(Vatikan/München) Die Wahl von Papst Franziskus wurde von maßgeblichen Papstwählern mit der Erwartung einer grundlegenden Kurienreform gekoppelt. So zumindest, wenn man den Äußerungen von Kardinälen über das Vorkonklave und nach dem Konklave folgt. Seither herrscht die allgemeine Überzeugung vor, Papst Franziskus werde so etwas wie eine Radikalreform der Römischen Kurie vollziehen.
Mit dem Studium, wie eine Reform aussehen könnte und welche Reform durchgeführt werden sollte, beauftragte der Papst einen Monat nach seiner Wahl acht Kardinäle. Alle seiner persönlichen Wahl. Für jeden Kontinent einen, wobei für Amerika je einer für Nord- Mittel- und Südamerika berufen wurde, sowie ein Vertreter der Kurie. Die Kardinäle haben wieder jeder für sich Fachleute ihres Vertrauens hinzugezogen.
Es fehlen nicht die Stimmen, die in dem neuen Gremium einen Schritt in Richtung Demokratisierung der Kirche erkennen wollen. Zumindest ein Schritt von einer Monarchie zu einer Oligarchie. Als Jesuit alten Stils scheint Papst Franziskus aber vielmehr in der Ausübung seines Amtes das Modell des Jesuitenordens anzuwenden. In der Gesellschaft Jesu gibt es keine kollegialen Entscheidungen, sondern ausschließlich Entscheidungen des Generaloberen, die dieser völlig autonom trifft, nachdem er die Meinung seiner Assistenten oder von wem auch immer einzeln gehört hat.
Anfang Oktober werden sich die acht Kardinäle erstmals gemeinsam treffen und jeder wird seinen Vorschlag unterbreiten. Es darf damit gerechnet werden, daß ganz verschiedene Gutachten und Vorschläge zusammenkommen werden. Konflikte scheinen vorprogrammiert. Solche haben sich bereits in Deutschland angekündigt. Dort wurde der ehemalige Direktor der McKinsey-Niederlassung von München, Thomas von Mitschke-Collande mit der Ausarbeitung eines Projekts zur Kurienreform beauftragt. Der Auftrag wurde vom „mächtigen Sekretär“ (Sandro Magister) der deutschen Bischofskonferenz, dem Jesuiten Hans Langendörfer erteilt, der als graue Eminenz des Buchriesen Weltbild eine unrühmliche Rolle bei dessen „Geschäft mit Pornos“ spielte.
Erzbischof Reinhard Kardinal Marx von München-Freising war alles andere denn begeistert von der Eigenmächtigkeit Langendörfers. Kardinal Marx, einer der acht Kardinäle, die von Papst Franziskus zu seinen persönlichen Beratern ernannt wurden, fühlte sich durch den Sekretär der Bischofskonferenz hintergangen. Zudem hält der Kardinal von Mitschke-Collande nach der Lektüre von dessen jüngstem Buch mit dem polemischen Titel: Schafft sich die katholische Kirche ab? Analysen und Lösungen eines Unternehmensberaters, nicht für geeignet für die Aufgabe. Mitschke-Collande aus schlesischem Adel ist Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Das Vorwort zum Buch steuerte mit Karl Lehmann ein anderer deutscher Kardinal und Diözesanbischof bei.
Wie Sandro Magister schreibt, habe inzwischen eine andere „hohe Persönlichkeit“ der deutschen Kirche eine andere Veröffentlichung von Mitschke-Collandes der Glaubenskongregation in Rom zukommen lassen. Darin wurden alle Stellen gekennzeichnet, in denen das ZdK-Mitglied von der katholischen Glaubenslehre abweicht oder Irrtümer verbreite.
Mit dem doppelgleisigen Vorgehen aus Deutschland wird die Autorität von Kardinal Marx beschädigt, der nicht nur die Kirche des deutschen Sprachraums, sondern ganz Europa im achtköpfigen Beratergremium des Papstes vertritt. Eine Eigenmächtigkeit, die ein Nachspiel haben dürfte.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Benedict XVI. Forum