Papst Franziskus und die Liturgie: bischöfliche Indiskretionen – Warum Guido Marini nicht entlassen wurde


Papst Franziskus und die Bischöfe(Rom) Ita­li­ens Bischö­fe tra­fen sich vom 20. bis 24. Mai zu ihrer Früh­jahrs­voll­ver­samm­lung. Papst Fran­zis­kus emp­fing zuvor in Grup­pen die Bischö­fe zum Ad-limi­na-Besuch. Am 13. Mai war dies der Fall für die Bischö­fe Apu­li­ens, die sich anschlie­ßend am gesprä­chig­sten dar­über gaben, was ihnen der Papst gesagt hatte.

Gesprächige Bischöfe Apuliens – Zwei Enzykliken in Vorbereitung

Anzei­ge

Da war ein­mal die „Ent­hül­lung“ des Bischofs von Mol­fetta, Msgr. Lui­gi Mar­tel­la, daß im Vati­kan zwei Enzy­kli­ken in Vor­be­rei­tung sei­en. Eine Enzy­kli­ka über den Glau­ben, unter­zeich­net von Papst Fran­zis­kus, aber geschrie­ben von Papst Bene­dikt XVI. Zurück­ge­zo­gen im Klo­ster im Vati­kan lebend, sei der zurück­ge­tre­te­ne deut­sche Papst zur Zeit dabei, die­se Enzy­kli­ka zu Ende zu schreiben.

Die Nach­richt einer vier­hän­dig geschrie­be­nen Enzy­kli­ka sorg­te in den Medi­en für so viel Auf­se­hen, daß Vati­kan­spre­cher Pater Feder­i­co Lom­bar­di am 24. Mai sich zu einem Demen­ti genö­tigt sah: „Ich demen­tie­re, daß der eme­ri­tier­te Papst eine Enzy­kli­ka über den Glau­ben schreibt, die dann von Papst Fran­zis­kus unter­schrie­ben wird.“ Pater Lom­bar­di bestä­tig­te erneut, daß Bene­dikt XVI. bei sei­nem Rück­tritt ein weit gedie­he­nes Pro­jekt einer sol­chen Enzy­kli­ka hin­ter­las­sen hat. „Und der Nach­fol­ger hat es auf­ge­grif­fen und wie es scheint, ist er dabei es zu voll­enden, wenn ich auch die dafür bis zur Ver­öf­fent­li­chung noch nöti­ge Zeit nicht zu benen­nen wüß­te“, so der Vati­kan­spre­cher, der zudem Wert auf die Fest­stel­lung leg­te: „Der eme­ri­tier­te Papst hat kei­ne Auf­ga­be bei der Voll­endung des von Papst Fran­zis­kus auf­ge­grif­fe­nen Projekts“.

Neben Enzyklika über den Glauben auch eine über die Armut

Eine zwei­te Enzy­kli­ka, über die Armut, sei hin­ge­gen ganz das Werk des regie­ren­den Pap­stes, wie Papst Fran­zis­kus dem Bischof von Mol­fetta und den ande­ren Bischö­fen Apu­li­ens anver­traut habe. Dazu erklär­te Vati­kan­spre­cher Lom­bar­di nur kurz ange­bun­den: „Wir machen eine Enzy­kli­ka nach der ande­ren“, um zu sagen: Ein Schritt nach dem anderen.

Es gab aber durch apu­li­sche Bischö­fe auch die Lit­ur­gie betref­fen­de Indis­kre­tio­nen, wie der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster berichtet.

