Was will Papst Franziskus mit seinem Pontifikat erreichen? – Perfekte PR-Strategie oder Preis des Schweigens?


Papst Franziskus Jubel um den Preis des Schweigens(Rom) Papst Fran­zis­kus hat in den ersten Juli-Tagen sei­ne erste Enzy­kli­ka ver­öf­fent­licht und sei­ne erste Pasto­ral­rei­se unter­nom­men. Zwei wich­ti­ge Mark­stei­ne und rich­tungs­wei­sen­de Signa­le eines Pon­ti­fi­kats. Die Signa­le schei­nen jedoch gegen­sätz­li­cher Natur. Die Enzy­kli­ka Lumen fidei trägt die Hand­schrift Bene­dikts XVI. Papst Fran­zis­kus hat sie über­nom­men, um dadurch die Kon­ti­nui­tät mit sei­nem Vor­gän­ger her­aus­zu­strei­chen und zu signa­li­sie­ren, daß die wich­tig­ste Auf­ga­be jedes Pap­stes immer die­sel­be ist: die Brü­der im Glau­ben zu stär­ken, wie der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster anmerkte.

Anzei­ge

Die Rei­se nach Lam­pe­du­sa zeig­te einen ganz ande­ren Papst. Um zum Kon­flikt der Kul­tu­ren und den Her­aus­for­de­run­gen unse­rer Zeit Stel­lung zu neh­men, hät­te Papst Bene­dikt XVI. ger­ne eine lec­tio magi­stra­lis an der Al-Azhar-Uni­ver­si­tät in Kai­ro gehal­ten. Stets in der Hoff­nung unter den Ent­schei­dungs­trä­gern, die wirk­lich Ver­ant­wor­tung haben und Ent­schei­dun­gen tref­fen, Men­schen guten Wil­lens zu fin­den, die bereit sind, das Wort Got­tes zu hören.

Papst Fran­zis­kus ging einen ganz ande­ren Weg, den zu den Unbe­kann­ten, Namen­lo­sen, die kei­ne Macht haben und kei­ne Ent­schei­dun­gen tref­fen kön­nen. Magi­ster zog einen Ver­gleich mit dem hei­li­gen Franz von Assi­si und des­sen Gang zu den Aus­sät­zi­gen außer­halb der Stadt. Sei­ne Fahrt nach Lam­pe­du­sa war ein Buß­akt mit Blick auf die bibli­sche Erzäh­lung von Kain, der sei­nen Bru­der Abel tötet. Eine pasto­ra­le Rei­se mit lit­ur­gi­schem Cha­rak­ter ohne expli­zi­te poli­ti­sche Bot­schaft, die den­noch durch Ort und Kon­text poli­tisch auf­ge­la­den war.

Roger Köppel: „Franziskus predigt Fernstenliebe“. Armut ist eine Sünde, für die der Norden schuldig ist

Kri­ti­sche Wor­te fand des­halb der Chef­re­dak­teur der Schwei­zer Welt­wo­che Roger Köp­pel in einem Leitartikel.

„Eben war Papst Fran­zis­kus auf der ita­lie­ni­schen Insel Lam­pe­du­sa, um ein Zei­chen zu set­zen gegen die «Glo­ba­li­sie­rung der Gleich­gül­tig­keit». Sei­ne Appel­le rich­ten sich an das schlech­te Gewis­sen Euro­pas mit der For­de­rung, noch mehr nord­afri­ka­ni­sche Flücht­lin­ge auf­zu­neh­men. Der ober­ste Katho­lik ist bekannt dafür, die Bekämp­fung der Armut ins Zen­trum sei­nes Wir­kens zu stel­len. Dass der Pon­ti­fex sich der Armen annimmt, geht in Ord­nung. Irri­tie­rend bleibt, dass in sei­nen Pre­dig­ten der Begriff Eigen­ver­ant­wor­tung fehlt. Armut ist für ihn ein Schick­sal oder prä­zi­ser: eine am Süden ver­üb­te Sün­de, für die der Nor­den alles, der Süden hin­ge­gen nichts kann. Wäre es nicht brü­der­li­cher, wenn die Afri­ka­ner, die nach Nor­den stre­ben, ihre Ener­gien in den Dienst ihrer Hei­mat­län­der stell­ten? Sind die jun­gen Män­ner, die aus Nord­afri­ka abwan­dern, wirk­lich alles Flücht­lin­ge? Und hat der Nor­den die Pflicht, jeden Afri­ka­ner auf­zu­neh­men, der kom­men will? Das Gebot der Näch­sten­lie­be bedeu­tet Soli­da­ri­tät im Nah­be­reich. Fran­zis­kus pre­digt Fern­sten­lie­be: Er for­dert mehr Soli­da­ri­tät der Euro­pä­er für die Afri­ka­ner, die ihrer­seits wenig Soli­da­ri­tät unter­ein­an­der zei­gen. Böser Nor­den, armer Süden: Der neue Papst ist ein Freund beque­mer Bot­schaf­ten im welt­an­schau­li­chen Links­be­reich. Die Medi­en beju­beln ihn.“

