Weichenstellungen in Argentinien – Das Schweigen Bergoglios und Fernandez zu jüdischer Kirchenverleumdung


Feier an UCA: 50 Jahre Konzilseröffnung 11. Oktober 2012 - Ehrendoktor für Rabbiner Abraham Skorka: von links Apostolischer Nuntius, Rabbi Skorka, Pater Cantalamessa, Kardinal Bergoglio, Rektor Fernandez - Rabbi Skorka verglich in Dankrede katholische Kirche mit dem Nationalsozialismus, dessen Antisemitismus seine Wurzeln in der Theologie der katholischen Kirche gehabt hätte(Bue­nos Aires) Papst Fran­zis­kus erhob den Rek­tor der Päpst­li­chen Katho­li­schen Uni­ver­si­tät von Argen­ti­ni­en, Vic­tor Manu­el Fer­nan­dez am Mon­tag zum Erzbischof.

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Die Ernen­nung kam über­ra­schend. Der Rek­tor der Pon­ti­fi­cia Uni­ver­si­dad Cató­li­ca Argen­ti­na „San­ta Marà­a de los Bue­nos Ayres“, kurz UCA genannt, wur­de vom Papst mit der Wür­de eines Titu­lar­erz­bi­schofs von Tib­ur­nia aus­ge­zeich­net. Das Signal ist ein­deu­tig. Fer­nan­dez steht inner­halb der argen­ti­ni­schen Kir­che Papst Berg­o­glio beson­ders nahe. Ihn will der Papst dort und an der Spit­ze der Uni­ver­si­tät stär­ken. An der Uni­ver­si­tät sind der­zeit rund 20.000 Stu­den­ten immatrikuliert.

Rektor Fernandez der Katholischen Universität wird Erzbischof

Rek­tor Fer­nan­dez wur­de am 18. Juli 1962 in Alci­ra Gige­na in der Pro­vinz Cor­do­ba gebo­ren. 1986 zum Prie­ster der Diö­ze­se Vil­la de Con­cep­ci­on de Rio Cuar­to geweiht, erwarb er an der Gre­go­ria­na in Rom sein Lizen­ti­at und 1990 an der UCA das Dok­to­rat mit einer Dis­ser­ta­ti­on über den hei­li­gen Bonaventura.

Fer­nan­dez wirk­te von 1991 bis 2007 in der Pfarr­seel­sor­ge (1993–2000 als Pfar­rer von San­ta Tere­si­ta) und lehr­te am Prie­ster­se­mi­nar von Rio Cuar­to, dann auch an der  Theo­lo­gi­schen Fakul­tät an der UCA. 2002 wur­de er stell­ver­tre­ten­der Dekan der Fakul­tät, 2008 Dekan der­sel­ben und lehr­te als ordent­li­cher Pro­fes­sor Moral­theo­lo­gie. Von 2003 bis 2005 war der Theo­lo­ge Öku­me­n­ebe­auf­trag­ter der Diö­ze­se Rio Cuar­to. Papst Fran­zis­kus kennt ihn vor allem durch die Cha­ris­ma­ti­sche Erneue­rung. Fer­nan­dez war diö­ze­saner geist­li­cher Assi­stent des Movi­mi­en­to de Reno­va­ci­on Caris­ma­ti­ca.

Von Erzbischof Bergoglio 2009 als Rektor durchgesetzt

Fer­nan­dez nahm 2007 als Peri­tus der argen­ti­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz an der soge­nann­ten Kon­fe­renz von Apa­re­ci­da, der 5. Gene­ral­ver­samm­lung der Bischofs­kon­fe­ren­zen von Latein­ame­ri­ka und der Kari­bik teil. Maß­geb­lich wirk­te er an der For­mu­lie­rung des Schluß­do­ku­ments mit, das unter der Lei­tung des dama­li­gen Erz­bi­schofs von Bue­nos Aires aus­ge­ar­bei­tet wur­de. 2009 war es Kar­di­nal Berg­o­glio, der Fer­nan­dez gegen kon­ser­va­ti­ve Wider­stän­de als Rek­tor der Uni­ver­si­tät durchsetzte.

Unter sei­nem Rek­to­rat wur­de an der UCA eine Fakul­tät für Sozi­al­wis­sen­schaf­ten errich­tet. Mit der Coor­di­na­ci­on de Com­promiso Social star­te­te Fer­nan­dez eine von Erz­bi­schof Berg­o­glio gewünsch­te Ein­bin­dung der Uni­ver­si­tät in das sozia­le Netz der Stadt Bue­nos Aires, ein­schließ­lich der Armen­vier­tel Vil­las mise­ri­as am Stadt­rand. Die Mit­be­stim­mungs­mög­lich­kei­ten an der Uni­ver­si­tät wur­den neu geord­net, Außen­stel­len wur­den aus­ge­baut und wei­te­re gegründet.