Keine Verbürokratisierung der Kirche

Damit ange­fan­gen hat der Erz­bi­schof von Bari, Msgr. Fran­ces­co Cacuc­ci, der nach der Audi­enz beim Papst auf Radio Vati­kan, ita­lie­ni­sche Redak­ti­on, erklär­te, daß Papst Fran­zis­kus die Bischö­fe auf­ge­for­dert hät­te, „das Ver­hält­nis mit der Lit­ur­gie mit Ein­fach­heit und ohne Über­bau zu leben“. Wört­lich sag­te Erz­bi­schof Cacuc­ci auf die Fra­ge, was der Papst den Bischö­fen inhalt­lich gesagt habe: „Es betraf vor allem die Not­wen­dig­keit ein­fa­che und arme Ver­kün­der des Evan­ge­li­ums zu sein. Und dann sag­te er uns mit gro­ßer Ein­fach­heit, daß es wich­tig ist, daß wir die Bezie­hung mit der Lit­ur­gie und mit dem Glau­ben mit Ein­fach­heit und ohne Über­bau leben, weil wir, wahr­schein­lich in über­zo­ge­nem Maße, auch in der Kir­che eine Ver­bü­ro­kra­ti­sie­rung erleben.“

Bischöfe klagen bei Papst, daß Traditionalisten Kirche spalten

Dann war die Rei­he an Msgr. Dome­ni­co Pado­va­no, den Bischof von Con­vers­a­no-Mono­po­li, der sei­nem Kle­rus berich­te­te, daß sich die apu­li­schen Bischö­fe beim Papst beklagt haben. Wor­über aber führ­ten die Bischö­fe der süd­ita­lie­ni­schen Regi­on Kla­ge? Über das durch Abtrei­bung, Glau­bens­ver­dun­stung, Schei­dung, Kor­rup­ti­on, orga­ni­sier­te Kri­mi­na­li­tät ver­ur­sach­te Leid, über Dis­zi­plin­lo­sig­keit und die „ganz nor­ma­le“ Aus­brei­tung von Häre­si­en unter Theo­lo­gen und im Volk? Nein, nichts der­glei­chen. Die Bischö­fe hät­ten, so Msgr. Pado­va­no dem Papst geklagt, daß die Ver­tre­ter der über­lie­fer­ten Mes­se Spal­tung in der Kir­che verursachen.

Und was hät­te der Papst geantwortet?

Papst ermahnt Bischöfe sich Schatz der Tradition zunutze zu machen

Folgt man der Dar­stel­lung von Bischof Pado­va­no, hät­te sie Papst Fran­zis­kus auf­ge­for­dert über extre­me Posi­tio­nen bestimm­ter tra­di­tio­na­li­sti­scher Grup­pen zu wachen, aber auch – und das wohl über­ra­schend für die Klä­ger – sich den Schatz der Tra­di­ti­on zunut­ze zu machen und sie in der Kir­che gemein­sam mit der Erneue­rung leben zu lassen.

Um die­sen letz­ten Punkt genau­er zu erklä­ren, habe der Papst ein Bei­spiel erzählt.

Papst lehnt Forderung „vieler“ nach sofortiger Entlassung Marinis ab

Seht: Sie sagen, daß mein päpst­li­cher Zere­mo­nien­mei­ster [Msgr. Gui­do Mari­ni] tra­di­tio­na­li­sti­scher Prä­gung sei. Und vie­le haben mich nach mei­ner Wahl auf­ge­for­dert, ihn sei­nes Amtes zu ent­he­ben und zu erset­zen. Ich habe Nein gesagt, gera­de damit ich selbst für mich durch sei­ne tra­di­tio­nel­le For­mung Nut­zen zie­he und gleich­zei­tig, damit er auf die­sel­be Wei­se es durch mei­ne eman­zi­pier­te­re For­mung tut.

Immer vor­aus­ge­setzt, daß die Wor­te von Papst Fran­zis­kus rich­tig über­lie­fert wur­den, bie­ten sie auf­schluß­rei­chen Ein­blick in das lit­ur­gi­sche Den­ken und den Zele­bra­ti­ons­stil des amtie­ren­den Pap­stes. Vor allem erklä­ren sie, wie es gleich nach sei­ner Wahl zum über­stürz­ten Gerücht kam, Fran­zis­kus wer­de als eine sei­ner ersten Hand­lun­gen den von Papst Bene­dikt XVI. ernann­ten Zere­mo­nien­mei­ster Msgr. Gui­do Mari­ni entlassen.