Vati­ka­ni­sten bemüh­ten sich, den Besuch auf Lam­pe­du­sa als apo­li­tisch dar­zu­stel­len und die pasto­ra­le Sei­te her­vor­zu­he­ben. Vor allem ging es dar­um, die poli­tisch bri­san­te Ein­wan­de­rungs­fra­ge etwas zu ver­ber­gen. Den­noch bleibt die Fra­ge, ob an der Not ande­rer Men­schen wirk­lich immer jemand Schuld trägt? Zwi­schen gefor­der­ter christ­li­cher Näch­sten­lie­be und lin­ker Sozi­al­kri­tik lie­gen Wel­ten. Das weiß auch Papst Fran­zis­kus und den­noch scheint er ein wenig damit zu kokettierten.

Sandro Magister: Papst tut auffällig genau das, was PR-Profis ihm empfehlen würden

Über den anhal­ten­den Jubel für den Papst schrieb nach Lam­pe­du­sa auch San­dro Magi­ster: „Es ver­wun­dert nicht, daß nach der Rei­se nach Lam­pe­du­sa die welt­wei­te Popu­la­ri­tät von Fran­zis­kus ihren Höhe­punkt erreich­te“. Das katho­li­sche Kir­chen­ober­haupt mein­te zwar jüngst: „Die Sta­ti­sti­ken macht Gott“, aber „die auf­fäl­li­ge Über­ein­stim­mung zwi­schen dem, was der Papst tut und sagt und dem, was ein gewief­ter, pro­fes­sio­nel­ler PR-Stra­te­ge ihm in der­sel­ben Situa­ti­on emp­feh­len wür­de, ist doch ver­blüf­fend“, so Magister.

Zwar mit ande­ren Wor­ten, sagen Roger Köp­pel und San­dro Magi­ster doch das­sel­be: Fast alles, was Papst Fran­zis­kus tut oder sagt, kann weder in der katho­li­schen noch in der lai­zi­sti­schen Öffent­lich­keit auf wirk­li­chen Wider­spruch sto­ßen, ange­fan­gen bei sei­nem Mot­to, sich eine „arme Kir­che und eine Kir­che für die Armen“ zu wün­schen. Wer woll­te widersprechen?

Ein wei­te­res Ele­ment sei­ner Popu­la­ri­tät ist die Glaub­wür­dig­keit. Es sind aller­dings die Medi­en, die sie bekannt­ma­chen oder zer­stö­ren. Es gefällt, von einem Erz­bi­schof zu berich­ten, der in einer beschei­de­nen Zwei­zim­mer­woh­nung leb­te, mit der U‑Bahn fuhr, sich sel­ber koch­te und alle mon­dä­nen Ereig­nis­se mied. Zu die­sen scheint er auch Kon­zer­te klas­si­scher Musik zu zäh­len, wes­halb er bereits zwei Kon­zer­ten im Vati­kan fern­blieb, einem des Tho­man­er­chors aus Leip­zig und einem des RAI-Symphonieorchesters.

