(Vatikan/Washington) Die amerikanischen Rebellenschwestern der Leadership Conference of Women Religious (LCWR) und deren progressives Sympathisantenfeld müssen sich abfinden: Papst Franziskus sieht ihre Angelegenheit genauso wie Benedikt XVI. und die amerikanischen Bischöfe. Der Rücktritt Benedikts XVI. ließ die rebellischen Schwestern unerwartet auf ein nochmals glimpfliches Davonkommen hoffen. Ein neuer Papst, der „progressiver“, „nachsichtiger“, „offener“ sei, würde es den Ordensfrauen einfach erlauben, weiterzumachen wie bisher. Und damit rückgängig machen, was Benedikt XVI. angeordnet hatte: der Disziplinlosigkeit und den schwerwiegenden Abweichungen von der Glaubenswahrheit einen Riegel vorzuschieben.
Um die Sache schnell auf den Punkt zu bringen und weil die LCWR-Ordensfrauen als Markenzeichen ihre Ordenskleider ausgezogen haben und den Rosenkranz nicht schätzen, erzählt man sich in Rom einen Witz der lautet: „Wie erkennt man Ordensfrauen? An ihrem Ordenskleid und dem Rosenkranz. Wie erkennt man LCWR-Ordensfrauen? Gar nicht!“
Doch eine der wenigen Entscheidungen, die Papst Franziskus bisher getroffen hat, war eine uneingeschränkte Bestätigung der Maßnahmen Benedikts XVI. Die LCWR bleibt unter direkter kommissarischer Verwaltung des Heiligen Stuhls. Franziskus bestätigte den von seinem Vorgänger ernannten Erzbischof von Seattle als Apostolischen Delegaten mit alleiniger Entscheidungsbefugnis. Er und zwei weitere amerikanische Bischöfe haben die Aufgabe, wieder Ordnung in die LCWR zu bringen und deren Erneuerung durchzuführen. Synkretistisch-esoterische Ausritte „über Christus hinaus“ gehören der Vergangenheit an.
Papst Franziskus bestätigte Linie Benedikts XVI. – Unwillen in der LCWR
Die Entscheidung von Papst Franziskus wurde in den führenden LCWR-Kreisen und derem Umfeld mit Unwillen aufgenommen. Einige Blogger unter den rebellischen Schwestern, darunter auch Florence Deacon, die Noch-Präsidentin ohne Entscheidungsbefugnis, äußerten im Internet den Verdacht, Papst Bergoglio sei falsch oder gar nicht informiert über die LCWR, schließlich sei Argentinien weit weg von der USA.
Doch dem scheint keineswegs so zu sein. Papst Franziskus ist ausreichend unterrichtet, um privat deutlich seine Mißbilligung des Verhaltens und der Arbeit der Rebellenschwestern zum Ausdruck zu bringen und ihnen öffentlich in seiner Ansprache an die Anfang Mai in Rom tagende UISG-Oberinnenvollversammlung, der auch die LCWR angehört, wenn auch in allgemeiner Form auf die Finger zu klopfen. Der Papst verlangte von den Ordensfrauen ein sentire cum Ecclesia. Konkret bedeute das, so der Papst, Treue zum Lehramt und Gemeinschaft mit den Hirten, vor allem mit dem Nachfolger des Petrus. Aus diesem Grund, so der Papst weiter, seien isolierte Sonderwege abzulehnen, ebenso wie es eine „absurde Dichotomie“ sei, zu meinen, mit Christus aber ohne die Kirche leben zu können, Christus außerhalb der Kirche folgen zu können oder Jesus zu lieben, ohne die Kirche zu lieben.