Ein Gerücht, das dadurch zustan­de kam, weil maß­geb­li­che Kir­chen­krei­se sich die sofor­ti­ge Abbe­ru­fung Gui­do Mari­nis erwar­te­ten, den neu­en Papst dazu dräng­ten und ihren Wunsch offen­bar erfolgs­si­cher auf den neu­en Papst pro­ji­zier­ten und offen im Vati­kan von sich gaben. Aller­dings erfolg­los, wie sich her­aus­stel­len sollte.

Wer sind die „vielen“, die durch Wahl Bergoglios das Ende der liturgischen Erneuerung Benedikts erhofften?

Wer aber sind die „vie­len“, von denen Papst Fran­zis­kus sprach und die offen­sicht­lich direk­ten Zugang zum Papst haben? „Vie­le“, die sich durch die Wahl von Mario Jor­ge Kar­di­nal Berg­o­glio ein Ende der von Bene­dikt XVI. vor­an­ge­trie­be­nen lit­ur­gi­schen Erneue­rung erhofften.

Msgr. Gui­do Mari­ni aus der Schu­le von Kar­di­nal Siri, war 2007 von Papst Bene­dikt XVI. zum päpst­li­chen Zere­mo­nien­mei­ster beru­fen wor­den, um des­sen lit­ur­gi­sche Erneue­rung umzu­set­zen, die durch das päpst­li­che Vor­bild auf die Gesamt­kir­che wir­ken soll­te. Kon­kret ging es dar­um, anthro­po­zen­trisch anmu­ten­de Ein­sei­tig­kei­ten zurück­zu­drän­gen und zu einer theo­zen­tri­schen Aus­rich­tung und damit zur Anbe­tung Got­tes als vor­dring­li­cher Auf­ga­be der Lit­ur­gie zurückzuführen.

Magisters Zweifel: Haben apulische Bischöfe die Ermahnung von Papst Franziskus verstanden?

Magi­ster hegt jedoch Zwei­fel, ob die apu­li­schen Bischö­fe die von ihnen selbst über­lie­fer­ten Wor­te des Pap­stes auch in sei­nem Sinn ver­stan­den haben.

Ein ande­rer von ihnen, der Bischof von Ceri­gno­la-Asco­li Satria­no, Msgr. Feli­ce di Mol­fetta, schrieb noch am 15. Mai eine Bot­schaft an sei­ne Diö­ze­se über die Begeg­nung mit dem Papst. Dar­in teilt er mit:

„Ich habe es nicht ver­ab­säumt, dem Papst zu sei­nem Zele­bra­ti­ons­stil zu gra­tu­lie­ren: einem von „edler Ein­fach­heit“ gekenn­zeich­ne­ten Stil, wie ihn das Kon­zil beschlos­sen hat, wobei er eine beson­de­re Auf­merk­sam­keit für das The­ma zeig­te, zu dem es von sei­ner Sei­te nicht an Über­le­gun­gen von hoher theo­lo­gisch-pasto­ra­ler Art fehl­te, die von allen anwe­sen­den Mit­brü­dern geteilt wurden.“

Bischof di Molfetta und Formen liturgischer Blindheit

Bischof di Mol­fetta schrieb wei­ter zum The­ma Lit­ur­gie von einem „Inter­es­se des Hei­li­gen Vaters für die­sen lebens­wich­ti­gen Aspekt des Petrus­am­tes“. Papst Fran­zis­kus habe „ange­sichts gewis­ser Phä­no­me­ne der jüng­sten Ver­gan­gen­heit, bei denen nicht weni­ge For­men des Abdrif­tens auf lit­ur­gi­scher Ebe­ne regi­striert wur­den, uns Bischö­fe auf­ge­for­dert, indem er uns auch eini­ge kon­kre­te Bei­spie­le nann­te, die Bezie­hung zur lit­ur­gi­schen Hand­lung, da Wir­ken Got­tes, als wahr­haft Glau­ben­de zu leben jen­seits jedes auf­ge­bla­se­nen Zere­mo­nia­lis­mus, im völ­li­gen Bewußt­sein, daß die ‚edle Ein­fach­heit‘ von der das Kon­zil spricht, kein Pfusch, son­dern Schön­heit ist, Schön­heit großgeschrieben.“