„Glaubwürdigkeit“ eines Papstes wird von Medien gemacht – oder zerstört

Vie­le Päp­ste vor ihm übten sich in stren­gen Fast- und Buß­übun­gen, die meist erst nach ihrem Able­ben bekannt wur­den. Papst Bene­dikt XVI. war nicht mit der U‑Bahn, aber mit dem Fahr­rad unter­wegs. Er bezahl­te nach sei­ner Wahl nicht das Hotel, weil er schon in Rom wohn­te, schlich sich aber aus dem Vati­kan, um sel­ber sei­ne Sachen in der alten Woh­nung zu packen und sich bei den ande­ren Bewoh­nern des Hau­ses zu ver­ab­schie­den und ihnen zu dan­ken. Und nie­mand wird Joseph Ratz­in­ger Kar­rie­ris­mus vor­wer­fen kön­nen. Papst Fran­zis­kus selbst sag­te erst in die­sen Tagen am Tele­fon sei­nem argen­ti­ni­schen Freund und Jour­na­li­sten Jor­ge Milia über Bene­dikt XVI.: „Du kannst Dir die Demut und Weis­heit die­ses Man­nes gar nicht vorstellen.“

Den­noch könn­te der media­le Umgang mit den bei­den Päp­sten nicht unter­schied­li­cher sein und das Bild beein­flus­sen oder bes­ser mani­pu­lie­ren, das die Men­schen vom jewei­li­gen Papst haben.

Hat jemand schon eine Nonne im Ferrari gesehen? – Kritik von Franziskus bleibt vage

Wer aber könn­te den Aus­sa­gen des neu­en Pap­stes wider­spre­chen? Wer wagt es, die Kri­tik an unge­recht­fer­tig­tem Kar­rie­re­tum zu kri­ti­sie­ren? Wer jene an tat­säch­li­cher oder angeb­li­cher Macht und Reich­tum in der Kir­che? Selbst dann, wenn man noch nie eine Non­ne im Fer­ra­ri vor­bei­fah­ren hat sehen? Wer möch­te schon die Unter­drückung der Not­lei­den­den recht­fer­ti­gen? „Im Mund des der­zei­ti­gen Pap­stes ist das Wort von der armen Kir­che ein unfehl­ba­res Para­dig­ma“, so Magi­ster. Es garan­tiert eine prak­tisch uni­ver­sa­le Zustim­mung sowohl unter Freun­den als auch unter den erklär­te­sten Geg­nern der Kir­che, jenen, die die Kir­che am lieb­sten gleich so „arm“ möch­ten, daß sie völ­lig vom Erd­bo­den verschwindet.

Magi­ster macht aber noch einen wei­te­ren Schlüs­sel für die Popu­la­ri­tät von Papst Fran­zis­kus aus: sei­ne Angrif­fe gegen „unsicht­ba­re Tyran­nen“. Gemeint ist etwa die Kri­tik an den „inter­na­tio­na­len Finanz­zen­tren“. Die­se Kri­tik trifft kein kon­kret loka­li­sier­ba­res und iden­ti­fi­zier­ba­res Ziel, son­dern bleibt popu­li­stisch vage. Nie­mand von den zu recht oder zu unrecht kri­ti­sier­ten „Mäch­ten“, muß sich betrof­fen oder gemeint füh­len. Das wie­der­um bedeu­tet, daß es kei­ne Gegen­re­ak­tio­nen geben wird, daß kein Gegen­wind erwar­tet wer­den muß, wie er Bene­dikt XVI. nach sei­ner histo­ri­schen Regens­bur­ger Rede durch Mos­lems und west­li­che Rela­ti­vi­sten ent­ge­gen­schlug. Oder auf sei­ner Afri­ka­rei­se wegen sei­ner Kri­tik an der Verhütungsmentalität.

Auch wenn Fran­zis­kus über Miß­stän­de in der Kir­che spricht, blei­ben sei­ne Aus­sa­gen all­ge­mein. „Als der Papst bei einer sei­ner spon­ta­nen mor­gend­li­chen Pre­dig­ten mehr zufäl­lig auf die Vatik­an­bank zu spre­chen kam, lie­fen sein Pres­se­amt und sei­ne Medi­en­be­auf­trag­ten um die Wet­te, die Sache sofort her­un­ter­zu­spie­len“, so Magi­ster. Als er ein ande­res Mal über eine „Homo-Lob­by“ in der Kir­che sprach, und die Sache auf Umwe­gen und uner­war­tet publik wur­de, wur­de die Sache auf gan­zer Linie baga­tel­li­siert. Sogar die kir­chen­fer­nen welt­li­chen Medi­en, die sonst nur zu ger­ne die Kir­che kate­go­risch der „Homo­pho­bie“ beschul­di­gen, haben dem neu­en Papst die Wort­mel­dung als einen „Aus­rut­scher“ nach­ge­se­hen. Und das mit einer Groß­zü­gig­keit, die Bene­dikt XVI. nie gewährt wor­den wäre und nie gewährt wurde.