Uneinsichtige LCWR-Schwestern: Hoffnung auf Papst Franziskus war „wahrscheinlich nur ein frommer Wunsch“
Die Rede von Papst Franziskus hatte im harten LCWR-Kern negative Kommentare über den neuen Papst zur Folge: „Wir hofften, einige von uns, daß Papst Franziskus sehr, sehr anders als Papst Benedikt sei. Wahrscheinlich war das nur ein frommer Wunsch.“ Und weiter: „Alle diese schönen Gesten – zum Beispiel die Entscheidung auch Frauen die Füße zu waschen und einfachere Meßgewänder anzuziehen – sagen nicht zwangsläufig etwas darüber aus, wie er theologisch denkt oder welches Verständnis er für das Ordensleben in Nordamerika hat.“
Die Glaubenskongregation hatte nach zahlreichen Eingaben, nicht zuletzt auch von amerikanischen Bischöfen, die LCWR einer Untersuchung unterzogen und ein vernichtendes Urteil abgegeben. Am schwersten wog die Anschuldigung ernster Abweichungen von der Glaubenslehre, unter anderem durch einer Verzerrung des Glaubens an Jesus Christus und Gott Vater durch feministischer Theorien. Benedikt XVI. sah die Notwendigkeit, den Kurs zu beenden, der die LCWR von der Glaubenslehre entfernte und stellte den Dachverband unter die kommissarische Verwaltung Roms. Und Papst Franziskus bestätige ihn.
Kardinal Braz de Aviz gemaßregelt – Kein „weicher“ Kurs gegen Rebellen
Die rebellischen Schwestern mehr darauf ausgerichtet, nach Auswegen zu suchen, um ihren Kurs fortsetzen zu können, als die Einwände Roms zu bedenken und sich zu eigen zu machen, hatten gehofft, im Brasilianer Joao Braz de Aviz, dem Präfekten der Ordenskongregation, der gerne betont, eng mit Papst Franziskus befreundet zu sein, Unterstützung zu finden. Tatsächlich äußerte der Kardinal vor der Oberinnenvollversammlung in Rom in etwa, als sei er über die Untersuchung der Glaubenskongregation und die dann getroffenen Maßnahmen gegen die LCWR nicht informiert gewesen. Der Kardinal wollte den versammelten Oberinnen wahrscheinlich nur „gefallen“. Eine Form von Distanzierung, die in Rom aber nicht gefallen hat. Diese„weiche“ Haltung gegenüber den Ordensfrauen und deren Wünschen und Forderungen, war wahrscheinlich auschlaggebend, daß die bereits als sicher gegoltene Berufung von Bischof Thomas Olmsted von Phoenix (USA) zum neuen Sekretär der Ordenskongregation nicht erfolgte. Bischof Olmsted teilt in Sachen LCWR die entschlossene Haltung der anderen amerikanischen Bischöfe. In Rom heißt es, daß er die Berufung dankend abgelehnt habe, weil ein Arbeiten an der Kongregation ihm unter den gegeben Umstände nicht möglich erschien. Ein deutliches Signal des amerikanischen Episkopats.
Bischof Olmsted lehnt Berufung an Ordenskongregation ab – Deutliches Signal des amerikanischen Episkopats
Erst im Oktober 2012 war der amerikanische Redemptorist Joseph William Tobin als Sekretär der Ordenskongregation wegen seiner zu weichen Haltung gegenüber den Rebellenschwestern aus Rom wegbefördert worden war. Nach der Absage Olmsteds ernannte Papst Franziskus den Generalminister des Franziskanerordens, den Spanier José Rodriguez Carballo zum neuen Sekretär der Kongregation.
Die Aussage von Kardinal Braz de Aviz vor der UISG-Vollversammlung wurde von der Glaubenskongregation wenig geschätzt und, wie es scheint, ebensowenig von Papst Franziskus. Der brasilianische Kardinal ruderte zurück. Am Ende waren die Journalisten schuld. Mit einer Erklärung des vatikanischen “Pressesaals“ wurden „Medienkommentare“, die Meinungsunterschiede in der Haltung gegenüber der LCWR zwischen Glaubens- und Ordenskongregation „sehen wollten“, zurückgewiesen. Gleichzeitig wurde allerdings auch die Behauptung Kardinal Braz de Aviz dementiert, er habe gewissermaßen nichts gewußt. In der Erklärung wurde festgehalten, daß beide Kongregationen „während des ganzen Prozesses eng zusammengearbeitet“ haben.
Papst Franziskus scheint in Sachen LCWR jedenfalls klare Vorstellungen zu haben, die sich mit jenen seines Vorgängers decken und nicht dem entsprechen, was manche, die ihm Blumen streuten, von ihm hören wollten.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Solidarity with Sisters