Bischof Feli­ce di Mol­fetta legt die Ermah­nung von Papst Fran­zis­kus an die Bischö­fe, die sich über die tra­di­ti­ons­ver­bun­de­nen Katho­li­ken beklag­ten, ein­sei­tig aus. Er unter­schlägt die­sen Teil zur Gän­ze. „Abir­run­gen“ kann er nur im Wunsch zur Wie­der­ent­deckung der „Alten Mes­se“ und der von Papst Bene­dikt ange­streb­ten lit­ur­gi­schen Erneue­rung erken­nen. Sich den „Schatz der Tra­di­ti­on“ zunut­ze machen, wozu Papst Fran­zis­kus die Bischö­fe auf­for­der­te, davon fin­det sich im Brief des Bischofs von Ceri­gno­la-Asco­li Satria­no an sei­ne Diö­ze­se kein Wort.

Verbissener Widerstand gegen Summorum Pontificum

Der Sei­ten­hieb von Bischof di Mol­fetta gegen Papst Bene­dikt XVI. kommt aller­dings nicht uner­war­tet. Feli­ce di Mol­fetta, ehe­ma­li­ger Sekre­tär der Lit­ur­gie­kom­mis­si­on der ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz unter Johan­nes Paul II. und weni­ge Tage nach der Wahl Bene­dikts XVI. zum Vor­sit­zen­den der Kom­mis­si­on gewählt, war ein ver­bis­se­ner Geg­ner der lit­ur­gi­schen Erneue­rung des vori­gen Pap­stes, vor allem des Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum von 2007, mit dem die „triden­ti­ni­sche“ Mes­se als außer­or­dent­li­che Form des Römi­schen Ritus wie­der all­ge­mei­nes Hei­mat­recht in der Kir­che zurückerhielt.

Di Mol­fetta ver­such­te im Vor­feld das Motu pro­prio durch eine ent­spre­chen­de For­de­rung an die ita­lie­ni­sche Bischofs­kon­fe­renz zu ver­hin­dern. Als dies nicht gelang, dräng­te er die Bischofs­kon­fe­renz gemein­sam mit eini­gen ande­ren Bischö­fen dar­un­ter Erz­bi­schof Bru­no For­te von Chie­ti-Vas­to und Erz­bi­schof Pao­lo Romeo von Paler­mo zu restrik­ti­ven Durch­füh­rungs­be­stim­mun­gen von Sum­morum Pon­ti­fi­cum, um des­sen Umset­zung mög­lichst unmög­lich zu machen. Er begrün­de­te sei­ne Hal­tung damit, daß die Ekkle­sio­lo­gie des alten Ritus mit jener des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils „unver­ein­bar“ sei. Damit bestä­tig­te er jene Her­me­neu­tik des Bruchs, die Bene­dikt XVI. hin­ge­gen für „inkom­pa­ti­bel“ mit dem katho­li­schen Kir­chen­ver­ständ­nis hielt. Die ita­lie­ni­sche Bischofs­kon­fe­renz lehn­te di Mol­fett­as Ver­su­che ab, nach­dem vor allem die Kar­di­nä­le Rui­ni (damals Kar­di­nal­vi­kar von Rom und ehe­ma­li­ger Vor­sit­zen­der der Bischofs­kon­fe­renz), Sco­la (damals Vene­dig, heu­te Mai­land) und Caf­farra (Bolo­gna) sich auf die Sei­te des Pap­stes gestellt hatten.

Magi­ster sieht in di Mol­fett­as Aus­sa­gen einen der zahl­rei­chen Ver­su­che des pro­gres­si­ven Lagers, Papst Fran­zis­kus zu ver­ein­nah­men. Ein Phä­no­men, das seit des­sen Wahl auf den ver­schie­den­sten Ebe­nen fest­zu­stel­len ist, des­sen Berech­ti­gung der Vati­ka­nist jedoch in Zwei­fel zieht.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: CTV screenshot

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!