„Entweltlichung“: Benedikt XVI. forderte arme Kirche, konkret, fundiert, dramatisch – Alle verstanden, alle ignorierten mit Kälte

Das „gute“ und „schlech­te“ Wet­ter machen die Medi­en. Nur: Bene­dikt XVI. war anders. Er rich­te­te sich nicht danach. Bei Papst Fran­zis­kus wirkt alles so medi­en­ge­recht, als trä­fe er sei­ne Ent­schei­dun­gen gera­de danach. Trotz sei­ner offen­sicht­li­chen Mil­de war Bene­dikt XVI. in sei­nen For­mu­lie­run­gen oft sehr deut­lich und sehr kon­kret. Die Regens­bur­ger Rede wur­de bereits erwähnt. Es gibt aber noch eine ande­re Rede, die sei­ne Ent­schie­den­heit und die auf­ge­schreck­ten Reak­tio­nen dar­auf ver­deut­licht: sei­ne Frei­bur­ger Kon­zert­haus­re­de im Sep­tem­ber 2011 mit der er eine „Ent­welt­li­chung“ der Kir­che verlangte.

In aller Ruhe rich­te­te er Wor­te von erschüt­tern­der Stren­ge an die anwe­sen­den Bischö­fe und „enga­gier­ten Katho­li­ken“. Wor­te, die „eine tief­grei­fen­de Ent­welt­li­chung der Kir­che“ ver­lang­ten, „die sich dabei gleich­sam ihres welt­li­chen Reich­tums ent­blößt und wie­der ganz ihre welt­li­che Armut annimmt“. Und weiter:

„Die von mate­ri­el­len und poli­ti­schen Lasten und Pri­vi­le­gi­en befrei­te Kir­che kann sich bes­ser und auf wahr­haft christ­li­che Wei­se der gan­zen Welt zuwen­den, wirk­lich welt­of­fen sein. Sie kann ihre Beru­fung zum Dienst der Anbe­tung Got­tes und zum Dienst des Näch­sten wie­der unbe­fan­ge­ner leben. Die mis­sio­na­ri­sche Pflicht, die über der christ­li­chen Anbe­tung liegt und die ihre Struk­tur bestim­men soll­te, wird deut­li­cher sichtbar.“

Vie­len Anwe­sen­den stock­te der Atem. Die Auf­for­de­rung erging an eine sat­te, rei­che Kir­che und alle hat­ten die Wor­te instink­tiv als Kri­tik am Kir­chen­steu­er­sy­stem ver­stan­den. Des­halb wur­de die Rede mit äußer­ster Käl­te auf­ge­nom­men, jeder Zusam­men­hang mit dem Kir­chen­steu­er­sy­stem bestrit­ten und die gan­ze Fra­ge im Eil­ver­fah­ren gera­de von jenen ad acta gelegt, an die sich der Papst gewandt hat­te: An jene deut­sche Kir­che, die er nur zu gut kann­te, eine „rei­che, büro­kra­ti­sier­te, poli­ti­sier­te, aber glau­bens­ar­me Kir­che“ (Magi­ster).

Das Bei­spiel macht den Unter­schied zwi­schen Bene­dikt XVI. und Fran­zis­kus deut­lich, oder mehr noch wie die Medi­en das Bild eines Pap­stes bestim­men. Die Wor­te über eine arme Kir­che von Bene­dikt XVI. waren kon­kret, dra­ma­tisch, gezielt und ein­deu­tig. Und sie wur­den von den Medi­en über­hört, von den direkt Ange­spro­che­nen ver­drängt und der Papst bei jeder Gele­gen­heit im arro­gan­ten Ton­fall kri­ti­siert. Papst Fran­zis­kus, der zwar viel, aber vage von einer armen Kir­che spricht, wird von allen Sei­ten bejubelt.

