Der schwierige Umgang mit zwei Päpsten


Zwei Päpste Franziskus und Benedikt XVI. im Vatikan(Vati­kan) Im Vati­kan tut man sich nach wie vor schwer, mit der unge­wöhn­li­chen Situa­ti­on zwei­er Päp­ste rich­tig umzu­ge­hen. Um genau zu sein, eines amtie­ren­den Pap­stes und eines eme­ri­tier­ten Pap­stes. Die Fol­ge ist, daß sich die vati­ka­ni­schen Stel­len impro­vi­siert von Situa­ti­on zu Situa­ti­on schwin­gen. Bis­her gab es zwei offi­zi­el­le Begeg­nun­gen zwi­schen dem am 28. Febru­ar auf sein Amt ver­zich­ten­den Bene­dikt XVI. und sei­nem Nach­fol­ger Papst Fran­zis­kus. Das erste Mal auf Castel Gan­dol­fo, wohin sich Bene­dikt XVI. die erste Zeit nach sei­nem Rück­tritt zurück­ge­zo­gen hat­te. Das zwei­te Mal als Bene­dikt XVI. in den Vati­kan zurück­kehr­te und ins Klo­ster Mater Eccle­siae ein­zog, das sich in den Vati­ka­ni­schen Gär­ten befin­det und sein Alters­sitz gewor­den ist. Papst Fran­zis­kus emp­fing ihn bei sei­ner Ankunft. Nun kam eine drit­te Begeg­nung zustande.

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Gestern, Frei­tag weih­te Papst Fran­zis­kus in den Vati­ka­ni­schen Gär­ten nahe dem Gover­na­torats­pa­last ein dem Erz­engel Micha­el gewid­me­tes Denk­mal ein. Gleich­zei­tig weih­te er den Kir­chen­staat dem Erz­engel Micha­el und dem hei­li­gen Joseph.  Es war der Wunsch des regie­ren­den Pap­stes, daß auch sein Vor­gän­ger dar­an teil­nimmt. Als Bene­dikt XVI. kurz vor Beginn der Zere­mo­nie ein­traf wur­de er von den Anwe­sen­den und dem Per­so­nal des Gover­na­torats mit freu­di­gem Applaus begrüßt. Als auch Papst Fran­zis­kus hin­zu­kam, umarm­ten sich die bei­den Päp­ste herz­lich. Bei­de saßen in unmit­tel­ba­rer Nähe, wenn auch mit etwas Distanz zuein­an­der auf den­sel­ben Stüh­len. Papst Fran­zis­kus nahm die ritu­el­len Hand­lun­gen vor und segn­te abschlie­ßend alle Anwesenden.

Weni­ge Tage zuvor hat­ten eini­ge jun­ge Musi­ker, einen Antrag an den Vati­kan gestellt mit dem Wunsch, Bene­dikt XVI. aus Dank­bar­keit einen „musi­ka­li­schen Augen­blick“ zu schen­ken. Sie woll­ten dem eme­ri­tier­ten Papst, der für sei­ne Lie­be zur Musik bekannt ist, eini­ge Barock­so­na­ten vor­tra­gen. Bereits im Antrag erklär­ten die Musi­ker, es ohne jedes media­le Auf­se­hen tun zu wol­len. Aus dank­ba­rer Anhäng­lich­keit her­aus, sei es ihr Wunsch ihm mit einem klei­nen Barock­kon­zert ein „Ständ­chen“ brin­gen zu wol­len. Die Ant­wort fiel jedoch recht brüsk aus: Bene­dikt XVI. „hat sich zurück­ge­zo­gen! Nie­mand wird ihn wie­der­se­hen! Es gibt ihn nicht mehr!“, wie die tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ne Sei­te Mes­sain­la­ti­no berichtete.

Am 4. Juni konn­te hin­ge­gen der bekann­te Psych­ia­ter und Buch­au­tor Man­fred Lütz gemein­sam mit Kuri­en­kar­di­nal Josef Paul Cor­des den eme­ri­tier­ten Papst im Klo­ster Mater Eccle­siae besu­chen und berich­te­te anschlie­ßend aus­führ­lich in den Medi­en dar­über. Unter ande­rem sag­te Lütz gegen­über Radio Vati­kan sich auf Bene­dikt XVI. beru­fend, daß die­ser sei­nen „petri­ni­schen Dienst nicht auf­ge­ge­ben“ habe, son­dern die­sen nur „in ver­än­der­ter Form wei­ter“ führe.

Die erste Enzy­kli­ka von Papst Fran­zi­kus Lumen fidei über den Glau­ben ist eigent­lich die letz­te von Bene­dikt XVI. Der Über­gang funk­tio­nier­te flie­ßend, da sich der neue Papst die Aus­füh­run­gen sei­nes Vor­gän­gers zu eigen mach­te. Der Vati­kan scheint in der schwie­ri­gen Situa­ti­on zwei­er leben­der Päp­ste vor allem bemüht, alles zu ver­mei­den, was die allei­ni­ge Auto­ri­tät des amtie­ren­den Pap­stes in Fra­ge stel­len könn­te. Gleich­zei­tig aber alles zu för­dern, was die Kon­ti­nui­tät zwi­schen den bei­den Nach­fol­gern des Apo­stel­für­sten Petrus her­aus­streicht. Dazu gehört vor allem die Ver­brei­tung von Bild­ma­te­ri­al, das die bei­den Päp­ste ein­träch­tig zusam­men zeigen.

Über die Grün­de, die Bene­dikt XVI. zum Rück­tritt ver­an­laß­ten, gibt es wei­ter­hin Spe­ku­la­tio­nen, die jüngst von meh­re­ren Medi­en im Zusam­men­hang mit der Vatik­an­bank IOR neu auf­ge­wärmt wur­den. Da Bene­dikt XVI. durch eine Rei­he von weit­ge­hend über­se­he­nen Gesten und Aus­sa­gen die Mög­lich­keit eines Amts­ver­zicht ange­kün­digt hat­te, erscheint es wahr­schein­li­cher, daß der Rück­tritt mit der letz­ten Pha­se der Amts­zeit sei­nes Vor­gän­gers Johan­nes Paul II. in Zusam­men­hang steht. Bene­dikt XVI. nahm nie direkt dazu Stel­lung, doch muß­te er offen­bar mit­er­le­ben, wie zuletzt im Namen sei­nes Vor­gän­gers Din­ge ent­schie­den wur­den, die die­ser gar nicht mehr selbst ent­schie­den hat­te. Die Mög­lich­keit, daß bei Hand­lungs­un­fä­hig­keit von ande­ren in sei­nem Namen Ent­schei­dun­gen getrof­fen wer­den könn­ten, denen er viel­leichgt nie zuge­stimmt hät­te, haben sich tief in Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger ein­ge­prägt. Eine Situa­ti­on, die er offen­sicht­lich ver­mei­den wollte.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Messinlatino

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