Interreligiöse Feier zu 50 Jahre Konzilsbeginn mit Ehrendoktorat für Rabbiner

Zu sei­nem Rek­to­rat gehört aller­dings auch sein Schwei­gen, als an der Päpst­li­chen Uni­ver­si­tät die katho­li­sche Kir­che ange­grif­fen wur­de. Am 11. Okto­ber 2012 wur­de an der UCA unter Anwe­sen­heit des dama­li­gen Erz­bi­schofs von Bue­nos Aires, Kar­di­nal Berg­o­glio, des Apo­sto­li­schen Nun­ti­us und des Päpst­li­chen Haus­pre­di­gers Pater Ranie­ro Can­tal­am­es­sa des 50. Jah­res­ta­ges der Eröff­nung des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils gedacht. Obwohl das Geden­ken ein zen­tra­les Ereig­nis der jüng­sten katho­li­schen Kir­chen­ge­schich­te betraf, fand es im Rah­men einer inter­re­li­giö­sen Fei­er statt. Im Rah­men die­ser Fei­er wur­de auf Anre­gung von Kar­di­nal Berg­o­glio dem Rab­bi­ner von Bue­nos Aires, Abra­ham Skorka, einem per­sön­li­chen Freund des dama­li­gen Erz­bi­schofs von Bue­nos Aires, mit dem der Kar­di­nal 2010 ein Gesprächs­buch ver­öf­fent­licht hat­te, die Ehren­dok­tor­wür­de der Uni­ver­si­tät ver­lie­hen. Rab­bi Skorka ist ein Ver­fech­ter der Lega­li­sie­rung der Homo-„Ehe“ in Argentinien.

„Unwürdiges Schauspiel“: Kirchenvertreter applaudierten zu Kirchenverleumdung durch Rabbiner

„An der Päpst­li­chen Uni­ver­si­tät bot sich ein unwür­di­ges Schau­spiel, das sich die höch­sten Ver­tre­ter der katho­li­schen Kir­che vom höch­sten Ver­tre­ter des Juden­tums im Land bie­ten lie­ßen“, wie Pagi­na Cato­li­ca schrieb. In sei­ner Dank­re­de ver­glich der Rab­bi­ner die katho­li­sche Kir­che, die ihn soeben mit der höch­sten aka­de­mi­schen Wür­de aus­zeich­ne­te, mit dem Natio­nal­so­zia­lis­mus und bezeich­ne­te des­sen Anti­se­mi­tis­mus aus­drück­lich als Pro­dukt der katho­li­schen Theo­lo­gie („tuvo raà­ces en la teologà­a que se fue des­ar­rollan­do en la Igle­sia Cató­li­ca“). Dage­gen reg­te sich kein Wider­spruch. Am Ende der Rede applau­dier­ten Rek­tor Fer­nan­dez, Kar­di­nal Berg­o­glio, der anwe­sen­de Nun­ti­us, Pater Can­tal­am­es­sa und der heu­ti­ge Erz­bi­schof von Bue­nos Aires Mario Poli dem mit dem katho­li­schen Ehren­dok­to­rat aus­ge­zeich­ne­ten Rabbiner.

Die Bischofs­wei­he wird am 15. Juni in der Kathe­dra­le von Bue­nos Aires statt­fin­den. Haupt­kon­se­kra­tor wird der kurz nach sei­ner Wahl von Papst Fran­zis­kus ernann­te Nach­fol­ger als Erz­bi­schof von Bue­nos Aires Mario Aure­lio Poli sein, der von Kar­di­nal Berg­o­glio auch das Amt des Groß­kanz­lers der UCA über­nom­men hat.

Das Fer­nan­dez ver­lie­he­ne Titu­lar­erz­bis­tum Tib­ur­nia bezieht sich auf die im Awa­ren­sturm kurz nach 600 unter­ge­gan­ge­ne Stadt Teur­nia auf dem Lurn­feld in Ober­kärn­ten (Öster­reich). Die kel­ti­sche Grün­dung war als römi­sche Stadt spä­te­stens ab dem 4. Jahr­hun­dert Bischofs­sitz. Das Erz­bis­tum ging mit der Stadt Anfang des 7. Jahr­hun­derts unter. Die früh­christ­li­che, drei­schif­fi­ge Bischofs­kir­che konn­te bei Aus­gra­bungs­ar­bei­ten in den 80er Jah­ren frei­ge­legt werden.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Pagi­na Catolica/​Youtube

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