Sprachstil von Franziskus „originell, aber weder spontan noch improvisiert“

Papst Fran­zis­kus hat zwei­fels­oh­ne einen ori­gi­nel­len Sprach­stil: ein­fach, ver­ständ­lich, kom­mu­ni­ka­tiv. Alles wirkt spon­tan und impro­vi­siert. Bezwei­felt wur­de die­se „Spon­ta­nei­tät“ schon früh­zei­tig von San­dro Magi­ster: „In Wirk­lich­keit ist alles genau ein­stu­diert, das gilt für die Erfin­dung von For­mu­lie­run­gen – wie die ‚Sei­fen­bla­se‘ mit der er auf Lam­pe­du­sa den Ego­is­mus der moder­nen Hero­des ver­glich – bis zu den Grund­sät­ze des christ­li­chen Glau­bens, die er ger­ne wie­der­holt und die sich in sei­nen Aus­füh­rung in einem ‚alles ist Gna­de‘ ver­dich­ten“, so Magister.

Bene­dikt XVI., schau­te mit beson­de­rer Sen­si­bi­li­tät auf die Her­aus­for­de­rung des Glau­bens heu­te. Er erkann­te bereits die Kon­flikt­li­ni­en von mor­gen und ver­such­te Ant­wor­ten dar­auf zu geben, wie mit sei­ner letz­ten Weih­nachts­an­spra­che an die Römi­sche Kurie. Im Gegen­satz dazu schweigt Papst Fran­zis­kus. „Es kann kein Zufall sein, daß Papst Fran­zis­kus selbst nach 120 Tagen des Pon­ti­fi­kats die Wor­te Abtrei­bung, Eutha­na­sie, Homo-Ehe nie über die Lip­pen gekom­men sind“, so Magister.

Es wer­den um ein Viel­fa­ches mehr unge­bo­re­ne Kin­der durch Abtrei­bung getö­tet als jähr­lich Men­schen an Hun­ger ster­ben. Und es sind nicht die Kin­der, die vom Hun­ger­tod bedroht sind, die getö­tet wer­den, son­dern die Kin­der der „zivi­li­sier­ten“, wohl­ha­ben­den Län­der und der Schwel­len­staa­ten. Doch Papst Fran­zis­kus bezieht das Bei­spiel des Königs Hero­des, der in der Über­lie­fe­rung mit dem Beth­leh­emi­ti­schen Kin­der­mord in Ver­bin­dung gebracht wird, auf For­men der sozia­len Aus­beu­tung. „Papst Berg­o­glio hat es sogar am Tag von Evan­ge­li­um vitae, der jener erschüt­tern­den gleich­na­mi­gen Enzy­kli­ka von Papst Johan­nes Paul II. gewid­met ist, geschafft, das The­ma Lebens­recht der unge­bo­re­nen Kin­der zu umschif­fen“, so Magister.

Kein Wort zu Abtreibung, Homo-Ehe oder Euthanasie – Jubel und Schonung haben einen Preis

Weil Papst Fran­zis­kus zu einer der zen­tra­len Her­aus­for­de­run­gen die­ser Zeit, dem Mas­sen­mord an unge­bo­re­nen Kin­dern schweigt, müs­sen sich die katho­li­schen Lebens­rechts­be­we­gun­gen  mit etwas Phan­ta­sie aus­hel­fen. Sie ver­wei­sen man­gels kon­kre­ter Aus­sa­gen dar­auf, daß sich Papst Fran­zis­kus am 12. Mai dem Marsch für das Leben in Rom ange­schlos­sen habe, an dem 40.000 Men­schen teil­nah­men und der zum Abschluß auf den Peters­platz führ­te. Der Papst rief damals sogar zur Unter­schrift für die EU-wei­te Peti­ti­on One of Us auf. Und die Lebens­rechts­or­ga­ni­sa­tio­nen tun gut dar­an. Je genau­er man jedoch hin­sieht, desto mehr ver­schwimmt der Eindruck.

