Die Entwicklung der größten katholischen Männerorden seit dem Konzil


Generalkapitel des Dominikanerordens: Zeichen neuer Vitalität in verschiedenen Ordensprovinzen, die zu strengerer Ordnung zurückgekehrt sind(Rom) Die jüng­sten Zah­len des Päpst­li­chen Jahr­buchs 2013 zei­gen, daß die Kri­se des katho­li­schen Ordens­we­sens anhält. Die nack­ten Zah­len legen den Rück­gang ein­zel­ner Orden offen. Sie geben aller­dings nicht detail­lier­te Aus­kunft, wie sich die Orden in den ein­zel­nen Kon­ti­nen­ten oder ein­zel­nen Staa­ten ent­wickeln und damit auch nicht Auf­schluß ob, wo und inwie­weit Signa­le der Erho­lung fest­stell­bar sind. Ins­ge­samt bie­ten die gro­ßen Orden jedoch ein erschrecken­des Bild. Es drängt sich die Fra­ge nach dem Zusam­men­hang zwi­schen der Gesamt­aus­rich­tung eines Ordens, des dort herr­schen­den Gei­stes und dem Rück­gang auf. Es ist bekannt, daß man­che Orden einen pro­gres­si­ven Geist auf­ge­saugt haben, der die Kri­se geför­dert hat und eine Erneue­rung verhindert.

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Dane­ben sind neue Orden, klei­ne­re und grö­ße­re, die im Gegen­satz zu den alten Orden Zulauf ver­zeich­nen, zum Teil sogar star­ken Zulauf. Bei den älte­sten, den Mönchs­or­den ist die Situa­ti­on von Klo­ster zu Klo­ster unter­schied­lich. Gene­rell läßt sich fest­stel­len, daß die Orden mit pro­gres­si­ver Ordens­lei­tung ver­trock­nen, wäh­rend die stren­gen Orden, die ihr Cha­ris­ma und die Ordens­re­geln ernst neh­men und die Glau­bens­leh­re in Treue ver­tre­ten, sich durch Vita­li­tät aus­zeich­nen. Zu den leben­di­gen und wach­sen­den Orden gehö­ren beson­ders auch jene, die der katho­li­schen Tra­di­ti­on nahe­ste­hen und den alten Ritus pflegen.

Die Ent­wick­lung der sechs größ­ten katho­li­schen Män­ner­or­den wird anhand der offi­zi­el­len Zah­len­an­ga­ben der Päpst­li­chen Jahr­bü­cher dargestellt:

Jesui­ten
Die Jesui­ten sind der größ­te Orden der katho­li­schen Kir­che, dem auch Papst Fran­zis­kus ange­hört. 1966 erreich­te der Orden mit 36.038 Ange­hö­ri­gen sei­nen histo­ri­schen Höchst­stand. Es folg­te die unmit­tel­ba­re Nach­kon­zils­zeit und die Amts­zeit von Ordens­ge­ne­ral Pedro Arru­pe. Ein­her ging damit ein dra­ma­ti­scher inne­rer Ver­fall. 1973 zähl­te der Orden 2.259 Häu­ser, aber nur mehr 30.860 Ange­hö­ri­ge. 1986 waren es noch 1.853 Häu­ser und 26.617 Ange­hö­ri­ge. Im Hei­li­gen Jahr 2000 war die Zahl der Häu­ser wie­der auf 1.909 ange­wach­sen, Ordens­an­ge­hö­ri­ge gab es aber nur mehr 21.490. 2012 zähl­te der Orden nur mehr 1.721 Häu­ser und 17.287 Ordens­an­ge­hö­ri­ge. Der Orden hat sich seit dem Kon­zil mehr als hal­biert (Minus 52 Pro­zent; zum bes­se­ren Ver­gleich mit der Ent­wick­lung in den ande­ren Orden auf das Jahr 1959 bezo­gen: 50 Pro­zent). Ange­sichts der Zah­len kann es nur erstau­nen, daß Tei­le des Ordens wei­ter­hin dar­an fest­hal­ten, Pedro Arru­pe als eine Art „Pro­phet“ zu prä­sen­tie­ren, der dem Orden „neue glor­rei­che Hori­zon­te“ erschlos­sen habe. „Neue sicher, aber glor­rei­che nicht“, so der Kir­chen­hi­sto­ri­ker und katho­li­scher Blog­ger Fran­cis­co de la Cigo­ña. Johan­nes Paul II. konn­te mit der Ablö­se Arru­pes ver­hin­dern, daß sich der Orden aus der katho­li­schen Kir­che hin­aus ent­wickel­te. Eine grund­le­gen­de Erneue­rung konn­te aber nicht erreicht wer­den. Der amtie­ren­de Ordens­ge­ne­ral Adol­fo Nico­las Pachon „scheint nicht dar­an zu arbei­ten, den Drang zum Abgrund zu kor­ri­gie­ren“, so de la Cigo­ña. Adol­fo Nico­las wur­de von den Gene­ral­obe­ren der 200 größ­ten Män­ner­or­den zum Spre­cher gewählt.

