(Den Haag) In den Niederlanden wird den Religionslehrern an Grundschulen das Gehalt gestrichen. Die niederländische Regierung führt Einsparungen durch, die auch den Bildungsbereich treffen. In einem laizistischen Staat kann beim Religionsunterricht gespart werden. Bei diesem wird nicht nur gekürzt, sondern die Finanzierung vollkommen gestrichen.
Die Maßnahme ist Teil eines Sparpakets, mit dem der Staat 200 Millionen Euro einsparen will. Das Paket wurde dem Parlament zugeleitet. Mit Kürzungen von zehn Prozent sind auch prestigeträchtige akademische Einrichtungen betroffen.
Zwischen einer zehnprozentigen Kürzung und einer Totalstreichung liegen allerdings Welten. Sie kommen einer Wertung bei, die besagt, daß die betreffenden Bereiche letztlich überflüssig seien, zumindest in Zeiten des Sparzwangs. Unter die Totalstreichung fällt neben der Finanzierung des Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen auch die Förderung des bekannten Montesquieu-Instituts zur Erforschung der Geschichte des europäischen Parlamentarismus.
Bis vor einem halben Jahrhundert war der niederländisch-flämische Katholizismus sehr stark. Er war fest in seinen Traditionen verwurzelt und missionarisch lebendig. 2009 veröffentlichten die niederländischen Bischöfe eine erschütternde Studie über den Glaubenszustand in den Niederlanden allgemein und der katholischen Kirche im besonderen. 50 Prozent der Bevölkerung des einst mehrheitlich reformierten Landes mit starker katholischer Minderheit gehört keiner Religionsgemeinschaft an. 58 Prozent der Niederländer wissen nicht einmal mehr, was Weihnachten ist.
In den Niederlanden, „wo Dominikaner und Jesuiten über Messen ohne Priestertum und ohne christliche Sakramente theoretisieren und sie in die Tat umsetzen“, wie vor drei Jahren Avvenire, die Tageszeitung der italienischen Bischöfe kritisierte, steht die katholische Kirche in ihrer bisherigen Form vor dem Zusammenbruch. Der Staat setzt mit der Streichung der Gehälter für Religionslehrer den nächsten Schritt in diese Richtung.
In Europa wird fast überall noch Religionsunterricht erteilt. Das soll weiterhin auch für die Niederlande gelten, allerdings durch Selbstfinanzierung durch die Kirchen. Die Situation des Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen ist in den einzelnen Staaten unterschiedlich geregelt. In allen Ländern gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, sich vom Religionsunterricht abzumelden. Nicht in allen Ländern kann und wird allerdings katholischer Religionsunterricht erteilt. Das ist nur in sechs Staaten der Fall darunter Deutschland, Österreich, Italien und Spanien. Die Bestimmungen variieren von Staat zu Staat, in Deutschland von Bundesland zu Bundesland (in Bremen und Brandenburg wird statt eines Religionsunterrichts Ethikunterricht angeboten, in Berlin können die Konfessionen Religionsunterricht als Zusatzfach anbieten). In zwei Ländern, Griechenland und Zypern wird griechisch-orthodoxer Religionsunterricht erteilt. In zwölf Staaten erfolgt der Religionsunterricht von vorneherein multireligiös. In manchen Ländern werden neben christlichen Konfessionen auch Judentum, Islam, Buddhismus und andere Religionen unterrichtet, während in anderen der Unterricht christlich, aber interkonfessionell ist (Schweden, Großbritannien, einige Schweizer Kantone). In zwei Staaten (in Belgien und an der Oberstufe der Schulen Kroatiens) ist der Religionsunterricht Wahlfach. Man besucht den Religionsunterricht oder einen Ethikunterricht.
Als Voraussetzungen für die Erteilung des Religionsunterrichts wird in elf Staaten ein Theologiestudium oder ein gleichwertiges Diplom einer theologischen Hochschule verlangt. 15 Staaten erkennen die entsprechenden kirchlichen Bescheinigungen an. Katholischen Religionsunterricht kann nur erteilen, wer die missio canonica besitzt, eine entsprechende kirchliche Lehrerlaubnis.
Nur in drei Ländern wird kein Religionsunterricht erteilt. Dazu gehört Frankreich und das schon seit mehr als 100 Jahren. Die einzige Ausnahmeregelung besteht für Elsaß-Lothringen, weil es früher zum Deutschen Reich gehörte. Ebenso Ungarn, wo Religionsunterricht nur auf freiwilliger Basis außerschulisch angeboten werden kann. Und schließlich Slowenien, das wie Ungarn an der kommunistischen Regelung der Nachkriegszeit festhält.
Es gibt noch Länder, wo unabhängig von der landesweiten Regelung in einzelnen Orten oder Schulen kein Religionsunterricht erteilt wird, so in Schweden oder einzelnen Kantonen der Schweiz oder an höheren Schulen in Bulgarien.
Auch die Frage, ob die Lehrer organisch in den Lehrkörper eingegliedert sind oder nicht ist von Land zu Land verschieden. In der Bundesrepublik Deutschland ist dies in der Regel durch Ablegung der Staatsexamen und mit der Verbeamtung der Fall. Auch in Spanien, Griechenland und Italien sind Religionslehrer, wenn auch mit unterschiedlichen Regelungen öffentliche Bedienstete.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican Insider