Der Papst hat sich nicht wirk­lich dem Marsch ange­schlos­sen. Die Inter­pre­ta­ti­on ist gut, aber etwas geschönt. Er fuhr mit dem Papa­mo­bil ein­fach über den Peters­platz, grüß­te und seg­ne­te die Men­ge, sprach mit die­sem und jenem, wie er es jeden Sonn­tag zum Ange­lus zu tun pflegt. Nicht mehr und nicht weni­ger. Beim Ange­lus erwähn­te er One of Us. Er tat es aller­dings auf eine hin­ken­de Wei­se. Obwohl die Akti­on EU-weit statt­fin­det und in allen EU-Staa­ten eine Mil­li­on Unter­schrif­ten gesam­melt wer­den, ja gesam­melt wer­den müs­sen, weil das neu­ge­schaf­fe­ne Peti­ti­ons­recht hohe for­ma­le Anfor­de­run­gen stellt, sprach Papst Fran­zis­kus ledig­lich davon, daß in Ita­li­en Unter­schrif­ten gesam­melt wer­den. Ein Indiz, daß es die im Vati­kan ein­fluß­rei­che  ita­lie­ni­sche Bischofs­kon­fe­renz war, die die­sen Zusatz in die Anspra­che des Pap­stes gebracht hat­te und nicht der Papst selbst. Sie blieb, so for­mu­liert, eine hal­be Sache. Als Papst hät­te der Auf­ruf One of Us gene­rell gel­ten müs­sen, schließ­lich ist Fran­zis­kus nicht nur Papst der ita­lie­ni­schen Katho­li­ken. Nach einem über­zeug­ten Anlie­gen klingt das Gan­ze jeden­falls nicht, zumal in Ita­li­en die nöti­ge Min­dest­zahl an Unter­schrif­ten bereits gesam­melt sind, wäh­rend in ande­ren Län­dern, dar­un­ter auch Deutsch­land noch Anstren­gun­gen not­wen­dig sind, denen eine päpst­li­che Auf­mun­te­rung gut getan hätte.

Papst erklärt sich im Namen der Kollegialität für „politische“ Fragen nicht zuständig?

Als Erz­bi­schof von Bue­nos Aires nahm Jor­ge Mario Berg­o­glio in einem Vor­wort zu einem Buch über die Zukunft der Kir­che in Latein­ame­ri­ka sehr deut­lich zu Abtrei­bung und Gen­der-Ideo­lo­gie Stel­lung (sie­he eige­nen Bericht). Seit er zum Papst gewählt wur­de, schweigt er jedoch. Ein wei­te­rer Grund für das Wohl­wol­len der Mas­sen­me­di­en und der „Mei­nungs­füh­rer“ unse­rer Zeit.

Papst Fran­zis­kus gab sogar zu ver­ste­hen, daß er sich für „poli­ti­sche“ Fra­gen für nicht zustän­dig hält. Oder bes­ser gesagt, im Namen der Kol­le­gia­li­tät die­se Fra­gen den Bischofs­kon­fe­ren­zen und ein­zel­nen Bischö­fen wei­ter­reicht. Eine gefähr­li­che Ver­su­chung, die – soll­te sie wirk­lich so umge­setzt wer­den – schwer­wie­gen­de Fol­gen nach sich zie­hen wird.

Die Hoff­nung bleibt, daß sich dies noch ändern wird, daß sich der neue Papst nur eine Schon­frist gön­nen woll­te, ehe er in die Höh­le des Löwen steigt und im Sturm ste­hen wird, in dem Johan­nes Paul II. und vor allem Bene­dikt XVI. stan­den. Der Vati­ka­nist Magi­ster rech­net nicht damit. Was aber erwar­tet sich dann der Papst von sei­nem Pon­ti­fi­kat? Wel­che Zie­le hat er sich gesteckt? Ein Pon­ti­fi­kat, das auf der Wel­le des Jubels von Gna­den kir­chen­kri­ti­scher Medi­en und deren Eigen­tü­mer segelt, bis es zu Ende ist?

Die christ­li­che Welt ist schon voll von Reli­gi­ons­ver­tre­tern, die dem Main­stream nach dem Mund reden und das Chri­sten­tum wie ein Fähn­chen in den Wind hän­gen. An Wel­bys, Käß­manns, Küngs und Schül­lers, die nach dem Applaus der Welt schie­len und bereit sind, das Chri­sten­tum für ’n Appel und ’n Ei zu ver­kau­fen, gibt es schon genug.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Blog Raffaella

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!