Fran­zis­ka­ner
Der Orden war tra­di­tio­nell der zweit­größ­te unter den katho­li­schen Män­ner­or­den und hat ein ganz ande­res Cha­ris­ma als die Jesui­ten. Wie die­se kön­nen auch die Fran­zis­ka­ner auf eine gro­ße Geschich­te zurück­blicken, aller­dings mit einem Knick in der jüng­sten Ver­gan­gen­heit. 1959 zähl­te der Orden 26.162 Brü­der. 1973 waren es 23.301 in 3.173 Kon­ven­ten; 1986: 20.037 Brü­der in 3.077 Kon­ven­ten, 2000: 17.335 Brü­der in 2.651 Kon­ven­ten und 2012 nur mehr 14.123 Brü­der  in 2.212 Häu­sern (Minus 46 Pro­zent). Durch die­sen Ein­bruch wur­de der Orden zah­len­mä­ßig durch die Sale­sia­ner über­holt. Der bis­he­ri­ge Gene­ral­mi­ni­ster des Ordens, José Rodrà­guez Car­bal­lo, wur­de von Papst Fran­zis­kus jüngst zum Sekre­tär der Ordens­kon­gre­ga­ti­on ernannt. „Hof­fen wir, daß er es dort bes­ser macht als in sei­nem Orden“, de la Cigoña

Sale­sia­ner
Die Sale­sia­ner Don Bos­cos sind inzwi­schen zum zweit­größ­ten Män­ner­or­den der Kir­che gewor­den. 1959 gab es 20.031 Sale­sia­ner. 1973 nach den radi­kal­sten Wir­ren der Nach­kon­zils­zeit gab es sogar 20.423 Sale­sia­ner in 1.536 Häu­sern; 1986: 17.233 in 1.513 Häu­sern; 2000: 17.192 in 1.843 Häu­sern und 2012: 15.573 in 1.862 Häu­sern (Minus 22 Pro­zent). Der „Auf­stieg“ wur­de mög­lich, weil die Fran­zis­ka­ner dra­ma­ti­scher schrumpf­ten, wäh­rend die Sale­sia­ner „nur“ ein Fünf­tel ihres Stan­des vor dem Kon­zil ein­ge­büßt haben. Die Sale­sia­ner stel­len mit Kar­di­nal­staat­s­e­kre­tär Tacis­io Ber­to­ne die Spit­ze der Römi­schen Kurie.

Bene­dik­ti­ner
Der älte­ste Orden und der größ­te Mönchs­or­den der katho­li­schen Kir­che zähl­te 1959 11.500 Mön­che. 1973 waren es 10.819 in 225 Klö­stern. 1986 zähl­te der Orden 9.357 Mön­che und 342 Klö­ster; 2000: 7.926 Mön­che und 335 Klö­ster 2012 schließ­lich 7.231 Mön­che und 338 Klö­ster (Minus 37 Pro­zent). Die Mön­che erwie­sen sich als resi­sten­ter gegen unmit­tel­ba­re Aus­wir­kun­gen der Nach­kon­zils­zeit, die sie erst ver­zö­gert tra­fen. Ihr Rück­gang geht auch seit dem Jahr 2000 wei­ter, aber deut­lich gebremster.

Kapu­zi­ner
Die Kapu­zi­ner als refor­mier­te Fran­zis­ka­ner zähl­ten 1959 15.442 Brü­der. 1973 waren es noch 13.606 Brü­der in 1.925 Kon­ven­ten; 1986: 11.953 in 1.670 Kon­ven­ten; 2000: 11.303 in 1.708 Kon­ven­ten und 2012: 10.786 Brü­der in 1.633 Kon­ven­ten (Minus 30 Pro­zent). Der Ein­bruch erfolg­te dra­ma­tisch und fast aus­schließ­lich in der direk­ten Nach­kon­zils­zeit. Seit 1986 ist der Rück­gang ver­hält­nis­mä­ßig gering. Der Orden konn­te neue Län­der für sich erschlie­ßen, wäh­rend er wie die Fran­zis­ka­ner in Gebie­ten, so auch in man­chen deutsch­spra­chi­gen Gegen­den, in denen er tra­di­tio­nell stark ver­tre­ten war, einen fast völ­li­gen Zusam­men­bruch erlebt hat und aus­zu­ster­ben scheint.

Domi­ni­ka­ner
Der Domi­ni­ka­ner­or­den zähl­te 1959 9.506 Ange­hö­ri­ge. 1973 gab es 8.086 Domi­ni­ka­ner in 665 Kon­ven­ten; 1986: 6.769 in 620 Kon­ven­ten, 2000: 6.571 in 626 Kon­ven­ten und 2012: 5.906 Domi­ni­ka­ner in 595 Kon­ven­ten (Minus 38 Pro­zent). Der gro­ße Ein­bruch geschah auch in die­sem Orden in den 20 Jah­ren nach dem Kon­zil, dann konn­te er abge­bremst wer­den. Die Rück­kehr meh­re­rer Ordens­pro­vin­zen, so auch in den USA zur ursprüng­li­chen Ordens­stren­ge zeigt Signa­le der Erho­lung für den Orden.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Ordo Praedicatorum

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1 Kommentar

  1. Aus all die­sen Zah­len wird die wirk­li­che Tra­gik und auch der Nie­der­gang die­ser Orden nicht aus­rei­chend deut­lich, wenn man nicht etwa die Ver­gleichs­zah­len Euro­pas und noch schlim­mer, die­je­ni­gen Deutsch­lands, dane­ben legt. Im Umkehr­schluss kann man dann aber auch erken­nen, dass es in ande­ren Welt­ge­gen­den völ­lig ande­re Ent­wick­lun­gen gibt. – Auch was die Ent­wick­lung von Ordens­ge­mein­schaf­ten angeht, die sich etwa dem über­lie­fer­ten Ritus ver­pflich­tet füh­len, oder stren­ge­ren und radi­ka­le­ren Lebens­for­men, sind in man­che außer­eu­ro­päi­schen Gebie­ten sehr posi­ti­ve Din­ge zu berich­ten. Dies geschieht hier am Ort dan­kens­wer­ter Wei­se immer wieder.

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