken wir nur an die Kämp­fe in Frankreich.

    • Ver­tritt der Papst über­haupt noch irgend­wann spe­zi­fi­sche katho­li­sche Posi­tio­nen? Die sich dezi­diert von einem all­ge­mei­nen christ­li­chen Syn­kre­tis­mus unterscheiden?

      • Nein, er pflegt den „Armen­kult“ schön zeitgeisttreu.
        Für mich hat die­ser Papst vie­le Züge des Anti­christs, allei­ne der Jubel der „Welt“ macht mich mißtrauisch.
        Die Kir­che begibt sich unter sol­cher Füh­rung, mit Tur­bo Antrieb in das jüng­ste Gericht, es ist nur noch zum Heulen.
        Aber alle Trä­nen nüt­zen nichts, die­ses Alles ist uns vor­her­ge­sagt, es kann nicht mehr lan­ge dauern.

        • ääähhmmm – wie war das noch mit „und die Pfor­ten der Höl­le wer­den sie nicht überwältigen?“

          • Natür­lich nicht, aber Chri­stus wird kom­men und die­sem Spuk ein Ende set­zen, sei­ne Kir­che darf man nicht end­los unge­straft ver­ge­wal­ti­gen, weder von außer­halb und schon gar nicht von innen !

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