Exorzismus oder nicht? Das (unveröffentlichte) Video von Papst Franziskus


Exorzismus durch Papst Franziskus oder nicht(Rom) Seit eini­gen Tagen beschäf­tigt ein Gebet Medi­en und Men­schen, Gläu­bi­ge wie Ungläu­bi­ge, das Papst Fran­zis­kus über einem Mann im Roll­stuhl sprach. Han­del­te es sich um einen Exor­zis­mus? Oder doch nicht? Die­se Sei­te kann die Fra­ge zwar nicht klä­ren, aber bis­her unver­öf­fent­lich­tes Video­ma­te­ri­al zugäng­lich machen. Pater Juan Rivas, ein Legio­när Chri­sti, der den Pati­en­ten beglei­te­te, wird – nach­dem die Sache in die Medi­en gelang­te – am 9. Juni in Los Ange­les eine Pres­se­kon­fe­renz zum Vor­fall abhal­ten, die Klar­heit schaf­fen dürfte.

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Die Nach­richt vom Exor­zis­mus ging von SAT2000, dem Fern­seh­sen­der der ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz aus. Der Sen­der bewarb damit sei­ne Sen­dung Vade retro, die sich mit dem Teu­fel, dämo­ni­scher Beses­sen­heit und dem Phä­no­men des Okkul­ten im wei­te­sten Sinn des Wor­tes befaßt.

Pater Lombardis schnelles Dementi: Angst vor Medien, für die Exorzismus ein Skandal ist?

Vati­kan­spre­cher Pater Feder­i­co Lom­bar­di demen­tier­te. Es sei nicht die Absicht des Pap­stes gewe­sen, irgend­ei­nen Exor­zis­mus durch­zu­füh­ren, son­dern ledig­lich für einen lei­den­den Men­schen zu beten. Kurz dar­auf muß­te auch der Chef­re­dak­teur von SAT2000 Dino Boffo einen Rück­zie­her machen und sich für die vor­ei­li­ge Schlag­zei­le eines angeb­li­chen Exor­zis­mus entschuldigen.

Einer­seits stürz­ten sich die Medi­en auf die Exor­zis­mus-Geschich­te, gleich­zei­tig grif­fen sie nach Lom­bar­dis Demen­ti scharf den katho­li­schen Fern­seh­sen­der an, gera­de so als müß­ten sie den Papst gegen die unfaß­ba­re Behaup­tung ver­tei­di­gen, er kön­ne einen Exor­zis­mus gebe­tet haben. Im Jour­na­li­sten­jar­gon klingt das, am Bei­spiel des Wirt­schafts­ra­di­os Radio24: „Papst Fran­zis­kus des Exor­zis­mus beschul­digt, aber Lom­bar­di demen­tiert“. Der Exor­zis­mus als Skandal.

Exorzist Gabriele Amorth: „Es war ein Exorzismus“ – 2009 durch Papst Benedikt XVI.

Ande­rer Ansicht ist der Doy­en der ita­lie­ni­schen Exor­zi­sten Gabrie­le Amor­th, der erklär­te, daß der Papst „wirk­lich einen Exor­zis­mus“ gespro­chen habe. Er selbst, Amor­th, ken­ne den Mann und habe per­sön­lich an ihm einen Exor­zis­mus durch­ge­führt. Der Mann sei von vier Dämo­nen besessen.

Msgr. Atti­lio Caval­li, der Exor­zist der Diö­ze­se Rom erklär­te: „Mit gro­ßer Wahr­schein­lich­keit sprach der Papst ein Hei­lungs- oder Befrei­ungs­ge­bet über den Mann, zu unter­strei­chen ist – Exor­zis­mus oder nicht Exor­zis­mus – die Bedeu­tung des Gebets. Das Gebet im All­ge­mei­nen ist Akt des Lobs und der Bit­te um Hil­fe, aber in bestimm­ten Fäl­len auch eine Form von Exor­zis­mus: alle den­ken an was weiß ich was, doch auch ein ein­fa­ches Vater unser ent­hält einen Exorzismus“.

Amor­th berich­te­te bereits zu einem frü­he­ren Zeit­punkt von einer ande­ren Epi­so­de, die Papst Bene­dikt XVI. betraf. Im Mai 2009 befan­den sich zwei von Amor­th betreu­te Beses­se­ne bei der Gene­ral­au­di­enz des Pap­stes auf dem Peters­platz. Als sich Bene­dikt XVI. die­sem Sek­tor des Plat­zes näher­te und aus der Fer­ne die Men­schen seg­ne­te, gerie­ten die bei­den außer sich (Katho​li​sches​.info berich­te­te). Auch damals, als der Vor­fall 2010 von Medi­en berich­tet wur­de, demen­tier­te Vati­kan­spre­cher Lom­bar­di. Die Mel­dung, der Papst habe einen Exor­zis­mus durch­ge­führt, ent­beh­re jeder Grund­la­ge, weil der Papst über die Anwe­sen­heit die­ser Män­ner gar nicht infor­miert gewe­sen sei.

In bei­den Fäl­len bemüh­te sich Pater Lom­bar­di, jede Nähe zur Form eines Exor­zis­mus zu mini­mie­ren. Der Grund dürf­te eine gewis­se Sor­ge vor den media­len Wöl­fen sein, die auf der Lau­er lie­gen, um die Kir­che unter Ankla­ge in ein angeb­lich „fin­ste­res Mit­tel­al­ter“ zurückzuschreiben.

Vollständiges Video – „Kirche arbeitet eng mit Ärzten und Psychiatern zusammen“

Die Kir­che tut gut dar­an, jede Sen­sa­ti­ons­gier zu ver­mei­den. Der Exor­zis­mus ist ein mäch­ti­ger Ritus, weil er den Teu­fel und die Dämo­nen bannt. Er ist aber nicht für die Fern­seh­ka­me­ras geeig­net. Der kon­kre­te Fall beweist es. Schließ­lich hat der Betrof­fe­ne ein Recht auf Schutz sei­ner Per­sön­lich­keits­rech­te. Die Sache gehört in die Öffent­lich­keit, nicht aber der kon­kre­te Ein­zel­fall, wes­halb wir uns für die Ver­öf­fent­li­chung des Ori­gi­nal­vi­de­os beim Betrof­fe­nen ent­schul­di­gen. Es scheint uns im kon­kre­ten Fall, da die Sache längst in allen Medi­en ist, aber notwendig.

Der Bischof von Padua, Anto­nio Mat­tiaz­zo erklär­te aus aktu­el­lem Anlaß, daß die Kir­che in Fra­gen einer tat­säch­li­chen oder ver­meint­li­chen Beses­sen­heit eng mit Ärz­ten und Psych­ia­tern zusam­men­ar­bei­tet. Erst wenn alle natür­li­chen Erklä­rungs­mög­lich­kei­ten aus­ge­schlos­sen wer­den kön­nen, tre­te der Exor­zist in Erschei­nung. „Häu­fig sind es die ver­ant­wor­tungs­be­wuß­ten Psych­ia­ter selbst, die ihre Pati­en­ten zu den Prie­stern schicken. Wich­tig ist, daß wir nicht über­all den Teu­fel sehen.“

Pater Juan Rivas LC: Pressekonferenz für 9. Juni in Los Angeles angekündigt

Facebookseite von Pater Juan RivasEs gilt als eine Mei­ster­lei­stung des Teu­fels, die Men­schen glau­ben zu machen, er exi­stie­re gar nicht. Nicht min­der bedenk­lich wäre der Ein­druck, er wür­de nur in der schau­er­er­re­gen­den Form sicht­ba­rer Beses­sen­heit in Erschei­nung tre­ten. Auch das käme einer Mar­gi­na­li­sie­rung und damit Ver­harm­lo­sung gleich, da sich ein Durch­schnitts­mensch davon nicht betrof­fen füh­len könnte.

Pater Juan Rivas, ein Legio­när Chri­sti, ist der Prie­ster, der den Mann im Roll­stuhl beglei­te­te. Auf sei­ner Face­book-Sei­te bestä­tig­te er, daß es sich um einen Beses­se­nen han­del­te, was er dem Papst, wie auf dem Video sicht­bar, mit­ge­teilt habe. Was der Papst gebe­tet habe, wis­se auch er nicht. Aber mit Sicher­heit habe es sich um ein Befrei­ungs­ge­bet gehandelt.

Libera nos a malo – Exorzismus wird mit jedem Vater unser gebetet

Und dar­in liegt wohl der ent­schei­den­de Punkt. Wenn man unter Exor­zis­mus nur einen gro­ßen Exor­zis­mus ver­steht, dann steht fest, daß ihn Papst Fran­zis­kus eben­so­we­nig durch­ge­führt hat, wie 2009 Papst Bene­dikt XVI. Aller­dings ist auch im Vater unser ein Exor­zis­mus ent­hal­ten, wenn es im abschlie­ßen­den Vers heißt: sed libe­ra nos a malo. Im Deut­schen wie­der­ge­ge­ben als „erlö­se uns von dem Bösen“. Es geht um die Dimen­si­on des Bösen, die wie das Gute per­so­ni­fi­ziert ist. Eine Dimen­si­on, die zumin­dest dem ratio­na­len euro­päi­schen Den­ken fern gewor­den ist, wes­halb die Vor­stel­lun­gen, was das Böse ist, wie eben­so was ein Exor­zis­mus ist, ver­schwom­men unklar sind und häu­fig als „mit­tel­al­ter­li­cher Aber­glau­ben“ abge­lehnt werden.

Nicht das Befrei­ungs­ge­bet des Pap­stes ist daher erstaun­lich, obwohl sich die Medi­en gera­de­zu dar­um rei­ßen, son­dern unse­re ratio­na­le Distanz, die das Phä­no­men des Bösen ver­drängt hat, als kön­ne man sich dadurch sei­ner ent­le­di­gen. Zwei­tens erstaunt die so eili­ge Distan­zie­rung des Vati­kan­spre­chers und dann not­ge­drun­gen auch eini­ger katho­li­scher Medien.

Exorzismus, Befreiungs- und Heilungsgebet – Was erschreckt an Vorstellung, daß Priester ihren besonderen Dient vollständig ausüben?

Was erschreckt an der Vor­stel­lung, daß ein Prie­ster, in die­sem Fall sogar der Papst als Ober­ster Prie­ster, sein beson­de­res prie­ster­li­ches Amt voll­stän­dig aus­übt? Der Papst hat einem Lei­den­den die Hän­de auf­ge­legt und für ihn gebe­tet. Ein ganz nor­ma­ler und gleich­zei­tig mäch­ti­ger Vor­gang in der Kir­che. Kein Grund eigent­lich, um den Pres­se­saal des Vati­kans und die Chef­re­dak­teu­re offi­zi­el­ler katho­li­scher Medi­en für Demen­tis zu bemühen.

Die Dimen­si­on des Bösen ist real und die Kir­che ver­fügt über die wirk­mäch­ti­gen Gna­den­mit­tel dagegen.

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Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Screenshot/​Video CTV

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Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

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